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VwGH vom 12.06.2013, 2011/04/0169

VwGH vom 12.06.2013, 2011/04/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Zirm, über die Beschwerde der X-GmbH in Y, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg vom , Zl. 20001-SVKS/94/11-2011, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei:

Salzburger Landesregierung; mitbeteiligte Partei: V-GmbH in S, vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Der vorliegende Beschwerdefall betrifft das Vergabeverfahren "Linienbündel Flachgau Nordost", welches von der mitbeteiligten Partei als öffentliche Auftraggeberin als Dienstleistungsauftrag im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung (§ 25 Abs. 5 BVergG 2006) durchgeführt wird.

2. Zur Vorgeschichte betreffend die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages nach § 2 Z. 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006) wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2011/04/0042, verwiesen.

In diesem Erkenntnis wurde insbesondere geklärt, dass entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin die Durchführung des vorliegenden Vergabeverfahrens über die Beschaffung von Verkehrsdienstleistungen durch die mitbeteiligte Partei zulässig war (Punkt 2.).

3. Betreffend die Ausschreibungsunterlagen in diesem Vergabeverfahren (Aufforderung zur Angebotsabgabe nach § 2 Z. 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006) sowie das Hearingprotokoll vom und die Fragenbeantwortung vom wird auf den hg. Beschluss vom heutigen Tage, Zl. 2011/04/0152, verwiesen.

Mit diesem Beschluss wird die Behandlung der Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem die Anträge der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der genannten gesondert anfechtbaren Entscheidungen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen wurden, gemäß § 33a VwGG abgelehnt.

4. Im vorliegenden Beschwerdefall geht es um die Anfechtung der "Last and Best Offer-Unterlagen" (LBO-Unterlagen) der mitbeteiligten Partei vom .

Mit dieser Entscheidung vom wurde die Beschwerdeführerin von der mitbeteiligten Partei gemäß § 105 Abs. 3 BVergG 2006 zur letztmaligen Angabe eines Angebotes (des "Last and Best Offer") für alle 3 Lose des ausgeschriebenen Linienbündels aufgefordert (Aufforderung zur Angebotsabgabe nach § 2 Z. 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006). Die LBO-Unterlagen verweisen auf die oben unter 3. angeführten, gesondert anfechtbaren Entscheidungen und enthalten den ausdrücklichen Verweis, dass bis auf näher bezeichnete Details der Angebotsabgabe (Termin, Abgabeort, Übermittlungsweg etc.) und eine (mit der Beschwerdeführerin ausverhandelte geringfügige) Berichtigung des Fahrplans der Linie 120 die Ausschreibungsunterlage vom unverändert bleibt.

Am stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde den Antrag auf Nichtigerklärung der genannten LBO-Unterlagen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

In Punkt 4.1 der von ihr bezeichneten "Rechtswidrigkeitsgründe" begründete die Beschwerdeführerin ihren Nachprüfungsantrag im Wesentlichen damit, die LBO-Unterlagen verwiesen auf die Ausschreibungsunterlagen (der Erstangebotsrunde vom ) und legten in diesem Sinne fest, dass diese Ausschreibungsunterlagen mit Ausnahme näher bezeichneter Änderungen unverändert weiter gälten (die Änderungen beträfen Bietererklärungen im Punkt 0.7 und den Fahrplan der Linie 120). Daher würden die in den von der Beschwerdeführerin in diesem Vergabeverfahren erhobenen Nachprüfungsanträgen vom und aufgezeigten Rechtswidrigkeiten unverändert fortbestehen. Die Beschwerdeführerin erhob daher das gesamte, in diesen Nachprüfungsanträgen erstattete Vorbringen zum Vorbringen im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren.

In einem weiteren Punkt 4.2 führte die Beschwerdeführerin sodann zu der (ihrer Ansicht nach unzulässigen) Bietererklärung in Punkt 0.7 der LBO-Unterlagen aus. Dieser in den LBO-Unterlagen neu gefasste Punkt 0.7 wurde aufgrund der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens in der Folge im Zuge einer Berichtigung durch die mitbeteiligte Partei wieder gestrichen.

Eventualiter beantragte die Beschwerdeführerin im Fall der Zurück- oder Abweisung des Hauptantrages (auf Nichtigerklärung der LBO-Unterlagen) die Nichtigerklärung der in ihrem Nachprüfungsantrag aufgezeigten Festlegungen in den LBO-Unterlagen.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden diese Anträge zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.) und die mitbeteiligte Partei verpflichtet, der Beschwerdeführerin die entrichteten Pauschalgebühren zu bezahlen (Spruchpunkt 3.). Diese Spruchpunkte stützte die belangte Behörde (undifferenziert) auf die §§ 13, 14, 18, 20, 26 sowie 29 bis 31 Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007, LGBl. Nr. 28 in der Fassung LGBl. Nr. 35/2010 (S.VKG 2007), iVm Bundesvergabegesetz 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. II Nr. 73/2010 (BVergG 2006).

Begründend führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1. im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin bekämpfe mit "Beschwerdepunkt" 4.1 ihres Nachprüfungsantrages unter Bezugnahme auf ihre bisher erfolglos eingebrachten Nachprüfungsanträge vom und vom die unverändert geltenden Ausschreibungsunterlagen der Erstangebotsrunde vom . Unter Vorhalt des Bescheides der belangten Behörde vom (beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft zur Zl. 2011/04/0152; siehe dazu oben 3.) sei der Beschwerdeführerin zu entgegnen, dass dieser Beschwerdepunkt bereits entschieden sei. Der genannte Bescheid sei formell rechtskräftig geworden und bewirke bei unveränderter Rechtslage das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache.

Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin nach Berichtigung des Punktes 0.7 der LBO-Unterlagen klaglos gestellt worden und könne ihr daher auch kein Schaden daraus drohen.

Insgesamt sei der Antrag daher zurückzuweisen gewesen. Gemäß § 18 Abs. 2 S.VKG 2007 könne daher eine mündliche Verhandlung ungeachtet des Parteiantrages der Beschwerdeführerin entfallen.

Spruchpunkt 2. wurde mit der Zurückweisung des Nachprüfungsantrages begründet, Spruchpunkt 3. damit, dass die Beschwerdeführerin klaglos gestellt worden und daher die mitbeteiligte Partei gemäß § 20 Abs. 1 S.VKG 2007 zum Ersatz der Gebühren zu verpflichten gewesen sei.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenso eine Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt, wäre im Beschwerdefall eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache nicht zulässig, weil die Verwaltungssache im vorliegenden Zusammenhang der Vergabekontrolle durch die Anfechtung einer bestimmten Entscheidung des Auftraggebers als verfahrenseinleitenden Antrag begrenzt wird. In dieser Hinsicht handelt es sich bei einem neuerlichen Nachprüfungsantrag um verschiedene "Sachen", wenn unterschiedliche Entscheidungen des Auftraggebers Verfahrensgegenstand sind (vgl. im Übrigen den zur Rechtslage des BVergG 2002 ergangenen hg. Beschluss vom , Zl. 2005/04/0111).

2. Jedoch ist die von der belangten Behörde vorgenommene Zurückweisung des vorliegenden Nachprüfungsantrages einer Umdeutung in eine Abweisung zugänglich (vgl. zu einer solchen Umdeutung bereits das zum Vergabekontrollverfahren nach dem S.VKG 2007 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0203):

2.1. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass die Beschwerdeführerin die in den vorangegangenen Nachprüfungsverfahren bereits vorgebrachten Einwände zum Inhalt des gegenständlichen Nachprüfungsantrages gemacht habe und über diese Einwände bereits abgesprochen worden sei.

Die gegenständlich angefochtene Entscheidung der mitbeteiligten Partei erschöpft sich darin, dass die Beschwerdeführerin zur letztmaligen Abgabe eines Angebotes (des "Last and Best Offer") aufgefordert wurde (Aufforderung zur Angebotsabgabe nach § 2 Z. 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006). Inhaltlich verweisen die LBO-Unterlagen im Wesentlichen auf dieser Entscheidung vorangegangene, ebenso gesondert anfechtbare Entscheidungen.

Diese gesondert anfechtbaren Entscheidungen wurden bereits von der Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde angefochten, über diese Nachprüfungsanträge wurde auch bereits abweisend entschieden (vgl. oben I. 3. und den hg. Beschluss vom heutigen Tage, Zl. 2011/04/0152). Diese gesondert anfechtbaren Entscheidungen sind daher bestandsfest geworden.

2.2. Allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandsfesten Entscheidung dürfen von der Vergabekontrollbehörde im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht aufgegriffen werden (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das zum Verhandlungsverfahren ergangene Erkenntnis vom , Zl. 2005/04/0204, mwN). Die Fristgebundenheit von Nachprüfungsanträgen wäre nämlich sinnlos, könnte die Vergabekontrollbehörde eine unanfechtbar gewordene (bestandsfeste) Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/04/0135, mwN unter anderem auch auf Rechtsprechung des EuGH; vgl im Übrigen zur ständigen hg. Rechtsprechung zur Bestandskraft das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0090).

2.3. Im Beschwerdefall wurde die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den angefochtenen Punkt 0.7 der LBO-Unterlagen unstrittig klaglos gestellt. Darüber hinaus verweist sie auf ihr in vorangegangenen Nachprüfungsanträgen erstattetes Vorbringen zu vorangegangenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen.

Auf dieses Vorbringen geht die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, wenn auch denkbar kurz, dahingehend ein, als sie einerseits auf die erfolgte Klaglosstellung der Beschwerdeführerin hinweist und diese auch bei der Entscheidung über den Gebührenersatz (nach § 20 Abs. 1 S.VKG 2007) berücksichtigte. Andererseits verweist die belangte Behörde auf ihren im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren ergangenen abweisenden Bescheid und führt aus, dass damit über die dort angefochtenen und weiterhin unverändert geltenden, gesondert anfechtbaren Entscheidungen bereits entschieden worden sei. Damit bringt die belangte Behörde zum Ausdruck, dass es ihr verwehrt sei, allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandsfesten, gesondert anfechtbaren Entscheidung im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung neuerlich aufzugreifen, was im Einklang mit der oben angeführten hg. Rechtsprechung zur Bestandskraft steht.

Damit hat sich die belangte Behörde aber im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen im vorliegenden Nachprüfungsantrag inhaltlich auseinander gesetzt, sodass im Vergreifen in der Wortwahl (Zurückweisung statt Abweisung des Nachprüfungsantrages) keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin zu erkennen ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0203, mwN).

3. Ausgehend vom Vorbringen im gegenständlichen Nachprüfungsantrag, das sich - mit Ausnahme des Vorbringens zu Punkt 0.7 der LBO-Unterlagen, in dem die Beschwerdeführerin ohnedies klaglos gestellt wurde - im Verweis auf in vorangegangenen Nachprüfungsanträgen erstattetes Vorbringen zu vorangegangenen gesondert anfechtbaren Entscheidungen erschöpft, ist auch nicht zu sehen und wurde auch nicht im Nachprüfungsantrag dargetan, warum dem Entfall der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde Art. 6 EMRK entgegen stehen sollte (vgl. auch § 18 Abs. 2 Einleitungssatz S.VKG 2007, der einen Entfall der mündlichen Verhandlung nur erlaubt, soweit dem nicht Art. 6 EMRK entgegensteht). Die belangte Behörde durfte daher (zwar nicht nach § 18 Abs. 2 Z. 1 S.VKG 2007, sehr wohl aber) nach § 18 Abs. 2 Z. 3 S.VKG 2007 von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung absehen, da alle für den konkreten Nachprüfungsantrag maßgeblichen Umstände aus der Aktenlage ersichtlich waren.

4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, da das Verfahren ausschließlich rechtliche Fragen betrifft und in den Beschwerden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/03/0038, mwN auch auf Rechtsprechung des EGMR und EuGH zu Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC). Soweit mit dem Vorbringen im hier verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrag die Rechtswidrigkeit von früheren bereits bestandsfesten Entscheidungen der Auftraggeberin geltend gemacht wird, ist zudem darauf hinzuweisen, dass diese früheren Entscheidungen ebenfalls Gegenstand von Nachprüfungsanträgen an die belangte Behörde gewesen sind, welche diese - ein Tribunal iS des Art. 6 EMRK - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgewiesen hatte. Das diesbezügliche Vorbringen - auf das die Schriftsätze im gegenständlichen Verfahren verweisen - war daher bereits Gegenstand einer Erörterung in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor einem Tribunal iS des Art. 6 EMRK.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Da die Umsatzsteuer bereits in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung enthalten ist, war das Mehrbegehren abzuweisen.

Wien, am