VwGH vom 26.04.2007, 2006/14/0032

VwGH vom 26.04.2007, 2006/14/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der R GmbH und des DA (beide als Gesellschafter der R GmbH und Mitbes.) in O, vertreten durch Saxinger Chalupsky Weber & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Europaplatz 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , GZ. RV 576/1-5/2002, betreffend Einheitswert des Grundvermögens sowie Grundsteuermessbetrag zum , zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Einheitswert betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Finanzamt erließ einen mit datierten Einheitswertbescheid (Nachfeststellung nach § 22 Abs. 1 BewG) betreffend einen Grundbesitz (Betriebsgrundstück bewertet als unbebautes Grundstück) in der Gemeinde P. (EZ. 1092 der KG T). Der für diesen Grundbesitz festgestellte (nicht erhöhte) Einheitswert zum betrug 1,856.064,18 EUR. Die Nachfeststellung sei erforderlich gewesen sei, weil der Bewertungsgegenstand "nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes als eigene wirtschaftliche Einheit zu beurteilen war". Unter einem erging ein Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages (Nachveranlagung) zum .

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. In dieser beantragten sie die "weiterfolgende Einstufung des Grundstückes als land- und forstwirtschaftliches Vermögen". Zu dem vorliegenden Gebiet sei festzuhalten, dass dieses aus den drei Teilbereichen Gewerbepark, Technologiepark und Fachhochschule bestehe. Für die Teilbereiche Technologiepark und Fachhochschule sei darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um nach wie vor landwirtschaftlich genutzte Flächen handle (der diesbezüglich abgeschlossene Pachtvertrag samt Zusatzvereinbarung zum Pachtvertrag sei der Berufung angeschlossen). Für das gesamte Gebiet sei seit April 2002 eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Laufen. Um überhaupt an eine gewerbliche Nutzung des Teilbereiches "Gewerbepark" denken zu können, seien nach einer allfällig positiven Erledigung der Umweltverträglichkeitsprüfung umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an zwei Deponien in diesem Bereich notwendig, die einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren in Anspruch nehmen würden. Somit bestehe auch keine Möglichkeit zur Verwendung für Bauzwecke. Umweltverträglichkeitsprüfungen würden erfahrungsgemäß einen sehr langen Zeitraum in Anspruch nehmen. Da nicht einmal eine Widmung als Gewerbe- und Industriegebiet vorliege, sei auch kein Wahrscheinlichkeitsschluss auf eine Änderung der Nutzung in der nahen Zukunft zu ziehen. Das Grundstück sei auch nicht aufgeschlossen und es handle es sich um ein abgelegenes Gebiet, das für weite Teile intensiv landwirtschaftlich genutzt werde. Es lägen keine objektiven Umstände im Sinne des § 52 Abs. 2 BewG vor, die eine "Einreihung als Bauland" rechtfertigen würden. Eine Umqualifizierung in Grundvermögen sei daher nicht zulässig, sondern das Grundstück sei wie bisher als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu bewerten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung keine Folge. Eine landwirtschaftliche Nutzung werde nicht in Frage gestellt, diese sei aber geradezu eine Voraussetzung für eine Bewertung nach § 52 Abs. 2 BewG. Die Zuordnung zum Grundvermögen bestehe zu Recht, zumal die Gemeinde P. im räumlichen Entwicklungskonzept die Zielformulierung für eine Bebauung genau definiert habe ("siehe räuml. Entwicklungskonzept vom "). Auch wenn derzeit nur eine Teilfläche für Bauzwecke verwendet werden könnte, sei, "solange die gesamte Liegenschaft als eine wirtschaftliche Einheit bewertet werden muss", die Baulandeigenschaft der gesamten Liegenschaft zu bejahen. Das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Hauptzweckes könne die Zurechnung zum Grundvermögen nicht hindern, sondern allenfalls eine Befreiung von der Bodenwertabgabe bewirken.

Die Beschwerdeführer beantragten die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Sie verwiesen auf die intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung, die auch in der Berufungsvorentscheidung festgestellt worden sei. Auch fehle bisher eine Widmung als Industriegebiet. Berücksichtige man, dass bei der Gesamtfläche des Gebietes von 463.574 m2 lediglich

64.400 m2 als Gewerbegebiet gewidmet seien, somit 86,11 % der Fläche landwirtschaftlichen Grund darstellten, und selbst für eine Bebauung der 13,89 %, die als Gewerbegebiet eingestuft seien, erst umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen positiv erledigt werden müssten, stehe nach Ansicht der Beschwerdeführer außer Zweifel, dass bei einer Einstufung als wirtschaftliche Einheit das gesamte Gebiet nicht als Bauland bewertet werden könne. Eine wirtschaftliche Einheit könne sich auch nicht auf zwei oder mehrere Vermögensarten erstrecken. Schon rein aus verwaltungsrechtlichen Gründen (Widmung, Umweltverträglichkeitsprüfungen etc.) könne nicht von einer wirtschaftlichen Einheit "Bauland" gesprochen werden. Nach objektiven Gesichtspunkten sei das Gebiet weder "aus dem Blickwinkel des Feststellungszeitpunktes, aus heutiger Sicht noch in absehbarer Zeit" als Bauland verwendbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die streitgegenständliche Liegenschaft sei von den Beschwerdeführern am je als Hälfteeigentümer erworben worden. Da das Finanzamt überdies Mitteilung erhalten habe, dass u.a. für die gegenständliche Liegenschaft ein Entwicklungskonzept der Gemeinde P. (Aufschließung "Gewerbe-Nord") sowie eine Raumordnungsvereinbarung zwischen dem Voreigentümer, der L. Baulandsicherungsgesellschaft mbH und der Gemeinde P. nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 vorliege, habe es den gegenständlichen Grundbesitz mit Einheitswertbescheid zum als unbebautes Grundstück mit einem Einheitswert von 1,856.064,18 EUR bewertet. Der vom Voreigentümer mit den Pächtern abgeschlossene Pachtvertrag stelle keinen Landpachtvertrag dar, zumal u.a. der Ablauf des Vertrages nach fünf Jahren vereinbart worden sei. Nach einer Zusatzvereinbarung vom seien auch Teile der verpachteten Flächen bereits vor dem vereinbarten Ende des Pachtvertrages an die nunmehrigen Verpächter (die Beschwerdeführer) zurückzustellen gewesen.

Die beiden jetzigen Eigentümer des Grundbesitzes seien "auch als Großunternehmen bzw. Manager im Hoch- und Tiefbauwesen allgemein bekannt". Das Finanzamt habe sich auf die von der Gemeinde P. übermittelte ROG-Vereinbarung mit Stand für den gesamten Bereich U.-Au nördlich der A 10 gestützt, welche von der Gemeinderatsversammlung der Gemeinde P. am genehmigt worden sei. Weiters seien aktenkundig: Das "2. Bürgerinfo März 2002 (ein Gesamtkonzept U. mit Umweltverträglichkeitserklärung und Darstellung der bisherigen und zukünftigen Projektentwicklung)" und ein Bericht einer Tageszeitung vom über die Tätigkeit von Biologen zur "Rettung von Amphibien und Reptilien in der U.-Au durch Fangen und Umsiedeln in neue Lebensräume, damit sie nicht der beginnenden Deponie-Sanierung zum Opfer fallen".

Das Lagefinanzamt habe somit mit der Bewertung der Liegenschaft gemäß § 52 Abs. 2 BewG zugewartet bis der entsprechende Nachfeststellungszeitpunkt mit dem Zeitpunkt der vorzunehmenden Zurechnungsfortschreibung zusammengefallen sei und die andere als land- und forstwirtschaftliche Zweckverwendung des gegenständlichen Grundbesitzes "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen war".

In der Raumordnungsvereinbarung zwischen dem Voreigentümer, der Gemeinde P. und der L. Baulandsicherungs GmbH werde die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit mit dem einheitlichen Entwicklungsziel umschrieben, dass nach dem Entwurf des Regionalprogrammes in der Gemeinde P. die Ortslage "P.-U." als regionaler Vorrangbereich für künftige Gewerbegebiete vorgesehen sei. Zur Erreichung der Größe der von der Vereinbarung insgesamt erfassten Grundflächen sei vereinbart worden, dass der Voreigentümer die erforderlichen Flächen von mehreren Bauernhöfen eintauschen werde. Weiters sei dieser Raumordnungsvereinbarung bereits zu entnehmen, dass der Voreigentümer die festgelegte Verwendung des Gesamtprojektes nicht selbst zu verwirklichen beabsichtige, sondern die Flächen zur Verwirklichung des festgelegten Widmungszweckes an eine im Einvernehmen mit der Gemeinde bestimmte andere Person veräußern werde. In der Vereinbarung sei für die Weiterveräußerung eine Frist von drei Jahren vorgesehen worden und die Frist, innerhalb der die festgelegte Verwendung durch die Erwerber (somit die Beschwerdeführer) zu erfolgen habe, sei mit zehn Jahren bestimmt worden.

Die belangte Behörde sei aus den "vorstehenden Erwägungen ebenfalls der Ansicht, dass das gegenständliche unbebaute Grundstück eine wirtschaftliche Einheit darstellt". Die Berufung sei somit als unbegründet abzuweisen gewesen, weil durch den Erwerb des zur Verwirklichung (Schaffung und Vermarktung) des Gewerbegebietes "P.-U." erforderlichen (derzeit noch landwirtschaftlich genutzten) Grundbesitzes vom Voreigentümer das gegenständliche unbebaute Grundstück als wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens neu gegründet worden sei.

Gegen diesen Bescheid - wie sich aus der Formulierung des Beschwerdepunktes ergibt aber nur, soweit er den Einheitswert betrifft - richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 52 Abs. 2 BewG sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundflächen dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, dass sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, z.B., wenn sie hienach als Bauland, Industrieland oder als Land für Verkehrszwecke anzusehen sind.

Betriebsgrundstück ist nach § 60 Abs. 1 Z 1 BewG im Sinne dieses Bundesgesetzes der zu einem gewerblichen Betrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu einem gewerblichen Betrieb, zum Grundvermögen gehören würde.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der in Rede stehende Grundbesitz, der zum maßgeblichen Bewertungsstichtag im Rahmen eines Pächterbetriebes in land- und forstwirtschaftlicher Nutzung stand, über die Bestimmung des § 52 Abs. 2 BewG zu diesem Stichtag dem Grundvermögen (als zu einem gewerblichen Betrieb gehöriger Grundbesitz nach § 60 Abs. 1 Z 1 leg. cit.) zuzurechnen ist, wobei sich die Beschwerdeführer in ihrem gesetzlichen Recht "auf Abgrenzung des Grundvermögens von anderen Vermögensarten gemäß § 52 Abs. 2 BewG" als verletzt erachten.

§ 52 Abs. 2 BewG legt den Abgabenbehörden die Verpflichtung auf, eine Tendenz ("in absehbarer Zeit") und eine Annahme ("wenn anzunehmen ist") zu erforschen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 81/17/0040, mwN). Dabei sind im Rahmen der Verwertungsmöglichkeiten nicht nur wirtschaftliche Gegebenheiten, sondern auch bestehende Rechtsvorschriften zu berücksichtigen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 17/0188/80), wobei zur Prüfung der Wahrscheinlichkeit nach objektiven Kriterien vorzugehen ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 1182/78, und vom , 82/17/0079). Die Widmung eines Gebietes als Bauland oder als Gewerbegebiet im Rahmen der örtlichen Raum- oder Flächenwidmungsplanung rechtfertigt es beispielsweise für sich allein noch nicht, ein land- oder forstwirtschaftlich genutztes Grundstück dem Grundvermögen zuzurechnen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 84/15/0089-0102, vom , 84/15/0010, 0011, vom , 91/15/0025, vom , 91/15/0089, 0090, und vom , 2000/14/0189).

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid vor allem aus dem Inhalt einer "Raumordnungsvereinbarung" aus dem Jahr 1999 die Feststellung getroffen, dass eine andere als land- und forstwirtschaftliche Zweckverwendung des gegenständlichen Grundbesitzes mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum Fortschreibungszeitpunkt anzunehmen gewesen sei. Zu Recht wird dazu in der Beschwerde gerügt, dass sich die belangte Behörde in keiner Weise mit der zur in Aussicht genommenen Nutzungsänderung notwendigen rechtlichen Voraussetzung einer positiven Beendigung eines Genehmigungsverfahrens nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-Gesetz 2000, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 89/2000) auseinandergesetzt habe, das etwa auch die Erstellung umfangreicher Gutachten sowie Sanierungsmaßnahmen betreffend Altlasten bedingt habe. Soweit in der Gegenschrift u.a. davon die Rede ist, dass bei einer "telefonischen Rückfrage in der Gemeinde P." in Erfahrung habe gebracht werden können, dass eine Genehmigung nach dem UVP-Gesetz 2000 "höchstwahrscheinlich sei", ist daran zu erinnern, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann und überdies der Hinweis auf eine "telefonische Rückfrage" allein auch noch keine nachvollziehbare und nachprüfbare Feststellung etwa in Bezug auf eine zum maßgeblichen Stichtag nach aller Wahrscheinlichkeit bestehende rechtliche Möglichkeit zur beabsichtigten Verwendung (des Gesamtgebietes oder allenfalls von Teilgebieten) zu anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken bilden könnte.

Der angefochtene Bescheid war somit bereits deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nach § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer näher einzugehen war (die im Übrigen in einer Gegenäußerung zur Gegenschrift darauf hinweisen, dass das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, wofür die Gemeinde auch nicht die zuständige Behörde sei, wegen der Vielzahl der von den Verfahrensparteien erhobenen Einwendungen bisher nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und eine Deponiesanierung auch noch nicht begonnen habe).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am