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VwGH vom 14.12.2010, 2008/22/0300

VwGH vom 14.12.2010, 2008/22/0300

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. Gerhard Seidel, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Zollergasse 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 149.545/2-III/4/07, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen am bei der Österreichischen Botschaft Manila gestellten Antrag der Beschwerdeführerin, einer philippinischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrer in Österreich lebenden österreichischen Adoptivmutter gemäß § 47 Abs. 3 und § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag mit ihrer Adoption durch eine österreichische Staatsbürgerin, dokumentiert mit der "Adoptionsurkunde der Republik Philippines, Landgericht, 6. Justizbezirk, Geschäftsstelle 62 - Bago City vom ", begründet habe.

Auf Aufforderung durch die Behörde erster Instanz, den Nachweis eines rechtskräftigen Adoptionsurteils vorzulegen, habe die Beschwerdeführerin ein Schreiben eines Übersetzungsbüros vorgelegt, aus dem hervorgehe, dass das "Urteil vom " in der gegenständlichen Adoptionssache bereits rechtsgültig geworden sei, weil "kein Einspruch durch eine interessierte Partei innerhalb der Frist erhoben" worden sei.

Die Adoptivmutter habe - unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsgehaltes - ein durchschnittliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 1.310,66. Nach einer mit der Berufung vorgelegten Bankbestätigung verfüge die Beschwerdeführerin über ein Sparbuch mit einer Einlage von EUR 3.000,-- sowie ein weiteres Sparbuch mit einer Einlage von (umgerechnet) EUR 6.000,--.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das vorliegende Verfahren nach dem In-Kraft-Treten des NAG nach dessen Bestimmungen zu Ende zu führen sei.

Der Antrag sei nunmehr als Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 NAG zu werten. Die Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels lägen allerdings im Fall der Beschwerdeführerin "mangels Zugehörigkeit zum Angehörigenkreis" nicht vor. Bei der angeführten Adoptionsurkunde handle es sich lediglich um einen "privaten Adoptionsvertrag und nicht um einen Beschluss eines philippinischen oder österreichischen Gerichtes".

Darüber hinaus erreichten die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel - wegen des für die Adoptivmutter notwendigen Existenzminimums - nicht den erforderlichen Richtsatz nach § 293 ASVG. Bei den angeführten Sparbüchern wiederum handle es sich weder um feste noch regelmäßige Einkünfte, sodass sie nicht berücksichtigt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde den noch bei Geltung des Fremdengesetzes 1997 - FrG gestellten Antrag zutreffend nach den Bestimmungen des am in Kraft getretenen NAG beurteilt hat (§ 81 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 1 NAG).

Im Weiteren hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid allerdings schon dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, dass sie das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Adoptionsdokument vom - ohne dazu weitere Erhebungen anzustellen - nicht als zur Begründung der Angehörigeneigenschaft im Sinn des § 47 Abs. 3 Z. 3 NAG wirksam angesehen hat. Zu den in diesem Zusammenhang zu beachtenden Beurteilungserfordernissen wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , 2008/22/0100, verwiesen.

Die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vorgenommene Bescheidbegründung stellt sich auch insofern als widersprüchlich dar, als der angefochtene Bescheid der nach seinen Feststellungen vorgelegten Adoptionsurkunde eines Landgerichtes in Bago City (Philippinen) im Weiteren abspricht, ein Beschluss eines philippinischen Gerichtes zu sein.

Im Übrigen reichen in einer Konstellation wie der vorliegenden - bei Nachzug einer volljährigen Tochter zu ihrer zusammenführenden Mutter - unabhängig von einem gemeinsamen oder getrennten Wohnsitz Unterhaltsmittel in der zweifachen Höhe des einfachen Ausgleichszulagenrichtsatzes für beide im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG (in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. I Nr. 157/2005) aus (2 x EUR 726,-- gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. II Nr. 532/2006; vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0632).

Dabei kommt - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung - bei Anwendung des § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 2008/22/0173, mwN).

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am