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VwGH vom 06.11.2013, 2011/05/0191

VwGH vom 06.11.2013, 2011/05/0191

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des Mag. K G und 2. der A G, beide in V, beide vertreten durch Dipl.-Ing. Mag. Burghard Götschhofer, Rechtsanwalt in 4643 Pettenbach, Kirchdorfer Straße 9, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-014234/3-2011- Ram/Neu, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom erstatteten die Beschwerdeführer eine Anzeige eines Bauvorhabens gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 bis 14 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO), und zwar der Errichtung eines Fahrzeug- und Fahrradabstellplatzes auf dem Grundstück Nr. 502, EZ 694, KG V.

Mit Schreiben vom teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Beschwerdeführern mit, dass bei einer Vorprüfung Abweisungsgründe im Sinne des § 30 Abs. 6 BO festgestellt worden seien. Es werde eine Frist bis eingeräumt, um das geplante Bauvorhaben im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 3 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes (BauTG) sowie des § 7 BauTG abzuändern.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde das "Ansuchen" vom "um baubehördliche Bewilligung" für das Bauvorhaben Fahrzeug- und Fahrradabstellplatz gemäß § 30 Abs. 6 Z 2 BO "abgewiesen".

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit Bescheid der belangten Behörde als Vorstellungsbehörde vom wurde der Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben, der Bescheid vom aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurückverwiesen. Begründend führte die Vorstellungsbehörde im Wesentlichen aus, das gegenständliche Bauvorhaben falle unter die Kategorie "Flug- und Schutzdächer". Für die Berechnung der bebauten Fläche seien nicht die in der Baubeschreibung angegebenen 34,80 m2 heranzuziehen, sondern die vom Amtssachverständigen für Bautechnik berechneten 53,20 m2, wodurch das Bauvorhaben als Gebäude im Sinne des § 2 Z 20 BauTG anzusehen sei. Daraus folge, dass es nicht gemäß § 25 Abs. 1 Z 9d BO bloß anzeigepflichtig, sondern gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 BO bewilligungspflichtig sei. Darüber hinaus würden die Abstandsbestimmungen nicht eingehalten (wurde näher ausgeführt). Die Gemeindebehörden hätten über ein baubewilligungspflichtiges Vorhaben abgesprochen. Die Behandlung und somit Umdeutung der Bauanzeige zum Bewilligungsantrag sei aber unzulässig. Die Ausführung des angezeigten Bauvorhabens wäre zu untersagen, und es wäre nicht das Ansuchen abzuweisen gewesen. Die Erledigung hätte sich somit auf das angezeigte Bauvorhaben beziehen müssen und dessen Ausführung wäre gemäß § 25a Abs. 1 Z 3 BO zu untersagen gewesen, damit die Beschwerdeführer in der Folge einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung hätten stellen können.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom ersatzlos aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen unter Wiedergabe vor allem der Darlegungen im Vorstellungsbescheid vom ausgeführt, da seitens der Aufsichtsbehörde nur der Bescheid des Gemeinderates aufgehoben worden sei, nicht jedoch der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters vom , sei es nötig, diesen ebenfalls ersatzlos zu beheben.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, für die Berechnung der bebauten Fläche seien nicht 34,80 m2, sondern 53,20 m2 heranzuziehen, wodurch das Bauvorhaben als bewilligungspflichtiges Gebäude anzusehen sei. Es seien somit auch die Abstandsbestimmungen des § 5 BauTG anzuwenden, und die diesbezüglichen Ausnahmebestimmungen des § 6 Abs. 1 BauTG seien in diesem Zusammenhang nicht erfüllt (wurde näher ausgeführt). Die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides sei in Bindung an die im Vorstellungsbescheid vom enthaltene Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z 20 des Oberösterreichischen Bautechnikgesetzes (BauTG), LGBl. Nr. 67/1994 idF Nr. 34/2008, ist ein Gebäude ein begehbarer überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens 1,5 m; als Gebäude gelten ebenfalls überdachte, jedoch nicht allseits umschlossene Bauten, wie Flug- und Schutzdächer, Pavillons und dergleichen, mit einer bebauten Fläche von mehr als 35 m2.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 (BO), LGBl. Nr. 66 idF Nr. 96/2006, bedarf der Neu- , Zu- oder Umbau von Gebäuden einer Baubewilligung, soweit die §§ 25 und 26 nicht anderes bestimmen.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 9b BO idF LGBl. Nr. 36/2008 ist die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung von freistehenden oder angebauten, nicht allseits umschlossenen Schutzdächern mit einer bebauten Fläche bis zu 35 m2, auch wenn sie als Abstellplätze für Kraftfahrzeuge verwendet werden, der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen.

§ 25a BO idF LGBl. Nr. 36/2008 lautet auszugsweise:

"§ 25a

Anzeigeverfahren

(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn

1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen oder

2. offensichtliche Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 2 festgestellt werden oder

3. das angezeigte Bauvorhaben einer Bewilligung nach § 24 Abs. 1 bedarf.

Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Baubehörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt.

(2) Wird innerhalb der im Abs. 1 genannten Frist die Ausführung des Bauvorhabens nicht untersagt oder teilt die Baubehörde dem Anzeigenden schon vorher schriftlich mit, daß eine Untersagung der Bauausführung nicht beabsichtigt ist, darf mit der Bauausführung begonnen werden. Im Fall der Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen nach Abs. 1a darf mit der Bauausführung jedoch erst nach Rechtskraft des diesbezüglichen Bescheides begonnen werden.

…"

Gemäß § 102 Abs. 5 der Oberösterreichischen Gemeindeordnung 1990, LGBl. 91 idF Nr. 152/2001, hat die Aufsichtsbehörde, sofern die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.

Nur den tragenden Aufhebungsgründen kommt eine Bindungswirkung im Sinne der zuletzt genannten Bestimmung zu. Dazu gehören aber auch Gründe, die als logische Voraussetzung der Auffassung der belangten Behörde, die tragend zur Aufhebung des Gemeindebescheides geführt hat, vorgelagert sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/06/0090, mwN).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass durch den rechtskräftigen Vorstellungsbescheid vom für das Verfahren bindend feststeht, dass die Ausführung des angezeigten Bauvorhabens zu untersagen gewesen wäre, nicht aber eine Abweisung der Bauanzeige hat erfolgen dürfen. Die Untersagung hätte erfolgen müssen, weil das Vorhaben mit einer Fläche von 53,20 m2 als bewilligungspflichtiges Gebäude anzusehen ist. Bindend ist jedenfalls, dass die Abweisung der Bauanzeige nicht rechtens war.

Der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom hat, in Entsprechung dieser Rechtsmeinung, den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom ersatzlos aufgehoben.

In ihrer Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiven Rechten auf Genehmigung der Bauanzeige vom und in ihrem Recht auf inhaltliche Entscheidung über ihre Vorstellung als verletzt.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellung der belangten Behörde, dass eine bebaute Fläche von 53,2 m2 vorliege, sei aktenwidrig. Auch die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Ausnahmebestimmungen hinsichtlich des Seitenabstandes (§ 6 BauTG) nicht herangezogen werden könnten, sei unrichtig (wird näher dargelegt). Bereits in ihrer Berufung vom hätten die Beschwerdeführer aufgezeigt, dass sie sich vorbehaltlich der Sach- und Rechtslage bereit erklärten, nach Bekanntgabe des ortsüblichen Maßes für einen Dachvorsprung das eingereichte Bauvorhaben im konkreten Umfang entsprechend abzuändern, damit das angezeigte Bauvorhaben genehmigt werden könne. Die belangte Behörde sei dem Ersuchen der Beschwerdeführer, so wie bereits die Baubehörde erster Instanz, nicht nachgekommen.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde als Berufungsbehörde hat in seinem Berufungsbescheid vom den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben. Eine solche ersatzlose Behebung eines auf § 25a BO gestützten erstinstanzlichen Untersagungsbescheides durch die Berufungsbehörde kann die Beschwerdeführer nicht in den von ihnen geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen, weil eine "positive" Entscheidung über die Bauanzeige (etwa in Form einer Bewilligung) nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0374). Nichts anderes kann in einem Fall wie dem hier vorliegenden gelten, wo die Bauanzeige nicht zu einer Untersagung geführt, sondern - wenn auch fälschlich, wie durch den Bescheid vom bindend feststeht - "abgewiesen" wurde. Kann aber durch den Berufungsbescheid vom keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer eingetreten sein, erweist sich auch der in Beschwerde gezogene Bescheid als ein solcher, der subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am