VwGH vom 03.05.2011, 2011/05/0048
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des Ing. M R in Linz, vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-014288/1-2011- Be/Wm, betreffend Untersagung einer Bauausführung (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft Astraße 75 in Linz. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz vom wurde die von ihm angezeigte Errichtung einer - tatsächlich bereits vorhandenen (zur Vorgeschichte sei auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0130, verwiesen) - Stützmauer entlang seiner Grundgrenze untersagt. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage unter Verweis auf das zitierte Erkenntnis vom im Wesentlichen aus, das vom Beschwerdeführer am angezeigte Bauvorhaben sei unzulässig, weil die Stützmauer außerhalb der im geltenden Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinie liege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen maßgebend:
§ 32 Oö. ROG 1994 in der Fassung LGBl. 115/2005 lautet
auszugsweise:
"Inhalt des Bebauungsplanes
(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:
1. die genaue Abgrenzung des Planungsgebietes und die Darstellung seiner Lage im Gemeindegebiet;
2. die im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungen sowie die Darstellung von überörtlichen Planungen;
3. die Fluchtlinien (Abs. 3);
…
(3) An Fluchtlinien sind zu unterscheiden:
1. Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundstücken;
2. Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die gegen den Vorgarten, den Seitenabstand (Bauwich), den Hof oder den Garten (vordere, seitliche, innere Baufluchtlinie) mit dem Gebäude oder Gebäudeteilen nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö. Bautechnikgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt;
3. Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen Gebieten verschiedener Widmungen."
§ 6 Oö. BauTG, in der Fassung LGBl. Nr. 34/2008 lautet auszugsweise:
"Ausnahmen von den Vorschriften betreffend Abstände und Vorgärten
...
(2) Die Mindestabstände zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) können unterschritten werden mit:
1. Außenwandverputz, Außenwandverkleidungen sowie Wärme- und Schalldämmungen nach technischer Notwendigkeit zur Sanierung der Außenwände bei bestehenden baulichen Anlagen;
2. Erkern, Gesimsen, Portalen, Schaufenstern, Sockeln, Ziergliedern, Windfängen sowie Lichteinfalls- und Kellereinwurfsöffnungen und dergleichen um 1 m;
3. Balkonen, Terrassen, Pergolen, Freitreppen, Vordächern, Schutzdächern und angebaute Werbeeinrichtungen um 2 m; ein Mindestabstand von 2 m gegen die seitlichen und die innere Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) darf jedoch nicht unterschritten werden;
4. ...
(4) Die Bestimmungen des Abs. 2 Z. 1 bis 3 gelten sinngemäß
1. für Vorbauten über die Straßenfluchtlinie eines Bebauungsplanes und
2. - wenn kein Bebauungsplan vorhanden ist - für Vorbauten über die Grenze zwischen dem Baugrundstück und der öffentlichen Verkehrsfläche.
(5) In begründeten Fällen sind Überbauungen von öffentlichen Verkehrsflächen durch bauliche Anlagen, auch wenn sie nicht ausschließlich Interessen des Verkehrs oder der Verkehrsteilnehmer dienen (wie Arkaden, Kuppeln und ähnliche Verbindungsbaulichkeiten), zulässig, wenn
1. bei den dem Verkehr dienenden Flächen eine lichte Durchfahrtshöhe von mindestens 4,50 m und
2. bei Gehsteigen eine lichte Durchgangshöhe von mindestens 2,50 m gewährleistet ist.
(6) Die Zulässigkeit der Errichtung von baulichen Anlagen, die ausschließlich Interessen des Verkehrs oder der Verkehrsteilnehmer dienen, wird durch die Straßenfluchtlinie des Bebauungsplanes und durch die Grenze zwischen dem Baugrundstück und der öffentlichen Verkehrsfläche nicht berührt."
Die vorliegend maßgebenden Bestimmungen der Oö. BauO 1994 in der Fassung LGBl. 36/2008 lauten auszugsweise:
"§ 25
Anzeigepflichtige Bauvorhaben (1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes
bestimmt:
…
14. Stützmauern und freistehende Mauern mit einer Höhe von mehr als 1,50 Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände, sowie Stützmauern mit einer aufgesetzten Einfriedung mit einer Gesamthöhe von mehr als 2,50 Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände;
…
§ 25a
Anzeigeverfahren
(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn
1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z. 1 oder des § 35 Abs. 1 Z. 3 vorliegen …
…
§ 30
Vorprüfung
(1) …
…
(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben
1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, …
…"
2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die Stützmauer außerhalb der im geltenden Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinie liegt. Da die Stützmauer - was der Beschwerdeführer ebenso wenig bestreitet - überdies keines der im § 6 Abs. 2 Z. 1 bis 3 sowie Abs. 5 BauTG genannten Vorhaben darstellt und nicht Interessen des Verkehrs oder der Verkehrsteilnehmer dient, ist auch die Ausnahme nach § 6 Abs. 6 BauTG nicht anwendbar. Es liegt somit ein gemäß § 30 Abs. 6 Z. 1 BauTG relevanter Widerspruch zum geltenden Bebauungsplan vor.
Der Beschwerdeführer bringt vor, dieser Bebauungsplan hätte der Untersagung nicht zugrunde gelegt werden dürfen, da seine Änderung geplant sei; diesen Umstand habe er in Gesprächen mit der Behörde erfahren. Zu diesem Vorbringen, mit dem im Ergebnis - wie schon in der mit dem zitierten Erkenntnis vom abgewiesenen Beschwerde - eine Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans geltend gemacht wird, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des genannten Erkenntnisses zu verweisen. Soweit der Beschwerdeführer neu vorbringt, es seien bei der belangten Behörde und der Stadt Linz (zu näher bezeichneten Geschäftszahlen) bereits Verfahren zur Änderung der Flächenwidmung anhängig, in deren Folge auch eine Änderung des Bebauungsplanes stattfinden sollte, ist ihm zu entgegnen, dass die belangte Behörde ihrem Bescheid jene Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen hatte, die im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides vom bestanden hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/05/0161, und vom , Zl. 2003/05/0095).
Da die gegenständliche Stützmauer dem zum genannten Zeitpunkt geltenden Bebauungsplan nicht entsprach, war die Untersagung gemäß § 25a Abs. 1 Z 1 der Oö. BauO 1994 zu Recht erfolgt.
Die belangte Behörde hat die Vorstellung somit zu Recht abgewiesen, weshalb sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am