VwGH vom 21.12.2011, 2011/04/0200
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X KG in X, vertreten durch Mag. Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in 2361 Laxenburg, Schlossplatz 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom , Zl. M63/012192/2010, betreffend Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde die mit in das Gewerberegister eingetragene Bestellung des G. A. zum gewerberechtlichen Geschäftsführer für die Ausübung des Gewerbes "Gastgewerbe in der Betriebsart Restaurant" der Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 1 iVm § 87 Abs. 1 Z. 1 und § 13 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) widerrufen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der gewerberechtliche Geschäftsführer G. A. sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen W vom , rechtskräftig mit , näher umschriebener Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach den §§ 33 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a, 33 Abs. 2 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a, 33 Abs. 2 lit. b und 38 Abs. 1 lit. a FinstrG für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von EUR 125.781,77, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Monaten, verurteilt worden. Deshalb sei seine Berufung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nach den zitierten Bestimmungen der GewO 1994 zu widerrufen.
Obwohl dies zur Erfüllung des Tatbildes von § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht erforderlich sei, bestehe im vorliegenden Fall unbestreitbar ein Zusammenhang zwischen den von G. A. begangenen Delikten und der Ausübung des Gastgewerbes. Wenn die Beschwerdeführerin die Schuld an den gegenständlichen Verurteilungen dem Steuerberater zuweise, sei zu bemerken, dass der Gewerbebehörde eine Nachprüfung des vom Strafgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalts versagt sei.
Zur erforderlichen Würdigung der Persönlichkeit des G. A. sei festzuhalten, dass dieser die sich aus dem Strafregister ergebenden Straftaten in einem Alter begangen habe, in dem die Persönlichkeit eines Menschen in der Regel längst ausgereift sei. G. A. habe wiederholt strafbare Handlungen begangen, was an sich schon die Annahme eines nicht dem durchschnittlichen rechtstreuen Bürger entsprechenden Persönlichkeitsbilds gerechtfertigt erscheinen lasse. Bei seinen Taten handle es sich offenkundig auch nicht um einzelne Versehen, sondern um eine systematische und nachhaltige Nichtbeachtung von grundlegenden - jeden Unternehmer bzw. auch jede Privatperson treffenden - Pflichten. Er habe sich zur Umgehung dieser Pflichten offenbar bewusst unterschiedlicher Gesellschaften bedient. Die wiederholte Straffälligkeit über einen längeren Zeitraum stelle nicht nur ein eindeutiges Indiz dafür dar, dass G. A. keine entsprechend positive und nachhaltige Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten entwickelt habe, sondern lasse auf eine Neigung zur Begehung sogar gerichtlich strafbarer Taten schließen. Hinzu komme, dass G. A. vor Gericht zwar ein Geständnis abgelegt habe, nunmehr aber im Wesentlichen auf das Verschulden seines Steuerberaters verweise. Im Ergebnis sei daher die Begehung weiterer Straftaten (im Rahmen der Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin) durch G. A. jedenfalls zu befürchten. Ein gewerberechtlicher Geschäftsführer könne im Rahmen des gesetzlich zugewiesenen Haftungs- und Verantwortungsbereiches strafrechtlich relevante Delikte begehen, die auf der gleichen oder ähnlichen schädlichen Neigung wie die von G. A. begangenen Delikte beruhen. Denkbar erschienen insbesondere Delikte gegen fremdes Vermögen (wie etwa Betrug, Veruntreuung oder Unterschlagung). Abseits dessen sei darauf hinzuweisen, dass G. A. gerade seine Position als gewerberechtlicher Geschäftsführer in der Vergangenheit dazu genützt habe, um bei - näher bezeichneten - Gesellschaften als "faktischer Geschäftsführer" und somit als Person mit maßgebendem Einfluss Straftaten zu begehen. Auch insoweit sei daher zu befürchten, dass für G. A. diese Position erneut die Grundlage für die Begehung weiterer Straftaten darstelle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 91 Abs. 1 GewO 1994 ist die Bestellung des (gewerberechtlichen; vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/04/0148, mwN) Geschäftsführers zu widerrufen, wenn sich die (u.a.) in § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 genannten Entziehungsgründe auf seine Person beziehen.
Nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht wegen einer sonstigen (in § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. nicht schon genannten) strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und die Verurteilung nicht getilgt ist. Bei Geldstrafen, die nicht in Tagessätzen bemessen sind, ist die Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend.
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass G. A. wegen mehrfacher Finanzvergehen gerichtlich zu einer - nicht in Tagessätzen bemessenen - Geldstrafe verurteilt wurde und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe drei Monate übersteigt, wobei die Verurteilung nicht getilgt ist. Somit liegt der Ausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 lit. b und Z. 2 GewO 1994 vor.
Für den Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ist es - zusätzlich - erforderlich, dass die Gewerbebehörde auf Grundlage des Verhaltens in der Vergangenheit eine begründete und nachvollziehbare Prognose dahingehend anzustellen hat, ob zu befürchten ist, dass die betroffene Person nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach ihrer Persönlichkeit gleiche oder ähnliche Straftaten bei Ausübung des Gewerbes begehen wird.
Wenn die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe in diesem Zusammenhang nicht beachtet, dass die Verurteilung auf ein rechtswidriges Verhalten einer dritten Person (nämlich des Steuerberaters) zurückzuführen sei, ist ihr entgegen zu halten, dass die Gewerbebehörde bei ihrer Entscheidung die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung nicht in Frage stellen kann und bei ihrer Prognose daher in Bindung an die rechtskräftige Verurteilung von den festgestellten Tathandlungen auszugehen hat (vgl. dazu etwa jüngst das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/04/0134, mwN).
Dass die behördliche Prognose nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts rechtswidrig wäre, ist nicht zu erkennen. Die Beschwerde macht diesbezüglich nur geltend, dass G. A. keine kaufmännische Einflussmöglichkeit auf den Betrieb der Beschwerdeführerin zukomme und er nur mit gewerberechtlichen Belangen (nicht aber mit unternehmerischen, respektive steuerlichen Agenden) betraut sei. Für die Abberufung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers (nach § 91 Abs. 1 GewO 1994) ist es aber grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob ihm auf den Betrieb der Geschäfte (noch) maßgeblicher Einfluss zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/04/0033). Im Übrigen übersieht die Beschwerde, dass die Prognose nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 nicht nur dann negativ auszufallen hat, wenn die Begehung gleichartiger Straftaten zu befürchten ist, sondern auch, wenn ähnliche Straftaten erwartet werden müssen. Dass aufgrund der Straftaten in der Vergangenheit und des daraus zu gewinnenden Persönlichkeitsbildes von G. A. zu befürchten ist, er werde bei Aufrechterhaltung seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer - wie die belangte Behörde näher ausführte - ähnliche Delikte begehen, vermag die Beschwerde jedenfalls nicht zu entkräften.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-84077