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VwGH vom 16.02.2006, 2006/14/0011

VwGH vom 16.02.2006, 2006/14/0011

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

2006/14/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde 1. der W GmbH in G und 2. des RF in G, beide vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Vorsitzende des Berufungssenates VII), jeweils vom , Zl. RV/1-17/13/2002, betreffend Zurückweisung einer Berufung als unzulässig, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Einem Bericht vom über eine abgabenbehördliche Prüfung bei "(Name des Zweitbeschwerdeführers) und Mitgesellschafter" ist zu entnehmen, dass der von der Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden auch: W. GmbH) und dem Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden auch: Robert F.) intendierten Mitunternehmerschaft in Form einer atypisch stillen Gesellschaft aus unter Tz 13 des Prüfungsberichtes näher genannten Gründen die steuerliche Anerkennung zu versagen sei. Nach Ansicht des Prüfers seien deshalb die Verfahren zur einheitlichen und gesonderten Einkünftefeststellung für die Jahre 1998 bis 1999 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufzunehmen und für den Prüfungszeitraum "Nichtfeststellungsbescheide" zu erlassen (Tz 16 und 17 des Prüfungsberichtes).

In der Folge erließ das Finanzamt unter einem (auf einem u. a. mit einer DVR-Nr. versehenen Schriftstück) einen Bescheid, mit dem die Verfahren hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Jahre 1998 und 1999 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen wurden, und einen Bescheid, mit dem gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO und § 190 Abs. 1 BAO i.V.m.

§ 188 BAO festgestellt wurde, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1998 und 1999 zu unterbleiben habe (die Begründung entsprach den Ausführungen unter Tz. 13 des Prüfungsberichtes). Jeweils eine Ausfertigung wurde den Beschwerdeführern zugestellt, wobei die Adressfelder folgende Gestaltung aufwiesen:

"An die Mitgesellschafter der nach außen hin auftretenden

Robert F. und Mitgesellschafter

FA 28 St.Nr. 162/4783

(Mitgesellschafter ist Robert F.)

W. GmbH

z. H. Gf Klemens W.

D.str. 12

2640 G."

sowie

"An die Mitgesellschafter der nach außen hin auftretenden

Robert F. und Mitgesellschafter

FA 28 St.Nr. 162/4783

(Mitgesellschafter ist die Fa. W. GmbH)

z.H. Robert F.

K. 3

2640 G."

Eine namentlich näher genannte Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft brachte mit Schriftsatz vom unter dem Betreff "Steuernummer 162/4783 Robert F. und Mitgesellschafter" mit folgendem Wortlaut Berufung ein:

"Innerhalb verlängerter Rechtsmittel-Frist erheben wir gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Jahre 1998 und 1999 gem. § 303 (4) BAO (Bescheid ohne Datum) zugestellt am , das Rechtsmittel der Berufung und beantragen, den gegenständlichen Bescheid ersatzlos aufzuheben". Zur Begründung wird in dem Berufungsschriftsatz im Wesentlichen geltend gemacht, dass Gründe, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO rechtfertigten, entgegen den Feststellungen der Betriebsprüfung nicht vorlägen.

Im Berufungsverfahren wies die Vorsitzende des Berufungssenates in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeit nach § 278 iVm § 282 BAO die Berufung vom mit den angefochtenen Bescheiden als unzulässig zurück, die, wenn auch inhaltlich gleich lautend, wegen der gesonderten Adressierung (jeweils persönlich nur an die Erstbeschwerdeführerin bzw. an den Zweitbeschwerdeführer) als zwei Bescheide zu werten sind. Der Spruch dieser Zurückweisung lautet wie folgt:

"Die von der (Name der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft) mit Schreiben vom für die Mitunternehmerschaft (atypisch stille Gesellschaft) 'Robert F. und Mitgesellschafter' erhobene Berufung gegen die Bescheide des Finanzamtes N. betreffend Wiederaufnahme der Verfahren zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der behaupteterweise von der Mitunternehmerschaft 'Robert F. und Mitgesellschafter' gemeinschaftlich erzielten Einkünfte für die Jahre 1998 und 1999 wird gemäß §§ 278 in Verbindung mit 282 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) als unzulässig zurückgewiesen."

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, mit Schreiben vom sei unter Vorlage des Vertrages über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft die Vergabe einer Steuernummer für die Mitunternehmerschaft "Robert F. und Mitgesellschafter" beantragt worden, worauf das Finanzamt die Steuernummer 162/4783 vergeben habe. Für diese Mitunternehmerschaft (atypisch stille Gesellschaft) seien für die Jahre 1998 und 1999 Einkünfteerklärungen abgegeben und die Einkünfte zunächst vom Finanzamt gemäß § 188 BAO mit Bescheiden vom und einheitlich und gesondert festgestellt worden. Nach durchgeführter Betriebsprüfung habe der Prüfer im Prüfungsbericht festgestellt, dass die behauptete atypisch stille Beteiligung der Erstbeschwerdeführerin am Unternehmen des Zweitbeschwerdeführers nicht vorliege. Das Finanzamt habe an die (behaupteten) Mitgesellschafter W. GmbH und Robert F. u.a. Bescheide erlassen, mit denen das Verfahren hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Jahre 1998 und 1999 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen worden sei. Diese Bescheide seien an die Mitgesellschafter und nicht an die Gesellschaft ergangen, wobei diese Vorgangsweise des Finanzamtes auch konsequent gewesen sei. Eine stille Gesellschaft sei nämlich zivilrechtlich nicht parteifähig und keine Trägerin von Rechten und Pflichten. Da nach Ansicht des Finanzamtes auch steuerrechtlich keine Mitunternehmerschaft vorliege, "wären Bescheide, die an die Gesellschaft gerichtet worden wären - bei tatsächlichem Nichtvorliegen einer Mitunternehmerschaft - an ein nicht parteifähiges Gebilde und somit ins Leere gegangen". Durch das Erlassen von Bescheiden an die behaupteten Gesellschafter, deren "Parteifähigkeit als natürliche Person bzw. Ges.m.b.H. unzweifelhaft vorliegt, konnte das Ins-Leere-Gehen der Bescheide vermieden werden".

Nach dem Schreiben vom sei als Berufungswerberin die Gesellschaft "Robert F. und Mitgesellschafter" und nicht - formalistisch betrachtet - die eingeschrittene Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft anzusehen, die nicht ausdrücklich namens eines Mandanten aufgetreten sei. Die bekämpften Bescheide könnten jedoch gegenüber einer Gesellschaft "Robert F. und Mitgesellschafter" - selbst wenn diese Mitunternehmerschaft abgabenrechtlich parteifähig wäre - nicht wirken, weil sie an die Gesellschafter gerichtet gewesen seien. Daraus ergebe sich, dass "für die gegenständliche Berufungswerberin" nach § 246 Abs. 1 BAO keine Legitimation zur Erhebung der gegenständlichen Berufung bestanden habe. Die von der hierzu nicht legitimierten Berufungswerberin erhobene Berufung sei daher zurückzuweisen gewesen. Die vorliegende Entscheidung werde an beide behaupteten Mitunternehmer gerichtet. Selbst wenn die atypisch stille Gesellschaft "Robert F. und Mitgesellschafter" eine Mitunternehmerschaft und somit parteifähig gewesen wäre, hätte die stille Gesellschaft im Übrigen spätestens im Jahr 2000 mit Stilllegung des Unternehmens geendet und die Rechte und Pflichten wären auf die Beteiligten übergegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Ausfertigungen, die mittels automatisationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, bedürfen nach § 96 BAO weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0073).

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Personenumschreibung notwendiger Bestandteil eines Bescheidspruchs mit der Wirkung, dass ohne gesetzmäßige Bezeichnung des Adressaten im Bescheidspruch (zu dem auch das Adressfeld zählt) kein individueller Verwaltungsakt gesetzt wird (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , 99/13/0014, vom , 97/13/0127, und vom , 96/13/0058).

Zu dem von der Abgabenbehörde erster Instanz erlassenen Bescheid über die Wiederaufnahme der Feststellungsverfahren für die Jahre 1998 und 1999 (und dem damit verbundenen Feststellungsbescheid über das Unterbleiben einer einheitlichen und gesonderten Feststellung) ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass mit der im Adressfeld enthaltenen Personenumschreibung der Anforderung nach § 93 Abs. 2 BAO hinreichend Rechnung getragen wurde. Der Bescheid richtete sich an die Mitgesellschafter der nach außen hin auftretenden "Robert F. und Mitgesellschafter" unter namentlicher Nennung beider Mitgesellschafter (sei es ausdrücklich als Mitgesellschafter oder als direkter Bescheid- und Zustellungsadressat). Solcherart sind diese namentlich genannten Mitgesellschafter (und nicht etwa nur eine von diesen gebildete Mitunternehmerschaft) als Bescheidadressaten des (einheitlichen) Bescheides anzusehen, von dem jeweils eine Ausfertigung den beiden Beschwerdeführern zugestellt wurde (es handelte sich damit auch entgegen den Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht um zwei, sondern nur um einen Bescheid, mit dem das Finanzamt über die Wiederaufnahme der Feststellungsverfahren absprach).

Gegen diesen Bescheid richtete sich der Berufungsschriftsatz vom , der unter Betreff neben der auch im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Steuernummer die "Robert F. und Mitgesellschafter" nannte und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Verfasserin auswies.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde diese Berufung deshalb als unzulässig zurückgewiesen, weil die belangte Behörde von der Sachverhaltsannahme ausging, die Berufung vom wäre der Mitunternehmerschaft "Robert F. und Mitgesellschafter" zuzurechnen. Vor Erlassung der an die beiden Beschwerdeführer gerichteten angefochtenen Bescheide hätte die belangte Behörde diesen aber jedenfalls Parteiengehör im Sinne des § 115 Abs. 2 iVm § 279 Abs. 1 BAO zur Frage der von ihr angenommenen Zurechnung der Berufungserhebung gewähren müssen, zumal im Übrigen auch der erstinstanzliche Bescheid die Beschwerdeführer u.a. als Mitgesellschafter ansprach. Der in diesem Zusammenhang in der Beschwerde enthaltenen Verfahrensrüge (im "Rahmen dieser Mängelbehebung wäre uns die Möglichkeit gegeben gewesen, klarzustellen, dass selbstverständlich wir selbst, Erst- und Zweitbeschwerdeführerin die Berufung erhoben haben") kommt damit Berechtigung zu, sodass die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben waren.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 59 Abs. 1) iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am