VwGH vom 06.07.2010, 2008/22/0446
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 140.565/4-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Studierender". Dieser Antrag wurde von der Behörde erster Instanz mit Bescheid vom gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm § 19 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurückgewiesen.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die dagegen fristgerecht erhobene Berufung ab.
Unter Hinweis auf § 13 Abs. 3 AVG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Schreiben der Behörde erster Instanz vom aufgefordert worden, Unterlagen (eine aktuelle Inskriptionsbestätigung, einen aktuellen Studienerfolgsnachweis, ein Studienblatt, einen Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, einen Nachweis über einen in Österreich leistungsberechtigten und alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz sowie einen Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes) bis nachzureichen. Diese Ladung (richtig: Unterlagenanforderung) sei durch Hinterlegung am beim Postamt 1020 Wien zugestellt worden. In dieser Unterlagenanforderung seien die Rechtsfolgen angeführt worden.
Triftige Hinderungsgründe, die dem Beschwerdeführer von der Verpflichtung "den Ladungen Folge zu leisten" und der Aufforderung der Behörde zu entsprechen, entbunden hätten, seien nicht geltend gemacht worden.
Da der Beschwerdeführer somit der von der erstinstanzlichen Behörde ergangenen Aufforderung zur Mängelbehebung nicht nachgekommen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:
Die Zurückweisung des Verlängerungsantrages des Beschwerdeführers gründet nach dem bekämpften Bescheid darauf, dass der Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Auftrag vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG (i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998) zur Vorlage einer aktuellen Inskriptionsbestätigung, eines aktuellen Studienerfolgsnachweises, eines Studienblattes, einer ortsüblichen Unterkunft, eines Krankenversicherungsschutzes sowie des gesicherten Lebensunterhaltes nicht nachgekommen sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2008/21/0302, näher dargelegt hat, ist der Umstand, dass einem Verlängerungsantrag der Nachweis der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des gesicherten Lebensunterhaltes fehlt, nicht als "Mangel" im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG zu beurteilen, der zur Zurückweisung des Antrages führen kann. Vielmehr geht es dabei um eine Erfolgsvoraussetzung, sodass es allenfalls zur Abweisung des Antrages - im Fall eines Verlängerungsantrages zu einer Vorgangsweise nach § 25 NAG (in der Stammfassung) - kommt (vgl. insbesondere die Punkte 4.3. und 5. der Entscheidungsgründe des vorgenannten Erkenntnisses, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).
Nicht anders ist die gemäß § 8 Z. 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - Durchführungsverordnung (NAG-DV in der Stammfassung) angeordnete Verpflichtung, dem Verlängerungsantrag für eine Aufenthaltsbewilligung "Studierender" einen Studienerfolgsnachweis anzuschließen, zu qualifizieren. Auch insoweit wird eine Erfolgsvoraussetzung angesprochen, wenn auch keine allgemeine im Sinn des § 11 NAG (i.d.F. BGBl. I Nr. 157/2005), sondern eine für den begehrten Aufenthaltstitel erforderliche "besondere" Erteilungsvoraussetzung gemäß § 64 Abs. 3 NAG. Ein Vorgehen nach § 13 Abs. 3 AVG und damit eine Zurückweisung des Antrages mangels Vorlage des Studienerfolgsnachweises kommt daher nicht in Betracht. Im Übrigen könnte im Rahmen einer solchen Prüfung das allfällige Vorliegen unabwendbarer oder unvorhersehbarer Umstände, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen sind (vgl. § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG), diesen aber daran gehindert haben, einen ausreichenden Studienerfolg zu erzielen, nicht berücksichtigt werden.
In seinem Erkenntnis vom , 2008/22/0691, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits darauf hingewiesen, dass weder § 7 noch § 8 Z. 7 NAG-DV (in der Stammfassung) zu entnehmen ist, dass einem Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Studierender" eine aktuelle Inskriptionsbestätigung oder ein Studienblatt anzuschließen sind.
Die Aufforderung der Erstbehörde vom , diverse Unterlagen nachzureichen, erweist sich somit als keine geeignete Grundlage für die auf die Nichterfüllung dieses Auftrages gegründete Antragszurückweisung, die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigt wurde.
Der angefochtene Bescheid war aus den vorgenannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-84699