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VwGH vom 06.07.2006, 2006/15/0046

VwGH vom 06.07.2006, 2006/15/0046

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M, über die Beschwerde der R Gesellschaft mbH in L, vertreten durch Dr. Bernhard Huber, Mag. Christian Ebmer u.a., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , GZ. Gem-524408/3-2004- Sto/Shz, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum bis (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine von der beschwerdeführenden GmbH erhobene Vorstellung gegen die im Instanzenzug durch den Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz erfolgte Vorschreibung von Kommunalsteuer für den Zeitraum bis betreffend die Geschäftsführerbezüge des an der beschwerdeführenden GmbH zu 100% beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers ab.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe gegen die Festsetzung der Kommunalsteuer für die Jahre 1995 bis 2000 Berufung erhoben und zum einen vorgebracht, dass hinsichtlich der Jahre 1995 und 1996 bereits Verjährung eingetreten sei, weil es sich beim Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom lediglich um die Ankündigung einer Betriebsprüfung gehandelt habe und die bloße Ankündigung einer solchen noch keine Unterbrechungshandlung darstellen würde. Zum anderen habe sie die Ansicht vertreten, dass die Geschäftsführerbezüge zu Unrecht in die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage einbezogen worden seien. Der Geschäftsführer sei nicht in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert. Eine Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung liege nicht vor, es gebe keine fixe Arbeitszeit, keine Überstundenregelung, keinen fixen Arbeitsort und keine feste Urlaubseinteilung. Überdies treffe ihn ein erhebliches Unternehmerwagnis. Der beschwerdeführenden GmbH obliege die Geschäftsführung jener KG, an der der Geschäftsführer als Kommanditist beteiligt sei. Solcherart setze sich das Einkommen des Geschäftsführers aus den von der Beschwerdeführerin bezogenen Geschäftsführerbezügen einerseits und aus dem Gewinnanteil der KG andererseits zusammen. Seine Tätigkeit als Geschäftsführer wirke sich unmittelbar im Ergebnis der KG aus und beeinflusse unmittelbar sein Einkommen. Vom Ergebnis der KG stünden dem Geschäftsführer 80% als Gewinntangente zu. Die prüfungsgegenständlichen Geschäftsführerbezüge würden der KG weiterverrechnet und führten bei dieser zu einem entsprechenden Aufwand. Die Einräumung eines fixen Geschäftsführerbezuges führe bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu keinem anderen Ergebnis, weil dem Geschäftsführer nichts anderes als 80% des KG-Ergebnisses zustehe. Dieser trage damit zweifellos ein Unternehmerrisiko.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz habe der Berufung nur in Ansehung eines mit der Kommunalsteuervorschreibung auch festgesetzten Säumniszuschlages teilweise Folge gegeben.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin sei als unbegründet abzuweisen. Gemäß § 153 Abs. 1 Oö. LAO 1996 unterliege das Recht der Festsetzung einer Abgabe der Verjährung, wobei die Verjährungsfrist nach Abs. 2 dieser Bestimmung grundsätzlich fünf Jahre betrage. Die Verjährung beginne nach § 154 Z 1 leg. cit. mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden sei. Nach § 155 Abs. 1 leg. cit. werde die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen.

Der gegenständliche Verfahrensakt enthalte ein Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Linz an die beschwerdeführende GmbH vom , in welchem dieser mitgeteilt worden sei, dass beabsichtigt sei, eine Überprüfung der für die Linzer Betriebsstätte erklärten Kommunalsteuer durchzuführen, und dass damit die Abgabenprüfung für den Abgabenzeitraum vom bis "eingeleitet" sei. Dieses Schreiben sei der Beschwerdeführerin am zugestellt worden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin werde die Verjährung nicht nur durch eine abgabenbehördliche Prüfung unterbrochen, sondern auch dann, wenn "das Verwaltungsziel einer nach außen gerichteten Amtshandlung in der Feststellung des Abgabepflichtigen und in der Geltendmachung eines Anspruches besteht und der Weg zu diesem Ziel mit Hilfe von zur Zweckerreichung dienenden Verwaltungsmaßnahmen beschritten" werde. Das Schreiben vom stelle somit eine zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung im Sinne des § 155 Abs. 1 leg. cit. dar, sodass die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2000 neu zu laufen begonnen habe. Solcherart sei das Recht der Landeshauptstadt Linz auf Festsetzung der Kommunalsteuer für die Jahre 1995 und 1996 nicht verjährt.

Zur Sache selbst wird nach Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen im angefochtenen Bescheid sachverhaltsbezogen ausgeführt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer nach der Aktenlage die laufende Geschäftsführung der Beschwerdeführerin kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum erfüllt habe. Bei dieser Sachlage sei von einer Eingliederung des Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus der beschwerdeführende GmbH auszugehen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin ihren Geschäftsführer auf Grund dessen 100%iger Beteiligung als ihren "Kopf" bezeichnet habe.

Ein Unternehmerwagnis liege nicht vor, weil der Geschäftsführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum monatliche, im Wesentlichen gleich hohe Entlohnungen erhalten habe. Auf das "Gesamteinkommen" des Geschäftsführers als Summe der Geschäftsführerbezüge und seines Gewinnanteils an der KG komme es im gegebenen Zusammenhang nicht an. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sich das Unternehmerwagnis des Geschäftsführers unzweifelhaft in der Übernahme persönlicher Haftungen verwirkliche, sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Risiko, das der Geschäftsführer im Falle der Übernahme einer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft eingehe, dem Bereich der Gesellschaftersphäre zuzuordnen sei.

Die Beschwerde wendet sich sowohl gegen die Qualifizierung der Geschäftsführerbezüge als Einkünfte gemäß § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 als auch gegen die Beurteilung des Schreibens vom als Unterbrechungshandlung im Sinne der §§ 153ff Oö. Landesabgabenordnung 1996.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Einkunftsart der Geschäftsführerbezüge

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, hat der Verwaltungsgerichtshof zur Auslegung der Vorschrift des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zwar an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Verständnis der Bedeutung des Ausdruckes "sonst" in dieser Gesetzesbestimmung in Bezug auf die Beseitigung des Merkmales der Weisungsgebundenheit als Tatbestandsvoraussetzung der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 festgehalten, aber auch ausgesprochen, soweit das in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierte Tatbestandselement der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" beseitigt werde, könne sich der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden - Vorschrift (primär) nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen.

Damit sind auch die im vorliegenden Beschwerdefall gewährten Vergütungen als Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu beurteilen, weil entgegen der Beschwerdebehauptung an der Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der beschwerdeführenden Gesellschaft nach Maßgabe des im genannten Erkenntnis des verstärkten Senates dargelegten Verständnisses von diesem Merkmal (das bereits durch jede nach außen hin als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt wird, mit welcher der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird) sachbezogen kein Zweifel besteht.

Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgetragenen Argumente hinsichtlich des Unternehmerrisikos gehen mangels rechtlicher Relevanz ins Leere.

2. Verjährung

Zur Frage der Verjährung der Abgabenansprüche der Jahre 1995 und 1996 bringt die Beschwerdeführerin vor, im Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom sei Folgendes ausgeführt worden:

"Gemäß § 115 der OÖ LAO LGBl. Nr. 107/1996, ist beabsichtigt, eine Überprüfung der für die Linzer Betriebsstätte erklärten Kommunalsteuer durchzuführen. Prüfungszeitraum ist bis . Das Prüfungsorgan wird im Laufe des nächsten Jahres mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Mit diesem Schreiben ist die Abgabenprüfung für obigen Zeitraum eingeleitet."

Dieses Schreiben stelle im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine bloße Ankündigung einer Unterbrechungshandlung dar. Der Schlusssatz, wonach mit diesem Schreiben die Abgabenprüfung eingeleitet sei, könne schon angesichts der darauf folgenden zwei Jahre und fünf Monate der völligen Untätigkeit der Abgabenbehörde nichts daran ändern, dass mit dem Schreiben eine abgabenbehördliche Prüfung lediglich angekündigt worden sei. Der Prüfungsauftrag sei tatsächlich erst am ausgefertigt worden. Anders als in dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/16/0379, auf das die belangte Behörde verwiesen habe, sei es im Beschwerdefall nicht um eine Terminvereinbarung oder -bekanntgabe gegangen. Mit dem vorliegenden Schreiben habe die Abgabenbehörde daher - anders als von der Rechtsprechung gefordert - tatsächlich keinen "Weg zur Geltendmachung von Abgabenansprüchen mit Hilfe von zur Zweckerreichung dienenden Verwaltungsmaßnahmen gesetzt".

§ 155 Abs. 1 Oö. Landesabgabenordnung 1996 bestimmt, dass die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 54) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen wird. Mit Ablauf des Jahres, in dem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 209 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem AbgÄG 2004 (BGBl. I Nr. 180/2004) haben

u. a. abgabenbehördliche Prüfungen, auch wenn ein Prüfungsauftrag nicht vorliegt, unterbrechende Wirkung. Die bloße Ankündigung einer Unterbrechungshandlung genügt allerdings noch nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 89/17/0183).

Eine Unterbrechungshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise etwas zur Feststellung des Steueranspruches unternimmt (vgl. mit weiteren Hinweisen das hg. Erkenntnis vom , 85/16/0111).

Vergleicht man das von der belangten Behörde für ihren Rechtsstandpunkt ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/16/0379, mit jenem vom , 85/16/0111, fällt auf, dass dem Erkenntnis vom ein Schreiben der Abgabenbehörde zu Grunde lag, dessen einziger objektiv erkennbarer Zweck augenscheinlich darin lag, den Lauf der Verjährungsfrist durch die Ankündigung einer Kapitalverkehrssteuerprüfung zu unterbrechen, während das eine Getränkesteuerprüfung ankündigende Schreiben, das dem Erkenntnis vom zu Grunde lag, darauf abzielte, mit dem Abgabepflichtigen eine konkrete Terminvereinbarung zu treffen.

Bei der Abgrenzung der Unterbrechungshandlung von der bloßen Ankündigung einer Unterbrechungshandlung, insbesondere einer abgabenbehördlichen Prüfung, kommt es demnach entscheidend darauf an, ob dem Schritt der Abgabenbehörde - über den bloßen Selbstzweck der angestrebten Unterbrechung der Verjährungsfrist hinausgehend - eine Funktion im Hinblick auf die Geltendmachung des Steueranspruches zukommt. In diesem Sinne ist auch in dem von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom von "zur Zweckerreichung dienenden Verwaltungsmaßnahmen" die Rede.

Im Beschwerdefall ist nicht zu erkennen, dass dem streitgegenständlichen Schreiben vom irgendeine Funktion im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Kommunalsteueranspruches zugekommen wäre. Eine "Kontaktaufnahme durch ein Prüfungsorgan" wurde vielmehr erst in Aussicht gestellt. Dass im streitgegenständlichen Schreiben Abgabenart, Abgabenzeiträume und auch der Name des betroffenen Abgabenschuldners genannt sind, ändert nichts daran, dass mit diesem Schreiben noch kein Schritt zur Geltendmachung des Abgabenanspruchs gesetzt wurde, sondern solche Schritte erst angekündigt wurden. Auch ist nicht zu erkennen, dass die anzuwendende Verfahrensordnung eine "Einleitung" einer abgabenbehördlichen Prüfung vorsieht und das Schreiben vom damit bereits als (erster) Teil bzw. Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung angesehen werden könnte. Damit gleicht der Beschwerdefall aber weitgehend jenem der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom zu Grunde lag.

Das Schreiben vom war daher gleichfalls seinem Inhalte nach nicht geeignet, eine im Lauf befindliche Verjährungsfrist zu unterbrechen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher - soweit er die Jahre 1995 und 1996 betrifft (der Spruch ist im Beschwerdefall teilbar) - als inhaltlich rechtswidrig und war somit insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde hingegen aus den unter Pkt. 1 angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am