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VwGH vom 28.05.2014, 2013/12/0210

VwGH vom 28.05.2014, 2013/12/0210

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kupec, über die Beschwerde des A S in F, vertreten durch Dr. Maximilian Hofmaninger, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 11, gegen den Bescheid des beim Vorstand der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamtes vom , Zl. PA-902/11-A06, betreffend Abgeltung von Mehrleistungen im Zuge einer Weiterbildungsmaßnahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf deren Darstellung im hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2012/12/0071 und 0073, verwiesen.

Zusammengefasst ergab sich auf Grund dieses Erkenntnisses, dass dem Beschwerdeführer auf Grund eines rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom für im Zeitraum zwischen 14. November und absolvierte Weiterbildungsmaßnahmen (dem Grunde nach) ein Abgeltungsanspruch zugestehe, dessen Höhe auf Grund von Anträgen des Beschwerdeführers vom 20. Mai und vom festzusetzen war.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom (zugestellt am ) sprach die belangte Behörde über diese Anträge des Beschwerdeführers wie folgt ab:

"Ihren Anträgen vom und vom wird stattgegeben. Für die im Zeitraum vom bis entsprechend der 'Grundqualifikations- und Weiterbildungsverordnung - Berufskraftfahrer - GWB', BGBl. II 139/2008, für Weiterbildungsmaßnahmen aufgewendeten und zuletzt beantragten 26 Stunden gebührt Ihnen gemäß § 1 Abs 6 der Postbus-Weiterbildungsverordnung, BGBI II 450/2011, ein Betrag in Höhe von EUR 234,00 netto.

Rechtsgrundlagen: § 33 Abs 1 BOG; § 58 BDG; § 49 BOG; § 12 GWB; § 1 Postbus-Weiterbildungsverordnung"

In der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es:

"Sie sind ein der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft zugewiesener Bundesbeamter und verrichteten Ihren Dienst als ein im gewerblichen Personenverkehr eingesetzter Buslenker. Sie absolvierten am , am , am , am sowie am , jeweils von 14:00 bis 21:00, eine Weiterbildung im Ausmaß von insgesamt 35 Stunden gemäß der 'Grundqualifikations- und Weiterbildungsverordnung - Berufskraftfahrer - GWB', BGBl. II Nr. 139/2008. Mit Antrag vom begehrten Sie vom bei der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft eingerichteten Personalamt die Abgeltung dieser Weiterbildungszeiten im Ausmaß von 35 Stunden. Mit Bescheid vom hat das Personalamt einen stattgebenden Bescheid erlassen und festgestellt, dass dem ?eschwerdeführer die für Weiterbildung aufgewendeten 35 Stunden abgegolten werden. Mit Anträgen vom und begehrten Sie, dass Ihnen die für Weiterbildungsmaßnahmen im Sinne der 'Grundqualifikations- und Weiterbildungsverordnung - Berufskraftfahrer - GWB', BGBl. II Nr. 139/2008, aufgewendete Zeit im Ausmaß von nunmehr lediglich 26 Stunden finanziell abgegolten werden, zumal Sie Freizeitausgleich im Ausmaß von 9 Stunden konsumiert haben. Das Personalamt hat mit Bescheid vom , PA-902/11-A02, den Bescheid vom aufgehoben und mit Bescheid vom , PA 902/11-A03, Ihre Anträge vom , vom und vom abgewiesen.

Mit dem VwGH-Erkenntnis vom , Zl 2012/12/0071, 0073, wurden die Bescheide des Personalamtes vom , PA-902/11- A02, und vom , PA 902/11-A03, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Dies hat zur Folge, dass der (aufgehobene) Bescheid vom wieder rückwirkend ins Leben getreten ist. Bezüglich der sohin noch unerledigten Anträge vom und vom hat die Behörde die für die Weiterbildungsmaßnahmen aufgewendete Zeit im Ausmaß von nunmehr lediglich 26 Stunden finanziell abzugelten.

Die Dienstpflicht und Kostentragung von Weiterbildungsmaßnahmen gemäß der 'Grundqualifikations- und Weiterbildungsverordnung - Berufskraftfahrer - GWB', BGBl. II Nr. 139/2008, ist in der Postbus-Weiterbildungsverordnung, BGBI II Nr. 450/2011, geregelt. Gemäß § 1 Abs 6 der Postbus-Weiterbildungsverordnung gebührt für die auf den Besuch der Weiterbildungsmaßnahmen entfallende Dienstzeit ein Pauschalbetrag in Höhe von EUR 63,00 (pro Ausbildungseinheit a 7 Stunden). Für 5 Ausbildungseinheiten zu insgesamt 35 Stunden gebührt sohin ein Betrag in Höhe von EUR 315,00. Da Sie zuletzt die Abgeltung von lediglich 26 Stunden begehrt haben, war Ihnen daher ein Pauschalbetrag in Höhe von EUR 234,00 zuzusprechen.

Im Übrigen bedurfte es gemäß § 58 Abs 2 AVG keiner weiteren Begründung, da den Anträgen nunmehr vollinhaltlich Folge gegeben wurde."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung jedoch mit Beschluss dieses Gerichtshofes vom , B 909/2013-4, abgelehnt wurde. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es:

"Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen - insbesondere die Frage, ob die Postbus-Weiterbildungsverordnung, BGBl. II 450/2011, überhaupt anzuwenden ist - aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (§ 1 Abs. 5 und 6 Postbus-Weiterbildungsverordnung, BGBl. II 450/2011) behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , V 29/2013, die zitierte Norm als gesetzwidrig aufgehoben. Die Aufhebung wurde im Bundesgesetzblatt am unverzüglich kundgemacht und ist daher mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft getreten (Art. 139 Abs. 5 B-VG). Gemäß Art. 139 Abs. 6 B-VG ist die Verordnung jedoch weiterhin auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Einen solchen Ausspruch hat der Verfassungsgerichtshof nicht vorgenommen. Der vorliegende Fall ist nicht jene Rechtssache, aus deren Anlass die Norm tatsächlich geprüft und aufgehoben wurde (Anlassfall im engeren Sinn; vgl. zB VfSlg. 8234/1978) und auch kein Fall, der im Zeitpunkt des Beginns der nicht-öffentlichen Beratung () schon anhängig war ('Quasi-Anlassfall'; vgl. zB VfSlg. 11.818/1988)."

Über gesonderten Antrag des Beschwerdeführers trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluss vom , B 909/2013-6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend gemacht, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grunde des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am in Kraft gestandene Fassung.

Zur maßgeblichen Rechtslage wird zunächst in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf deren Darstellung in dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom verwiesen.

Die am ausgegebene und am in Kraft getretene Postbus-Weiterbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 450/2011 (im Folgenden: PWV) lautete in ihrer Stammfassung:

"§ 1. (1) Die Verordnung regelt die Dienstpflicht und Kostentragung von Weiterbildungsmaßnahmen gem. der 'Grundqualifikations- und Weiterbildungsverordnung - Berufskraftfahrer - GWB', BGBl. II Nr. 139/2008.

(2) Die Teilnahme an diesen Weiterbildungsmaßnahmen ist für beamtete Omnibuslenkerinnen insoweit Dienstpflicht, als die Teilnahme von der Dienstbehörde angeordnet wird. Es obliegt ausschließlich der Dienstbehörde, die Weiterbildungsmaßnahme den dafür in Frage kommenden Omnibuslenkerinnen zu ermöglichen, wobei die Dienstbehörde die gesetzlich angeordneten Weiterbildungspflichten für Omnibuslenkerinnen umzusetzen hat.

(3) Die Kosten der Weiterbildungsmaßnahmen sind vom Dienstgeber zu tragen.

(4) Der Besuch der Weiterbildungsmaßnahmen erfolgt innerhalb der Dienstzeit.

(5) Für die auf den Besuch der Weiterbildungsmaßnahmen entfallende Dienstzeit gebührt kein Gehalt.

(6) Für die auf den Besuch der Weiterbildungsmaßnahmen entfallende Dienstzeit gebührt ein Pauschalbetrag in Höhe von EUR 63,00."

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 29/2013, wurde § 1 Abs. 5 und 6 PWV als gesetzwidrig aufgehoben. Die Kundmachung dieser Aufhebung erfolgte mit dem am ausgegebenen Bundesgesetzblatt BGBl. II Nr. 235/2013.

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, dass die belangte Behörde bei Bemessung der Höhe seines Abgeltungsanspruches § 1 Abs. 6 PWV zur Anwendung gebracht habe, wiewohl diese Verordnung im Zeitpunkt der Erbringung der anspruchsbegründeten Leistungen noch gar nicht in Kraft stand:

Zunächst trifft es durchaus zu, dass - aus den im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes dargelegten Gründen - die erst nach der am bewirkten Bescheidzustellung, nämlich am , kundgemachte Aufhebung des § 1 Abs. 6 PWV für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides keine Rolle spielt.

Freilich wurden - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - die anspruchsbegründenden Leistungen vom Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen 14. November und , somit vor dem am erfolgten Inkrafttreten der PWV erbracht.

Nach der im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Rechtslage kam eine Abgeltung dieser - unstrittig - außerhalb der Normaldienstzeit absolvierten Leistungen ausschließlich nach Maßgabe der §§ 48 ff BDG 1979 iVm § 16 GehG in Betracht (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom sowie jenes vom , Zl. 2012/12/0143). Ansprüche auf Überstundenvergütung sind zeitraumbezogen zu bemessen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/12/0017 und vom , Zl. 2010/12/0150).

Nichts anderes gilt für den in § 1 Abs. 6 PWV (Stammfassung) geregelten Anspruch, welcher nach Auffassung der belangten Behörde anstelle der sonst gebührenden Abgeltung der Leistung treten soll. Aus dem Vorgesagten folgt, dass § 1 Abs. 6 PWV ausschließlich auf die Abgeltung von Besuchen von Weiterbildungsmaßnahmen anwendbar war, welche nach dem Inkrafttreten dieser Bestimmung am erfolgt sind. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - und auch in der Gegenschrift - vertretene gegenteilige Auslegung hätte zur Folge, dass der PWV ein (weiterer) gesetzwidriger Inhalt unterstellt würde, in dem sie als eine ohne gesetzliche Grundlage erfolgte rückwirkende Verordnung gedeutet würde. In Ermangelung einer Anordnung, wonach die in Rede stehende Verordnung rückwirkend in Kraft treten soll, besteht für eine solche Auslegung (ungeachtet der generellen Bezugnahme auf die Verordnung BGBl. II Nr. 139/2008 in § 1 Abs. 1 leg. cit.) keine Veranlassung.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 47 ff VwGG.

Wien, am