VwGH vom 22.11.2006, 2006/15/0049
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der Kärntner R GmbH in A, vertreten durch die Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1013 Wien, Renngasse 1/Freyung, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , GZ. RV/0087-K/04, betreffend Investitionszuwachsprämie für 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH reichte am die Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 beim Finanzamt ein. Die Veranlagung zur Körperschaftsteuer wurde mit Bescheid vom vorgenommen.
Am erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2002, wobei zur Vorlage der Berufungsbegründung um Fristerstreckung bis zum ersuchte wurde. Am legte die Beschwerdeführerin eine berichtigte Körperschaftsteuererklärung samt Bilanz vor. Zur Begründung ihrer Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass in der "ersten Bilanz" entgegen zwingenden Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes nicht aktivierungsfähige Werbeaufwendungen auf dem Konto "Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau" aktiviert, sowie ein eindeutig dem "Maschinenkonto" zuzuordnender Betrag nicht ausgewiesen worden seien. Weiters sei die Bildung einer Rückstellung für Beratungsleistungen in Höhe von 5.000 EUR unterlassen worden. Insgesamt erhöhe sich durch die vorzunehmenden Berichtigungen der Bilanzverlust 2002 von 1,105.680,55 EUR auf 1,191.412,08 EUR.
Ebenfalls am langte beim Finanzamt die "Beilage zur Körperschaftsteuererklärung für 2002 zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e" ein.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Gewährung von Investitionszuwachsprämie in Höhe von 1,286.045,84 EUR mit der Begründung ab, dass der am eingereichten (ersten) Körperschaftsteuererklärung kein Verzeichnis angeschlossen war und die nachträgliche Geltendmachung einer Investitionsprämie nach § 108e EStG 1988 ausgeschlossen sei.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde vorgebracht, das Bundesministerium für Finanzen habe durch Änderung der Rz. 8229 der Einkommensteuerrichtlinien 2002 "festgelegt", dass keine Bedenken bestünden, wenn die Prämie bis zum Ergehen des (Körperschaft)Steuerbescheides des betreffenden Jahres geltend gemacht werde. Der Antrag auf Geltendmachung der Prämie sei am gestellt worden. Der Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2002 (Berufungsvorentscheidung) sei dem steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin erst am zugestellt worden. Solcherart sei die Investitionszuwachsprämie fristgerecht geltend gemacht worden. Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 83/13/0091, berufe sich das Finanzamt zu Unrecht, weil dieses Erkenntnis die Bildung steuerfreier Beträge gemäß § 28 Abs. 5 Z 2 EStG 1972 zum Gegenstand gehabt habe und derartige steuerfreie Beträge nur im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens hätten gebildet werden können, während es sich beim Verzeichnis nach § 108e EStG 1988 um eine eigenständige Abgabenerklärung handeln würde. Die Entscheidung über die Investitionszuwachsprämie sei vom Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerverfahren des betreffenden Jahres abgekoppelt. Das Gesetz besage zwar, dass die Abgabenerklärung betreffend die Investitionszuwachsprämie mit der Jahreserklärung abzugeben sei; eine Rechtsfolge für den Fall der nicht gleichzeitig erfolgten Abgabe sehe die Bestimmung des § 108e EStG 1988 jedoch nicht vor.
Die Rechtsfolgen verspätet abgegebener Abgabenerklärungen seien in § 135 BAO geregelt. Komme es (wie im Fall der Investitionszuwachsprämie) zu einer Gutschrift, könne ein Verspätungszuschlag nicht festgesetzt werden.
In der Regierungsvorlage zum SteuerreformG 2005 werde darüber hinaus festgelegt, dass die Investitionszuwachsprämie in einer bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides nachgereichten Beilage geltend gemacht werden könne. In den Erläuterungen zur Gesetzesänderung finde sich der Hinweis, dass sich die derzeitige Verwaltungspraxis, nach der eine Abgabe eines Antrages bis zur Zustellung des Bescheides toleriert werde, als unbefriedigend erwiesen habe, weil der genaue Tag der Bescheidzustellung vielfach nicht vorhersehbar sei. Im Rahmen einer allenfalls zu treffenden Ermessensentscheidung möge auch dieser Gesichtspunkt berücksichtigt werden.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung ergänzte die Beschwerdeführerin, auch im Falle der verspäteten Abgabe der Körperschaftsteuererklärung komme es nicht dazu, dass keine Steuer festgesetzt werde. Gleiches müsse für den vorliegenden Fall der verspäteten Abgabe des Verzeichnisses gemäß § 108e EStG 1988 gelten. Die einzige zeitliche Grenze bildeten die Verjährungsfristen. Es wäre mit den Vorgaben des Gleichheitsgrundsatzes nicht vereinbar, dass eine bloße Fristversäumnis von beispielsweise einem Tag zur vollständigen Versagung der Investitionszuwachsprämie führe, während der sonst für den Fall verspäteter Erklärungsabgabe vorgesehene Verspätungszuschlag maximal 10% der festgesetzten Abgabe betrage. Ebenso wäre es verfassungswidrig, würde es für die Abgabe des Verzeichnisses auf den Zeitpunkt der Zustellung des Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheides ankommen, weil der Steuerpflichtige diesfalls eine Frist mit einem völlig unbestimmten Ablauf und einem für ihn keineswegs vorhersehbaren, sondern ihn ohne Ankündigung treffenden Ende zur Verfügung hätte. Selbst das Bundesministerium für Finanzen habe es - wie einer Rechtsauskunft vom zu entnehmen sei - als nicht akzeptabel erachtet, dass bei verspäteter Einreichung der Abgabenerklärung über die Investitionszuwachsprämie überhaupt keine Prämie gewährt werde. Sei die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie aus der Eintragung des als Prämie beanspruchten Betrages in der Körperschaftsteuererklärung hervorgegangen, solle nach Auffassung des Bundesministeriums für Finanzen eine Geltendmachung der Prämie durch Einreichung des Formulars E 108e auch noch nach Ergehen des Körperschaftsteuerbescheides zulässig sein.
Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vertraten die steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin die Ansicht, dass auch die am beim Finanzamt eingereichte berichtigte Körperschaftsteuererklärung eine "Steuererklärung iSd § 108e EStG 1988" sei und daher die gemeinsame Vorlage des Verzeichnisses mit dieser "ersten richtigen", "zutreffenden" Erklärung rechtzeitig erfolgt sei. Soweit mit der "Steuererklärung" nur die "erste" gemeint sein sollte, liege eine sanktionslose Ordnungsvorschrift vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung ab. Zur Begründung wird ausgeführt, mit der "Abgabenerklärung" des betreffenden Jahres könne nur die erste Erklärung und nicht auch eine diese berichtigende Eingabe verstanden werden (vgl. Ritz, BAO2, Tz. 6 zu § 133 BAO), weil es der Abgabepflichtige andernfalls in der Hand hätte, sich durch die Einreichung vorerst unrichtiger Abgabenerklärungen die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie weiterhin offen zu halten.
Auch wenn der Gesetzgeber das Verfahren zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie vom Veranlagungsverfahren abgekoppelt haben mag, werde durch die Formulierung "das Verzeichnis ist der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen" schon vom Wortlaut her eine Koppelung zwischen der gleichzeitigen Vorlage des Verzeichnisses und jener der Steuererklärung hergestellt. Die gleichzeitige Vorlage des Verzeichnisses zusammen mit der Steuererklärung des "betreffenden" Jahres sei eine "materiellrechtliche" Anspruchsvoraussetzung für die Zuerkennung der Investitionszuwachsprämie und mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Körperschaftsteuererklärung befristet. Dieses Verständnis werde der strittigen Regelung auch von im einzelnen genannten Fachautoren beigemessen.
Da die Anschaffung der Investition im Jahr 2002 erfolgt sei, sei das Ausmaß der Investitionszuwachsprämie der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Einreichung der Körperschaftsteuererklärung für 2002 bekannt gewesen. Die Beschwerdeführerin habe auch nie behauptet, dass der Einreichung des Verzeichnisses gemeinsam mit der am beim Finanzamt abgegebenen Körperschaftsteuererklärung ein Hindernis entgegengestanden wäre.
Dass das Verzeichnis als eigene Abgabenerklärung gelte, habe zur Folge, dass die Antragstellung unter Verwendung des amtlichen Formulars erfolgen müsse. Da die gleichzeitige Vorlage des Verzeichnisses mit der Abgabe der Steuererklärung materiellrechtliche Voraussetzung der Prämiengewährung sei, würden auch die Folgen bei Nichtabgabe des Verzeichnisses (keine Prämiengewährung) anders sein als bei der "bloßen" Nichtabgabe oder verspäteten Abgabe der Körperschaftsteuererklärung (Festsetzung eines Verspätungszuschlages). Nachdem es sich bei der Investitionszuwachsprämie um eine Geldleistung des Staates an den Abgabepflichtigen handle, könne die Bestimmung des § 135 BAO von vornherein keine Anwendung finden. Im Übrigen habe schon das frühere Investitionsprämiengesetz, das ein ähnliches Förderungsziel wie die Bestimmung des § 108e EStG 1988 verfolgt habe, die fristgebundene Geltendmachung durch Vorlage eines als Abgabenerklärung geltenden Verzeichnisses vorgesehen. Dementsprechend habe die Lehre verlangt, dass das Verzeichnis spätestens mit der Erklärung über den Gewinn vorgelegt werden müsse und die Ansicht vertreten, dass bei verspäteter Verzeichnisvorlage der Anspruch auf I-Prämie verwirkt sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Mit Erkenntnis vom , 2004/15/0104, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass ein Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie nach der Stammfassung des § 108e EStG, wenn er nicht mit der Einreichung der Abgabenerklärung gestellt wird, verspätet ist. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Soweit die Beschwerdeführerin wie schon in der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde die Ansicht vertrat, dass die am eingereichte Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 "so fehlerhaft" gewesen sei, dass sie gar nicht als Körperschaftsteuererklärung in Betracht komme, ist ihr nicht zu folgen. Der bloße Umstand, dass in einer Abgabenerklärung materiell unrichtige Steuerbemessungsgrundlagen ausgewiesen werden, nimmt dieser Erklärung nicht ihre Eigenschaft als Abgabenerklärung im Sinne des § 133 BAO.
Das Beschwerdevorbringen, die Bestimmung des § 108e EStG 1988 differenziere nicht zwischen verschiedenen Steuererklärungen, sodass es genüge, wenn das Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie nicht später als die zuletzt abgegebene Steuererklärung eingereicht werde, verkennt, dass mit der Wortfolge "ist anzuschließen" in der Stammfassung des § 108e EStG 1988 der zeitliche Rahmen der Antragstellung exakt festgelegt wird. Im Beschwerdefall ist mit der Einreichung der Körperschaftssteuererklärung für das Jahr 2002 am die gesetzliche Frist zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2002 abgelaufen. Die Abgabe weiterer (berichtigender) Körperschaftsteuererklärungen ändert am bereits eingetretenen Fristenablauf nichts. Auf die grundsätzliche Anwendbarkeit der Bestimmung des § 308 BAO hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2006/15/0090, hingewiesen.
Mit den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen gleichheitsrechtlichen Bedenken hat sich der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls bereits im Erkenntnis 2004/15/0104 auseinandergesetzt und die Befristung des Antrages auf Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie mit dem Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung des betreffenden Jahres als nicht unsachlich erachtet. Auch im Beschwerdefall ist nicht zu erkennen, weshalb es der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen sein sollte, mit der Abgabe der Steuererklärung auch das Verzeichnis nach § 108e BAO einzureichen. Zu ergänzen bleibt, dass es im gegebenen Zusammenhang nicht um den Unrechtsgehalt des Verhaltens eines Steuerpflichtigen geht, sondern ausschließlich um die Frage der rechtzeitigen Geltendmachung von subjektiv-öffentlichen Rechten des Steuerpflichtigen. Ob eine von der Finanzverwaltung praktizierte Kulanzlösung wegen der dadurch bewirkten unterschiedlichen Fristen für die Antragstellung zu gleichheitswidrigen Ergebnissen geführt hat, ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen. Dass die Bestimmung des § 108e BAO die Antragstellung nicht mit einem bestimmten, für alle Steuerpflichtigen gleich langen Zeitraum befristet, erscheint gleichfalls sachgerecht, weil zum einen davon ausgegangen werden kann, dass im Zeitpunkt der Erstellung der Jahressteuererklärung bereits alle Informationen vorliegen, die in Bezug auf die Geltendmachung der Prämie benötigt werden, und dem Abgabepflichtigen zum anderen eine Antragstellung nach § 134 Abs. 2 BAO (mit entsprechender Folgewirkung für die Frist zur Abgabe des Verzeichnisses gemäß § 108e EStG 1988 in seiner Stammfassung) offen steht.
Gegen das Auslegungsergebnis, dass nach der Stammfassung des § 108e EStG (geltend für die Investitionszuwachsprämien 2002 und 2003) der Prämienantrag nicht nach Einreichung der Abgabenerklärung betreffend Einkommen- und Körperschaftsteuer (bzw. der Gewinnfeststellungserklärung) wirksam gestellt werden kann, spricht auch nicht der Umstand, dass der Gesetzgeber für die Investitionszuwachsprämie 2004 mit BGBl. I Nr. 57/2004 normiert hat, dass der Prämienantrag noch bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides gestellt werden kann. Schon im Hinblick auf die klare Inkrafttretensbestimmung der durch das SteuerreformG 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, vorgenommenen Neufassung des § 108e Abs. 4 (vgl. § 124b Z 105 EStG) ist deren Anwendung auf die Investitionszuwachsprämie 2002 (und 2003) ausgeschlossen. Gleichheitsrechtliche Bedenken erwachsen dadurch, dass die Neuregelung einheitlich erst für die Investitionszuwachsprämien 2004 gilt, nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0133).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am