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VwGH vom 19.09.2007, 2006/13/0181

VwGH vom 19.09.2007, 2006/13/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des S in M, vertreten durch die Schema Wirtschaftstreuhand Steuerberatung GmbH & Co KEG in 2340 Mödling, Bahnhofplatz 1a/2/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0840-W/04, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1997 bis 1999, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall geht es darum, ob Aufwendungen des Beschwerdeführers in den Jahren 1997 bis 1999 für "psychologische Literatur" und für diverse Seminare sowie damit im Zusammenhang stehende Reisespesen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind und ob insoweit ein Vorsteuerabzug zusteht.

Im Fragebogen anlässlich der Bekanntgabe seiner beruflichen Tätigkeit bezeichnete sich der Beschwerdeführer im September 1997 als "Konsulent-Betriebsberater", in den Abgabenerklärungen für die Streitjahre wurde durchgehend die Unternehmens- bzw. Berufsbezeichnung "Konsulent" gewählt.

Als Ergebnis einer Betriebsprüfung erließ das Finanzamt - bezüglich der Jahre 1997 und 1998 nach Wiederaufnahme der Verfahren - Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999, in denen es die strittigen Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben anerkannte bzw. insoweit den Vorsteuerabzug versagte. Dem lag zu Grunde, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 1997 bis 1999 selbständig mit der Reorganisation des Ersatzteillagers eines näher genannten Unternehmens beschäftigt gewesen sei. Für 1999 habe er überdies Einnahmen in Höhe von S 5.600,-- aus dem Titel "Supervision" erklärt. Die fraglichen Aufwendungen - lt. Betriebsprüfungsbericht "für heilpädagogisches Voltigieren, Gestalt- und Paartherapie usw." - seien daher nicht abziehbare Ausbildungskosten.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er sich zusammengefasst auf den Standpunkt stellte, es lägen nicht Ausbildungskosten, sondern Fortbildungskosten vor, insbesondere im Hinblick darauf, "dass es sehr wohl die Überschneidungen von Wirtschaftsleben und psychologischen bzw. familientherapeutischen bzw. paartherapeutischen (Konfliktregelung) Zusammenhänge gibt".

Die belangte Behörde führte Ermittlungen durch. Dabei stieß sie auf einen im Internet veröffentlichten Lebenslauf des Beschwerdeführers, der wie folgt lautet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"1984 - 1986
Akademie für Sozialarbeit: Abschluss als Dipl. Sozialarbeiter
1986 - 1987
Zivildienst
1987 - 1991
Tätigkeit an der Heilpädagogischen Station Hinterbrühl des Landes NÖ (heute KJPP)
1991 - 1997
Studium der Wirtschaftswissenschaften an Wirtschaftsuniversität Wien: Abschluss als Magister
1995 - 1996
Tätigkeit als Outdoor- Pädagoge
seit 1996seit 19971997 - 1999
als Supervisor tätigals freier Consulent/Coach im Wirtschaftsbereich und für NPOs tätigAusbildung im Heilpädagogischen Voltigieren
1998 - 1999
Propädeutikum
1999 - 2003
Gründung und Führung einer GmbH als Geschäftsführer und nach Umwandlung zur AG als Vorstand
1999 - 2006
Psychotherapeutisches Fachspezifikum
seit 2002
als Psychotherapeut tätig"

Über Aufforderung der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer (u.a.) dazu am eine Stellungnahme ab, in der er darauf hinwies, dass die Formulierungen im Lebenslauf aus Kostengründen so gewählt seien, dass sie die Tätigkeit und "Erfahrenheit" des Psychotherapeuten unterstrichen; Tatsache sei, dass er "im Berufungszeitraum Fortbildungsaufwendungen für seinen ausgeübten Beruf als Konsulent und Coach beantragt" habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das begründete sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und einer dem Internet entnommenen Beschreibung des Begriffs "Coaching" im Wesentlichen damit, dass sich der Beschwerdeführer im Anschluss an sein 1997 beendetes Studium verschiedenen Ausbildungen, wie heilpädagogisches Voltigieren und Paartherapie, unterzogen habe. Schließlich habe er - neben seiner Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages (Organisation des Ersatzteillagers eines Gewerbebetriebes) und später als Geschäftsführer in einem anderen Gewerbebetrieb - in den Jahren 1998 und 1999 das Propädeutikum und im Anschluss daran das Fachspezifikum absolviert, was zwingende Voraussetzung für die Eintragung in die Psychotherapeutenliste gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe versucht, seine Tätigkeiten als (gelegentlicher) Supervisor mit der von ihm damals bereits begonnenen Ausbildung als Psychotherapeut in Zusammenhang zu bringen und damit die Eigenschaft der strittigen Ausbildungskosten, zB. für das heilpädagogische Voltigieren, die Ausbildung bei verschiedenen Therapeuten und ab 1998 die Kosten für das Propädeutikum, zumindest auch als Kosten der Fortbildung im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Supervisor bzw. als Coach darzustellen. Dieses Vorbringen stehe allerdings mit dem tatsächlichen beruflichen Werdegang des Beschwerdeführers (insbesondere lt. seinem Lebenslauf) in Widerspruch. Alle strittigen Kosten, sei es nun für das heilpädagogische Voltigieren, für die persönliche Ausbildung bei Therapeuten (zB. in Selbsterfahrung) sowie für das Propädeutikum, hätten auf die angestrebte Tätigkeit als Psychotherapeut hingezielt. Wenngleich auch im Rahmen der Tätigkeit von Supervisoren und Coaches teilweise Methoden aus der Psychotherapie zur Anwendung gelangten, könnten die strittigen Ausgaben aus diesem Grund noch nicht in Fortbildungskosten für die im Streitzeitraum in sehr geringem Umfang ausgeübte Tätigkeit als Supervisor umgedeutet werden. Es bestünden daher keine Zweifel, dass die strittigen Kosten durch die zielstrebig, anfangs noch nebenberuflich betriebene Ausbildung zum Psychotherapeuten verursacht worden seien und deshalb nicht abziehbare Ausbildungskosten darstellten.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Festsetzung der Einkommen- und Umsatzsteuer "unter Berücksichtigung von steuerlich anzuerkennenden Betriebsausgaben" verletzt.

Wie die belangte Behörde im Ergebnis richtig erkannt hat, ist der vorliegende Fall noch auf Basis der Rechtslage vor Inkrafttreten der durch das Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, eingefügten Bestimmung des § 4 Abs. 4 Z 7 EStG 1988 zu beurteilen (vgl. § 124b Z 39 EStG 1988). Soweit sich die Beschwerde der Sache nach auf die genannte Bestimmung bezieht - also die Berücksichtigung der mit den gegenständlichen Weiterbildungsmaßnahmen verbundenen Kosten als Betriebsausgaben damit zu rechtfertigen versucht, dass in einem anderen Fall Kosten für eine Psychotherapieausbildung wegen des mit der ausgeübten Tätigkeit bestehenden "verwandten Verhältnisses" anerkannt würden - , geht sie daher von vornherein ins Leere.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur hier maßgebenden Rechtslage judiziert, dass Aufwendungen für die Berufsausbildung (Ausbildungskosten) zu den nicht abziehbaren Ausgaben im Sinne des § 20 EStG 1988 zählen, solche für die Berufsfortbildung (Fortbildungskosten) jedoch zu den Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben. Während die Berufsausbildung dem Erlernen eines Berufes dient, dient die Berufsfortbildung der Verbesserung der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Eine Berufsfortbildung liegt somit vor, wenn der Abgabepflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um im bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Maßgeblich für die Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung ist die Beantwortung der Frage, ob bereits ein Beruf ausgeübt wird und ob die Bildungsmaßnahmen dem Ergreifen eines anderen Berufes oder der Verbesserung von Fähigkeiten und Kenntnissen in der Ausübung des bisherigen Berufes, sei es auch in einer qualifizierteren Stellung, dienen. Für die Klärung der damit wesentlichen Frage nach der Berufsidentität ist unter Bedachtnahme auf Berufszulassungsregeln und Berufsgepflogenheiten das Berufsbild maßgeblich, wie es sich nach der Verkehrsauffassung auf Grund des Leistungsprofils des betreffenden Berufes darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0143).

Die belangte Behörde ging letztlich davon aus, dass die strittigen Ausgaben, wie sich insbesondere aus dem im Internet veröffentlichten Lebenslauf ergebe, im Zusammenhang mit der beruflichen Ausbildung des Beschwerdeführers zum Psychotherapeuten gestanden seien. In der Beschwerde wird dieser Annahme nicht entgegengetreten. Zwar wird gerügt, die belangte Behörde habe nicht ausreichend auf die Stellungnahme vom Bedacht genommen, wonach die Formulierungen im besagten Lebenslauf aus Kostengründen die "psychologische Tätigkeit" betonten. Dass der Beschwerdeführer nunmehr, gemäß dem besagten Lebenslauf seit 2002, jedenfalls auch als Psychotherapeut tätig ist und dass die fraglichen Aufwendungen "im Rahmen des Psychotherapeutenlehrganges" erwuchsen (so ausdrücklich in der erwähnten Stellungnahme vom ), bleibt indes unbestritten. Auch der Hinweis auf im Zeitraum 1997 bis 1999 erworbene Fachliteratur, die den angeführten Titeln zufolge nicht mit Psychotherapie im Zusammenhang steht, kann nicht als - konkrete - Bestreitung des zuletzt erwähnten Umstandes verstanden werden, legt die Beschwerde doch in keiner Weise dar, dass es sich bei diesen Publikationen gerade um jene handle, bezüglich derer die Anschaffungskosten nicht als Betriebsausgaben anerkannt wurden.

In seinen Steuererklärungen hat sich der Beschwerdeführer als Konsulent bzw. Betriebsberater bezeichnet, im Berufungsverfahren auch als Supervisor und Coach. Dass alle diese Berufe, die sich nach dem allgemeinen Begriffsverständnis mit "Gesunden" beschäftigen, mit dem Beruf des Psychotherapeuten grundsätzlich nicht ident sind, wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt (vgl. die in § 1 Abs. 1 Psychotherapiegesetz, BGBl. Nr. 361/1990, enthaltene Berufsumschreibung; demnach ist die Ausübung der Psychotherapie im Sinne dieses Gesetzes die nach einer allgemeinen und besonderen Ausbildung erlernte, umfassende, bewusste und geplante Behandlung von psychosozial oder auch psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen mit wissenschaftlich-psychotherapeutischen Methoden in einer Interaktion zwischen einem oder mehreren Behandelten und einem oder mehreren Psychotherapeuten mit dem Ziel, bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen, gestörte Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern und die Reifung, Entwicklung und Gesundheit des Behandelten zu fördern). Die Beschwerde rügt allerdings die im angefochtenen Bescheid erörterte Differenzierung zwischen Coaching, Supervision und Beratung, worauf es im gegebenen Zusammenhang aber nicht ankommt. Im Übrigen vertritt sie schwerpunktmäßig die Ansicht, die Beratungstätigkeit des nunmehr als "Wirtschaftscoach" bezeichneten Beschwerdeführers habe sowohl wirtschaftliche als auch psychologische Belange umfasst, eine Beratung ohne psychologisches bzw. soziales Wissen habe nicht stattgefunden. Gerade im Bereich Managementberatung - so die Beschwerde weiter - würden Klienten sowohl wirtschaftlich als auch persönlich gecoacht. Bei den angeführten Seminar-, Literatur- und Reisekosten handle es sich (daher) um abziehbare Fortbildungskosten, da der Beschwerdeführer seine bisherigen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert habe, um seinen Beruf besser ausüben zu können.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Nach dem zuvor Gesagten ist davon auszugehen, dass die strittigen Aufwendungen der Ausbildung zum - mit dem(n) damals vom Beschwerdeführer ausgeübten Beruf(en) nicht identen - Beruf des Psychotherapeuten dienten. Dass diese Ausbildung auch der Arbeit als "Wirtschaftscoach" bzw. der damit verbundenen psychologischen Beratungstätigkeit zugute gekommen sein mag, vermag an der Qualifizierung der daraus erwachsenen Kosten als "Ausbildungskosten" im Sinne des eingangs Ausgeführten nichts zu ändern. Insoweit ist die Situation mit jener vergleichbar, die dem hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0118, die Ausbildung einer Lehrerin zur systemischen Familienberaterin betreffend, zu Grunde liegt. Auch im vorliegenden Fall ist entscheidend, dass dem Beschwerdeführer durch den Abschluss der in Rede stehenden Psychotherapieausbildung eine neue Grundlage für die sodann auf diesem Abschluss beruhende und nicht auf den seinerzeitigen Beruf beschränkte Berufstätigkeit geschaffen wurde. Die in der Beschwerde angesprochenen Vorerkenntnisse (vom , 665/79, betreffend Aufwendungen eines Finanzbeamten für einen Buchhalter- und einen Bilanzbuchhalterlehrgang, sowie vom , 97/15/0091, betreffend Aufwendungen eines Bautechnikers für einen Vorbereitungskurs zur Baumeisterprüfung) sind dagegen nicht einschlägig, weshalb der Beschwerdeführer hieraus nichts für seinen Standpunkt ableiten kann. Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein kann, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am