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VwGH vom 14.12.2010, 2008/22/0463

VwGH vom 14.12.2010, 2008/22/0463

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. Günter Schandor, Rechtsanwalt in 1120 Wien, Arndtstraße 98/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 149.766/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den im Wege der österreichischen Botschaft in Manila eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin, einer philippinischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, die Beschwerdeführerin begehre die Familienzusammenführung mit ihrer Mutter, einer österreichischen Staatsbürgerin, von der eine Haftungserklärung abzugeben und ein entsprechender Einkommensnachweis zu erbringen sei. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe eine mit datierte Haftungserklärung abgegeben. Die Überprüfung der Leistungsfähigkeit der Verpflichteten habe jedoch ergeben, dass diese ein monatliches Nettoeinkommen inklusive Sonderzahlungen in der Höhe von EUR 1.266,87 beziehe. Nach Abzug des pfändungsfreien Existenzminimums gemäß § 291a der Exekutionsordnung verblieben dieser lediglich EUR 380,67 monatlich für die Unterhaltsleistungen an die Beschwerdeführerin.

Im Rahmen der Vernehmung vom sei die Zusammenführende informiert worden, dass die vorgelegten Unterhaltsmittel zu gering seien. Mit Aufforderung zur Stellungnahme und zur Urkundenvorlage durch die belangte Behörde sei der Beschwerdeführerin u.a. aufgetragen worden, "geeignete Unterhaltsmittel zur Tragfähigkeit der Haftungserklärung Ihrer Mutter vorzulegen". (Tatsächlich trug die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom auf, den Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes der letzten sechs Monate der Mutter der Beschwerdeführerin, einen aktuellen Auszug aus der Konsumentenkreditevidenz des Kreditschutzverbandes von 1870, den Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz und den Nachweis des bezahlten Mietzinses des letzten Monats vorzulegen.)

Dieser Aufforderung sei sie nicht nachgekommen.

In der Berufung sei vorgebracht worden, R.S. wolle ebenfalls eine Haftungserklärung abgeben. Dies sei - so die belangte Behörde - für den Ausgang dieses Verfahrens jedoch nicht relevant, weil es nur eine zusammenführende Person geben könne. Die Beschwerdeführerin habe keine Unterlagen zum Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel ihrer Mutter nachgewiesen, obwohl ihr dafür eine angemessene Frist zur Verfügung gestanden sei.

Gemäß § 47 Abs. 3 NAG dürfe der Beschwerdeführerin somit kein Aufenthaltstitel erteilt werden, weil keine tragfähige Haftungserklärung vorliege.

Angesichts des Auslandsaufenthaltes der Beschwerdeführerin gebe es auch keinen Anhaltspunkt für eine Prüfung gemäß den §§ 72 ff NAG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Mit dem gegenständlichen Antrag strebt die - volljährige - Beschwerdeführerin die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Familiengemeinschaft mit ihrer Mutter, einer österreichischen Staatsbürgerin, die eine Haftungserklärung abgegeben hat, an. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einer vergleichbaren Konstellation bereits dargelegt, dass - unabhängig von einem gemeinsamen oder getrennten Wohnsitz - nach § 11 Abs. 5 NAG Unterhaltsmittel des Nachziehenden in Höhe des (einfachen) Ausgleichszulagenrichtsatzes nachzuweisen sind, wobei dem Zusammenführenden Mittel im Ausmaß des einfachen Ausgleichszulagenrichtsatzes zu verbleiben haben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0632, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Mutter der Beschwerdeführerin ein monatliches Nettoeinkommen inklusive Sonderzahlungen in der Höhe von EUR 1.266,87 bezieht.

Dazu bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe nur das Arbeitseinkommen der Mutter der Beschwerdeführerin erhoben, nicht jedoch deren Vermögensverhältnisse. In der Berufung sei u. a. ein Antrag auf Vernehmung der Mutter der Beschwerdeführerin, insbesondere im Hinblick auf die Tragfähigkeit ihrer Haftungserklärung, gestellt worden. Mit Urkundenvorlage vom habe die Beschwerdeführerin u.a. ein Sparbuch ihrer Mutter mit einem Einlagenstand von EUR 11.180,92 vorgelegt. Dieses habe die belangte Behörde gar nicht berücksichtigt.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg.

Bereits in der Berufung hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, ihre Mutter verfüge über ein Sparbuch mit einem Betrag in der Höhe von ca. EUR 11.000,--, und hat einen Antrag auf Vernehmung ihrer Mutter über deren Vermögensverhältnisse gestellt. Die Beschwerde rügt zutreffend, dass dieser Antrag im angefochtenen Bescheid keine Erwähnung findet.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder die Beweismittel - ohne zulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/18/0461, mwN).

Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde die Abweisung des gegenständlichen Antrages auf die mangelnde Tragfähigkeit der vorgelegten Haftungserklärung der Mutter der Beschwerdeführerin stützt, ist das mit dem erwähnten Beweisantrag verknüpfte Beweisthema auf Grund eines unabhängig vom Erwerbseinkommen vorhandenen Vermögens von rechtlicher Bedeutung. Nach ständiger hg. Judikatur kommt der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel nämlich auch durch Spareinlagen in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0835, mwN, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren

war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz für den Schriftsatzaufwand eine gesonderte Vergütung an Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-84760