VwGH vom 30.03.2016, 2013/13/0037

VwGH vom 30.03.2016, 2013/13/0037

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde des Finanzamtes Wien 6/7/15 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2114-W/12, miterledigt RV/0737-W/12, RV/1362-W/12, RV/2112-W/12, RV/2113- W/12, betreffend Umsatzsteuer 2009 sowie Festsetzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für Zeiträume zwischen Jänner 2010 und Mai 2012 (mitbeteiligte Partei: P GmbH in W, vertreten durch Mag. Catharina Karl, Steuerberaterin in 1060 Wien, Köstlergasse 1/39), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte GmbH betreibt ein System zur Abwicklung der Umsatzsteuerrückerstattung bei Touristenexporten. Sie schließt darüber Verträge mit Händlern ab, in denen die mitbeteiligte Partei vom jeweiligen Händler "zur Rückerstattung der vom Touristen bezahlten Umsatzsteuer in seinem (des Händlers) Namen und auf seine Rechnung" "beauftragt" wird. Die Leistung werde "gegenüber dem Händler unentgeltlich erbracht". Der Tourist kann das von der mitbeteiligten Partei zur Verfügung gestellte, ordnungsgemäß ausgefüllte und von den Zollbehörden abgestempelte Formblatt bei einer der Barauszahlungsstellen der mitbeteiligten Partei abgeben und den Rückerstattungsbetrag bar erhalten oder es der mitbeteiligten Partei zusenden und den Rückerstattungsbetrag nach Maßgabe der von ihm ausgewählten Zahlungsart erhalten. Die mitbeteiligte Partei rechnet mit dem Händler monatlich über die geleisteten Rückerstattungen ab, der Händler verpflichtet sich zur Bezahlung der Rechnungsbeträge jeweils unmittelbar nach Erhalt der Rechnung. Die Verträge sehen auch ein "Bonusprogramm" mit "Bonus-Zahlungen" vor, mit dem die mitbeteiligte Partei den Händler für die bewirkten "Verkaufsabschlüsse" belohnt. Ein "Verkaufsabschluss gilt", wenn die mitbeteiligte Partei vom "Kunden" das Formblatt erhält und dieses "von den Zollbehörden ordnungsgemäß genehmigt und abgestempelt wurde".

2 Die Formblätter (jeweils eine "Händler copy" und eine vom Touristen der mitbeteiligten Partei zuzuleitende "refund copy") mit Feldern u.a. für Angaben über die Waren, den Mehrwertsteuersatz und den Preis sowie den daraus resultierenden Rückerstattungsbetrag sind sowohl vom Händler als auch vom Touristen zu unterfertigen. Die Rückseite der "Händler copy" enthält u.a. Anweisungen an den Händler, wie beim Ausfüllen des Formblatts vorzugehen ist. Die Rückseite der "refund copy" erläutert in englischer Sprache die "refund policy" der mitbeteiligten Partei und den Abzug einer "handling fee" vom Rückerstattungsbetrag und enthält ein Feld für die zollamtliche Bestätigung.

3 Streitpunkt des vorliegenden Verfahrens war die der mitbeteiligten Partei für das Streitjahr - anders als in früheren Jahren - vorgeschriebene Umsatzsteuer auf die Abzugsbeträge. Die erstinstanzlichen Bescheide über die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 und Vorauszahlungen für Folgezeiträume stützten sich auf das Ergebnis einer Außenprüfung, in der am die Schlussbesprechung stattfand. In dieser Schlussbesprechung wurde der mitbeteiligten Partei entgegen gehalten, der von ihr bisher vertretene Standpunkt, sie erbringe nur Leistungen an die Händler und nicht an die Touristen und es handle sich um unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr bezogene und daher steuerbefreite Leistungen, stehe im Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/15/0310, VwSlg 8529/F. Die mitbeteiligte Partei hielt an ihrem Standpunkt fest, warf aber auch die Frage der Einordnung der von der Finanzbehörde angenommenen Leistung an die Touristen unter die "sonstigen Leistungen" nach § 3a UStG 1994 auf und brachte dazu vor, es würde sich diesfalls um eine Inkassoleistung und somit um eine sogenannte Katalogleistung handeln, die nicht als im Inland ausgeführt gelte.

4 Im Prüfungsbericht vom , auf den die erstinstanzlichen Bescheide verwiesen, wurde dem entgegengehalten, die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 8 lit. c UStG 1994, auf die die gemeinte Leistungsortregelung des § 3a Abs. 10 (bis ) bzw. Abs. 14 (ab ) Z 7 UStG 1994 verweise, sei "auf vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, da sie die entgeltliche Abtretung von bestehenden Geldforderungen erfasst. Sie erfasst somit die Leistung des Zedenten, nicht jedoch die Leistung des Zessionars". Unter der Annahme, dass der Tourist "seine Forderung auf Refundierung der Umsatzsteuer" an die mitbeteiligte Partei abträte, hätte die mitbeteiligte Partei "allenfalls die Stellung als Zessionar. Zur Vervollständigung sei noch erwähnt, dass bei Annahme des Vorliegens einer bloßen Inkassozession keine Forderungsabtretung vorliegt und deshalb diese Befreiungsbestimmung nicht greift."

5 In der Berufung gegen die erstinstanzlichen Bescheide, in der sie vorrangig an ihrem bisherigen Rechtsstandpunkt festhielt, machte die mitbeteiligte Partei hilfsweise - für den Fall der Annahme entgeltlicher Leistungsbeziehungen zwischen ihr und den Touristen und der Unanwendbarkeit der Befreiungsbestimmung für Leistungen, die sich unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr beziehen - geltend, der Ort der Leistung wäre dann im Drittland, weil es sich nach dem Maßstab der , MKG-Kraftfahrzeuge-Factoring , und vom , C-175/09, AXA UK , um eine Einziehung von Forderungen handeln würde. Das Hauptinteresse des Touristen sei die Geltendmachung seiner gegenüber dem Händler bestehenden Forderung auf Rückzahlung der ihm zunächst verrechneten Umsatzsteuer. Die mitbeteiligte Partei nehme dem Touristen diese Geltendmachung ab und bewirke die Erfüllung einer Geldschuld des Händlers gegenüber dem Touristen. Sie bekomme auch nur dann eine Vergütung, wenn sie die Auszahlung an den Touristen vorgenommen habe. Die Ausführungen im Prüfungsbericht seien nicht nachvollziehbar, weil sich der Verweis auf die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 8 lit. c UStG 1994 (der unstrittig auch die von der Befreiung selbst dort ausgenommene Einziehung von Forderungen einschließe) nicht nur auf Forderungsabtretungen beziehe.

6 Das Finanzamt legte die Berufung ohne Einholung einer Stellungnahme der Betriebsprüferin der belangten Behörde zur Entscheidung vor und beantragte im Vorlagebericht die Abweisung der Berufung, ohne auf die Frage des Vorliegens einer Einziehung von Forderungen einzugehen.

7 Im August 2012 hielt die belangte Behörde dem Finanzamt vor, die vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, auf das sich das Finanzamt gestützt habe, betroffene Beschwerdeführerin habe in einem ein späteres Jahr betreffenden Verfahren erstmals geltend gemacht, es liege eine Einziehung von Forderungen vor, und der unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Feldkirch, habe diesen Standpunkt in einer Berufungsentscheidung vom , RV/0309-F/10, geteilt und der Berufung Folge gegeben. Hierauf werde hingewiesen, weil "dasselbe Geschäftsmodell" vorliege.

8 Das Finanzamt nahm dazu nicht schriftlich Stellung und teilte der belangten Behörde nur im Zuge eines Telefonates mit, es halte an seiner Rechtsansicht "und der des VwGH" fest.

9 Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Sie verwarf unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom die ursprüngliche Argumentation der mitbeteiligten Partei und vertrat auch die Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof habe "darüber abgesprochen, dass die betreffenden Leistungen territorial dem Inland zuzuordnen sind". Dem jetzt hilfsweise vorgebrachten Argument, es liege eine Einziehung von Forderungen vor und die Leistung sei daher nicht im Inland ausgeführt, komme aber Berechtigung zu.

10 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Finanzamtes, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Partei erwogen hat:

11 Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.

12 § 3a UStG 1994 lautet in der für das Streitjahr 2009 gemäß § 28 Abs. 33 UStG 1994 noch maßgeblichen Fassung auszugsweise:

"§ 3a. (1) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.

(...)

(5) Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach Maßgabe und in der Reihenfolge der folgenden Absätze.

(...)

(9) Die im Abs. 10 bezeichneten sonstigen Leistungen werden ausgeführt:

a) Ist der Empfänger ein Unternehmer, so wird die sonstige Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, so ist statt dessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend;

b) ist der Empfänger kein Unternehmer und hat er keinen Wohnsitz oder Sitz im Gemeinschaftsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet ausgeführt;

(...)

(10) Sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 9 sind:

1. Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben;

2. die Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen;

3. die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer;


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4.
die rechtliche, technische und wirtschaftliche Beratung;
5.
die Datenverarbeitung;
6.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
7.
die sonstigen Leistungen der in § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a bis
i und Z 9 lit. c bezeichneten Art;
8.
die Gestellung von Personal;
9.
der Verzicht, ein in diesem Absatz bezeichnetes Recht wahrzunehmen;
10.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
11.
die Vermittlung der in diesem Absatz bezeichneten Leistungen;
12.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
13.
die Telekommunikationsdienste;
14.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
15.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen;
16.
die Gewährung des Zugangs zu Erdgas- und Elektrizitätsverteilungsnetzen und die Fernleitung oder die Übertragung über diese Netze sowie die Erbringung anderer unmittelbar damit verbundener Dienstleistungen.
(...)

(12) In den übrigen Fällen wird eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung."

13 Für die auch verfahrensgegenständlichen Vorauszahlungszeiträume trifft § 3a UStG 1994 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52, Anordnungen, aus denen sich für die hier zu erörternden Fragen keine Abweichungen ergeben. Der Verweis auf § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a bis i UStG 1994 findet sich in dieser Fassung wortgleich in § 3a Abs. 14 Z 7 UStG 1994.

14 § 6 Abs. 1 Z 8 lit. c UStG 1994 lautet:

"§ 6. (1) Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

(...)

8. (...)

c) die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen,"

15 Der Verweis der Leistungsortregelung in § 3a UStG 1994 auf diese Befreiungsvorschrift erfasst - vor dem Hintergrund des Unionsrechts (Art. 59 Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nennt "Bank-, Finanz- und Versicherungsumsätze") - auch die von der Befreiung selbst ausgenommene Einziehung von Forderungen (vgl. dazu mit weiteren Nachweisen etwa Ecker in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, 42. Lfg., 2014, § 3a UStG 1994, Rz 642, und in Melhardt/Tumpel, UStG2, 2015, § 3a Rz 242). Auch die Amtsbeschwerde stellt dies nicht infrage. Sie bekämpft den angefochtenen Bescheid aus drei Gründen, nämlich wegen Widerspruchs zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , mangels Vorliegens eines Rückforderungsanspruches des Touristen gegen den Händler und mit dem Argument, die mitbeteiligte Partei erbringe eine Vielzahl von Leistungen, die als einheitliche Leistung der "Abwicklung der Umsatzsteuerrückvergütung" zu beurteilen seien.

16 Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/15/0310, VwSlg 8529/F, wurde eine Beschwerde abgewiesen, in der als Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) die Verletzung in dem durch § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 gewährleisteten Recht auf Steuerbefreiung von unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr bezogenen Leistungen und eine Rechtsverletzung durch Annahme einer Leistungsbeziehung zwischen der Beschwerdeführerin und den Touristen angeführt waren. In dem Erkenntnis wurde begründet, warum diese Rechtsverletzungen nicht vorlagen. Ausführungen zur Frage des Leistungsortes enthielt das Erkenntnis nicht. Ob die Abweisung der Beschwerde dessen ungeachtet implizierte, es werde von einem Leistungsort im Inland ausgegangen, ist für die Lösung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die Ausführungen zu § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG im Beschluss vom , 2003/17/0230).

17 Der Ansicht, bei den Leistungen, die von der mitbeteiligten Partei an die Touristen erbracht würden, handle es sich jeweils um die Einziehung der auf Rückerstattung der Umsatzsteuer gerichteten Geldforderung des Touristen, hält die Beschwerde entgegen, eine solche Forderung bestehe nicht. Die belangte Behörde "übersehe", dass sich "der Händler gegenüber dem Touristen nicht dazu verpflichtet" habe. Ein Anspruch auf Rückerstattung der Umsatzsteuer ergebe sich weder aus dem Gesetz, noch werde er schriftlich, mündlich oder konkludent zwischen dem Touristen und dem Händler vereinbart. Dem Händler könne "nicht unterstellt werden, dass er sich durch bestimmte Handlungen dem Touristen gegenüber verpflichtet die Umsatzsteuer zurückzuzahlen", zumal er sich dazu ja gegenüber der mitbeteiligten Partei verpflichtet habe: "Wenn sich aber der Händler gegenüber der mitbeteiligten Partei verpflichtet hat, diesen Geldbetrag zu bezahlen, kann er sich nicht gleichzeitig dem Touristen gegenüber verpflichten". Eine Forderung erwerbe "allenfalls" die mitbeteiligte Partei, doch könne das "Eintreiben einer eigenen Forderung" nicht "gleichzeitig auch als Leistung gegenüber dem Kunden (Touristen) erbracht werden". Mit der unzureichend begründeten Annahme, der Händler verpflichte sich dem Touristen gegenüber zur Rückerstattung der Umsatzsteuer, habe die belangte Behörde auch gegen Verfahrensvorschriften verstoßen.

18 Letzterem ist entgegenzuhalten, dass schon im Prüfungsbericht erörtert wurde, ob der Tourist "seine Forderung auf Refundierung der Umsatzsteuer" an die mitbeteiligte Partei abtrete oder vom Vorliegen "einer bloßen Inkassozession" auszugehen sei. Das Bestehen einer Forderung des Touristen auf Rückerstattung der Umsatzsteuer wurde vom Finanzamt auch im Verfahren vor der belangten Behörde nicht bestritten, obwohl dazu Gelegenheit gewesen wäre, und ist im Hinblick auf den Inhalt der vom Händler und vom Touristen zu unterfertigenden Formblätter, auf den die Beschwerde nicht eingeht, auch nicht zweifelhaft. Die Existenz von Vertragsbeziehungen auch zwischen der mitbeteiligten Partei und den Händlern ändert daran nichts.

19 Der Vorteil, den die mitbeteiligte Partei dem Touristen jeweils verschafft, besteht demnach darin, dass er sich nicht selbst vom Drittstaat aus darum bemühen muss, die Umsatzsteuer vom Händler zurückzubekommen. Er kann sie gegen Vorlage der zollamtlichen Bestätigung sogar noch am Flughafen bar ausgezahlt bekommen und überlässt es der mitbeteiligten Partei, sich beim Händler zu refundieren, wofür er einen Abzug vom Rückerstattungsbetrag akzeptiert. Dies entspricht sehr deutlich dem Typus "finanzieller Transaktionen, die darauf gerichtet sind, die Erfüllung einer Geldschuld zu bewirken," und ist daher eine Einziehung von Forderungen im hier maßgeblichen Sinn (vgl. die schon erwähnten Rn 78, und vom , Rn 31).

20 Das Finanzamt wendet dagegen auch ein, die mitbeteiligte Partei erbringe eine "Vielzahl von Leistungen", die "beispielsweise" die Beratung und Aufklärung des Touristen in einer ihm verständlichen Sprache (gemeint offenbar: die Aufdrucke auf der Rückseite der "refund copies"), die "Erstellung und Zurverfügungstellung der entsprechenden Rückerstattungsformulare", die Übernahme (nicht näher bezeichneter) "administrativer Tätigkeiten", die "Hilfestellung bei der Rücksendung" der Formulare (gemeint offenbar: die Beistellung eines bedruckten Briefumschlages) und schließlich die "Auszahlung und Vorfinanzierung der Umsatzsteuerbeträge" beinhalteten und als einheitliche Leistung der "Abwicklung der Umsatzsteuerrückvergütung" zu bezeichnen seien. Die mitbeteiligte Partei, so das Vorbringen in diesem Teil der Beschwerdebegründung, schaffe den Touristen die Möglichkeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine steuerfreie Ausfuhr die Umsatzsteuer abzüglich einer Bearbeitungsgebühr "zurückzufordern". Dabei komme es den Touristen aber "nicht nur darauf an, einen Geldbetrag rückerstattet zu bekommen", sondern "vor allem" auch darum, den damit verbundenen Aufwand gering zu halten, wofür auf einen Teil des Geldbetrages verzichtet werde. Selbst wenn man, so die Amtsbeschwerde, "zu dem Ergebnis käme, dass die mitbeteiligte Partei gegenüber dem Touristen auch eine Forderungseintreibung erbringen würde", so würde es sich dabei "im Verhältnis zu der Vielzahl (der) von der mitbeteiligten Partei erbrachten Leistungen" nur um eine "Teilleistung" handeln, die "in Anbetracht der Gesamtumstände gegenüber der gesamten Leistung der ‚Abwicklung der Umsatzsteuervergütung' in den Hintergrund geraten würde".

21 Dem steht entgegen, dass die Auszahlung des um das Entgelt für die mitbeteiligte Partei verringerten Rückerstattungsbetrages der einzige vertragskonforme Weg ist, auf dem die mitbeteiligte Partei zu diesem Entgelt gelangen kann, und es sich bei den anderen "Leistungen", wie etwa der Zurverfügungstellung von Formblättern und Briefumschlägen, um unselbständige Nebenleistungen handelt, die nur der - wie das Finanzamt es selbst nennt - Abwicklung der Rückvergütung dienen. Dass diese Abwicklung den für den Touristen damit verbundenen Aufwand gering hält, wie das Finanzamt ebenfalls vorbringt, entspricht einem Kernelement dessen, was in den erwähnten Urteilen des EuGH als Vorteil der Forderungseinziehung durch einen Dritten statt durch den Gläubiger selbst beschrieben wurde (vgl. etwa Rn 49 des Urteils vom und Rn 33 des Urteils vom ).

22 Die demnach unbegründete Amtsbeschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

24 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am