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VwGH vom 18.03.2013, 2011/05/0061

VwGH vom 18.03.2013, 2011/05/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Waldstätten, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der VR in Wien, vertreten durch Dr. Lorenz E. Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/15, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 246 und 247/10, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Univ. Prof. Dr. EK in Wien, vertreten durch Lansky, Ganzger Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das gegenständliche Bauvorhaben betrifft die Errichtung mehrerer übereinander angeordneter Balkone an der Hoffront des Gebäudes H.-Gasse 3, bauliche Änderungen sowie die Abtragung einer Stützmauer im Hof dieses Gebäudes. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des von der Straße aus gesehen rechts gelegenen Grundstückes H.-Gasse 5. Der Eigentümer des von der Straße aus gesehen linksseitig angrenzenden Grundstückes H.-Gasse 1a hat dem Bauvorhaben ausdrücklich zugestimmt. Die Balkone (im Verfahren auch als zwei "Balkontürme" bezeichnet) werden einerseits an der Grundgrenze zur Liegenschaft H.-Gasse 1a aufgeführt, andererseits in einem Abstand von 3 m von der Grundgrenze zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin. Vor den Baubehörden wurden die Einreichungen hinsichtlich der beiden "Balkontürme" in zwei verschiedenen Verfahren geführt, die vom Verfahrensablauf einander im Wesentlichen gleichen.

Die Balkone sollen errichtet werden mit einer Ausladung von 2,5 m vor dem Hochparterre, Mezzanin (nur im rechten "Balkonturm"), 1., 2. und 3. Stock. Die Balkone sind dabei durch Stahlstützen miteinander verbunden, die auf einem 30 cm unter einer Humusschicht befindlichen Streifenfundament aufliegen. Die Balkone ragen mit ihrer gesamten Breite über die hintere Baufluchtlinie in eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche vor.

Die Baueinreichungen erfolgten jeweils gemäß § 71 der Bauordnung für Wien (BO) am . Am fand eine Bauverhandlung statt, bei der die Beschwerdeführerin Einwendungen (schriftlich vorliegend vom ) dahingehend erhob, dass der Einbau von Balkontüren anstelle von Fenstern im Bauantrag keine Deckung finde und gesondert zu bewilligen wäre. Außerdem sei ein Verfahren nach § 71 BO nicht zulässig (wurde näher ausgeführt). Ein Bestandsbalkon im Mezzaninbereich sei unrechtmäßig. § 84 Abs. 2 lit. a BO werde nicht eingehalten. Es seien keine Balkone, sondern Zubauten in Form von Loggien. Die Abstandsbestimmungen würden nicht eingehalten und die Baufluchtlinie überschritten. Der Bestandsbalkon wäre in die Berechnung einzubeziehen. Die Bestimmung, dass die Liegenschaft im gegenständlichen Bereich gärtnerisch auszugestalten sei, werde verletzt. Es liege auch kein schlüssiges Stadtbildgutachten vor.

Mit zwei Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde das Bauvorhaben bewilligt, hinsichtlich der Abtragung einer Stützmauer und baulicher Änderungen betreffend Raumwidmungen gemäß § 70 BO, hinsichtlich der "Balkontürme" gemäß § 71 BO.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufungen.

Im Berufungsverfahren wurde die Einreichung dahingehend geändert, dass auch unter Berücksichtigung des bestehenden Balkones im Mezzanin § 84 Abs. 2 lit. a BO eingehalten werde. Aus einer vom Bauwerber vorgelegten Stellungnahme des DI S. vom geht ferner hervor, dass es sich bei den Stützen um Formrohrstützen mit 10 x 15 cm Fläche handle. Insgesamt seien acht Stahlstützen mit einem Flächenausmaß von 0,12 m2 vorgesehen. Die Flächen um die Stützen seien frei begehbar, und die Stützen könnten wie eine Pergola mit Kletterpflanzen begrünt werden. Die Fundamente in Form von jeweils zwei Fundamentstreifen würden bautechnisch so tief gesetzt, dass eine Humusschicht von 30 cm zur Begrünung möglich sei.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich in einer Stellungnahme vom ablehnend.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurden die Berufungen der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen und die erstinstanzlichen Bescheide mit der Maßgabe bestätigt, dass sie sich auf die zum Bestandteil des Berufungsbescheides erklärten Einreichpläne bezögen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach den geänderten Einreichplänen solle an der Hoffront in einem Abstand von 3 m zur rechten, an die Liegenschaft der Beschwerdeführerin anschließenden Grundgrenze ein "Balkonturm" auf Stützen errichtet werden und sollten anstelle der Fenster im Hochparterre, Mezzanin, 1., 2. und 3. Stock Balkontüren hergestellt werden. Weiters solle im Bereich der linken Grundgrenze ein "Balkonturm" auf Stützen errichtet werden, wofür anstelle der Fenster im Hochparterre, 1., 2. und 3. Stock Balkontüren und im Mezzanin ein französisches Fenster mit öffenbaren Doppeltüren und entsprechender Absturzsicherung hergestellt werden sollten. Die an der linken Grundgrenze situierten Balkone seien der Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht zugekehrt. Von den beiden "Balkontürmen", deren Ausladung 2,5 m betrage, wobei der rechtsseitige 3 m von der Nachbargrenze entfernt sei und beide in eine gärtnerisch auszugestaltende Fläche ragten, werde das zulässige Ausmaß des § 84 Abs. 2 lit. a BO insgesamt sowie die zulässige Ausladung eingehalten. Durch die gegenständlichen Balkone, die im Hochparterre ein Ausmaß von 3 m im Bereich der rechten und 2,5 m an der linken Grundgrenze, im Mezzanin ein solches von 3,67 m im Bereich der rechten Grundgrenze und im 1., 2. und 3. Stock ein solches von 3,67 m im Bereich der rechten und 2,5 m an der linken Grundgrenze (somit insgesamt 6,17 m) aufwiesen, werde unter Berücksichtigung des konsentierten, nahe der rechten Grundgrenze im Mezzanin situierten Balkons, dessen Länge infolge der im Zuge des Berufungsverfahrens vorgenommenen Projektänderung nunmehr 2,5 m betrage, sowie des konsentierten Stiegenhauses samt WC-Trakt mit einer Länge von 8,81 m an der gesamten betroffenen Hoffront, die 22,47 m lang sei, nun insgesamt ein Ausmaß von zwei Drittel der Hoffront eingehalten und somit dem § 84 BO entsprochen. Die Balkone hielten auch den Abstand von 3 m von der rechten, an die Liegenschaft der Beschwerdeführerin anschließenden Nachbargrenze ein. Da der an der linken Grundgrenze projektierte, der Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht zugekehrte "Balkonturm" den Mindestabstand von 3 m zur Nachbarliegenschaft nicht einhalte, wobei die diesbezügliche Nachbarin zugestimmt habe, sei entsprechend dem Bauansuchen das Verfahren bezüglich einer Bewilligung nach § 71 BO durchzuführen gewesen. Die Betonfundamente seien unterirdische Bauten, durch welche Nachbarrechte gemäß § 134a Abs. 1 lit. c BO nicht verletzt werden könnten. Im Hinblick auf die in den Einreichplänen dargestellte gärtnerische Ausgestaltung der oberhalb der Betonfundamente liegenden Grundflächen sei zu bemerken, dass den Nachbarn zwar ein Anspruch auf Freihaltung dieser Flächen, jedoch kein weitergehender Anspruch hinsichtlich der Art der Ausgestaltung zustehe. Im Hinblick auf die Einhaltung des § 84 Abs. 2 lit. a BO sei das Bauvorhaben als eines anzusehen, weshalb auch der Balkonturm, der näher der Liegenschaft der Beschwerdeführerin liege, nur gemäß § 71 BO zu bewilligen gewesen sei. Das Vorbringen, dass es sich um keine Bauwerke vorübergehenden Bestandes handle, betreffe keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte. Der ursprünglich hinsichtlich des rechten "Balkonturmes" geplante seitliche Sichtschutz aus Sicherheitsglas sei nicht mehr Gegenstand der Einreichung. Es handle sich um überwiegend offene Vorbauten und somit im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Balkon auch dann vorliege, wenn zufolge einer Versetzung von Gebäudeteilen eine (weitere) Seite geschlossen sei, zwei Seiten aber offen blieben, jedenfalls um Balkone im Sinne des § 84 BO. Einen Rechtsanspruch des Nachbarn auf eine bestimmte Besonnung oder einen bestimmten Lichteinfall gebe es nicht. Vorschriften, die der Wahrung des örtlichen Stadtbildes und der schönheitlichen Rücksichten dienten, begründeten keine Nachbarrechte. Im Zusammenhang mit der Stützmauer sei festzuhalten, dass eine Rechtsverletzung eines Nachbarn durch eine Abbruchbewilligung nicht in Betracht komme. Auch hinsichtlich der behaupteten Beeinträchtigung der gegebenen Stützfunktion für das höherliegende Nachbargrundstück bestehe kein subjektiv-öffentliches Recht, Ansprüche wären im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 112/11-3, ablehnte, und die Beschwerde mit weiterem Beschluss vom , B 112/11-5, dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof auftragsgemäß ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die im Einreichplan eingetragenen Baumaßnahmen fänden im angefochtenen Bescheid keine Deckung. Dies betreffe einerseits den Abbruch einer Stützmauer bzw. andererseits die Öffnung der Fassade und den Einbau von Balkontüren. Ein Antrag für eine Bewilligung gemäß § 70 BO sei niemals gestellt und der Beschwerdeführerin nie zur Kenntnis gebracht worden. Außerdem sei der Abbruch einer Stützmauer an der hinteren Grundgrenze mit zwei Bescheiden bewilligt worden. Durch den Abbruch werde die Beschwerdeführerin beeinträchtigt, denn diese Stützmauer grenze direkt an die Grundstücksgrenze und führe auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin weiter. Es sei daher nicht klar, in welchem Bereich die Mauer abgebrochen werden solle, wie der Grenzbereich gestaltet werde bzw. wie die Zwischenmauer zwischen dem Grundstück des Bauwerbers und jenem der Beschwerdeführerin nunmehr integriert werden solle. Unklar sei auch, wie das Gelände nach dem Abbruch gestützt werden solle, weil ein rund 3 m hoher Niveauunterschied bestehe. Es sei nicht sichergestellt, ob die verlängerte Stützmauer auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin das gesamte Erdreich stützen könne. Ein ausreichendes Gutachten für die Beurteilung des Orts- und Stadtbildes habe es nicht gegeben. Die Heranziehung des § 71 BO sei nicht zulässig, da nicht erkennbar sei, aus welchen Gründen statisch selbsttragende "Balkontürme" lediglich vorübergehenden Zwecken dienen sollten. Da auch Balkontüren statt Fenster eingebaut werden sollten, sei davon auszugehen, dass die Balkone dauerhaft genutzt würden. Es liege ein Neubau vor und der Zweck des § 71 BO (Sanierung bestehender illegaler Bauten) werde nicht erreicht. Ein sachlicher Widerrufsgrund sei nicht denkbar. Da die Anrainerin von H.- Gasse 1a sowieso zugestimmt habe, sei nicht nachvollziehbar, weshalb § 71 BO herangezogen worden sei. Es wäre eine Bewilligung gemäß § 70 BO einzuholen gewesen. Abgesehen davon betreffe die Zustimmung nicht den separat bewilligten Balkonturm an der rechten Grenze zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin, obwohl dafür ein gesondertes Verfahren nach § 71 BO geführt worden sei. Hätten Nachbarn subjektiv-öffentliche Nachbarrechte geltend gemacht, komme eine Bewilligung gemäß § 71 BO nicht in Betracht. Die Beschwerdeführerin habe jedenfalls die Verletzung subjektivöffentlicher Rechte geltend gemacht. Eine Bewilligung nach § 71 BO scheitere schon daran, dass die Beschwerdeführerin keine Zustimmung erteilt habe. Die Konstruktionen seien keine klassischen Balkone, sondern massive Zubauten. Einerseits sei ein umfangreiches Statikkonzept erforderlich gewesen, andererseits entstünden durch die massive Bauweise und die zahlreichen Metallverstrebungen massive Baukörper. Selbst wenn man einräume, dass die jeweiligen Außenseiten nur bis zu einer Höhe von 2,5 m mit einem Verbund-Sicherheitsglas verkleidet würden, seien die Bauteile an fünf Seiten geschlossen und nur an einer Seite geöffnet. Es handle sich daher nicht um Balkone, sondern um Loggien, sodass eine Ausladung von 2,5 m unzulässig sei. Es wäre schon auf Grund der äußeren Erscheinung und der Wirkung des Baukörpers zum Nachbargrundstück nur eine maximale Ausladung von 1,5 m zulässig gewesen. Die Regelung, dass die Fläche gärtnerisch auszugestalten sei, werde verletzt, weil ein Flächenbedarf von mindestens 20 m2 bestehe. Die Errichtung massiver Betonfundamente könne keine gärtnerische Ausgestaltung darstellen. Die belangte Behörde lege zwar dar, dass die Fundamente als Streifenfundamente ausgebildet würden und jedes davon eine Fläche von nur ca. 1,8 m2 aufweise, sie führe aber nicht aus, wie viele Streifenfundamente es gebe und wie groß daher die Gesamtfläche sei. Die Behörde setze sich daher auch mit den diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht auseinander.

§ 71 der Bauordnung für Wien (BO - in der hier maßgebenden Fassung LGBl. Nr. 25/2009) lautet:

"Bewilligung für Bauten vorübergehenden Bestandes

§ 71. Bauwerke, die vorübergehenden Zwecken dienen oder nicht dauernd bestehen bleiben können, sei es wegen des bestimmungsgemäßen Zweckes der Grundfläche, sei es, weil in begründeten Ausnahmefällen das Bauwerk den Bestimmungen dieses Gesetzes aus sachlichen Gegebenheiten nicht voll entspricht, kann die Behörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf bewilligen. Für sie gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes insofern nicht, als nach Lage des Falles im Bescheid auf die Einhaltung dieser Bestimmungen verzichtet worden ist. Der Bewilligung dürfen durch dieses Gesetz gegebene subjektiv-öffentliche Rechte nicht entgegenstehen und es darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen nicht vermindert werden, es sei denn, dass der Berechtigte der Bewilligung ausdrücklich zugestimmt hat oder keine Parteistellung (§ 134 Abs. 3) erlangt hat."

§ 84 BO lautet:

"Bauteile vor den Baufluchtlinien und in Abstandsflächen und Vorgärten

§ 84. (1) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten dürfen die im § 83 Abs. 1 genannten Vorbauten sowie Transport- und Einsteigschächte vorragen; diese Schächte dürfen das anschließende Gelände nicht überragen.

(2) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten dürfen außerdem folgende Gebäudeteile vorragen:

a) auf eine Breite von höchstens einem Drittel der betreffenden Gebäudefront Erker, Balkone und Treppenhausvorbauten und Aufzugsschächte, sofern die Ausladung der Balkone höchstens 2,50 m und der anderen Bauteile höchstens 1,50 m beträgt und sie von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 3 m einhalten; die sich daraus für Erker ergebende Kubatur an einer Gebäudefront kann unter Einhaltung dieser Ausladung und des Abstandes von Nachbargrenzen an dieser Front frei angeordnet werden. An Gebäuden, deren Gebäudehöhe nach den Bestimmungen des § 75 Abs. 4 und 5 zu bemessen ist, dürfen solche Vorbauten an den Straßenfronten nur eine Ausladung von höchstens 1 m aufweisen. Darüber hinaus sind bis zu einem weiteren Drittel der Gebäudefront solche Balkone über gärtnerisch auszugestaltenden Flächen, ausgenommen Abstandsflächen, zulässig;

b) auf einer Breite von höchstens einem Drittel der betreffenden Gebäudefront Türvorbauten, Freitreppen und Schutzdächer über Eingängen, sofern diese Bauteile höchstens 3 m in die vor den Baufluchtlinien gelegenen Flächen oder Abstandsflächen, aber keinesfalls mehr als auf halbe Vorgartentiefe vorragen und von den Nachbargrenzen einen Abstand von wenigstens 1,50 m einhalten.

(3) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und in die Vorgärten dürfen ferner unterirdische Gebäude und Gebäudeteile vorragen, doch darf die allenfalls festgesetzte gärtnerische Ausgestaltung der Grundflächen nicht behindert werden. Der Beurteilung eines Bauwerkes als unterirdisches Gebäude oder unterirdischer Gebäudeteil steht nicht entgegen, wenn den oberen Abschluss ein anderes nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zulässiges Bauwerk (Terrasse, Stützmauer, Weg u. a.) bildet.

(4) Über Baufluchtlinien, in die Abstandsflächen und die Vorgärten dürfen Gänge vor Außenwänden (Außengänge) nicht vorragen."

§ 134a Abs. 1 BO lautet:

"Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

a) Bestimmungen über den Abstand eines Bauwerkes zu den Nachbargrundgrenzen, jedoch nicht bei Bauführungen unterhalb der Erdoberfläche;


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b)
Bestimmungen über die Gebäudehöhe;
c)
Bestimmungen über die flächenmäßige Ausnützbarkeit von Bauplätzen, Baulosen und Kleingärten;
d)
Bestimmungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Fluchtlinien;
e)
Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
f)
Bestimmungen, die den Nachbarn zu Emissionen berechtigen."
Die Aufzählung der Nachbarrechte in § 134a Abs. 1 BO ist taxativ (vgl. § 134 Abs. 3 BO, wo diese Aufzählung als "erschöpfend" bezeichnet wird, und die bei
Moritz , Bauordnung für Wien, 4. Auflage, S. 348 zitierte hg. Rechtsprechung).
Das Beschwerdevorbringen betreffend das Orts- und Stadtbild sowie den Abbruch der Stützmauer geht daher ins Leere, weil keine dementsprechenden Nachbarrechte in § 134a Abs. 1 BO vorgesehen sind.
Verfahrensmängel können nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen, wenn dieser auf Grund der Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften in der Verfolgung seiner Nachbarrechte verletzt sein könnte (vgl.
Moritz , aaO, S. 352). Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ein entsprechender Antrag für Bewilligungen gemäß § 70 BO niemals gestellt worden sei. Dazu ist zu bemerken, dass die nach § 70 BO bewilligten Maßnahmen die Beschwerdeführerin in keinen Nachbarrechten gemäß § 134a Abs. 1 BO verletzen können. Eine Rechtsverletzung dadurch, dass ein Antrag gemäß § 70 BO nicht gestellt wurde, sondern lediglich ein solcher gemäß § 71 BO, kann daher zu keiner Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin führen. Dies gilt auch insofern, als der Abbruch einer Stützmauer an der hinteren Grundgrenze mit beiden Bescheiden genehmigt worden ist. Alleine dadurch, dass Bauteile gemäß § 71 BO und nicht nach § 70 BO genehmigt wurden, wird ebenfalls kein Nachbarrecht verletzt.
Der Beschwerdeführerin ist Recht zu geben, dass es gemäß § 71 letzter Satz BO auf die Zustimmung des Nachbarn ankommt bzw. darauf, dass er mangels Einwendungen keine Parteistellung erlangt hat, doch gilt dies nur dann, wenn subjektiv-öffentliche Nachbarrechte der Bewilligung entgegenstehen bzw. die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen vermindert wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0004). Ein absolutes Zustimmungsrecht kommt der Beschwerdeführerin hingegen nicht zu, es soll gemäß § 71 nur sichergestellt sein, dass dann, wenn diese Norm zum Tragen kommt und dies zu einer Verletzung von Nachbarrechten führt, dies nicht ohne Zustimmung des betroffenen Nachbarn geschehen darf.
Dass die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen der Beschwerdeführerin vermindert wird, legt diese nicht dar und ist auch nicht erkennbar. Und subjektiv-öffentliche Nachbarrechte werden, wie aus dem Folgenden zu ersehen ist, nicht verletzt:
Im vorliegenden Fall wurde die Bewilligung gemäß § 71 BO erteilt, weil der "Balkonturm" auf der linken Hälfte der Bauliegenschaft, welche nicht an das Grundstück der Beschwerdeführerin angrenzt, den Abstand von 3 m zur Nachbargrenze gemäß § 84 Abs. 2 lit. a BO nicht einhält. Hinsichtlich dieses Abstandes hat die Beschwerdeführerin aber kein subjektivöffentliches Recht, weil diese Rechte gemäß § 134a Abs. 1 BO nur insoweit bestehen, als sie "ihrem Schutze", also dem Schutz des jeweils konkreten Nachbarn, dienen (vgl.
Moritz , aaO, S. 351 f).
Allerdings hat der seitliche Nachbar, also hier auch die Beschwerdeführerin, ein Recht auf Einhaltung der hinteren Baufluchtlinie (siehe die bei
Moritz , aaO, S. 352 zitierte hg. Judikatur). Dies bedeutet, dass der Beschwerdeführerin das entsprechende Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. d BO zukommt, und zwar darauf, dass die Vorschriften des § 84 Abs. 2 lit. a BO, wonach Balkone höchstens auf einer Breite von einem bzw. einem weiteren Drittel der betreffenden Gebäudefront und mit einer Ausladung von höchstens 2,5 m zulässig sind bzw. die anderen in § 84 Abs. 2 lit. a BO genannten Bauteile mit einer Ausladung bis höchstens 1,5 m, eingehalten werden. Die Beschwerdeführerin bestreitet insofern nicht, dass die Drittelbestimmung eingehalten ist, sie macht aber geltend, dass es sich um keine Balkone, sondern um Loggien handle, und somit nur eine Ausladung bis zu 1,5 m zulässig sei. Sie führt aus, dass die Außenseiten der Balkone bis zu einer Höhe von 2,5 m mit einem Verbund-Sicherheitsglas verkleidet seien. Damit sei davon auszugehen, dass die Bauteile an fünf Seiten geschlossen seien und nur eine Seite geöffnet sei.
Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Bauteil mit einer solchen Verkleidung von 2,5 m Höhe noch als Balkon angesehen werden könnte, denn nach den (aufgrund der Einwendungen modifizierten) bewilligten Bauplänen wird bei den Balkonen ein Geländer mit der Höhe von 1,1 m "VSG in Metallkonstr." errichtet. Eine Ummantelung in diesem Ausmaß hindert aber jedenfalls nicht, dass es sich um Balkone handelt.
Die Betonfundamente sollen unterirdisch errichtet werden, sodass gemäß § 84 Abs. 3 BO von der Zulässigkeit dieser Bauteile auszugehen ist. Die belangte Behörde hat im Übrigen, auf Grund der bewilligten Pläne nachvollziehbar, ausgeführt, dass oberhalb dieser Betonfundamente eine gärtnerische Ausgestaltung erfolgt. Die Beschwerde tritt dem nicht substantiiert entgegen. Eine Verletzung des entsprechenden Nachbarrechtes auf Freihaltung und gärtnerische Ausgestaltung der gegenständlichen Flächen ist daher nicht ersichtlich.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne des EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom , Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am