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VwGH vom 06.07.2010, 2008/22/0433

VwGH vom 06.07.2010, 2008/22/0433

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der V, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 147.560/2- III/4/06, betreffend Daueraufenthaltskarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der gegenständlichen Beschwerdesache wies die erstinstanzliche Behörde (der Landeshauptmann von Wien) den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" mit Bescheid vom gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG zurück.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG ab.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zu Grunde, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Einreise nach Österreich am einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt habe, der gemäß § 7 AsylG rechtskräftig negativ und gemäß § 8 AsylG rechtskräftig positiv abgeschlossen worden sei. Die Beschwerdeführerin verfüge daher über eine bis befristete Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

In der Berufung habe die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eingewendet, dass sie mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und ihr Asylverfahren bereits abgeschlossen sei; sie verfüge als subsidiär Schutzberechtigte über eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG, gültig bis .

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen - unter Wiedergabe der Bestimmungen der §§ 1 Abs. 2 Z. 1 und 81 Abs. 1 NAG - aus, dass das NAG auf die Beschwerdeführerin nicht anwendbar sei, weil sie über eine befristete Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfüge und daher zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

Ergänzend werde ausgeführt, dass auch eine allfällige Prüfung eines unmittelbar vom Gemeinschaftsrecht der EU abgeleiteten Aufenthaltsrechtes nicht zum gewünschten Erfolg führen könne, weil die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) nicht erfülle und daher kein Recht auf Freizügigkeit gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen könne. Aus dem Akteninhalt sei nicht ersichtlich, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin sein Recht auf die (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde bringt vor, die belangte Behörde habe über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck "Familienangehöriger" abgesprochen. Ein derartiger Antrag sei jedoch nie gestellt worden; für eine eigenmächtige Umdeutung des Antrages habe keine Rechtsgrundlage bestanden. Gemäß § 23 Abs. 1 NAG hätte die Behörde die Beschwerdeführerin belehren müssen, wenn sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren ergebe, dass sie für den beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen als den beabsichtigten Aufenthaltstitel benötige. Diese Belehrungspflicht hätte bereits die Behörde erster Instanz gehabt, weil sich nach Antragstellung mit die Rechtslage geändert habe und sowohl die Möglichkeit der Erlangung einer Daueraufenthaltskarte gemäß § 57 iVm § 54 iVm § 52 Z. 1 NAG als auch - bei Fehlen einer gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung des österreichischen Ehemannes - die Möglichkeit der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 Abs. 2 NAG bestanden habe. Zum Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Niederlassungsantrages habe eine derartige Differenzierung noch nicht bestanden. In der Berufung sei jedoch nur die Erteilung einer Daueraufenthaltskarte beantragt worden. Der gegenständliche Antrag sei von der belangten Behörde eigenmächtig umgedeutet worden.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde zum Erfolg.

Bereits die Behörde erster Instanz hat den noch im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 gestellten Antrag der Beschwerdeführerin nach dem In-Kraft-Treten des NAG am (§ 82 Abs. 1 NAG) als auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gerichtet gewertet. In der Berufung betonte die Beschwerdeführerin demgegenüber, dass ihr auf Grund der Eheschließung mit einem österreichischen Staatsbürger grundsätzlich das Recht zur Niederlassung in Österreich, das nur zu dokumentieren sei, zukomme. Sie beantrage "das Aufenthaltsrecht gemäß § 54 NAG in Form einer Daueraufenthaltskarte ersichtlich zu machen".

Dessen ungeachtet ging offenbar auch die belangte Behörde davon aus, es liege kein Antrag auf Erteilung einer Daueraufenthaltskarte, sondern ein solcher auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familienangehöriger" vor.

Zum Verfahrensgegenstand eines Antrages im Anwendungsbereich des NAG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt, dass nach dessen Bestimmungen eine amtswegige Umdeutung eines Antrages grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , 2010/22/0004, verwiesen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-84660