VwGH vom 11.11.2008, 2006/13/0187
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde 1. der A KG in W (Erstbeschwerdeführerin), 2. des G in W (Zweitbeschwerdeführer), und 3. des H in M (Drittbeschwerdeführer), alle vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/1814- W/03, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Jahr 1991,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers und die Beschwerde des Drittbeschwerdeführers werden zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die gewinnerhöhende Auflösung eines Investitionsfreibetrages nach § 10 Abs. 9 EStG 1988 in der für das Streitjahr gültigen Fassung (BGBl Nr. 400/1988 idF BGBl Nr. 660/1989) im Zuge einer Einbringung nach Art. III des letztmalig auf Vorgänge des Streitjahres 1991 anzuwendenden Strukturverbesserungsgesetzes (StruktVG) strittig. Der angefochtene Bescheid erging im fortgesetzten Verfahren nach dem hg. Erkenntnis vom , 99/13/0136, mit dem der damals angefochtene Bescheid vom , RV/167-15/06/96, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde wegen nicht gesetzmäßiger Zusammensetzung des Berufungssenates aufgehoben worden war.
Im (nunmehr) angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, die Erstbeschwerdeführerin sei zum gemäß Art. III StruktVG in eine GmbH eingebracht worden. Dabei sei von der aufnehmenden Gesellschaft die gemäß § 8 Abs. 2 StruktVG zulässige Möglichkeit in Anspruch genommen worden, die im eingebrachten Betrieb befindlichen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zu bewerten. Eine entsprechende Einbringungsbilanz sei erstellt und die Löschung der Erstbeschwerdeführerin als Kommanditgesellschaft am im Firmenbuch eingetragen worden. Die jeweils zum 31. Jänner bilanzierende Erstbeschwerdeführerin habe einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 7,439.681 S erklärt. In der Einbringungsbilanz sei angemerkt worden, dass die Rücklage für den Investitionsfreibetrag 1987/88 trotz Aufwertung nicht aufgelöst worden sei, weil alle Wirtschaftsgüter im Betrieb geblieben seien. Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung sei der in der Einbringungsbilanz ausgewiesene Investitionsfreibetrag in Höhe von 5,729.172 S gemäß § 10 Abs. 9 EStG 1988 aufgelöst und der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn 1991 - nach Berücksichtigung von Kürzungen - entsprechend erhöht worden, wodurch sich nach Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 24 Abs. 4 EStG 1988 ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn in Höhe von rd. 10 Mio. S ergeben habe. Diese Vorgangsweise sei damit begründet worden, dass die Einbringung einen Tauschvorgang im Sinne des § 6 Z 14 EStG 1988 darstelle. Der sich aus der Aufwertung ergebende Gewinn sei ein Veräußerungsgewinn und nach § 24 Abs. 1 EStG 1988 iVm § 37 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 zu versteuern.
Der gegen den auf der Grundlage der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1991 namens der Erstbeschwerdeführerin mit Schriftsatz vom erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung nahm die belangte Behörde im Wesentlichen Bezug auf das hg. Erkenntnis vom , 94/15/0168, mit dem der Verwaltungsgerichtshof einen gleich gelagerten Fall entschieden habe. Mit dem Vorbringen, dass Einbringungsvorgänge gemäß Art. III StruktVG kein Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen bedeuteten, sondern nur als Fortführung des bisherigen wirtschaftlichen Engagements in anderer Rechtsform zu verstehen seien, übersehe die Erstbeschwerdeführerin, dass es sich um eine "Fortführung" durch eine andere (juristische) Person handle. Auch im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/13/0255, sei den Bedenken gegen die Auflösung des Investitionsfreibetrages bei Einbringungsvorgängen nicht gefolgt worden. Zum Vorbringen in der zum Vorerkenntnis vom führenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, wonach die Erstbeschwerdeführerin, an die der erstinstanzliche Bescheid gerichtet sei, bereits seit Jahren im Firmenbuch gelöscht sei, sei darauf hinzuweisen, dass Personengesellschaften des Handelsrechts durch die Auflösung und die Löschung ihrer Firma im Firmenbuch die Parteifähigkeit solange nicht verlören, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zähle auch der Abgabengläubiger - noch nicht vollständig abgewickelt seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, die Beschwerdelegitimation des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers ergebe sich daraus, dass der an die Erstbeschwerdeführerin adressierte angefochtene Bescheid gemäß § 191 Abs. 3 lit. b BAO auch gegenüber dem Zweit- und dem Drittbeschwerdeführer wirke. Dazu ist zu sagen, dass Personen, die sich am Berufungsverfahren über einen auch gegen sie gerichteten einheitlichen Feststellungsbescheid nicht beteiligten (die Berufung vom wurde nur namens der Erstbeschwerdeführerin erhoben), gegenüber der (ebenfalls einheitlich wirkenden) Berufungsentscheidung nur dann und nur insoweit das Recht zur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zukommt, als durch die Berufungsentscheidung ihre rechtliche Stellung verschlechtert wird (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2000/13/0217, 2001/13/0158, mwN). Da dies gegenständlich nicht der Fall war (durch den angefochtenen Bescheid wurde der bekämpfte Bescheid erster Instanz unverändert belassen), waren die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers und die Beschwerde des Drittbeschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. gebildeten Senat - zurückzuweisen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beeinträchtigt die Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und ihre Löschung im Firmenbuch jedenfalls solange ihre Parteifähigkeit nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 99/15/0184, und vom , 2000/14/0142, mwN). Die Parteifähigkeit der erstbeschwerdeführenden KG war daher in Hinblick auf das noch offene Besteuerungsverfahren auch nach deren Auflösung und Löschung im Firmenbuch weiter gegeben. Damit wurden sowohl der erstinstanzliche Bescheid als auch der angefochtene Bescheid entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung zu Recht an die Erstbeschwerdeführerin gerichtet. Einbringungsvorgänge nach Art. III StruktVG führen verfahrensrechtlich auch nur zur Einzelrechts-, nicht aber zur Gesamtrechtsnachfolge (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , 99/15/0014 und 0015, mwN).
Die Beschwerde bringt weiters vor, im Gegensatz zum angefochtenen Bescheid, der auch einen Ausspruch nach § 101 Abs. 3 BAO enthalte, enthalte der erstinstanzliche Bescheid vom diesen Hinweis nicht.
Zu diesem erstmals in der Beschwerde enthaltenen Vorbringen weist die belangte Behörde in der Gegenschrift - unwidersprochen - im Einklang mit der Aktenlage darauf hin, dass die in den Verwaltungsakten einliegende Durchschrift des Bescheides vom den Hinweis enthält: "Erläuterung siehe umseitig Punkt 2" und in der für den Abgabepflichtigen bestimmten Ausfertigung des Bescheides auf dessen Rückseite dazu der entsprechende Hinweis auf § 101 Abs. 3 BAO für einen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO enthalten ist (was sich auch aus anderen in den Verwaltungsakten einliegenden Bescheidausfertigungen ergibt). Damit erweist sich aber der Beschwerdehinweis als unzutreffend, die belangte Behörde habe über einen "Nichtbescheid" entschieden.
Was die in der Beschwerde erhobene Einrede der Verjährung anlangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Bemessungsverjährung nur das Recht auf Festsetzung von Abgaben betrifft, sodass Feststellungsbescheide ohne Bedachtnahme auf Verjährungsvorschriften erlassen werden können (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis , 2006/13/0167, mwN).
Zur gewinnerhöhenden Auflösung des Investitionsfreibetrages räumt die Beschwerde zwar ein, dass sich der angefochtene Bescheid vorrangig auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/15/0168, VwSlg 7152/F, stütze, bei nochmaliger Befassung mit diesem Thema sei allerdings "ein anderes Ergebnis geboten".
Nach § 10 Abs. 9 EStG 1988 in der hier maßgebenden Fassung ist der Investitionsfreibetrag gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Wirtschaftsgüter, für die er gewinnmindernd oder durch bestimmungsgemäße Verwendung einer Investitionsrücklage geltend gemacht worden ist, vor Ablauf der Frist von vier Wirtschaftsjahren aus dem Betriebsvermögen ausscheiden oder in eine ausländische Betriebsstätte verbracht werden.
Bereits im Erkenntnis vom , 89/13/0255, führte der Verwaltungsgerichtshof zu der dem § 10 Abs. 9 EStG 1988 entsprechenden Bestimmung des § 10 Abs. 3 EStG 1972 aus, dass es für die Realisierung stiller Reserven unmaßgeblich sei, aus welchen Gründen ein Wirtschaftsgut ausscheide. Auch eine Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft (in Verbindung mit einem Ansatz der eingebrachten Wirtschaftsgüter mit ihren höheren Teilwerten) stelle einen Tausch Betrieb gegen Erhalt von Gesellschaftsrechten und somit einen Veräußerungsvorgang dar. Bei der Übertragung eines Betriebes gehörten die Wirtschaftsgüter ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, der den Investitionsfreibetrag geltend gemacht habe. Die Veräußerung des Betriebes bedeute also das Ausscheiden der Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des begünstigten Unternehmers, woraus die gewinnerhöhende Auflösung von geltend gemachten Investitionsfreibeträgen auch anlässlich einer Einbringung nach Art. III StruktVG folge.
Diese Beurteilung hielt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , VwSlg 7152/F, für den Geltungsbereich des § 10 Abs. 9 EStG 1988 aufrecht (gewinnerhöhende Auflösung von Investitionsfreibeträgen anlässlich einer Einbringung nach Art. III StruktVG im Jahr 1990). Er führte dazu u.a. ergänzend aus, dass Wirtschaftsgüter nicht nur dann aus einem Betrieb ausscheiden, wenn ihre Zugehörigkeit zu diesem Betrieb gelöst wird, sondern auch dann, wenn sich der Rechtsträger von seinem Betrieb bzw. von den diesen Betrieb ausmachenden Wirtschaftsgütern trennt. Ein Eintreten des Betriebsnachfolgers in die Rechtsstellung des Betriebsvorgängers sehe § 8 Abs. 6 Z. 1 StruktVG nur hinsichtlich der mit den Buchwerten übernommenen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens vor, nicht aber bei einer aus welchen Gründen immer erfolgten Aufwertung.
Auch wenn es sich bei einer Einbringung nach Art. III StruktVG nach dem Vorbringen in der vorliegenden Beschwerde um "eine vom Gesetzgeber geradezu geförderte, nämlich begünstigte Strukturverbesserungsmaßnahme" gehandelt hat, ändert dies nichts daran, dass der Einbringungsvorgang auch einen Veräußerungsvorgang in Bezug auf die eingebrachten (aufgewerteten) Wirtschaftsgüter und damit deren Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen des Veräußerers bzw. Einbringenden bewirkte. Damit lag aber entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht aus der Sicht der im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfrage keine Kontinuität des Betriebes nach dem Einbringungsvorgang mehr vor (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , 89/13/0255). Die gewinnerhöhende Auflösung der Investitionsfreibeträge ist daher zu Recht erfolgt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am