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VwGH 23.08.2012, 2011/05/0090

VwGH 23.08.2012, 2011/05/0090

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Norm
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
RS 1
Es ist dem E des , nicht zu entnehmen, es wäre verfassungsrechtlich geboten, Entsorgungen über Gülleanlagen von der Anschlusspflicht auszunehmen. Der VwGH vermag keine Verfassungswidrigkeit darin zu erblicken, wenn Gülleanlagen an sich keine Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht begründen. Dass nämlich Gülleanlagen kommunalen Kanalisationsanlagen im Sinne der Ausführungen des VfGH jedenfalls gleichwertig oder überlegen sind, ist nicht ersichtlich.
Norm
BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11;
RS 2
Der Landesgesetzgeber hat mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 mit Wirksamkeit vom durch die Fassung des § 62 Abs. 2 erster Satz NÖ BauO 1996 eine Kanalanschlusspflicht normiert. Diese Anschlusspflicht besteht auf Grund des Gesetzes und ist nach dem Gesetz nicht abhängig von weiteren Beschlüssen der Gemeinde.
Normen
BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11;
VwRallg;
RS 3
Der Landesgesetzgeber hat mit den Ausnahmebestimmungen im § 62 Abs. 2 NÖ BauO 1996, die in der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 vorgesehen waren, der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes (E des ) ausreichend Rechnung getragen (vgl. dazu auch den Motivenbericht zu dieser Novelle vom in den Gesetzesmaterialien, Ltg.-1055/B-23/4-2002).
Norm
BauO NÖ 1996 §62 Abs4 idF 8200-12;
RS 4
Eine Ausnahme gemäß § 62 Abs. 4 NÖ BauO 1996 für Güllewirtschaften ist erst ab dem Inkrafttreten des § 62 Abs. 4 NÖ BauO 1996 () und unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen möglich. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach § 62 Abs. 4 NÖ BauO 1996 kann folglich aber auch dann nicht mehr erfolgen, wenn die Kanalisationsanlage nicht mehr bloß geplant ist (Hinweis E vom , 2009/05/0149). Es mag sein, dass dadurch verschiedene Güllebetriebe verschieden behandelt werden. Durch die Anknüpfung an die kommunale Kanalisationsanlage, deren Errichtungszeitpunkt und Wirtschaftlichkeit, ergibt sich aber im Sinne des E des , insofern keine Verfassungswidrigkeit.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des A D und 2. der E D, beide in O, beide vertreten durch Dr. Rainer Mutenthaler, Rechtsanwalt in 3370 Ybbs, Unterauerstraße 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-981/007-2010, betreffend Kanalanschlusspflicht (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der Kostenersatzantrag der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragten die Beschwerdeführer eine Ausnahme von der Kanalanschlussverpflichtung für ihre Liegenschaft A 94. Die Beschwerdeführer betreiben eine Güllewirtschaft auf der Liegenschaft I 52, deren Eigentümer sie ebenfalls sind, die aber nicht im selben, räumlich zusammenhängenden Siedlungsgebiet wie die Liegenschaft A 94 liegt.

Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das Ansuchen um Ausnahmegenehmigung gemäß § 13 Abs. 3 AVG ab (richtig: zurück). Begründend wurde ausgeführt, dass erforderliche Unterlagen nicht nachgereicht worden seien.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom abgewiesen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung behob die belangte Behörde mit Bescheid vom den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, da die Baubehörde die Belehrung im Verbesserungsauftrag über die Rechtsfolge der Zurückweisung gemäß § 13 Abs. 3 AVG im Falle der Nichtbefolgung desselben unterlassen habe, liege eine wesentliche Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, weil die Beachtung der diesbezüglichen Verfahrensvorschrift möglicherweise zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Die Berufungsbehörde werde den Bescheid des Bürgermeisters vom ersatzlos zu beheben haben, In der Folge werde die Baubehörde erster Instanz den Antrag vom - unter Berücksichtigung auch der mit der Berufung übermittelten Unterlagen - neu zu beurteilen haben.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, die dieser mit Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0215, als unbegründet abwies.

Mit Bescheid vom behob der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom .

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Beschwerdeführer vom vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 62 Abs. 3 und 4 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) in Verbindung mit § 10 des Niederösterreichischen Bodenschutzgesetzes abgewiesen. In der Bescheidbegründung gelangte die erstinstanzliche Behörde zu dem Schluss, dass bereits die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 62 Abs. 4 BO nicht vorlägen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung und in weiterer Folge einen Devolutionsantrag.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen.

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem, dieselbe öffentliche Kanalanlage betreffenden Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0149, ausgesprochen, dass eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach § 62 Abs. 4 BO nicht mehr erfolgen könne, wenn die Kanalisationsanlage nicht mehr bloß geplant sei. Die Berufungsbehörde sei zu Recht davon ausgegangen, dass das Planungsstadium für die Kanalisationsanlage im Zeitpunkt der Einbringung des Ausnahmeantrages bereits abgeschlossen gewesen sei und somit eine Ausnahme nicht mehr erteilt werden könne. Der Bescheid der belangten Behörde vom habe nur § 13 Abs. 3 AVG betroffen und keine rechtskräftigen Bindungswirkungen entfaltet, die der nunmehrigen Entscheidung der Berufungsbehörde entgegengestanden wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dafür, dass die Ausnahme zu genehmigen gewesen wäre, werden in der Beschwerde das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 322/01, sowie die Novellen zur BO LGBl. Nr. 8200- 11 und LGBl. Nr. 8200-12 ins Treffen geführt. Die Beschwerdeführer unterlägen für ihren landwirtschaftlichen Güllebetrieb zwecks Aufbringens eigener Gülle auf Betriebsflächen im Rahmen der Selbstbewirtschaftung keiner Anschlusspflicht an die Altanlage des Kanals. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0149, ausgesprochen habe, finde § 62 BO idF der genannten Novellen nur auf geplante Kanalisationsanlagen Anwendung. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde habe erst am einen Grundsatzbeschluss im Sinne des § 62 Abs. 3 und 4 BO gefasst, obwohl unbestritten außer Zweifel stehe, dass die Errichtung der Kanalanlage bereits im Jahr 1999, somit vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 8200- 11, mit dem ersten Bauabschnitt begonnen worden sei. Daraus ergebe sich zwingend, dass die Kanalanschlusspflicht nicht auf die in der mitbeteiligten Marktgemeinde gelegene öffentliche Kläranlage Anwendung finde. Der in der Kundmachungs- und Bekanntgaberegelung des § 62 Abs. 3 BO enthaltene Hinweis beziehe sich nur auf einen Grundsatzbeschluss, der eine geplante Kanalisationsanlage betreffe. Damit seien nicht nur die Bestimmungen über die Kundmachung, Grundsatzbeschlüsse, Antragstellungen samt Einhaltung der Frist sowie die Ausnahmetatbestände gemeint. Vielmehr sei die Anschlusspflicht selbst nicht anzuwenden. Es fehle an einer Rechtsgrundlage eines Anschlusszwanges zugunsten Altanlagen. Eine Anschlussverpflichtung nach § 62 Abs. 4 BO könne nicht mehr bestehen, wenn die Kanalisationsanlage nicht mehr bloß geplant sei und nicht von der Übergangsbestimmung des Art. II Z. 2 der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 Gebrauch gemacht worden sei. Eine Auslegung dahingehend, dass der Grundsatzbeschluss und dessen Kundmachung nur deklarative Bedeutung hätten, es sich somit nicht mehr um einen Grundsatzbeschluss im eigentlichen Sinn handle, würde den entscheidenden Aussagen des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom zuwiderlaufen, nach denen ausdrücklich auch auf die Einzelinteressen der Anschlussverpflichteten in irgendeiner Weise Rücksicht zu nehmen sei, andernfalls eine solche Regelung unverhältnismäßig, unsachlich und damit verfassungswidrig wäre. Es wäre unsachlich, unter den Betreibern einer Güllewirtschaft nach dem Planungsstadium der öffentlichen Kanalanlage zu differenzieren. Für Güllewirtschaften sei Gülle ein Wirtschaftsfaktor von besonderem Wert, dessen Entziehung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff ins Eigentumsrecht führe. Der Verfassungsgerichtshof habe auch ausgesprochen, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit träten. Es sei daher verfehlt, wenn die belangte Behörde angenommen habe, dass § 62 BO auch für die bereits am errichtete Altanlage der mitbeteiligten Marktgemeinde Anwendung finde, zumal es die mitbeteiligte Marktgemeinde verabsäumt habe, von der Übergangsbestimmung des Art. II der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 rechtzeitig Gebrauch zu machen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe sich im Übrigen die Bindungswirkung des Bescheides der belangten Behörde vom auf einen Mängelbehebungsauftrag bezogen, der seine gesetzliche Grundlage im Ausnahmetatbestand des § 62 Abs. 3 iVm Abs. 3 (gemeint offenbar: Abs. 4) BO 1996 idF der Novelle LGBl. Nr. 8200-12 gehabt habe. Der Mängelbehebungsauftrag sei ausdrücklich in Anwendung dieser Bestimmung erfolgt. Hätte der Ausnahmetatbestand nicht zur Anwendung gelangen dürfen, weil die Anlage bereits am errichtet gewesen sei, wäre bereits die Vorstellung als unbegründet abzuweisen gewesen, weil für die von den Beschwerdeführern angestrebte Ausnahme mangels Anwendbarkeit der dafür erforderliche gesetzliche Tatbestand gefehlt hätte. Die Rechtsansicht, bei Beachtung der gesetzlich normierten Verfahrensvorschriften wäre möglicherweise ein anderes Ergebnis erzielt worden, habe ihre rechtliche Grundlage im § 62 Abs. 4 BO idF der Novelle LGBl. Nr. 8200-12 gehabt, den die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom somit angewendet habe. Schließlich sei die Kundmachung des neuerlichen Grundsatzbeschlusses vom ein normativer Verwaltungsakt. Der darin erfolgte Hinweis auf die Ausnahmemöglichkeiten sei wegen seines normativen Inhalts ebenfalls rechtlich erheblich, zumal die Bestimmungen des § 62 BO idF der Novelle LGBl. Nr. 8200-12 nur auf geplante Kanalisationsanlagen Anwendung hätten finden sollen und die Altanlage am bereits errichtet und somit keine geplante Kanalisationsanlage mehr gewesen sei. Die belangte Behörde hätte diese Verordnung anwenden müssen. Hätte sie diese Verordnung angewendet, hätte sie den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom  mit der Begründung aufheben müssen, dass die Beschwerdeführer einen Ausnahmeantrag gemäß § 62 Abs. 4 BO idF der Novelle LGBl. Nr. 8200- 12 rechtswirksam gestellt hätten.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom , G 322/01, Folgendes ausgesprochen:

"1. § 62 Abs 2 erster und zweiter Satz der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 LGBl. 8200-0 waren verfassungswidrig.

2. § 62 Abs 2 erster und zweiter Satz der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 LGBl. 8200-3 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit."

Die Bestimmung des § 62 Abs. 2 in der Stammfassung der BO lautete wie folgt:

"(2) Die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer sind, wenn eine Anschlussmöglichkeit bereits besteht, in den öffentlichen Kanal abzuleiten. Ist keine Anschlussmöglichkeit vorhanden, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube einzuleiten. Jauche aus Stallgebäuden ist in eine eigene Jauchegrube zu leiten."

In der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8200-3 lautete § 62 Abs. 2 BO wie folgt:

"(2) Die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer sind, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht, in den öffentlichen Kanal abzuleiten. Ist keine Anschlussmöglichkeit vorhanden, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube zu leiten oder über eine wasserrechtlich genehmigte Kläranlage in unschädlicher Weise abzuleiten. Jauche, Gülle und sonstige Schmutzwässer aus Stallungen, Düngerstätten und Silos für Nasssilage sowie andere Schmutzwässer, die nicht in den öffentlichen Kanal eingebracht werden dürfen, sind in Sammelgruben einzuleiten.

Ist die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den genannten landwirtschaftlichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen zulässig, ist keine Senkgrube zu errichten, wenn die häuslichen Abwässer direkt in die Sammelgrube für landwirtschaftliche Schmutzwässer eingeleitet werden."

In der Begründung des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes wurde unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Der Verfassungsgerichtshof hat schon im Prüfungsbeschluss betont, er habe grundsätzlich keine Bedenken dagegen, wenn ein Anschlusszwang im Interesse der wirtschaftlichen Führung einer kommunalen Kanalisationsanlage verfügt werde. Ob eine Ausnahme vom Anschlusszwang dieses Interesse gefährden würde, wäre, wie die Landesregierung zutreffend ausführt, im Einzelfall zu prüfen; das Bedenken des Gerichtshofs geht jedoch dahin, dass das Gesetz eine solche Prüfung gar nicht erlaube. Sie könnte nur von der zur Vollziehung zuständigen Behörde vorgenommen werden, nicht aber, wie die Landesregierung anzunehmen scheint, vom 'Gesetzgeber ... ex ante'.

Es trifft zwar zu, dass die Anschlusspflichtigen schon vor der Errichtung einer Kanalisationsanlage für eine Abwasserentsorgung zu sorgen haben. Wie die Landesregierung zutreffend ausführt - und wie dies etwa für Senkgruben allgemein bekannt ist -, erreichen aber kommunale Kanalisationsanlagen in der Regel höhere Reinigungsleistungen und werden von höher qualifiziertem Personal betrieben. Im verbauten Gebiet verfügen sicherlich nicht derart viele Objekte über Kleinkläranlagen, die dem Standard einer kommunalen Anlage entsprechen. Der Verfassungsgerichtshof kann der Landesregierung daher nicht folgen, wenn sie meint, die Errichtung einer kommunalen Kanalisationsanlage im verbauten Gebiet würde durch die vom Verfassungsgerichtshof vermisste Ausnahmebestimmung 'praktisch unmöglich'. Eine solche Ausnahmebestimmung müsste nämlich nicht jede Kleinkläranlage - oder gar auch Senkgruben - erfassen, sondern nur solche Abwasserreinigungsanlagen, die dem Stand der Technik entsprechen und der kommunalen Anlage gleichwertig oder überlegen sind. Eine Ausnahme für solche Anlagen ist von Verfassungs wegen auch nur dann geboten, wenn sie bereits bestehen, bevor die kommunale Anlage gebaut wird, und wenn ihre Errichtung für die nunmehr Anschlusspflichtigen mit spürbaren Aufwendungen verbunden war, die nun frustriert erschienen. Diese Umstände wären, ebenso wie die Frage, ob eine konkrete Ausnahme die Wirtschaftlichkeit der kommunalen Anlage gefährden würde, im Einzelfall von der Behörde zu prüfen, welche die BauO zu vollziehen hat.

... Die Landesregierung wiederholt sodann Überlegungen aus

der Äußerung, die sie im Verfahren zu G 322/01 abgegeben hat ...; auf sie ist oben schon eingegangen worden. Sie verweist schließlich auf das Erkenntnis VfSlg. 11294/1987, wonach es grundsätzlich im rechtspolitischen Ermessen einer Gemeinde liegt, welche öffentliche Einrichtung sie errichtet und betreibt, und wonach aufgrund der Erfordernisse des Umweltschutzes die Errichtung einer Kanalisationsanlage wohl auch dann gerechtfertigt ist, wenn das Gebiet nicht so dicht verbaut ist, dass beidseitig anliegende Grundstücke an den Kanalstrang angeschlossen werden können.

Daraus lässt sich für ihren Standpunkt nichts gewinnen, da der Verfassungsgerichtshof dies im Prüfungsbeschluss nicht in Zweifel gezogen hat. Vielmehr hat er auch dort die Bedeutung des

Umweltschutzes betont .... Es gibt jedoch keinen Grund, eine

Anlage, die den Anliegen des Umweltschutzes ebenso gerecht wird wie eine kommunale Anlage, gerade aus Gründen des Umweltschutzes funktionslos zu machen. …"

Art. I der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 lautete auszugsweise wie

folgt:

"Artikel I

Die NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200, wird wie folgt geändert:

6. Im § 62 Abs. 2 werden der erste und zweite Satz, welche mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom ,

G 322/01, G 360, 361/01, mit Ablauf des aufgehoben wurden, durch folgende Sätze ersetzt:

§ 62

Wasserver- und -entsorgung

(2) Die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer sind, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht, grundsätzlich in den öffentlichen Kanal abzuleiten.

Von dieser Anschlussverpflichtung sind Liegenschaften ausgenommen, wenn die anfallenden Schmutzwässer über eine Kläranlage abgeleitet werden, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, und

1. die Bewilligung dieser Kläranlage vor der Kundmachung der Entscheidung der Gemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluss), erfolgte und noch nicht erloschen ist und

2. die Reinigungsleistung dieser Kläranlage

o dem Stand der Technik entspricht und

o zumindest gleichwertig ist mit der Reinigungsleistung jener Kläranlage, in der die Schmutzwässer aus der öffentlichen Anlage gereinigt werden,

und

3. die Ausnahme die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Anlage nicht gefährdet.

Die Entscheidung der Gemeinde nach Z. 1 ist nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat durch mindestens sechs Wochen an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und den Haushalten, die sich im Anschlussbereich der geplanten Kanalisation befinden, durch eine ortsübliche Aussendung bekanntzugeben.

Innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist hat der Liegenschaftseigentümer einen Antrag um Ausnahme von der Anschlussverpflichtung bei der Baubehörde einzubringen. Diesem Antrag sind der Nachweis der wasserrechtlichen Bewilligung der Kläranlage und wenn diese schon betrieben wird, ein Befund über deren Reinigungsleistung, erstellt von einer hiezu befugten Stelle (staatlich autorisierte Anstalt, in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat akkreditierte Stelle, Sachverständiger), anzuschließen.

Wird die Ausnahme genehmigt, hat der Liegenschaftseigentümer, beginnend mit der Inbetriebnahme seiner Kläranlage bzw. der Rechtskraft des Ausnahmebescheids, in Zeitabständen von jeweils fünf Jahren unaufgefordert einen Befund über die aktuelle Reinigungsleistung der Baubehörde vorzulegen. Ist die Reinigungsleistung nicht mehr jener der Kläranlage der öffentlichen Kanalisation gleichwertig, ist der Ausnahmebescheid aufzuheben.

Ist der Anschluss an einen öffentlichen Kanal nicht möglich, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube zu leiten oder über eine Kläranlage, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, abzuleiten."

Art. II der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 lautet:

"Artikel II

Inkrafttreten und Übergangsbestimmung

1.

Artikel I Z. 6 tritt am in Kraft.

2.

Ist eine Entscheidung der Gemeinde nach Art. I Z. 6 vor dem erfolgt, so ist der diesbezügliche Beschluss des Gemeinderates nach Inkrafttreten von Art. I Z. 6 unverzüglich durch mindestens sechs Wochen an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und den Haushalten, die sich im Anschlussbereich der geplanten Kanalisationsanlage befinden, durch eine ortsübliche Aussendung bekanntzugeben."

Mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-12, in Kraft getreten mit , erhielt § 62 BO folgende Fassung (wobei insbesondere § 62 Abs. 4 BO neu aufgenommen wurde):

"§ 62

Wasserver- und -entsorgung

(1) Für jedes Gebäude, das Aufenthaltsräume enthält, muss die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser gesichert sein.

(2) Die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer sind, wenn eine Anschlussmöglichkeit besteht, grundsätzlich in den öffentlichen Kanal abzuleiten.

(3) Von dieser Anschlussverpflichtung sind Liegenschaften ausgenommen, wenn die anfallenden Schmutzwässer über eine Kläranlage abgeleitet werden, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, und

1. die Bewilligung dieser Kläranlage vor der Kundmachung der Entscheidung der Gemeinde, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluss), erfolgte und noch nicht erloschen ist und

2. die Reinigungsleistung dieser Kläranlage

o dem Stand der Technik entspricht und

o zumindest gleichwertig ist mit der Reinigungsleistung jener Kläranlage, in der die Schmutzwässer aus der öffentlichen Anlage gereinigt werden,

und

3. die Ausnahme die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Anlage nicht gefährdet.

Die Entscheidung der Gemeinde nach Z. 1 ist nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat durch mindestens sechs Wochen an der Amtstafel der Gemeinde kundzumachen und den Haushalten, die sich im Anschlussbereich der geplanten Kanalisationsanlage befinden, durch eine ortsübliche Aussendung bekanntzugeben.

Innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist hat der Liegenschaftseigentümer einen Antrag um Ausnahme von der Anschlussverpflichtung bei der Baubehörde einzubringen. Diesem Antrag sind der Nachweis der wasserrechtlichen Bewilligung der Kläranlage und wenn diese schon betrieben wird, ein Befund über deren Reinigungsleistung, erstellt von einer hiezu befugten Stelle (staatlich autorisierte Anstalt, in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat akkreditierte Stelle, Sachverständiger), anzuschließen.

Wird die Ausnahme genehmigt, hat der Liegenschaftseigentümer, beginnend mit der Inbetriebnahme seiner Kläranlage bzw. der Rechtskraft des Ausnahmebescheids, in Zeitabständen von jeweils fünf Jahren unaufgefordert einen Befund über die aktuelle Reinigungsleistung der Baubehörde vorzulegen. Ist die Reinigungsleistung nicht mehr jener der Kläranlage der öffentlichen Kanalisation gleichwertig, ist der Ausnahmebescheid aufzuheben.

(4) Von der Anschlussverpflichtung sind auf Antrag des Liegenschaftseigentümers weiters ausgenommen:

1. landwirtschaftliche Liegenschaften mit aufrechter Güllewirtschaft (§ 3 Z. 14 NÖ Bodenschutzgesetz, LGBl. 6160), die die darauf anfallenden Schmutzwässer gemeinsam mit Gülle, Jauche und sonstigen Schmutzwässern aus Stallungen, Düngerstätten, Silos für Nasssilage und anderen Schmutzwässern, die nicht in den öffentlichen Kanalanlagen eingebracht werden dürfen, entsorgen und

2. Liegenschaften, welche die anfallenden Schmutzwässer über einen Betrieb mit aufrechter Güllewirtschaft entsorgen, der im selben räumlich zusammenhängenden Siedlungsgebiet liegt.

Die Entsorgung der Schmutzwässer muss unter Einhaltung der Bestimmungen des § 10 NÖ Bodenschutzgesetz bereits vor der Kundmachung des Gemeinderatsbeschlusses erfolgen, die Schmutzwässer der betroffenen Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen (Grundsatzbeschluss).

Für das Verfahren betreffend die Kundmachung und Bekanntgabe des Grundsatzbeschlusses gelten die Bestimmungen des Abs. 3 sinngemäß.

Der Antrag muss unter Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung entsprechend den Bestimmungen des § 10 NÖ Bodenschutzgesetz innerhalb von vier Wochen nach Ablauf der Kundmachungsfrist eingebracht werden.

Die Einstellung der Güllewirtschaft bzw. der Entsorgung der Schmutzwässer über einen Betrieb mit Güllewirtschaft ist vom Liegenschaftseigentümer der Baubehörde unverzüglich anzuzeigen. Wird die Güllewirtschaft eingestellt, hat die Baubehörde den Ausnahmebescheid aufzuheben.

(5) Ist der Anschluss an einen öffentlichen Kanal nicht möglich, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube zu leiten oder über eine Kläranlage, für die eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt wurde oder erteilt gilt, abzuleiten.

Jauche, Gülle und sonstige Schmutzwässer aus Stallungen, Düngerstätten und Silos für Naßsilage sowie andere Schmutzwässer, die nicht in den öffentlichen Kanal eingebracht werden dürfen, sind in Sammelgruben einzuleiten.

Ist die Aufbringung häuslicher Abwässer gemeinsam mit den genannten landwirtschaftlichen Schmutzwässern auf landwirtschaftlichen Flächen zulässig, ist keine Senkgrube zu errichten, wenn die häuslichen Abwässer direkt in die Sammelgrube für landwirtschaftliche Schmutzwässer eingeleitet werden."

Hinsichtlich der auch hier gegenständlichen Kanalanlage der mitbeteiligten Marktgemeinde hat der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass der Beschwerde anderer Beschwerdeführer im Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0149, unter anderem Folgendes ausgeführt:

"3.1. Im vorliegenden Fall hat die mitbeteiligte Gemeinde den in Rede stehenden Grundsatzbeschluss vom über ihre Entscheidung, die Schmutzwässer der Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen, unstrittig kundgemacht. Ebenso unstrittig erfolgte die vorliegend maßgebliche Antragstellung innerhalb der besagten Frist von zehn Wochen, weshalb sie rechtzeitig iSd § 62 Abs. 4 iVm § 62 Abs. 3 BO war.

3.2. Wenn (wie schon erwähnt) gemäß § 62 Abs. 4 BO für das Verfahren betreffend die Kundmachung und die Bekanntgabe des Grundsatzbeschlusses die Bestimmungen des Abs. 3 sinngemäß gelten, ist entgegen der Beschwerde der in der Kundmachungs- und Bekanntgaberegelung des Abs. 3 enthaltene Hinweis, dass sich ein Grundsatzbeschluss auf eine 'geplante Kanalisationsanlage' bezieht, auch für die Ausnahmeregelung des Abs. 4 maßgeblich. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach Abs. 4 kann derart dann nicht mehr erfolgen, wenn die Kanalisationsanlage nicht mehr bloß geplant ist."

Soweit die Beschwerdeführer der Auffassung sind, es wäre verfassungsrechtlich geboten, Entsorgungen über Gülleanlagen von der Anschlusspflicht auszunehmen, ist dies dem von ihnen ins Treffen geführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 322/01, nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag keine Verfassungswidrigkeit darin zu erblicken, wenn Gülleanlagen an sich keine Ausnahme von der Kanalanschlusspflicht begründen. Dass nämlich Gülleanlagen kommunalen Kanalisationsanlagen im Sinne der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes jedenfalls gleichwertig oder überlegen sind, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Beschwerdeführern nicht dargelegt.

Im Übrigen hat der Landesgesetzgeber mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 mit Wirksamkeit vom durch die Fassung des § 62 Abs. 2 erster Satz BO eine Kanalanschlusspflicht normiert. Diese Anschlusspflicht besteht auf Grund des Gesetzes und ist nach dem Gesetz nicht abhängig von weiteren Beschlüssen der Gemeinde. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, es habe ab im Hinblick auf das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom gar keine Anschlusspflicht gegeben, geht daher ins Leere.

Der Landesgesetzgeber hat mit den Ausnahmebestimmungen, die in der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 vorgesehen waren, der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ausreichend Rechnung getragen (vgl. dazu auch den Motivenbericht zu dieser Novelle vom in den Gesetzesmaterialien, Ltg.-1055/B-23/4- 2002). Den soeben zitierten Gesetzesmaterialien zu dieser Novelle liegt allerdings auch ein Antrag der Abgeordneten Dipl. Ing. Toms, Dkfm. Rambossek, Novohradsky, Waldhäusl, Hofmacher, Doppler und Kurzreiter bei. Darin heißt es, die nunmehrige Vorlage der Landesregierung beinhalte eine Ausnahmebestimmung von der Anschlusspflicht an den öffentlichen Kanal, wobei die Ausnahmeregelung so gestaltet sei, dass exakt die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Parameter erfüllt würden. Es sei zwar davon auszugehen, dass mit der nunmehr in der Vorlage der Landesregierung vorgesehenen Regelung die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes gegen die bisherige Regelung ausgeräumt würden, jedoch liege der Regelung keine umfassende Lösung der Abwasserentsorgungsproblematik zugrunde. Insbesondere gehe die Regelung nicht auf die Abwasserentsorgung im ländlichen Raum bzw. in jenen Gebieten ein, wo derzeit noch kein öffentlicher Kanal errichtet worden sei. Es erscheine daher erforderlich, dass auch für diese Bereiche Regelungen getroffen würden, um einerseits sicherzustellen, dass auch in diesen Gebieten eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung erfolge, und andererseits die Parameter aufzuzeigen, unter denen eine Abwasserentsorgung als zulässig angesehen werden könne und wie sich diese Bestimmungen zu einer allfälligen Anschlussverpflichtung an den öffentlichen Kanal verhielten. So gebe es beispielsweise in Oberösterreich Regelungen, die diese Umstände berücksichtigten. Es erscheine daher angebracht, sich mit der Problematik weiter auseinanderzusetzen. Über (näher genannte) Erhebungen und die daraus resultierenden Ergebnisse solle dem Landtag gegebenenfalls unter Anschluss von entsprechenden Änderungsvorschlägen für das Niederösterreichische Landesrecht berichtet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hält diese Ausführungen für zutreffend, als bereits mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 die vom Verfassungsgerichtshof dargelegten Verfassungswidrigkeiten beseitigt worden sind. Dem Vorbringen in der Beschwerde, dass auch hinsichtlich der nunmehrigen Regelungen des § 62 Abs. 4 BO idF der Novelle LGBl. Nr. 8200-12 ein verfassungsrechtliches Gebot bestehe, dass sie jedenfalls stets heranzuziehen (gewesen) seien, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof, wie bereits dargelegt, nicht anzuschließen. Mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-12 wurde durch die Einfügung des § 62 Abs. 4 BO ein neuer Ausnahmetatbestand geschaffen, der erst mit dieser Novelle und ohne Übergangsbestimmung am in Kraft getreten ist. Dafür kommt auch eine analoge Heranziehung der Übergangsbestimmung des Art. II der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 nicht in Frage, zumal eine solche verfassungsrechtlich nicht geboten erscheint.

Dies führt zu dem Ergebnis, dass eine Ausnahme gemäß § 62 Abs. 4 BO für Güllewirtschaften, wie sie von den Beschwerdeführern ins Treffen geführt wird, erst ab dem Inkrafttreten des § 62 Abs. 4 BO und unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen möglich ist. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung nach § 62 Abs. 4 BO kann folglich aber auch, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0149, ausgesprochen hat, dann nicht mehr erfolgen, wenn die Kanalisationsanlage nicht mehr bloß geplant ist. Es mag sein, dass dadurch verschiedene Güllebetriebe verschieden behandelt werden. Durch die Anknüpfung an die kommunale Kanalisationsanlage, deren Errichtungszeitpunkt und Wirtschaftlichkeit, ergibt sich aber im Sinne des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom insofern keine Verfassungswidrigkeit. Da im vorliegenden Fall die Kanalanlage schon zur Zeit des Inkrafttretens des § 62 Abs. 4 BO mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-12 "nicht mehr bloß geplant" war - sie wurde nach dem Beschwerdevorbringen schon 1999 errichtet - besteht somit - nach den obigen Ausführungen: verfassungskonform - Anschlusspflicht gemäß § 62 Abs. 2 BO, ohne dass eine Ausnahmemöglichkeit nach § 62 Abs. 4 BO in Frage kommt.

Gegenstand des Bescheides der belangten Behörde vom war nur die Frage, ob die konkrete letztinstanzliche Entscheidung der Gemeindebehörden, den Ausnahmeantrag der Beschwerdeführer nach § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen, zu Recht getroffen worden ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0215). Tragender und somit für das weitere Verfahren (bei unveränderter Sach- und Rechtslage:) bindender Aufhebungsgrund war lediglich, dass es im Mängelbehebungsauftrag keinen Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung bei nicht fristgerechter Verbesserung gegeben hat. Die belangte Behörde hat aber nicht ausgesprochen, dass der Verbesserungsauftrag im Übrigen rechtmäßig war oder etwa gar nicht hätte ergehen dürfen. All dies hat sie vielmehr ausdrücklich offengelassen, indem sie in der Bescheidbegründung ausgeführt hat, in der Folge werde die Baubehörde erster Instanz den Antrag vom unter Berücksichtigung auch der mit der Berufung vom übermittelten Unterlagen "neu zu beurteilen haben".

Ein Grundsatzbeschluss im Sinne der §§ 62 Abs. 3 Z. 1 und 62 Abs. 4 Z. 2 BO sowie im Sinne des Art. II Z. 2 der Novelle LGBl. Nr. 8200-11 beinhaltet die Entscheidung, dass die Schmutzwässer der betroffenen Liegenschaften über eine öffentliche Kanalanlage zu entsorgen sind. Es kann dahingestellt bleiben, welcher Rechtscharakter einem solchen Grundsatzbeschluss zukommt, weil die Beschwerdeführer nicht behaupten, dass in dem hier gegenständlichen Grundsatzbeschluss über Ausnahmen von der Anschlusspflicht speziell für die konkrete Liegenschaft der Beschwerdeführer entschieden worden ist. (Darüber ist nach dem Gesetz auch erst auf Grund eines Antrages, der nach § 62 Abs. 3 und 4 BO innerhalb einer bestimmten Frist einzubringen ist, bescheidmäßig abzusprechen). Aus dem Hinweis der Beschwerdeführer auf die Verbindlichkeit des (neuerlichen) Grundsatzbeschlusses vom ist für sie somit nichts zu gewinnen.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Der Antrag der mitbeteiligten Marktgemeinde auf Kostenersatz war abzuweisen, weil sie nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO NÖ 1996 §62 Abs2 idF 8200-11;
BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauO NÖ 1996 §62 Abs4 idF 8200-12;
VwRallg;
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der
wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung
Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2011050090.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-84409