VwGH vom 09.09.2010, 2008/22/0460
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des E, vertreten durch Dr. Andreas Frauenberger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 61/12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 149.182/2- III/4/07, betreffend Daueraufenthaltskarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos die Gewährung von Asyl. Am heiratete er, nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens, eine österreichische Staatsbürgerin. Am stellte er - unter Berufung hierauf - den Antrag, ihm gemäß § 54 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) das Aufenthaltsrecht als Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin in Form einer Daueraufenthaltskarte ersichtlich zu machen. In eventu stellte er den Antrag, ihm einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger gem. § 47 NAG" zu erteilen. In eventu - "bei angenommener Nichtanwendbarkeit des NAG" - beantragte er schließlich, ihm "das Niederlassungsrecht gem. Richtlinie 2004/38/EG in Bescheidform zu bestätigen". Auch in seiner Stellungnahme vom in Reaktion auf die Aufforderung der Behörde erster Instanz, sich auf einen Aufenthaltszweck zu beschränken, betonte der Beschwerdeführer, lediglich einen (einzigen) Antrag auf Dokumentation des Niederlassungsrechts eines Familienangehörigen einer Österreicherin, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe, gestellt zu haben.
Mit Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Wien den "Antrag vom (Datum des Einlangens des Antrages vom bei der Behörde) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck 'Familienangehöriger'" gemäß § 21 Abs. 1 NAG wegen unzulässiger Inlandsantragstellung ab. Im Hinblick auf die Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) führte die Behörde aus, die Ehefrau des Beschwerdeführers habe zwar ihr Freizügigkeitsrecht in Anspruch genommen, als sie sich im Zeitraum zwischen Oktober 2002 und September 2003 zu Ausbildungszwecken in Deutschland niedergelassen habe; dieses Recht sei aber nicht auf den Beschwerdeführer "ableitbar", weil er seine Ehefrau am in Wien geheiratet habe. Während des Aufenthaltes seiner (späteren) Ehefrau in Deutschland habe er sich nachweislich in Österreich aufgehalten. Somit sei er weder gemeinsam mit seiner Ehefrau von einem EU-Land nach Österreich zugezogen, noch sei er dieser nach Österreich gefolgt, zumal das Familienleben erst in Österreich begründet worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 21 Abs. 1 NAG ab. Rechtlich teilte die belangte Behörde, soweit im vorliegenden Zusammenhang wesentlich, die erstinstanzlich vertretene Ansicht und verneinte auch das Vorliegen humanitärer Gründe. Auf das Berufungsvorbringen, die belangte Behörde setze sich mit der Dokumentation des Niederlassungsrechts nicht substanziell auseinander, sondern "werte den Antrag willkürlich als Antrag auf Erteilung eines konstitutiven Aufenthaltstitels 'Familienangehöriger' gem. § 47 NAG, der so eben nicht gestellt" worden sei, ging sie nicht ein.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, über die dieser nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Aus Spruch und Begründung des Bescheides vom ergibt sich, dass die Erstbehörde lediglich über den (ersten) vom Beschwerdeführer gemäß § 47 NAG gestellten Eventualantrag, nicht aber über den Hauptantrag nach § 54 NAG entschieden hat. Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit des Landeshauptmannes von Wien hätte die belangte Behörde, umso mehr als dies auch in der Berufung ausdrücklich gerügt worden war, aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde schon deshalb zu beheben gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/21/0536, mwN).
Da die belangte Behörde dies verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-84746