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VwGH vom 21.09.2006, 2006/15/0041

VwGH vom 21.09.2006, 2006/15/0041

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2006/15/0040 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des K in T, vertreten durch Mag. Annemarie Pippan-Siding, Wirtschaftsprüfer in 9500 Villach, Moritschstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom , GZ. RV/0183-K/03, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.100,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte ab dem Jahr 1999 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer.

Aus den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1999 bis 2001 beigefügten Aufstellungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben geht hervor, dass er von der Möglichkeit der Pauschalierung der Betriebsausgaben nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von 6% der Betriebseinnahmen Gebrauch gemacht hat.

Das Finanzamt nahm jeweils erklärungsgemäße Veranlagungen vor.

Im Zuge einer die Jahre 1999 bis 2001 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung beantragte der Beschwerdeführer, für die Jahre 1999 und 2000 anstelle der Pauschbeträge die tatsächlichen Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Das Finanzamt folgte dem Begehren und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1999 und 2000. Weiters nahm es auch das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2001 wieder auf und berücksichtigte auch in diesem Jahr die tatsächlichen Betriebsausgaben.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 und beantragte die erklärungsgemäße Veranlagung (den Ansatz pauschaler Betriebsausgaben) mit der Begründung, dass die Bestimmung des § 17 Abs. 3 EStG 1988 gegenständlich nicht zum Tragen kommen könne. Da er die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer erst im Jahr 1999 begonnen habe, liege kein Übergang von einer Gewinnermittlung zu einer anderen vor und komme die Sperrfrist von fünf Jahren nicht zur Anwendung.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung erläuterte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers seinen Standpunkt, wonach auf Grund des Beginnes der Geschäftsführungstätigkeit im Jahr 1999 und des bereits für 1999 und 2000 erfolgten Widerrufs der Option auf Anwendung der Pauschalierung kein Wechsel der Gewinnermittlung vorliege. Nur der Wechsel von der Pauschalierung zur Gewinnermittlung unter Ansatz der tatsächlichen Betriebsausgaben binde für fünf Jahre, nicht aber der bloße Rücktritt von der Option. Denn durch den Ansatz der tatsächlichen Betriebsausgaben im wiederaufgenommenen Verfahren befänden sich für die Jahre 1999 und 2000 Bescheide in Rechtskraft, bei welchen die Bestimmung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 nicht zur Anwendung gelangt wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Nach Wiedergabe der Bestimmungen des § 17 Abs. 1 und 3 EStG 1988 wird begründend ausgeführt, dem Steuerpflichtigen stehe es frei, in jeder Lage des Verfahrens die Wahl zu treffen, im Rahmen der Gewinnermittlungsart gemäß § 4 Abs. 3 EStG entweder die Pauschalierung der Betriebsausgaben gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Anspruch zu nehmen oder den Ansatz der tatsächlichen Betriebsausgaben zu begehren. Entschließe sich der Abgabepflichtige zu einem Abgehen von der Option und für den Ansatz der tatsächlichen Betriebsausgaben, komme jedoch jedenfalls das Verbot des § 17 Abs. 3 EStG 1988 zum Tragen, wonach auf die Pauschalierung vor Ablauf der nachfolgenden fünf Jahre nicht wieder zurückgegangen werden könne.

Der im Beschwerdefall erfolgte Rücktritt von der Option habe einen Übergang von der Basispauschalierung zur Gewinnermittlung unter Ansatz der tatsächlichen Betriebsausgaben bewirkt. Dass es dadurch zu einem Wechsel der Gewinnermittlungsart komme, sei nicht erforderlich.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 17 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 9/1998 lautet:

"(1) Bei den Einkünften aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22 oder des § 23 können die Betriebsausgaben im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 mit einem Durchschnittssatz ermittelt werden. Der Durchschnittssatz beträgt bei freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften aus einer kaufmännischen oder technischen Beratung, einer Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 sowie aus einer schriftstellerischen, vortragenden, wissenschaftlichen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit 6%, sonst 12% der Umsätze (§ 125 Abs. 1 lit. a der Bundesabgabenordnung) einschließlich der Umsätze aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22. Daneben dürfen nur folgende Ausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt werden: Ausgaben für den Eingang an Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 BAO) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Ausgaben für Löhne (einschließlich Lohnnebenkosten) und für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand des Unternehmens bilden, weiters Beiträge im Sinne des § 4 Abs. 4 Z 1, § 4 Abs. 3 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Die Anwendung des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 setzt voraus, dass

1. keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 ermöglichen,

2. die Umsätze (§ 125 Abs. 1 lit. a der Bundesabgabenordnung einschließlich der Umsätze aus einer Tätigkeit im Sinne des § 22) des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 220 000 Euro betragen,

3. aus der Aufstellung der Betriebsausgaben (§ 44 Abs. 4) hervorgeht, dass der Steuerpflichtige von der Pauschalierung Gebrauch macht.

(3) Geht der Steuerpflichtige von der Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 auf die Geltendmachung der Betriebsausgaben nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften über, so ist eine erneute Ermittlung der Betriebsausgaben mittels des Durchschnittssatzes gemäß Abs. 1 frühestens nach Ablauf von fünf Wirtschaftsjahren zulässig."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 99/15/0143, ausgeführt hat, hindert das Gesetz den Steuerpflichtigen nicht, für ein bestimmtes Veranlagungsjahr von der zunächst gewählten Pauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 abzugehen und die tatsächlichen Betriebsausgaben in Ansatz zu bringen. Der Steuerpflichtige ist nicht gehindert, von der Option, den Gewinn im Wege der Pauschalierung im Sinne des § 17 Abs. 1 zu ermitteln, wieder zurückzutreten. Erfolgt ein solcher Rücktritt, obwohl für nachfolgende Jahre eine Veranlagung unter Zugrundelegung der Pauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 stattgefunden hat, ermöglicht § 295 Abs. 3 BAO eine Änderung der die Folgejahre betreffenden Bescheide, um der Bestimmung des § 17 Abs. 3 EStG 1988 - Verbot der Pauschalierung für die folgenden fünf Jahre - zu entsprechen.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob auch ein Rücktritt von der Pauschalierung nach § 17 Abs. 1 EStG 1988 im ersten Jahr der Tätigkeit einen "Übergang" auf eine andere Form der Gewinnermittlung im Sinne des § 17 Abs. 3 EStG 1988 darstellt, welcher einer neuerlichen Inanspruchnahme der Pauschalierung für die nächsten fünf Wirtschaftsjahre entgegen steht.

Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass die in § 17 Abs. 3 leg.cit. verwendete Formulierung, "Geht der Steuerpflichtige ... über", die Auslegung nahe legt, dass damit ein Wechsel in der Gewinnermittlungsart angesprochen ist. Verwendet der Gesetzgeber des EStG 1988 den Begriff des Übergangs von einer auf eine andere Gewinnermittlungsart doch auch in der Bestimmung des § 4 Abs. 10 EStG 1988 im Zusammenhang mit der Regelung jener Rechtsfolgen, die beim Wechsel der Gewinnermittlungsart eintreten. Im Beschwerdefall ist ein Rücktritt von der Option, den Gewinn gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 zu ermitteln, erfolgt. Ein solcher Rücktritt kann - wie im Erkenntnis vom angedeutet - zugleich einen Übergang von der bisherigen Gewinnermittlung durch Pauschalierung zur Gewinnermittlung unter Ansatz der tatsächlichen Betriebsausgaben darstellen, doch setzt dies voraus, dass der Gewinn im vorangegangenen Wirtschaftsjahr unter Anwendung der Bestimmung des § 17 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt und der Steuerbemessung zu Grunde gelegt wurde. Nur in diesem Fall kann davon gesprochen werden, dass der Abgabepflichtige auf eine andere Gewinnermittlungsart übergegangen ist.

Eine derartiges Gesetzesverständnis entspricht auch dem Gesetzeszweck:

Pauschalierungsregelungen dienen zum einen der Verwaltungsvereinfachung, zum anderen bieten sie dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die jeweils steuerlich günstigere Variante zu wählen. In der Regel wird der Steuerpflichtige seine tatsächlichen Betriebsausgaben mit dem Betriebsausgabenpauschale vergleichen und das Pauschale nur dann geltend machen, wenn es höher ist (vgl. dazu nochmals das angeführte hg. Erkenntnis vom ).

Vor diesem Hintergrund ist auch die in § 17 Abs. 1 EStG 1988 vorgesehene Sperrfrist von fünf Wirtschaftsjahren zu sehen. Der Regelung wohnt erkennbar die Zielsetzung inne, ein aus Gesichtspunkten der Steueroptimierung veranlasstes wiederholtes Wechseln der Gewinnermittlungsart einzuschränken. Eine derartige nach § 17 Abs. 3 EStG 1988 verpönte Steueroptimierung kann aber nur dann eintreten, wenn in dem Zeitraum von fünf Wirtschaftsjahren bereits einmal eine Steuererhebung unter Ausnutzung der Pauschalierungsregelung in Anspruch genommen wurde. Dies traf gegenständlich nicht zu. Der Beschwerdeführer befindet sich im Ergebnis in keiner anderen Lage als ein Abgabepflichtiger, der bereits vor Abgabe der (ersten) Steuererklärung (unter Vornahme eines Günstigkeitsvergleiches) die Gewinne nach Maßgabe der tatsächlichen Betriebsausgaben ermittelt hat.

Indem die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über die im Rahmen des gestellten Antrages zuzusprechenden Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am