VwGH vom 10.11.2010, 2008/22/0196
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des K, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 149.144/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ein vom Beschwerdeführer, einem nigerianischen Staatsangehörigen, am gestellter Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der Behörde erster Instanz) vom gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) eine dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG ab.
Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am illegal nach Österreich eingereist sei und noch am selben Tag einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt habe, dem in zweiter Instanz "rechtskräftig negativ beschieden" worden sei. Dagegen habe der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde erhoben, der "mit aufschiebende Wirkung zuerkannt" worden sei. Der Beschwerdeführer verfüge somit über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - unter Wiedergabe der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z. 1 NAG - im Wesentlichen aus, dass das NAG nach dieser Bestimmung angesichts der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers nach asylgesetzlichen Bestimmungen auf dessen Fall nicht anzuwenden sei.
In Hinblick auf die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), werde festgehalten, dass der Beschwerdeführer die dort festgelegten Voraussetzungen nicht erfülle und daher auch kein Recht auf Freizügigkeit gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Anspruch nehmen könne; der Beschwerdeführer habe nicht dargetan, dass sein "Ehepartner das Recht auf die (gemeinschaftsrechtliche) Freizügigkeit in Anspruch genommen" habe. (Nach Ausweis der Verwaltungsakten ist der Beschwerdeführer seit mit einer in Wien lebenden österreichischen Staatsbürgerin verheiratet.)
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
§ 1 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) lautet samt Überschrift:
"Geltungsbereich
§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Erteilung, Versagung und Entziehung von Aufenthaltstiteln von Fremden, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten oder aufhalten wollen, sowie die Dokumentation von bestehenden Aufenthalts- und Niederlassungsrechten.
(2) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für Fremde, die
1. nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, und nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt;
2. nach § 95 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügen oder
3. nach § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt sind."
Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer zu dem hier relevanten Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom - wieder - über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt hat.
In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sich dieses vorläufige Aufenthaltsrecht "nicht direkt aus dem Asylgesetz 1997, sondern allenfalls aus den einschlägigen Bestimmungen des VwGG" herleite. Dem ist allerdings mit der hg. Rechtsprechung zu erwidern, dass das NAG gemäß dessen § 1 Abs. 2 Z. 1 auch in einem Fall wie dem vorliegenden nicht anzuwenden ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 2008/22/0190, sowie vom , 2008/22/0427, jeweils mwN).
In ihrer Verfahrensrüge bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer in Hinblick auf die Anwendbarkeit der Freizügigkeitsrichtlinie im Rahmen einer "besonderen Manuduktionspflicht" jene Bedingungen vorhalten müssen, nach denen ihrer Ansicht nach dessen Ehefrau die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte.
Dies ist allerdings schon deshalb verfehlt, weil sich die Manuduktionspflicht der Behörde nach § 13a AVG nach ständiger hg. Rechtsprechung nur auf verfahrensrechtliche Vorschriften, nicht jedoch auf die Sache selbst bezieht; die Behörde hat daher die Partei insbesondere nicht anzuleiten, welche Behauptungen sie aufzustellen habe (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2009/22/0311, sowie Hengstschläger/Leeb , AVG § 13a Rz 6 mwN).
Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
DAAAE-84086