VwGH vom 13.12.2011, 2008/22/0226
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des M in Wien, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 316.335/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, beantragte mit Eingabe vom die Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehefrau.
Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sich die Höhe der vom Beschwerdeführer nachzuweisenden Unterhaltsmittel nach den Richtsätzen des § 293 ASVG richte und für ein Ehepaar, das im gemeinsamen Haushalt lebe, ab dem EUR 1.091,14 betrage. Da der Beschwerdeführer seinen Antrag im Wesentlichen damit begründe, dass er die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit der in Österreich lebenden Zusammenführenden anstrebe, sei ein Einkommensnachweis von der Zusammenführenden zu erbringen gewesen.
Mit Schreiben vom sei der Beschwerdeführer von der belangten Behörde aufgefordert worden, den Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts seiner Ehefrau während der letzten sechs Monate, einen aktuellen Auszug des Kreditschutzverbandes, den Nachweis einer ortsüblichen Unterkunft und einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag des Beschwerdeführers vorzulegen und die Unterhaltsverpflichtungen seiner Ehefrau bekanntzugeben. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen und er habe daher seine Mitwirkungspflicht gemäß § 29 Abs. 1 NAG nicht erfüllt.
Aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt gehe hervor, dass die Zusammenführende im Monat eine Pension von durchschnittlich EUR 1.171,-- erhalte. Die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel würden durch Kreditbelastungen, Mietbelastungen und Pfändungen geschmälert, umgekehrt müssten sie auch den erforderlichen Unterhaltsmitteln hinzugerechnet werden.
Da der Beschwerdeführer der belangten Behörde weder die monatlichen Mietkosten noch etwaige Kreditbelastungen oder Unterhaltsverpflichtungen bekannt gegeben habe, hätten die tatsächlichen Unterhaltsmittel seiner Ehefrau nicht berechnet werden können. Somit habe nicht nachgewiesen werden können, dass die Unterhaltsmittel "gedeckt" seien, und es sei sehr wahrscheinlich, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich zur finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe.
In Anbetracht dessen habe die belangte Behörde auf Grund der aktuellen Verfahrenslage der Berufung nicht stattgeben können.
Abschließend verneinte die belangte Behörde noch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 NAG und des § 72 NAG. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers ihr gemeinschaftsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages damit begründet, dass der Beschwerdeführer nicht die notwendigen Unterhaltsmittel nachgewiesen habe. Sie hat zwar eingeräumt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers eine Pension in der Höhe von monatlich EUR 1.171,-- erhalte, ist aber davon ausgegangen, dass von diesem Betrag noch Aufwendungen für Mietkosten sowie "etwaige Kreditbelastungen oder Unterhaltsverpflichtungen" abzuziehen wären. Dabei verkannte die belangte Behörde, dass Mietbelastungen die erforderlichen Unterhaltsmittel nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor Inkrafttreten des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009 nicht erhöhen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0711, auf dessen Begründung - insbesondere 5.4. der Entscheidungsgründe - des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Das gilt zwar nicht für Kreditbelastungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0003), im Beschwerdefall gibt es aber dafür, dass die Zusammenführende einen Kredit abzubezahlen hätte, nach der Aktenlage ebenso wenig Anhaltspunkte wie für Unterhaltsverpflichtungen gegenüber weiteren Personen; Gegenteiliges wurde von der belangten Behörde auch nicht festgestellt (sie hat, wie dargestellt, lediglich auf "etwaige" Kreditbelastungen und Unterhaltsverpflichtungen verwiesen) und kann auch nicht allein daraus geschlossen werden, dass die Aufforderung zur Vorlage ergänzender Unterlagen - in der (nur) darauf hingewiesen wurde, dass im Fall des fruchtlosen Verstreichens der gesetzten Frist das Verfahren auf Grund der "derzeitigen Aktenlage" fortgesetzt werde - offenbar unbeantwortet geblieben ist. Die belangte Behörde hat somit nicht rechtlich einwandfrei und schlüssig begründet, warum sie nicht schon das von der Zusammenführenden nachgewiesene Einkommen nach § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG als ausreichend angesehen hat, obwohl es den maßgeblichen Richtsatz nach § 293 ASVG in der Höhe von - im Jahr 2007 - EUR 1.091,14 überschritten hat. Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine "Arbeitszuweisung" vorgelegt hat, wonach er nach Erhalt einer Niederlassungsbewilligung sofort als Taxifahrer mit einem Monatsverdienst von EUR 840,-- brutto beschäftigt werde. Diese Einstellungszusage, auf die auch in der Beschwerde hingewiesen wird, hat die belangte Behörde völlig übergangen.
Schon aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen der vorrangig wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-84151