VwGH vom 02.02.2012, 2011/04/0219
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X KG in Y, vertreten durch Mag. Peter Mayerhofer, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Domplatz 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WST1-B-812/001-2011, betreffend Verkürzung der Frist für die Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der "E KG" die Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes "Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackierertechnik (verbundenes Handwerk)" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 9 Abs. 2 GewO 1994 bis zum verkürzt.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die E KG betreibe das oben angeführte Gewerbe seit . Ihr gewerberechtlicher Geschäftsführer sei am ausgeschieden. Seit diesem Zeitpunkt werde das Gewerbe ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer ausgeübt, obwohl damit eine besondere Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen verbunden sei. Eine mangelhafte Ausübung des gegenständlichen Gewerbes führe nämlich allgemein dazu, dass Kraftfahrzeuge mangelhaft gewartet und in mangelhaftem Zustand am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen würden, wodurch das Leben oder die Gesundheit von anderen Straßenverkehrsteilnehmern gefährdet sei. In Bezug auf das konkrete Unternehmen könne nicht davon ausgegangen werden, dass gefahrengeneigte Arbeiten ohne Anleitung einer fachlich befugten Person durchgeführt werden könnten, die Arbeitsabläufe derart systematisiere, dass sie auch ohne ihre dauernde Anwesenheit fachgerecht durchgeführt werden könnten. Da die Gewerbeinhaberin seit nunmehr etwa drei Monaten von der Absicht der Behörde, die gegenständliche Frist zu verkürzen, wisse, erscheine es zumutbar, innerhalb der gesetzten Frist einen (neuen) gewerberechtlichen Geschäftsführer zu bestellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 GewO 1994 können juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen (gewerberechtlichen) Geschäftsführer iSd § 39 leg. cit. bestellt haben.
Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe nach § 9 Abs. 2 GewO 1994 bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.
Diesen Bestimmungen liegt die Einsicht des Gesetzgebers zugrunde, es sei nicht vertretbar zu verlangen, dass ein Gewerbebetrieb einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft von dem Zeitpunkt an nicht weitergeführt werden könne, zu dem der (erforderliche) gewerberechtliche Geschäftsführer - allenfalls überraschend - ausscheide (vgl. dazu RV 395 BlgNR 13. GP, S. 118). Aus diesem Grund sieht das Gesetz eine - seit der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399 - sechsmonatige Frist vor, innerhalb derer das Gewerbe nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers (ohne einen solchen) weiter ausgeübt werden darf. In Einzelfällen kann sich aber die Notwendigkeit ergeben, wegen besonderer Gefahren, "etwa aus Gründen der Volksgesundheit", die für die weitere Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer vorgesehene Frist durch behördlichen Bescheid zu verkürzen (vgl. auch dazu die zuvor zitierten Gesetzesmaterialien). Nach § 9 Abs. 2 GewO 1994 liegt dieser Ausnahmetatbestand der Fristverkürzung (unter anderem) dann vor, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist.
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die gesetzliche Frist von sechs Monaten gestützt auf § 9 Abs. 2 GewO 1994 auf einen Zeitraum von bis , somit auf 4 1/2 Monate, verkürzt.
Die Beschwerde wendet dagegen ein, beim Betrieb der Beschwerdeführerin seien keine "Gefährdungen von Leib und Leben … aktenkundig". Diese wären ein Argument gewesen, um die Fristverkürzung auszusprechen. Von der belangten Behörde seien jedoch keine derartigen Vorwürfe erhoben worden.
Dem ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde - wie oben dargestellt - näher dargelegt hat, aus welchen Gründen sie davon ausgeht, dass mit der weiteren Ausübung des gegenständlichen Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist. Sie hat dabei auf die Folgen einer mangelhaften Gewerbeausübung für die Kunden und die Allgemeinheit (Sicherheit im Straßenverkehr) hingewiesen. Dass derartige Überlegungen zu weit gegriffen wären und nur solche Gefahren für Leib und Leben relevant sein sollten, die sich - nach dem Beschwerdevorbringen - im Betrieb selbst verwirklichen, kann weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den damit verfolgten Absichten des Gesetzgebers entnommen werden. Im Übrigen enthält die Beschwerde kein Vorbringen, das die Erwägungen der belangten Behörde zur angesprochenen Gefahrenlage entkräften würde. Es ist daher nicht als fehlerhaft zu erkennen, wenn die belangte Behörde im vorliegenden Einzelfall vom Erfordernis der Verkürzung der gesetzlichen Frist nach § 9 Abs. 2 GewO 1994 ausgegangen ist. Dass die Länge der Frist - unter Berücksichtigung der Gefahrenlage einerseits und des zumutbaren Zeitraums zur Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers andererseits - "nicht … angemessen" wäre, wird in der Beschwerde zwar behauptet, jedoch nicht in konkretisierter Form dargelegt.
Soweit die Beschwerde schließlich geltend macht, der vorliegende Bescheid sei an die "E KG" ergangen, die jedoch im Firmenbuch nicht mehr eingetragen sei, vermag sie einen relevanten Verfahrensmangel nicht darzutun:
Nach dem offenen Firmenbuch wurde die Firma der Beschwerdeführerin am von "E KG" auf "X KG" geändert. Ungeachtet dessen wurde der angefochtene Bescheid an die "E KG" adressiert. Über die Identität des Bescheidadressaten kann bei dieser Sachlage aber kein Zweifel bestehen. Im vorliegenden Fall wurde lediglich der Firmenwortlaut für das gleiche Rechtssubjekt geändert (dieser Umstand berechtigt die belangte Behörde zu einer Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG), weshalb der angefochtene Bescheid mit keinem Verfahrensmangel belastet ist, der zu seiner Aufhebung führen müsste (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 50ff, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am