VwGH vom 14.12.2010, 2008/22/0162
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2008/22/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde
1. der A und 2. des A, beide vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/2, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom , 1.) Zl. 148.637/2-III/4/07 und
2.) Zl. 148.637/3-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die von den im Jahr 1981 und 1984 geborenen beschwerdeführenden Parteien, Staatsangehörigen von Ghana, am (noch während der Geltung des am außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 - FrG) eingebrachten Anträge auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta. - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde - in beiden Bescheiden gleichlautend - aus, die beschwerdeführenden Parteien strebten die Familienzusammenführung mit ihrem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater an. Auf Grund des am erfolgten In-Kraft-Tretens des NAG seien die Anträge jeweils auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" im Sinn des § 47 Abs. 3 NAG gerichtet zu werten.
Da die begehrten Aufenthaltstitel vom Vater der beschwerdeführenden Parteien abgeleitet werden sollen, sei Voraussetzung für die Erteilung derselben eine tragfähige Haftungserklärung sowie ein "entsprechender Einkommensnachweis" des Vaters.
Bei der Überprüfung der Unterhaltsmittel sei das pfändungsfreie Existenzminimum zu berücksichtigen. Der Vater der beschwerdeführenden Parteien beziehe eine monatliche Pension von EUR 790,02. Das pfändungsfreie Existenzminimum betrage EUR 726,--. Dem Vater verblieben somit lediglich EUR 64,02 monatlich, die er für Unterhaltsleistungen aufwenden könnte. Da aber für jede beschwerdeführende Partei ein Betrag von je EUR 726,-- aufzubringen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, die Haftungserklärung des Vaters sei tragfähig.
Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 2414/07-3 ablehnte, und die Beschwerde über nachträglichen Antrag der beschwerdeführenden Parteien mit gesondertem Beschluss dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Verfahren ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde erwogen:
Die beschwerdeführenden Parteien richten sich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung der notwendigen Unterhaltsmittel.
Dazu ist zunächst für eine Konstellation, wie sie hier vorliegt, auf das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0632, hinzuweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung - auf diese wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen - ausgeführt hat, dass im Ergebnis (auch) hier letztlich auf den in § 293 Abs. 1 (lit. a sublit. bb) ASVG enthaltenen Richtsatz abzustellen ist (vgl. in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0758). Zutreffend ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass dem Vater der beschwerdeführenden Parteien zur Sicherung seiner eigenen Lebensführung ein monatlicher Betrag im Ausmaß des in § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG (in der hier maßgeblichen Fassung des BGBl. II Nr. 532/2006) festgelegten Richtsatzes von EUR 726,-- zur Verfügung zu bleiben hat und er den für die beschwerdeführenden Parteien notwendigen Unterhalt nur mit dem darüber hinaus gehenden Einkommen bestreiten kann.
Es trifft in den gegenständlichen Fällen die Ansicht der belangten Behörde zu, dass für die volljährigen beschwerdeführenden Parteien an notwendigen Unterhaltsmitteln ebenfalls jeweils ein Betrag im Ausmaß des (einfachen) Ausgleichszulagenrichtsatzes des § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG - von hier EUR 726,-- - zu fordern sei (vgl. auch dazu das bereits genannte Erkenntnis 2008/22/0632).
Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Vater der beschwerdeführenden Parteien, der nach den von ihm im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden über eine monatliche Nettopension von EUR 790,02 verfüge, nicht in der Lage sei, auch nur einem der beschwerdeführenden Parteien die notwendigen Unterhaltsmittel zu verschaffen. Bei der Errechnung des heranzuziehenden monatlichen Einkommens des Vater hätte sie zwar - was in der Beschwerde gerügt wird - die anteiligen Sonderzahlungen berücksichtigen müssen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0835, sowie jenes vom , 2008/22/0758). Jedoch ist das sich danach ergebende Nettoeinkommen des Vaters ebenfalls bei weitem nicht ausreichend, um - nach Abzug jener Mittel, die für seine eigene Lebensführung in Anschlag zu bringen sind - auch nur einer beschwerdeführenden Partei die notwendigen Mittel verschaffen zu können.
Sohin erweist sich die behördliche Ansicht, die Haftungserklärung des Vaters der beschwerdeführenden Parteien könne - bezogen auf jeden einzelnen der beiden beschwerdeführenden Parteien - nicht als tragfähig angesehen werden, im Ergebnis nicht als rechtswidrig.
In der Beschwerde wird auch auf § 11 Abs. 3 NAG hingewiesen. Es trifft zu, dass die Niederlassungsbehörde verpflichtet ist, eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmen, wenn sie der Sache nach - ungeachtet einer Bezugnahme auf das in § 47 Abs. 3 NAG normierte Erfordernis des Vorliegens einer tragfähigen Haftungserklärung - die Antragsabweisung auf § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG - danach bestimmt sich nämlich die Tragfähigkeit der Haftungserklärung - gestützt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2008/21/0478, und vom , 2009/21/0044). Jedoch haben die beschwerdeführenden Parteien in ihren Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide, in denen ausdrücklich auf § 11 Abs. 3 NAG Bezug genommen wurde, keine Gründe geltend gemacht, wonach die Erteilung der begehrten Aufenthaltstitel nach dieser Bestimmung geboten gewesen wäre. Auch in der Beschwerde wird nur behauptet, dass eine Prüfung nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmen gewesen wäre. Es wird aber - ungeachtet dessen, dass sich die beschwerdeführenden Parteien insoweit nicht gegen die in erster Instanz getroffenen Entscheidungen gewendet hatten - nicht näher dargelegt, welche ergänzenden, für eine solche Prüfung relevanten Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen können und weshalb diese zu anderen Bescheiden hätten führen können.
Wenn in der Beschwerde auf die lange Dauer der Verwaltungsverfahren hingewiesen wird, ist ihr in keiner Weise zu entnehmen, welche Relevanz dem für den Ausgang dieser Verfahren zukommen könnte.
Es ist aber auch nicht anzunehmen, dass durch die lange Verfahrensdauer eine Verletzung des Art. 6 EMRK vorliegen könnte. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht kommt nämlich Art. 6 EMRK hier schon deshalb nicht zur Anwendung, weil ein einen Aufenthaltstitel versagender Bescheid kein "civil right" im Sinn dieser Konventionsbestimmung berührt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2008/22/0166, mwN).
Da sohin die behauptete Rechtsverletzung hinsichtlich beider angefochtener Bescheide nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-83977