VwGH vom 18.04.2007, 2006/13/0174
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde des Dr. T in R, vertreten durch Dr. Wolfgang G. Kretschmer und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/2106-W/04, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die dem Beschwerdeführer für seine am geborene Tochter für die Monate Oktober 2003 bis September 2004 gewährte Familienbeihilfe samt den entsprechenden Kinderabsetzbeträgen rückgefordert.
In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Tochter habe im Oktober 2003 das zuerst begonnene Studium der Rechtswissenschaften nach vier Semestern abgebrochen und anschließend ab dem Wintersemester 2003 eine andere Studienrichtung weiter betrieben. Damit liege ein Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 StudFG 1992 und - da der Studienwechsel nach dem dritten Semester erfolgt sei - kein günstiger Studienerfolg vor. Ein Studienwechsel nach dem dritten Semester sei nach § 17 Abs. 2 StudFG 1992 nur dann nicht beihilfenschädlich, wenn der Studienwechsel ohne Verschulden des Studierenden durch ein unabwendbares Ereignis zwingend herbeigeführt worden sei oder die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet würden. Hinweise für das Vorliegen derartiger Umstände gebe es im Beschwerdefall nicht.
In der Berufung habe der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass ihm für den betreffenden Zeitraum ohnedies keine Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gewährt worden seien. Dieses Vorbringen treffe - wie im angefochtenen Bescheid im Einzelnen ausgeführt - nicht zu. In freier Beweiswürdigung gehe die belangte Behörde davon aus, dass die vom Finanzamt überwiesenen Beträge auch auf das Konto des Beschwerdeführers eingegangen seien, zumal eine Rückbuchung durch die Bank laut Aktenlage nicht erfolgt sei.
Dem Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer habe die Familienbeihilfe ausschließlich durch den Bund ausbezahlt erhalten, sodass die "Ausnahmebestimmung" des § 46 FLAG 1967 anzuwenden sei, müsse die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegengehalten werden. Danach bestehe die Verpflichtung zur Rückzahlung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe auch für irrtümlich durch das Finanzamt erfolgte Auszahlungen (vgl. die Erkenntnisse vom , 2000/15/0183, und vom , 2002/13/0079).
Auch lägen weder die in der Berufung gerügten Begründungsmängel vor noch habe der Beschwerdeführer ein Recht, die rückgeforderten Beträge nicht durch Einzahlung, sondern im Wege der Anrechnung auf (künftig) fällig werdende Familienbeihilfen rückzuerstatten. Auf eine aufsichtsbehördliche Maßnahme nach § 26 Abs. 4 FLAG 1967 bestehe gleichfalls kein Rechtsanspruch.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 700/06, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die in Rede stehenden Beträge gutgläubig verbraucht, wobei der gutgläubige Verbrauch ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung seitens der auszahlenden Stelle verursacht worden sei. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , 98/13/0067, liege ein gutgläubiger Verbrauch der Familienbeihilfe vor, sodass die Familienbeihilfe ausnahmsweise nicht zurückgezahlt werden müsse.
Die gegenständlich relevanten Absätze des § 26 FLAG 1967 lauten idF BGBl I Nr. 8/1998:
"(1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. Zurückzuzahlende Beträge können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.
(2) Durch die Bestimmung des Abs. 1 wird das Recht der in § 46 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 genannten Gebietskörperschaften oder gemeinnützigen Krankenanstalten auf Rückforderung irrtümlich geleisteter Beihilfenzahlungen nicht ausgeschlossen.
(3) ...
(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre."
§ 46 FLAG idF BGBl. I Nr. 14/1997 lautet:
"(1) Der Bund, mit Ausnahme der von ihm verwalteten Betriebe, Unternehmungen, Anstalten, Stiftungen und Fonds, hat den Aufwand an Familienbeihilfen sowie den Aufwand für den Mutter Kind-Pass-Bonus für seine Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen. Der Bund hat ferner den Aufwand an Familienbeihilfen aus eigenen Mitteln zu tragen für die Empfänger von Bezügen aus der Kriegsopferversorgung, aus der Heeresversorgung und aus der Opferfürsorge.
(2) Die Länder und die Gemeinden, mit Ausnahme der von ihnen verwalteten Betriebe, Unternehmungen, Anstalten, Stiftungen und Fonds, haben den Aufwand an Familienbeihilfen sowie den Aufwand für den Mutter-Kind-Pass-Bonus für ihre Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen; die Gemeinden jedoch nur, wenn ihre Einwohnerzahl 2000 übersteigt. Die Einwohnerzahl der Gemeinden bestimmt sich nach dem Ergebnis der jeweilig letzten Volkszählung. Dieses Ergebnis wirkt mit dem Beginn des dem Stichtag der Volkszählung nächstfolgenden Kalenderjahres.
(3) Die gemeinnützigen Krankenanstalten (§ 16 Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957) haben den Aufwand an Familienbeihilfen sowie den Aufwand für den Mutter-Kind-Pass-Bonus für ihre Empfänger von Dienstbezügen sowie von Ruhe- und Versorgungsgenüssen aus eigenen Mitteln zu tragen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2000/15/0183, klargestellt hat, steht es nach der durch die Bezugnahme auf § 46 FLAG in § 26 Abs. 1 leg. cit. geänderten Rechtslage (BG BGBl. I Nr. 8/1998) der Rückforderung nicht mehr entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist, weil das Finanzamt in Folge dieser Gesetzesänderung nicht mehr als auszahlende Stelle im Sinne des § 26 FLAG 1967 angesehen werden kann. Die Berufung des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom verkennt, dass das Erkenntnis zur Rechtslage vor dem BGBl. I Nr. 8/1998 ergangen ist.
Das Argument gutgläubigen Verbrauches der bezogenen Leistungen verfängt nicht, weil die Verpflichtung zur Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beihilfen von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0079).
Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters in seinem Recht auf "fehlerfreie Handhabung des verwaltungsbehördlichen Ermessens im Rahmen der beantragten Nachsicht von der Rückforderung im Sinn des § 26 Abs. 4 FLAG" verletzt.
Nach § 26 Abs. 4 leg. cit. sind die Oberbehörden ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre. Die Bestimmung räumt der jeweiligen Partei des Verwaltungsverfahrens aber keinen Anspruch auf Ausübung dieses Aufsichtsrechtes ein (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung das hg. Erkenntnis vom , 97/15/0196). Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Unbilligkeit der Rückforderung beruft, ist darauf hinzuweisen, dass eine Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 236 BAO nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.
Zu den in der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof neuerlich vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anknüpfung des Familienbeihilfenanspruchs an den Studienerfolg ist an die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im angeführten Ablehnungsbeschluss vom zu erinnern, wonach es dem Gesetzgeber frei steht, den Bezug der Familienbeihilfe von einem gewissen Studienerfolg abhängig zu machen und einen Studienwechsel nach dem dritten inskribierten Semester als beihilfeschädlich zu qualifizieren.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am