VwGH vom 27.02.2013, 2011/05/0146
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der JD in Wien, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 64-124/2011, betreffend Gebrauchserlaubnis (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin beim Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 46) die Gebrauchserlaubnis für drei Zeitungsständer im Ausmaß von 1,5 m Höhe und 0,5 m Breite am Standort Wien 10, Quellenstraße 64.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom wurde die Gebrauchserlaubnis gemäß § 1 iVm § 2 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 versagt, weil sich die Magistratsabteilung 19 (MA 19 - Architektur und Stadtgestaltung) gegen die Erteilung der Gebrauchserlaubnis ausgesprochen habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
In einem von der Berufungsbehörde eingeholten Gutachten der MA 19 vom wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Aufstellungsstandort an einem wichtigen Knotenpunkt städtischer Kommunikation liege. Im Nahebereich befänden sich neben Haltestellen der Straßenbahn mehrere transportable Verkaufsstände (Würstelstand etc.). Der Standort sei auch im Nahebereich einer Station der U-Bahn. Auf Grund der hohen Verkehrs- und Passantenfrequenz sei für diesen Bereich eine gute Orientier- und Überschaubarkeit unbedingt notwendig. Es solle daher nicht zu einer optischen Beeinträchtigung wichtiger Sichtbeziehungen für diesen sensiblen städtischen Platzbereich kommen. Am Standort komme es bereits derzeit in Verbindung mit den umliegenden Einrichtungen (Straßenbahnhaltestelle, Wartehallen und U 1- Haltestelle) zu einer hohen visuellen Dichte, die die Orientier- und Überblickbarkeit des gegenständlichen Stadtraumes mit verstärkter Treffpunktfunktion mindere und die positive Erlebbarkeit der bestehenden Anlagen beeinträchtige. Die Umbauarbeiten für die Neugestaltung der Fußgeherzone seien nunmehr abgeschlossen. Im Gestaltungskonzept für die Neugestaltung sei für den gegenständlichen Bereich die Aufstellung einer Fahrradabstellanlage vorgesehen. Diese sei seitens der Magistratsabteilung 46 bereits verordnet worden und werde laut Aussage der Magistratsabteilung 28 so rasch wie möglich umgesetzt.
Zu diesem Gutachten wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Berufungsbehörde vom Parteiengehör gewährt. Eine Äußerung erfolgte nicht.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Dabei berief sich die Berufungsbehörde auf das oben genannte Gutachten der MA 19.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 ist die Gebrauchserlaubnis u.a. zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie insbesondere u.a. Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes, entgegenstehen.
In der Beschwerde wird gerügt, dass es nicht um ein Verfahren zur Erteilung einer Gebrauchserlaubnis, sondern um ein Verfahren zu deren Entzug gehe, da die Beschwerdeführerin seit ca. 19 Jahren Zeitungen am selben Standort verkaufe. Außerdem sei es ein Verfahrensmangel, dass keine mündliche Berufungsverhandlung stattgefunden habe. Das Gutachten enthalte schließlich nur Leerformeln und Scheinbegründungen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Zeitungsverkaufsleitern, die an einer Wand lehnten, Sichtbeziehungen und die Orientierungsmöglichkeit für Passanten beeinträchtigten.
Soweit die Beschwerdeführerin den Mangel der Durchführung einer Berufungsverhandlung rügt, legt sie die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht dar. Im Übrigen wurde das Verfahren auf Grund eines Ansuchens der Beschwerdeführerin durchgeführt, es handelt sich entgegen den Darlegungen der Beschwerde um kein Widerrufsverfahren, da nach der Aktenlage und auch nach dem Beschwerdevorbringen bisher keine Gebrauchserlaubnis bestanden hat.
Allerdings hat sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung auf ein unzureichendes Gutachten gestützt. In diesem Gutachten wird weder die konkrete Zeitungsverkaufseinrichtung (vielfach auch als "Zeitungsleiter" bezeichnet) näher beschrieben noch wird dargestellt, weshalb eine solche Einrichtung in dem im Antrag genannten Ausmaß, die nach dem Beschwerdevorbringen an einem Haus lehne, Sichtbeziehungen, Orientierungsmöglichkeiten und Überblickbarkeiten beeinträchtigen könnte. Es wird auch nicht dargelegt, dass am konkreten Aufstellungsort bereits eine Fahrradabstellanlage rechtmäßig vorhanden ist (vgl. dazu die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0193).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-84574