VwGH vom 14.12.2010, 2008/22/0289
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Monika Krause, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Zollergasse 2/51, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 148.382/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) einen am vom Beschwerdeführer, einem syrischen Staatsangehörigen, gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehefrau gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 und § 30 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.
Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am mit einem Visum C, gültig vom 1. April bis , nach Österreich eingereist und nach Ablauf des Visums hier geblieben sei. Am habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet.
Diese habe bei einer niederschriftlichen Vernehmung am angegeben, dass die Ehe über Vermittlung eines Nachbarn zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels durch den Beschwerdeführer geschlossen worden sei. Die Ehefrau habe für die Eheschließung insgesamt EUR 4.600,--, teilweise in Ratenzahlung, erhalten, wobei die Geldübergabe jedes Mal in einem Einkaufszentrum stattgefunden habe. Sie habe mit dem Beschwerdeführer nie zusammengelebt.
In seiner Berufung gegen den Bescheid erster Instanz (mit dem der vorliegende Antrag wegen eines von der Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom verhängten Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 Z. 1 NAG abgewiesen worden war) - so die belangte Behörde weiter - habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass ein Verfahren gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid beim Verfassungsgerichtshof anhängig sei und daher nicht von einem rechtswirksamen Aufenthaltsverbot ausgegangen werden könne.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde lediglich aus, dass "aus diesen Gründen" im Fall des Beschwerdeführers eine Aufenthaltsehe vorliege, und folgerte in rechtlicher Hinsicht - unter Hinweis auf § 82 Abs. 1, § 81 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG und § 30 Abs. 1 NAG - dass Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten des NAG anhängig seien, nach dessen Bestimmungen zu Ende zu führen seien und dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG der beantragte Aufenthaltstitel zwingend zu versagen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage - lediglich - eines Teiles der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass die belangte Behörde den noch bei Geltung des Fremdengesetzes 1997 - FrG gestellten Antrag zutreffend nach den Bestimmungen des am in Kraft getretenen NAG beurteilt hat (§ 81 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 1 NAG).
Die Beschwerde bringt unter anderem vor, dass der Beschwerdeführer "von Anfang an bestritten" habe, mit seiner Ehefrau eine Scheinehe zu führen, so auch in dem der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorausgegangenen Berufungsverfahren unter Hinweis auf das vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts anhängige Verfahren wegen des Aufenthaltsverbots.
Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Da der Akt der Behörde erster Instanz bei dieser - weil "in Verstoß geraten" - nicht aufgefunden werden konnte, hat die belangte Behörde den Antrag, den Berufungsschriftsatz sowie allfällige weitere Äußerungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren nicht vorgelegt. Unter Zugrundelegung der wiedergegebenen Beschwerdebehauptungen ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in dem der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorangegangenen Verwaltungsverfahren - ebenso wie im Aufenthaltsverbotsverfahren - gegen die Annahme einer Scheinehe gewandt hat (§ 38 Abs. 2 zweiter Satz VwGG).
Dem angefochtenen Bescheid sind allerdings keinerlei beweiswürdigende Ausführungen den Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers bei ihrer Vernehmung am und den Darlegungen des Beschwerdeführers zu entnehmen; damit hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem für den Ausgang des Verfahrens wesentlichen Begründungsmangel belastet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0880).
Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Pauschalbetrag nach § 1 Z. 1 lit. a dieser Verordnung die Umsatzsteuer bereits umfasst.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-84302