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VwGH vom 21.09.2016, 2013/13/0116

VwGH vom 21.09.2016, 2013/13/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Beschwerde des Finanzamtes Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1703- W/07, miterledigt RV/1728-W/07, betreffend Abweisung von Anträgen auf Aufhebung von Körperschaftsteuerbescheiden für die Jahre 2001 und 2002 gemäß § 299 BAO (mitbeteiligte Partei: H Privatstiftung in W, vertreten durch die Grant Thornton Unitreu GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1200 Wien, Handelskai 92, Gate 2, 7A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Eingabe an das Finanzamt vom beantragte die mitbeteiligte Privatstiftung, die Bescheide des Finanzamtes vom und vom betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 und 2002 gemäß § 299 iVm § 302 Abs. 2 lit. c BAO (idF vor BGBl. I Nr. 20/2009) wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

2 Mit Bescheiden vom wies das Finanzamt diese Anträge ab, wogegen die mitbeteiligte Partei Berufungen erhob. Beantragt wurde darin jeweils "die Festsetzung der Zwischensteuer" mit einem bestimmten Betrag.

3 Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über die Berufungen "gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Abweisung von Anträgen auf Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide 2001 und 2002 gemäß § 299 BAO" wie folgt:

"Den Berufung(en) wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben."

4 In den rechtlichen Erwägungen begründete die belangte Behörde zunächst, weshalb die Bescheide von 2003 entgegen der vom Finanzamt zuletzt in einem Schriftsatz vom und in der Berufungsverhandlung am vertretenen Ansicht rechtswidrig gewesen seien.

5 Daran anschließend legte die belangte Behörde dar, im Rahmen des bei einer Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO zu übenden Ermessens komme dem Prinzip der Rechtmäßigkeit der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu, sodass den Berufungen stattzugeben gewesen sei. Die "angefochtenen Bescheide vom " betreffend die Abweisung der Anträge von 2004 seien "daher aufzuheben" gewesen. Gemäß § 299 Abs. 2 letzter Satz BAO könne die belangte Behörde jedoch nicht "mit dem aufhebenden Bescheid" die Erlassung der "die aufgehobenen Abweisungsbescheide ersetzenden" neuen Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2001 und 2002 verbinden. Die Erlassung "dieser Bescheide" falle in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz.

6 Aus dem unter Verzicht auf eine Gegenschrift erstatteten Vorlagebericht des Bundesfinanzgerichtes zu der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Finanzamtes und aus in diesem Bericht erwähnten Ausdrucken in den vorgelegten Akten geht hervor, dass das Finanzamt in der Folge sowohl Bescheide über die Aufhebung der Bescheide von 2003 als auch neue Bescheide über die Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 und 2002 erließ.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, zu der die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattete, erwogen:

8 Gemäß § 299 Abs. 1 BAO in der hier noch maßgeblichen Fassung vor dem FVwGG 2012 konnte die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erwies. Gemäß § 299 Abs. 2 BAO war mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies galt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig war.

9 Die Amtsbeschwerde macht geltend, die Bescheide von 2003 seien nicht rechtswidrig gewesen, rügt vorweg jedoch auch die bloße Aufhebung der die Anträge von 2004 abweisenden Bescheide durch die belangte Behörde. Dazu wird in der Amtsbeschwerde dargelegt, eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung dürfe nur erfolgen, wenn in der Sache keine weitere Entscheidung in Betracht komme, und eine kassatorische Aufhebung setze voraus, dass das Finanzamt Ermittlungen unterlassen habe, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Der angefochtene Bescheid lasse nicht einmal ansatzweise erkennen, dass die belangte Behörde weitere Ermittlungen als erforderlich erachtet habe. Die belangte Behörde hätte daher eine reformatorische Entscheidung treffen müssen. Indem sie "eine bloß kassatorische Entscheidung" getroffen habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

10 Der Ansicht, die belangte Behörde habe eine kassatorische Entscheidung gefällt, ist jedoch nicht beizupflichten. Der angefochtene Bescheid lässt - wie auch die Amtsbeschwerde hervorhebt - nicht erkennen, dass die Entscheidung darüber, ob die Bescheide von 2003 aufzuheben seien, noch vom Ergebnis weiterer Ermittlungen abhängen solle. Als Entscheidung in der Sache bedeutet der angefochtene Bescheid aber die ersatzlose Behebung der Abweisungsbescheide von 2007. Eine solche Behebung entspricht nicht dem Gesetz, weil sie impliziert, dass über die Aufhebungsanträge von 2004, wenn sie nicht abzuweisen sind, kein Bescheid zu erlassen sei.

11 Zu prüfen bleibt nur, ob nicht - entgegen dem Verständnis des Finanzamtes - davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde sich nur im Ausdruck vergriffen und mit der Aufhebung der "angefochtenen Bescheide" im Spruch ihres Bescheides eine Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide vorgenommen hat, auf deren Aufhebung die vom Finanzamt abgewiesenen Anträge abgezielt hatten.

12 Einem solchen korrigierenden Verständnis steht jedenfalls entgegen, dass die belangte Behörde auch in der Begründung ihrer Entscheidung die Bescheide "vom " über die Abweisung der Anträge von 2004 als Gegenstand der mit dem angefochtenen Bescheid vorzunehmenden Aufhebung bezeichnet und schließlich sogar die Ansicht vertreten hat, neue Körperschaftsteuerbescheide würden die aufgehobenen "Abweisungsbescheide" vom "ersetzen". Der angefochtene Bescheid bringt damit auch in seiner Begründung zum Ausdruck, eine stattgebende Erledigung der Anträge von 2004 könne nach Beseitigung der Abweisungsbescheide in der Erlassung neuer Körperschaftsteuerbescheide bestehen, ohne dass es einer Bescheiderlassung über die Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide von 2003 bedürfte.

13 Da dies mit dem oben wiedergegebenen Inhalt der anzuwendenden Vorschrift nicht vereinbar ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

14 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am