VwGH 12.06.2012, 2011/05/0197
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Die Aufzählung der Nachbarrechte in § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996 ist taxativ (Hinweis E vom , 2009/05/0136). Das Vorbringen des Nachbarn hinsichtlich der Verkehrssituation auf öffentlichen Verkehrsflächen und der damit verbundenen Auswirkungen, der Einhaltung der Flächenwidmung (soweit es nicht um Immissionen geht, die sich aus der Benützung des Bauprojekts (Einkaufszentrum) selbst ergeben), der Zu- und Abfahrten zum Bauprojekt, einschließlich jener für Einsatzfahrzeuge, und der Grundwassersituation geht somit ins Leere. |
Normen | |
RS 2 | Eine Grundwasserbeeinträchtigung durch Unterwassersetzung eines anrainenden Friedhofes mit verbundener Seuchengefahr betrifft kein Nachbarrecht im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ BauO 1996. |
Normen | |
RS 3 | Eine Bindungswirkung hinsichtlich des Feststellungsbescheides gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 dahingehend, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung für das gegenständliche Projekt (Erweiterung eines Einkaufzentrums) durchzuführen ist, ist in einem Verfahren betreffend Einwendungen gegen das Bauvorhaben, aus der Sicht des Gemeinschaftsrechtes nicht bedenklich, weil die Nachbarn ihre Nachbarrechte in den einzelnen Materienverfahren geltend machen können (Hinweis Erkenntnisse vom , 2004/05/0032, und vom , 2004/05/0093). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der B Aktiengesellschaft in K, vertreten durch Auer & Auer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Naglergasse 6, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems vom , Zl. MD-L-6/2011/Dr.L/R, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. D GmbH in Salzburg und
2. R GmbH in St. Pölten, beide vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Stadt Krems Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0162, zu verweisen. Daraus ist Folgendes festzuhalten:
Mit Eingabe vom beantragten die mitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung für die Erweiterung des Einkaufszentrums "W" auf näher bezeichneten Grundstücken. Auf der anderen Seite der W Straße liegt gegenüber das Einkaufszentrum "B" der beschwerdeführenden Partei. Nach der ursprünglichen Einreichung sollte vom ersten Obergeschoß des Einkaufszentrums "W" aus durch einen geschlossenen Verbindungssteg über die W Straße das Einkaufszentrum der Beschwerdeführerin erreicht werden können. Eine zivilrechtliche Einigung der beschwerdeführenden Partei mit den mitbeteiligten Parteien über die Ausführung der Brücke kam nicht zustande. Das Projekt wurde daher dahingehend abgeändert, dass die Brücke im Bereich der Verkehrsfläche der W Straße unmittelbar vor der Grundgrenze der Liegenschaft der Beschwerdeführerin endete.
Mit dem genannten Vorerkenntnis vom wurde der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems vom , mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die erstinstanzliche Baubewilligung abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Grund der Aufhebung war, dass nicht geklärt worden war, ob der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf der Nachbarliegenschaft der Beschwerdeführerin beeinträchtigt wird. Des weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Beschwerdeausführungen darauf verwiesen, dass die Niederösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) festgestellt hat, dass das Bauvorhaben nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt.
Mit Eingabe vom änderten die mitbeteiligten Parteien ihr Bauansuchen dahingehend, dass der Verbindungssteg über die W Straße vollständig entfiel.
Die belangte Behörde holte zum geänderten Projekt ein Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen Dr. P. vom ein. Dieser kam zu dem Schluss, dass die Brücke zwar zur Entlastung des Fußgängerverkehrs auf den öffentlichen Gehsteigen und Fußgängerquerungen geführt hätte. Im Hinblick auf die baurechtlichen Anforderungen an Bauplatz und Bauprojekt, insbesondere betreffend die Zufahrts- und Zugangsgestaltungen beim Anschluss an die öffentlichen Verkehrsflächen und die Gestaltung der Garagenanlagen, habe die Brücke aber aus verkehrstechnischer Sicht keinen maßgeblichen Faktor dargestellt.
Der bautechnische Amtssachverständige Ing. Z. führte in einer Stellungnahme vom aus, in bautechnischer Hinsicht seien durch die geplanten Abänderungen im Bereich des Überganges keine zusätzlichen Auflagen und Maßnahmen notwendig.
Die beschwerdeführende Partei äußerte sich in einer Stellungnahme vom ablehnend. Sie machte weiters Mängel der Einreichunterlagen geltend und dass bisherige Annahmen zur Umweltverträglichkeit überholt seien (wurde näher ausgeführt).
Der lärmtechnische Sachverständige Ing. H. äußerte sich am dahingehend, dass sich durch die Änderung von Normen und Richtlinien aus lärmtechnischer Sicht im Hinblick auf die Auswirkungen des Bauvorhabens keine Änderung ergebe. Die Ergebnisse der Emissions- und Immissionsanalysen sowie die Erfassung der örtlichen Umgebungslärmsituation würden auch unter Heranziehung der geänderten Normen nicht anders sein.
Des weiteren holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Ing. K. für Luftreinhaltung und Emissions- und Immissionsfragen vom ein zu der Frage, ob die seit dem Verfahren erster Instanz erfolgten Änderungen der einschlägigen rechtlichen Grundlagen, ÖNORMEN, Richtlinien etc. zu einer maßgeblich abweichenden Beurteilung des Sachverhaltes führten. Der Sachverständige verneinte dies mit näherer Begründung.
Auch dazu äußerte sich die beschwerdeführende Partei, vor allem auch wegen der neuen Situation der Verkehrsbelastung (Immissionen bei Stau wegen Fußgängerquerungen), die nicht berücksichtigt worden sei, in einer Stellungnahme vom ablehnend (wurde näher ausgeführt).
Mit dem in Beschwerde gezogenen (Ersatz)Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen Spruchpunkt I (baubehördliche Bewilligung) des Bescheides des Magistrates der Stadt Krems vom neuerlich keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Frage, ob nunmehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen wäre, führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Änderung insofern, als eine neue H. Filiale mit 72 Stellplätzen in der W Straße 126-128 erbaut worden sei, nicht von Relevanz sei. Diese Filiale stehe mit dem Projekt der mitbeteiligten Parteien in keinerlei funktionellem Zusammenhang und befinde sich in einer Entfernung von 500 m davon. Durch die Umplanung habe sich die Charakteristik des eingereichten Projektes nur in einer Kleinigkeit geändert, die keine erkennenswerten umweltverträglichkeitsrelevanten Änderungen mit sich bringe. Die umweltrelevanten Schwellenwerte hätten keine Veränderung erfahren. Es liege somit kein neues Projekt vor, das einer Prüfung im Sinne des § 3 UVP-G 2000 unterzogen werden müßte.
Die Verbindungsbrücke sei auch nie eine Bedingung für die raumordnungsrechtliche Zulässigkeit des Bauprojektes gewesen. Dieses sei nach dem Niederösterreichischen Raumordnungsgesetz 1976 in der Widmung Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtung zulässig. Durch den Entfall der Verbindungsbrücke verlängere sich der Abstand zwischen der der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zugewandten Seite des Bauvorhabens einerseits und der Liegenschaft der Beschwerdeführerin andererseits auf mindestens 20 m. Dies sei auch ohne Abstandsangabe durch Abmessung aus den Plänen unter Berücksichtigung des Maßstabes zu entnehmen. Das Bauvorhaben sei ca. 17 m hoch, sodass ein Abstand von 17 m ausreichen würde. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung, der Brandschutz für ihr Einkaufszentrum sei nicht ausreichend und das in erster Instanz eingeholte brandschutztechnische Gutachten sei mangelhaft und unrichtig, weil durch den auf der gegenüberliegenden Seite situierten Zu- und Abgang ins Freie eine Sogwirkung ähnlich jener bei der Brandkatastrophe in Kaprun entstehen könnte, sei anzumerken, dass mit den Einreichunterlagen ein Brandschutzkonzept vorgelegt worden sei, aus dem ersichtlich sei, dass die Verbindungsbrücke weder bei der ursprünglichen Planung als direkter Anschluss an das Einkaufszentrum der Beschwerdeführerin noch bei der anschließenden Planung in dem Sinn, dass sie am Gehsteig vor dem Einkaufszentrum der Beschwerdeführerin hätte enden sollen, als Fluchtweg oder Notausgang geplant gewesen sei. In diesem Sinne ändere auch der Entfall der Verbindungsbrücke in brandschutztechnischer Sicht nichts an der Zulässigkeit des beabsichtigten Bauvorhabens. Durch den Entfall der Verbindungsbrücke könne auch die von der Beschwerdeführerin zuvor befürchtete Sogwirkung nun keinesfalls gegeben sein. Die Benützbarkeit der Straße und die Verkehrssicherheit beträfen kein subjektiv-öffentliches Recht. Zur Immissionsbelastung sei bereits in erster Instanz durch die Sachverständigen Ing. H. (für Lärmtechnik) und Ing. K. (für Luftreinhaltungs-, Emissions- und Immissionsfragen) eine Begutachtung erfolgt. Inwiefern der nach Ansicht der Beschwerdeführerin neu zu bewertende "Cross-Selling-Effekt" Auswirkungen auf die Immissionen haben solle, werde von ihr nicht dargelegt. Die Sachverständigen Ing. H. und Ing. K. hätten die Befürchtungen der Beschwerdeführerin, dass sich aus den seit dem Verfahren erster Instanz erfolgten Änderungen der einschlägigen technischen Grundlagen, Normen und Richtlinien eine abweichende Beurteilung ergeben könnte, in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 22. bzw. verneint. In lärmtechnischer Hinsicht würde sich kein anderes Ergebnis zeigen. Auch in luftreinhaltetechnischer Hinsicht komme man zu keiner abweichenden Beurteilung gegenüber dem vormaligen Gutachten. Die Behauptung, der Fußgängerstrom werde zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte führen, sei unsubstantiiert und könne die sachverständigen Äußerungen nicht entkräften. Unsubstantiiert sei auch die Behauptung, das örtliche Kanalsystem sei überfordert. Es könne keine Beeinträchtigung des Rechtes auf Trockenheit des Nachbargebäudes festgestellt werden. Alle Abwässer würden in das öffentliche Kanalsystem eingeleitet. Für dieses lägen die erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligungen vor. Die Projektänderung bewirke diesbezüglich keine neue Situation.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Feststellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung, nach dem keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei, vom stamme. Die belangte Behörde hätte überprüfen müssen, ob sich die Auswirkungen auf die Umwelt nicht maßgeblich verändert hätten. Es wären weitere, in der Umgebung inzwischen hinzugekommene Stellplätze hinzuzurechnen. Die zusätzlichen Stellplätze, die seit 2006 errichtet worden seien, würden zu einer Überschreitung der Schwellenwerte nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz führen. Die belangte Behörde hätte daher zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass sie unzuständig sei, und den Akt der Niederösterreichischen Landesregierung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung abtreten müssen.
Im Übrigen widerspreche das Bauvorhaben der Widmungskategorie. Die Regelung des § 30 Abs. 9 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976 über die Zulässigkeit von Erweiterungen von Einkaufszentren sei nicht eingehalten. Die dafür notwendige Widmung sei nämlich im Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorgelegen.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass es dahingestellt bleiben könne, ob die Beschwerdeführerin bis an die Grundgrenze bauen dürfe, sei rechtswidrig. Es sei auch nicht klar, ob die belangte Behörde den Abstand von 20 m als jenen zwischen Gebäuden oder Grundgrenzen ansehe. Sie führe nämlich aus, dass dieser Abstand zwischen den beiden Gebäuden "bzw." Grundgrenzen gegeben sei.
Weiters bleibe das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Brandschutzes für ihr Einkaufszentrum aufrecht. Sie habe bereits in der mündlichen Verhandlung am vorgebracht, dass ihr Einkaufszentrum brandschutzmäßig nicht ausreichend gesichert sei. Im erstinstanzlichen Verfahren habe sie auch vorgebracht, dass der Sicherheitsabstand zu ihrer Liegenschaftsgrenze nicht eingehalten werde. Sie habe auch Mangelhaftigkeit des brandschutztechnischen Gutachtens eingewandt. Die erstinstanzliche Behörde habe sich lediglich auf das Gutachten des brandschutztechnischen Amtssachverständigen gestützt, das aber auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht eingegangen sei.
In der mündlichen Verhandlung am habe die Beschwerdeführerin auch vorgebracht, dass die Benutzbarkeit der Straße und deren Verkehrssicherheit sowie die schadenfreie Zu- und Abfahrt zum Planprojekt und zu ihrem Einkaufszentrum nicht gewährleistet seien. Die erstinstanzliche Behörde habe zu dem fehlenden Schutz vor Abgasen und Lärm keine entsprechenden Feststellungen getroffen, was von der belangten Behörde übersehen worden sei. Entsprechend der Anregung der Beschwerdeführerin wäre ein ergänzendes verkehrstechnisches Gutachten einzuholen gewesen. Es entstünde eine unerträgliche Abgassituation, die nicht nur geschäftsstörend, sondern auch gesundheitsgefährdend sei und extrem umweltbeeinträchtigende Auswirkungen habe. Die Verkehrsbelastung wäre auf die Jahre zwischen 2010 und 2015 hochzurechnen gewesen. Das verkehrstechnische Gutachten vom sei im Verfahren zur Frage der Umweltverträglichkeitsprüfung noch gar nicht berücksichtigt worden. Eine Parkplatzbedarfsprüfung liege nicht vor, auch die Zufahrts- und Abfahrtsmöglichkeit von Einsatzfahrzeugen, insbesondere der Feuerwehr, sei nicht gewährleistet. Die insgesamt 200 Mitarbeiterstellplätze im Bereich der Abfahrtsrampe der B X, die zum Teil durch das geplante Einkaufszentrum genützt würden, seien in den Betrachtungen nicht erhalten. Das nunmehrige Projekt beinhalte keine Fußgängerbrücke. Dementsprechend sei der "Cross-Selling-Effect" neu zu bewerten und seien die darauf aufbauenden Gutachten (Lärm, Luft) neu zu erstellen. Durch den Entfall der Fußgängerbrücke erfolge ein verstärktes Querungserfordernis der Straße. Dazu wären auch entsprechende Aufstellflächen erforderlich. Zu überprüfen wäre, ob die im Bodenmarkierungsplan eingetragenen Ausmaße noch genügten. Die Vorrangregelung der Tiefgaragenausfahrt bzw. die Gewährleistung der Sicht seien den Unterlagen nicht zu entnehmen. Der Wegfall der Brücke mache ein neues Verkehrsgutachten notwendig, da damit die Immissionen, was die Verunreinigung der Luft und das Lärmaufkommen betreffe, jedenfalls die zulässigen Grenzwerte bei weitem überstiegen. Der Fußgängerstrom werde sich in beide Richtungen über die LB 35 bewegen. Dies führe dazu, dass sich vermehrte Verkehrsstausituationen in alle Richtungen ergeben werden. Das wiederum führe zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte. Die lufttechnische Untersuchung entspreche nicht mehr dem aktuellen Stand. Sie entspreche nicht den aktuellen technischen Regelungen und auch nicht der seit dem Jahr 2005 geänderten Situation.
Die Beschwerdeführerin habe bereits bei der mündlichen Verhandlung am eingewendet, dass Niederschlagswässer bei der Ableitung auf Grund der örtlichen Gegebenheiten und des ohnehin überforderten Kanalsystems auf ihre Liegenschaft gelangen könnten. Es bestehe Überschwemmungsgefahr. Weiters würde die Grundwasserbeeinträchtigung dem Schutz der Umwelt und den Interessen der Nachbarn widersprechen. Eine Unterwassersetzung des anrainenden Friedhofes würde unter Umständen Seuchengefahr bedeuten. Die Planunterlagen seien nicht vollständig, die Ableitung der Dachwässer sei nicht erkennbar. Es hätte ferner ergänzender Sachverhaltsfeststellungen, auch was die Folgen des Klimawandels betreffe, bedurft.
§ 6 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) lautet:
"(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)
sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."
Diese Aufzählung der Nachbarrechte ist taxativ (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0136).
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Verkehrssituation auf öffentlichen Verkehrsflächen und der damit verbundenen Auswirkungen, der Einhaltung der Flächenwidmung (soweit es nicht um Immissionen geht, die sich aus der Benützung des Einkaufszentrums selbst ergeben - was die Beschwerdeführerin nicht geltend macht), der Zu- und Abfahrten zum Bauprojekt, einschließlich jener für Einsatzfahrzeuge, und der Grundwassersituation geht somit ins Leere (s. dazu auch Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 7. Auflage, S. 155 ff und die dort zitierte hg. Judikatur).
Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid eindeutig ergibt, ist die belangte Behörde von einem Abstand von mindestens 20 m "zwischen der der Liegenschaft der B-AG zugewandten Seite des Bauvorhabens einerseits und der Liegenschaft der B-AG andererseits" ausgegangen. Wenn sie im weiteren Text davon schreibt, dass der Abstand "zwischen den beiden Gebäuden bzw. Grundgrenzen" an der engsten Stelle der Umrechnung nach dem Maßstab somit 20 m betrage, ist damit eindeutig erkennbar, dass sie im Hinblick auf die Beschwerdeführerin von deren Liegenschaftsgrenze ausgeht. Damit ergibt sich aber nach den nachvollziehbaren Darlegungen der belangten Behörde, denen die Beschwerdeführerin auch nicht weiter entgegentritt, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Abstand zwecks Gewährleistung des entsprechenden Lichteinfalles auf Grund der Änderung des Projektes nicht mehr beeinträchtigt sein kann. Die belangte Behörde hat auch ausgeführt, dass aus den Einreichunterlagen die entsprechenden Abstände maßstabsgemäß eindeutig ableitbar sind. Das Beschwerdevorbringen, dass auf Grund der Einreichunterlagen die Verfolgung der Nachbarrechte nicht möglich gewesen wäre, wird nicht näher konkretisiert und vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Zum Brandschutz ist die Beschwerdeführerin den sachverständigen Ausführungen, denen sich die belangte Behörde angeschlossen hat, nicht auf gleicher sachverständiger Ebene entgegengetreten. Abgesehen davon hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch dargelegt, weshalb das ursprüngliche Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Brandschutz auf Grund der Projektänderung obsolet ist. In der Beschwerde wird nicht substantiiert dargelegt, dass diese Ausführungen nicht zutreffen. Eine Verletzung von subjektivöffentlichen Nachbarrechten im Hinblick auf den Brandschutz ist somit nicht ersichtlich.
Der belangten Behörde ist im Übrigen nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgegangen ist, dass das unsubstantiierte Behaupten der Überlastung des Kanals nicht geeignet ist, die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes darzulegen. Gleiches gilt hinsichtlich der Darstellung der Ableitung der Dachwässer. Eine Grundwasserbeeinträchtigung durch Unterwassersetzung des anrainenden Friedhofes mit verbundener Seuchengefahr betrifft ebenfalls kein Nachbarrecht im Sinne des § 6 Abs. 2 BO.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Vorerkenntnis vom ausgeführt hat, besteht Bindungswirkung hinsichtlich des Feststellungsbescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 dahingehend, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Eine derartige Bindungswirkung ist im hier gegebenen Zusammenhang auch aus der Sicht des Gemeinschaftsrechtes nicht bedenklich, weil die Nachbarn ihre Nachbarrechte in den einzelnen Materienverfahren geltend machen können (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/05/0032, und vom , Zl. 2004/05/0093).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt es auch nicht darauf an, dass sich allenfalls die Verhältnisse in der Umgebung hinsichtlich der maßgeblichen Schwellenwerte für eine Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht in relevanter Weise geändert haben. Sollten Schwellenwerte durch zwischenzeitige Vorhaben in der Umgebung überschritten werden, ist es gegebenenfalls erforderlich, für diese Vorhaben eine entsprechende umweltverträglichkeitsprüfungsrechtliche Beurteilung unter Einbeziehung der auf diese Projekte anzurechnenden Umgebungsanlagen, auch jener, die umweltverträglichkeitsprüfungsrechtlich noch errichtet werden dürfen, durchzuführen. Solange die Beschwerdeführerin selbst ihr Projekt hinsichtlich der relevanten Schwellenwerte nicht ändert, ist für ihr Projekt jedoch weiterhin von der Rechtskraft und damit der Bindungswirkung des genannten Feststellungsbescheides auszugehen, wie bereits im Vorerkenntnis vom ausgeführt wurde. Ein anderes Verständnis könnte auch zu gleichheitsrechtlich bedenklichen Ergebnissen führen. Durch den bloßen Entfall der Verbindungsbrücke wurde das gegenständliche Bauprojekt nicht so geändert, dass die umweltverträglichkeitsprüfungsrechtlich relevanten Schwellenwerte des Bauprojektes selbst anders zu beurteilen wären; dies legt auch die Beschwerdeführerin nicht dar.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Baurecht Nachbar Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:2011050197.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAE-84705