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VwGH vom 28.05.2008, 2006/15/0089

VwGH vom 28.05.2008, 2006/15/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der GM in H, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin-Luther-Straße 154, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , GZ. ABK - 835/04, betreffend Haftung für Vergnügungssteuer für den Zeitraum Mai bis Oktober 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin als ehemalige Geschäftsführerin einer - näher genannten - GmbH für die im Zeitraum Mai bis Oktober 2000 entstandenen Rückstände an Vergnügungssteuer dieser GmbH zur Haftung herangezogen. Dass die angeführten Abgabenforderungen gegen die Gesellschaft entstanden seien, werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die Beschwerdeführerin habe am die Funktion einer Geschäftsführerin der GmbH übernommen. Sie habe ab diesem Zeitpunkt bis zur Zurücklegung dieser Funktion (der Antrag auf Änderung sei am beim Firmenbuchgericht eingelangt) zu dem in § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört.

Der Behauptung der Beschwerdeführerin, sie sei seit nicht mehr Geschäftsführerin der GmbH und somit nicht verantwortlich für allfällige Abgabenschulden, sei entgegenzuhalten, dass sie während des Zeitraumes des Entstehens der Abgabenrückstände die Funktion der Geschäftsführerin bekleidet habe.

Über das Vermögen der GmbH sei am das Konkursverfahren eröffnet worden. Die GmbH sei in der Folge aufgelöst worden. Die Abgabenrückstände könnten daher bei der GmbH nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden.

Die Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin ergebe sich aus der Missachtung der Vorschriften über den Zeitpunkt der Entrichtung der angeführten Abgaben, wonach der Abgabepflichtige gemäß § 17 Abs. 3 des Vergnügungssteuergesetzes 1987 die Steuer erstmals zum Termin für die Anmeldung (das ist spätestens einen Tag vor der Aufstellung des Apparates) und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten habe.

Die Beschwerdeführerin habe das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung bestritten. Ihr Verschulden sei von der erkennenden Behörde nachzuweisen und wäre es an der Behörde gelegen gewesen, in Erfüllung der Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung entsprechende Erhebungen zur behaupteten Schlechterstellung und zum Verschulden der Beschwerdeführerin durchzuführen.

Diesem Vorbringen sei entgegenzuhalten, dass es nach der Rechtsprechung Aufgabe des Geschäftsführers sei, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfülle, die Gründe darzutun habe, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Die Behörde erster Instanz habe die Beschwerdeführerin aufgefordert, zur Darlegung der Gläubigergleichbehandlung eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Mai bis Oktober 2000 vorzulegen. Dieser Aufforderung sei die Beschwerdeführerin trotz abermaliger Aufforderung und zweimaliger Fristerstreckung nicht nachgekommen. Sie habe lediglich vorgetragen, die Unterlagen befänden sich beim Masseverwalter oder beim gerichtlich bestellten Sachverständigen. Sie habe beantragt, das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen abzuwarten, weil dieser beauftragt worden sei, die Werthaltigkeit der veräußerten Liegenschaften zu ermitteln sowie die Zahlungsunfähigkeit der GmbH zum zu überprüfen.

Nach der Judikatur hafte der Geschäftsführer für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weise nach, dass er die Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet habe. Widrigenfalls hafte der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze.

Der Konkursakt sei antragsgemäß beigeschafft und eingesehen worden. Aus diesem Akt sowie aus den Berichten des Masseverwalters und den einliegenden Bilanzen sei nicht ersichtlich, ob im relevanten Zeitraum die liquiden Mittel anteilig verwendet worden seien. Zum Hinweis der Beschwerdeführerin, das vom gerichtlichen Sachverständigen zu erstattende Gutachten abzuwarten, sei zu bemerken, dass der Sachverständige lediglich den Auftrag erhalten habe, den Wert bestimmter Liegenschaftsanteile zum Zeitpunkt der Veräußerung am zu ermitteln. Die Beantwortung dieser Fragestellung könne zur Frage der Liquidität der GmbH im hier interessierenden Zeitraum nichts beitragen. Auch der andere Teil des Gutachtens könne zur Beantwortung der hier relevanten Frage nichts beitragen, weil Thema des Gutachtens lediglich die Zahlungsunfähigkeit erst kurz vor der Konkurseröffnung sei.

Die Beschwerdeführerin habe sich auch darauf berufen, dass ihr mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom eine Ratenzahlung bewilligt worden sei und sie diese bis zur Konkurseröffnung eingehalten habe.

Die geleisteten Zahlungen seien bei Ermittlung des Haftungsbetrages ohnehin berücksichtigt worden. Festzuhalten sei auch, dass zum Zeitpunkt der Bewilligung der Ratenzahlung die Abgabenrückstände bereits seit rund drei Jahren bestanden hätten. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargetan, dass sie ihren Abgabenentrichtungspflichten nicht hätte nachkommen können. Nach ihren Ausführungen seien die Liquiditätsprobleme erst knapp vor Konkurseröffnung schlagend geworden.

Im Lichte der Judikatur sei daher mangels Nachweises über die anteilige Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten von einer schuldhaften Verletzung der Pflichten der Geschäftsführerin auszugehen. Habe aber die Vertreterin der Abgabepflichtigen schuldhaft ihre Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei.

Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftung würde der Abgabengläubiger seines Anspruches verlustig gehen. Es sei nicht unbillig, dass ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletze, zur Haftung herangezogen werde, weil andernfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden. Der neben der Beschwerdeführerin zur Vertretung der GmbH berufene Günther M. sei nur während einer kurzen Zeitspanne Geschäftsführer gewesen. Es seien keine Gründe hervorgekommen oder konkret vorgebracht worden, wonach die Beschwerdeführerin dennoch eine geringere Verantwortung treffe als diesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin trägt vor, eine schuldhafte Pflichtverletzung hinsichtlich der Verkürzung der Abgabenleistung in einem anteilig verminderten Ausmaß gegenüber den anderen Gläubigern sei ihr nicht vorzuwerfen. Zum Beweis der anteiligen Gleichbehandlung aller Gläubiger habe sie den Akt des Konkursgerichtes angeboten. Daraus ergebe sich die Gleichbehandlung aller Gläubiger im Haftungszeitraum. Die Vorlage weiterer Unterlagen sei ihr auf Grund des Konkursverfahrens und der vorherigen Niederlegung ihrer Geschäftsführertätigkeit nicht möglich gewesen. Auch aus den von der Behörde eingesehenen Bilanzen der GmbH müsse ersichtlich sein, dass es keine schuldhaft vorgenommene Gläubigerbevorzugung gegeben habe. Darüber hinaus sei völlig unverständlich, dass die Behörde den Bescheid für einen Haftungszeitraum, der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits vier Jahre zurückgelegen sei, erlassen habe.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel zur Verfügung hat, so verletzt der Vertreter keine abgabenrechtliche Pflicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat aber nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Vertreter das Fehlen ausreichender Mittel. Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet er für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2000/16/0601, m.w.N.).

Bereits die Behörde erster Instanz hatte die Beschwerdeführerin aufgefordert, zur Darlegung der Gläubigergleichbehandlung eine Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Mai bis Oktober 2000 vorzulegen. Mit ihrem in der Beschwerde wiederholten, nur allgemein und pauschal gehaltenen Vorbringen hat die Beschwerdeführerin aber den ihr obliegenden Nachweis zur Gleichbehandlung nicht angetreten, sodass die Behörde auch nicht verhalten war, sie zu einer näheren Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 97/13/0177, und vom , 2004/13/0142). Da es nach der zitierten Rechtsprechung dem Geschäftsführer obliegt, initiativ das Fehlen von Mitteln zu behaupten und nachzuweisen, ist der Behörde eine Verletzung ihrer Ermittlungspflicht nicht vorzuwerfen. Aus dem Umstand, dass der Haftungszeitraum vier Jahre vor Bescheiderlassung geendet habe, kann keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abgeleitet werden.

Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, sie sei im Haftungszeitraum davon ausgegangen, dass der "primär haftende Automatenaufsteller" die Vergnügungssteuer abführe. Von der Unterlassung der Bezahlung der vorgeschriebenen Vergnügungssteuer durch den Automatenaufsteller habe sie keinerlei Kenntnis gehabt. Die Behörde erster Instanz habe den "Primärschuldner" in Anspruch genommen. Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der von ihr vertretenen GmbH und der Geltendmachung der Haftung der Beschwerdeführerin sei die von ihr vertretene GmbH nicht mehr in der Lage gewesen, alle Gläubiger zur Gänze und sofort finanziell zu bedienen. Deshalb habe sie den Antrag auf Ratenzahlung gestellt, welcher auch bewilligt worden sei. Sie habe daher alles ihr Mögliche getan, um ihrer Verpflichtung als Geschäftsführerin der abgabenpflichtigen GmbH nachzukommen.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Lokalinhaberhaftung nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht nur subsidiär (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 92/17/0003). War aber die von der Beschwerdeführerin vertretene GmbH als Gesamtschuldner steuerpflichtig, kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass die Behörde zunächst einen anderen Gesamtschuldner in Anspruch genommen hat.

Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Ermessensentscheidung der belangten Behörde mit der Behauptung, die von ihr vertretene GmbH wäre viel früher insolvent geworden und der Ausfall des Abgabengläubigers weitaus größer ausgefallen, hätte sie nicht all ihren Einsatz dafür aufgewendet, die andringenden Gläubiger anteilig zu befriedigen. Es sei ihr unter den gegebenen Umständen nicht möglich, die Abgabenschulden zu berichtigen, sodass auch in nächster Zukunft die Einbringlichkeit dieser Schuld ausgeschlossen sei.

Mit diesem Vorbringen wird nicht aufgezeigt, dass die belangte Behörde ihr Ermessen nicht dem Gesetz entsprechend geübt hätte. Eine Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen steht in keinem Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0060). Auch stellt der Haftungstatbestand nicht darauf ab, ob der Vertreter ein Konkursverfahren der von ihm vertretenen Gesellschaft durch Aufbieten all seiner Kräfte vermieden oder hinausgezögert hat oder nicht.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am