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VwGH 05.03.2014, 2011/05/0052

VwGH 05.03.2014, 2011/05/0052

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauRallg;
RS 1
Die Herstellung oder Entfernung von Fenstern oder Lüftungsöffnungen fällt unter § 60 Abs. 1 lit. c Wr BauO (Hinweis E vom , 2001/05/1217, und E vom , 2012/05/0072) und ist daher bewilligungspflichtig.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Sußner, über die Beschwerde des HW in W, vertreten durch Mag. Daniela Karollus-Bruner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB-83/10, betreffend Untersagung einer angezeigten Bauführung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom wurde seitens des damaligen Bauwerbers ein "Wohnungsumbau (Sanierung)" von Räumlichkeiten im Erdgeschoß des Hauses in 1160 Wien, N-Straße 57/top A (neu: top 10), beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, angezeigt.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom wurde die angezeigte Bauführung untersagt. Begründend wurde ausgeführt, dass für die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen eine Bauanzeige nicht genüge, sondern eine Baubewilligung erforderlich sei, da die Bauführung (Umwidmung der Verkaufsräume inklusive Lager in eine Wohnung) unter keine der unter § 62 Abs. 1 der Wiener Bauordnung (BO) angeführten Baumaßnahmen falle.

Dagegen erhob der damalige Bauwerber Berufung. Im Zuge des Berufungsverfahrens erfolgte ein Bauwerberwechsel und der nunmehrige Beschwerdeführer trat anstelle des ursprünglichen Bauwerbers in das laufende Verfahren ein. Mit Schriftsatz vom gab der Beschwerdeführer eine umfangreiche Stellungnahme ab.

Wie der frühere Bauwerber ging auch der Beschwerdeführer davon aus, es habe niemals eine Umwidmung der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten stattgefunden. Der ursprüngliche Konsens aus 1884 (gemeint wohl: 1882) weise eine Wohnung (zwei Zimmer, eine Küche) aus. Dass die behördlich genehmigten Baupläne aus dem Jahr 1994 diese drei hinteren Räume als "Lager" bezeichnet hätten, sei nur auf einen Irrtum des planenden Architekten zurückzuführen. Diese Falschbezeichnung stelle aber keinerlei Umwidmung dar, zumal sie auch nicht rot unterstrichen worden sei und auch eine gelbe Streichung der ursprünglichen Widmung nicht erfolgt sei. In einem Bauplan gelte nur das, was als zu ändern dargestellt sei; eine bloß falsche Eintragung von durch die Änderung nicht betroffenen Bauteilen könne einen Konsens weder begründen noch vernichten. Zudem sei die Baubewilligung aus dem Jahr 1994 hinsichtlich der nicht konsumierten Teile durch Zeitablauf längst erloschen und schon aus diesem Grund nicht maßgeblich.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Die Raumwidmung "Aufenthaltsraum" (bzw. im vorliegenden Fall "Zimmer") habe vor 1930 sowohl Wohnräume als auch Geschäftsräume umfasst (Hinweis auf Moritz, Bauordnung für Wien4, Anm. zu § 7a). Die im Konsensplan aus dem Jahr 1882 ausgewiesene Bezeichnung der gegenständlichen Räumlichkeiten als "Zimmer" lasse die zulässige Nutzung offen, sodass aus der Stammbewilligung nicht hervorgehe, dass es sich dabei um - zum Teil nur aus einem Zimmer bestehende - Wohnungen handeln solle. Daher stelle auch die in dem mit Bescheid der MA 37/16 vom bewilligten Einreichplan hinsichtlich des gegenständlichen Objekts ausgewiesene Bezeichnung der Räumlichkeiten als "Lager" keine Umwidmung, sondern vielmehr eine Konkretisierung der die zulässige Nutzung offenlassenden ursprünglichen Bezeichnung "Zimmer" dar und sei daher entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht farblich im Einreichplan darzustellen gewesen. Darüber hinaus wiesen die gegenständlichen Räumlichkeiten nach dem mit Bescheid vom bewilligten Einreichplan keinen separaten Zugang auf, sondern seien nur durch den straßenseitigen "Verkaufsraum" zugänglich, woraus auch ersichtlich sei, dass es sich bei diesen hintereinanderliegenden Räumen insgesamt um ein Geschäftslokal samt Lagerräumen handle.

Die belangte Behörde verneinte unter näherer Begründung das Erlöschen der mit Bescheid vom erteilten Baubewilligung und führte weiter aus, durch die gegenständliche Umwidmung des Geschäftslokals samt Lagerräumlichkeiten in eine Wohnung entstehe die Verpflichtung zur Schaffung eines Stellplatzes gemäß § 50 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes 2008, weshalb § 62 der BO nicht zur Anwendung gelangen könne. Darüber hinaus sei nach dem gegenständlichen Einreichplan ein sowohl gegenüber dem Konsensplan aus dem Jahr 1882 als auch gegenüber dem mit Bescheid der MA 37/16 vom bewilligten Einreichplan zusätzliches Fenster im (in der Stammbewilligung noch gar nicht enthaltenen) WC ausgewiesen, durch welches das äußere Ansehen des Gebäudes geändert würde und welches sich somit ebenfalls als bewilligungspflichtig im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c BO erweise. Da es sich bei den gegenständlichen baulichen Maßnahmen somit um ein gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, sei die angezeigte Bauführung gemäß § 62 Abs. 4 BO zu untersagen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und dem Beschwerdeführer Kostenersatz zuzusprechen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Die Beschwerde bringt vor, es sei zutreffend, dass die Raumwidmung "Aufenthaltsraum" (bzw. im vorliegenden Fall "Zimmer") vor 1930 sowohl Wohnräume als auch Geschäftsräume umfasst habe. Angesichts der Rechtslage bis 1930 sei nicht die Bezeichnung, sondern die tatsächliche Nutzung maßgeblich. Da die gegenständlichen Räumlichkeiten vor und auch nach 1930 tatsächlich stets als Wohnung genützt worden seien, liege keine bewilligungspflichtige Umwidmung vor. Bei den gegenständlichen Räumlichkeiten sei weder eine Änderung der Raumeinteilung noch eine Änderung der Raumwidmungen erfolgt, sei doch die Benutzung der gegenständlichen Räumlichkeiten zu Wohnzwecken konsensgemäß. Änderungen von Raumwidmungen seien nur dann baurechtlich relevant, wenn die Bauordnung an die neue Widmung andere Anforderungen stelle als an die alte. Dies treffe aber im gegebenen Fall gar nicht zu, weil keine neue Widmung beabsichtigt bzw. aus den dargelegten Gründen erforderlich sei, um die gegenständlichen Räumlichkeiten (wie bisher) als Wohnung zu verwenden. Das gegenständliche Vorhaben stelle daher ein solches dar, welches unter § 62 Abs. 1 Z 4 BO falle, wonach das Gesetz das Erfordernis einer Bauanzeige determiniere. Mangels einer Umwidmung bestehe weiters keine Verpflichtung zur Schaffung eines Stellplatzes gemäß dem Wiener Garagengesetz 2008.

Die belangte Behörde habe auch mehrfach die Grundsätze des Ermittlungsverfahrens verletzt. Der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom eine umfangreiche und detaillierte Stellungnahme erstattet, die der belangten Behörde Kenntnisse über Tatsachen verschafft habe, die sie zuvor nicht gehabt hätte. Dazu seien vom Beschwerdeführer konkrete Namen bzw. Zeugen benannt worden, die zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts, insbesondere zu den Beweisthemen der bisherigen Nutzung der gegenständlichen Räumlichkeiten, der irrtümlichen Bezeichnung der Räumlichkeiten als Lager und des "allfälligen Bestehens eines Konsenses aus dem Jahr 1884" einvernommen hätten werden müssen. Hätte die belangte Behörde den relevanten maßgebenden Sachverhalt abschließend ermittelt, wäre sie zur Feststellung gelangt, dass eine Umwidmung der gegenständlichen Räumlichkeiten nicht vorliege und daher eine Bauanzeige für die gegenständliche Bauführung genüge.

Für die Beurteilung des Beschwerdefalls sind die Bestimmungen der BO in der bei Beschlussfassung des Berufungsbescheides am (wie auch im Zeitpunkt des Ansuchens) geltende Fassung LGBl. Nr. 25/2009 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten (auszugsweise):

"Ansuchen um Baubewilligung

§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:

a)

...

c)

Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektivöffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; im Falle einer Änderung der Verwendung von Aufenthaltsräumen in Wohnzonen die rechtmäßig bestehende Benützung der Aufenthaltsräume als Wohnungen oder Betriebseinheiten im gesamten Gebäude, sofern diese unter Berücksichtigung der beantragten Änderung nicht ausdrücklich als Wohnungen oder Betriebseinheiten bereits gewidmet sind.

Bauanzeige

§ 62. (1) Eine Bauanzeige genügt für

1. den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern und Sanitäranlagen, auch unter Inanspruchnahme gemeinsamer Teile des Bauwerkes, soweit dies für eine ausreichende Be- und Entlüftung des Raumes und für die Herstellung einer Feuchtigkeitsisolierung erforderlich ist;

2.

Loggienverglasungen;

3.

den Austausch von Fenstern gegen solche anderen Erscheinungsbildes (Konstruktion, Teilung, Profilstärke, Farbe und dergleichen) sowie den Austausch von Fenstern in Schutzzonen;

4. alle sonstigen Bauführungen, die keine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.

(2) ...

(4) Ergibt die Prüfung der Angaben in Bauplänen, dass die zur Anzeige gebrachten Baumaßnahmen nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprechen oder einer Baubewilligung bedürfen, hat die Behörde binnen sechs Wochen ab tatsächlicher Vorlage der vollständigen Unterlagen die Bauführung mit schriftlichem Bescheid unter Anschluss einer Ausfertigung der Unterlagen zu untersagen. Maßgebend für die Beurteilung des Bauvorhabens ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage der vollständigen Unterlagen. Wird die Bauführung untersagt, ist sie einzustellen."

Die belangte Behörde geht davon aus, dass es sich bei den von der Bauanzeige umfassten Räumlichkeiten um ein Geschäftslokal, bestehend aus einem Verkaufsraum, vier Lagerräumen und weiteren Nebenräumen, handelt, welches nunmehr in eine Wohnung umgewidmet werden solle, und stützt sich dabei auf die Stammbewilligung aus dem Jahr 1882 sowie auf den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/16, vom ; diese Umwidmung löse eine Stellplatzverpflichtung aus, woraus die Bewilligungspflicht resultiere.

Unstrittig ist, dass im ursprünglichen Konsens (aus dem Jahr 1882) die zum Innenhof gerichteten Räume der Wohnung top A (neu: top 10), die Gegenstand der hier vorliegenden Bauanzeige ist, als "Zimmer" (bzw. das nördlichste als "Küche", worauf aber weder im bekämpften Bescheid noch in der Beschwerde eingegangen wird) bezeichnet wurden und die Bezeichnung "Zimmer" für Raumwidmungen vor 1930 sowohl Wohnräume als auch Geschäftsräume umfasst hat (vgl. Moritz, Bauordnung für Wien4, Anm. zu § 7a, Abs. 3, bezüglich "Aufenthaltsraum").

Strittig ist, ob die im Jahr 1994 erwirkte Baubewilligung, welche die in der ursprünglichen Baubewilligung aus dem Jahr 1882 als "Zimmer" (bzw. als "Küche") bezeichneten Räumlichkeiten als "Lager" ausweist, von Bedeutung für die Beurteilung ist, ob die gegenständliche Bauführung bewilligungs- oder anzeigepflichtig ist.

In Bezug auf die gegenständlich zu beurteilenden Räumlichkeiten beinhaltete die Baubewilligung aus dem Jahr 1994 lediglich den Einbau einer Toilette unter Inanspruchnahme einer Hoffläche. Die im Einreichplan als "Lager" bezeichneten hofseitigen Räumlichkeiten wiesen keine Änderungen auf. Auch die Bezeichnung als "Lager" wurde nicht farblich dargestellt. Eine Änderung der in Rede stehenden hofseitigen Räumlichkeiten war daher vom Baubewilligungsansuchen, das mit Bescheid vom bewilligt wurde, nicht umfasst (vgl. dazu die Wiener Bauplanverordnung, LGBl. Nr. 1/1993, wonach neu zu errichtende Bauteile in den dort bezeichneten Farben darzustellen sind, abzutragende gelb und bestehende grau, sowie neue Raumwidmungen rot und aufgelassene gelb zu unterstreichen sind; vgl. ferner das zur NÖ Bauordnung 1996 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/05/0093). Der Bezeichnung der nicht von einer Änderung betroffenen Räumlichkeiten kommt insofern weder die Wirkung einer Umwidmung noch die Bedeutung einer Konkretisierung und rechtlich bindenden Festlegung der durch den Konsens aus dem Jahr 1882 offen gelassenen ursprünglichen Bezeichnung als "Zimmer" zu.

Der (nicht farblichen) Bezeichnung als "Lager" im Einreichplan aus dem Jahr 1994 könnte allenfalls Indizwirkung hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung der Räumlichkeiten zukommen. Entgegen den entsprechenden Beschwerdeausführungen kommt es aber im gegenständlichen Fall auf die tatsächliche Nutzung der Räumlichkeiten als Wohnung oder als Lager nicht an. Auf die tatsächliche Nutzung stellt § 60 Abs. 1 lit. c BO (ebenso wie § 7a Abs. 3 BO) nämlich nur hinsichtlich Räumlichkeiten in Wohnzonen ab, nicht jedoch - wie hier - außerhalb solcher.

Verfahrensgegenständlich kommt es gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO auf die Änderung der "bewilligten Raumwidmungen" an. Spätere Baubewilligungen oder Bauanzeigen, die die im ursprünglichen Konsens als "Zimmer" bzw. "Küche" ausgewiesenen hofseitigen Räumlichkeiten umfasst hätten, sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen, sodass im gegenständlichen Fall von der seit dem ursprünglichen Konsens des Jahres 1882 bestehenden Widmung "Zimmer" bzw. "Küche" auszugehen ist. Vor diesem Hintergrund ist mit der gegenständlichen Bauanzeige, die hinsichtlich dieser Räumlichkeiten eine Wohnnutzung in Form von Zimmern, einer Küche, Vorräumen und einer Toilette vorsieht, keine Änderung der bewilligten Raumwidmung verbunden, sodass auch keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen entstand; darauf durfte die Untersagung der Bauführung wegen Vorliegens einer Bewilligungspflicht nicht gestützt werden.

Mit dem Vorliegen einer allfälligen Umwidmung und deren Bedeutung für das gesamte Bauvorhaben hinsichtlich der nicht hofseitigen, sondern straßenseitigen Räumlichkeiten der Wohnung top A (neu: top 10), die nach einer im Akt einliegenden Plankopie offenbar zur Baubewilligung vom als "Geschäftslokal" und "Magazin" bezeichnet sind, hat sich die belangte Behörde nicht gesondert auseinandergesetzt.

Das Bauvorhaben erweist sich allerdings insofern jedenfalls als bewilligungspflichtig, als die belangte Behörde feststellte, dass nach dem gegenständlichen Einreichplan sowohl gegenüber dem Konsensplan aus dem Jahr 1882 als auch gegenüber dem mit Bescheid vom bewilligten Einreichplan ein zusätzliches Fenster im WC ausgewiesen sei, durch welches das äußere Ansehen des Gebäudes geändert werde und welches sich somit als bewilligungspflichtig im Sinn des § 60 Abs. 1 lit. c BO erweise. Diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Die Herstellung oder Entfernung von Fenstern oder Lüftungsöffnungen fällt nach ständiger hg. Judikatur unter § 60 Abs. 1 lit. c BO (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/05/1217, und vom , Zl. 2012/05/0072) und ist daher bewilligungspflichtig.

Da es sich bei einem Bauansuchen grundsätzlich um ein einheitliches Projekt handelt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2013/06/0067, und vom , Zl. 2006/05/0297, mwN), hat die belangte Behörde zu Recht die Bauführung insgesamt untersagt, was vom Beschwerdeführer auch nicht beanstandet wurde.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dadurch, dass die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom nicht zum Anlass genommen wurde, weitere Erhebungen durchzuführen, liegt nicht vor. Dieses Schreiben beschäftigt sich überwiegend mit der Vorgeschichte der gegenständlichen Einreichung, die jedoch nicht entscheidungsrelevant ist. Auch den in der Beschwerde angesprochenen Themen der bisherigen Nutzung der gegenständlichen Räumlichkeiten und der irrtümlichen Bezeichnung der Räumlichkeiten als Lager im Einreichplan aus dem Jahr 1994 mangelt es nach den obigen Ausführungen an Entscheidungsrelevanz. Die belangte Behörde war auch nicht zu weiteren Ermittlungen zum "allfälligen Bestehen eines Konsenses aus dem Jahr 1884" verpflichtet, da dem Schreiben des Beschwerdeführers vom weder ein konkretes Vorbringen zum Inhalt eines solchen Konsenses zu entnehmen ist (vielmehr scheint der Beschwerdeführer darin die Stammbewilligung und die Errichtung des Gebäudes zeitlich gleichzusetzen) noch Zeugen benannt wurden, die konkret zu einem solchen Konsens einvernommen hätten werden können. Der Inhalt der Stammbewilligung wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom , Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom , Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

In seinem Urteil vom , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Dazu kommt, dass hier lediglich die Festlegung einer von zwei möglichen Verfahrensarten gegenständlich war. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/05/0120).

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauO Wr §60 Abs1 litc;
BauRallg;
Schlagworte
Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:2011050052.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAE-84282