VwGH vom 26.05.2015, 2013/11/0261
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der Dr. H F in W, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 64-66/1/12, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom , Zl. B 13/2013- 20/130917, Arzt Nr. 10254, betreffend Zuerkennung von Alters- und Invaliditätsversorgung (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte mit dem am bei der Erstbehörde (dem Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien) eingelangten Antrag vom - unter Vorlage ärztlicher Befunde - mit dem Vorbringen, auf Grund ihrer Erkrankung ihre ärztliche Tätigkeit nicht mehr ausüben zu können, die "Gewährung der dauernden Invaliditätsversorgung ab " beantragt.
Über diesen Antrag sprach die belangte Behörde mit dem nun angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid dahin ab, dass der Beschwerdeführerin für den Zeitraum von 1. Juli bis Invaliditätsversorgung wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit in Höhe von EUR 790,90 brutto monatlich, und für den Zeitraum ab eine vorläufige Altersversorgung in Höhe von EUR 558,49 brutto monatlich zuerkannt wurde.
In der Begründung führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes aus:
Die am geborene Beschwerdeführerin sei bis ordentliches Fondsmitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien und ärztlich tätig gewesen. Sie sei seit "erwerbsunfähig im Sinne des GSVG". Auf Grund ihres Gesundheitszustandes sei sie nicht in der Lage, einer ärztlichen Tätigkeit nachzukommen. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen ergebe sich eine Berufsunfähigkeit von mehr als drei Monaten; ob eine dauernde Berufsunfähigkeit vorliege, lasse "sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht schließen".
Nach einer Darlegung der maßgebenden Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien führte die belangte Behörde Folgendes aus:
Die Beschwerdeführerin sei "zumindest vorübergehend" nicht in der Lage, einer ärztlichen Tätigkeit nachzukommen. Da sie zum Zeitpunkt der Antragstellung das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und eine vorübergehende Berufsunfähigkeit von mehr als dreimonatiger Dauer vorgelegen sei, seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung der vorübergehenden Invaliditätsversorgung erfüllt.
Da sie am das 60. Lebensjahr vollendet habe, sei gemäß § 18 Abs. 5 der Satzung vorläufige Altersversorgung ab zuzuerkennen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens - von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen - in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Da die vorliegende Beschwerde mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof bereits anhängig war, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG darauf die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.
Weiters ist einleitend zunächst festzuhalten, dass im vorliegenden Beschwerdefall auf Basis der Aktenlage die Bescheidqualität der erstinstanzlichen Erledigung nicht strittig ist.
2. Hinsichtlich der maßgebenden Rechtslage und der Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung über einen Antrag auf Zuerkennung von Invaliditätsversorgung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0225, verwiesen.
Daraus ist Folgendes hervorzuheben:
Ausgehend von § 100 Abs. 2 ÄrzteG 1998, wonach vorübergehende Berufsunfähigkeit dann vorliegt, wenn diese nach begründeter medizinischer Voraussicht in absehbarer Zeit zu beheben ist, setzt die Beurteilung der Berufsunfähigkeit - ebenso wie deren Einschätzung als dauernd oder vorübergehend - im Regelfall auf ärztlichen Sachverständigengutachten beruhende Sachverhaltsfeststellungen der Behörde über die körperlichen und geistigen Gebrechen des Antragstellers und die davon ausgehenden Auswirkungen auf dessen Fähigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes voraus.
3. Der Beschwerdeführerin (die wie erwähnt die Zuerkennung der dauernden Invaliditätsversorgung ab beantragt hatte) wurde mit dem angefochtenen Bescheid einerseits Invaliditätsversorgung wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit für den Zeitraum von 1. Juli bis , andererseits (vorläufige) Altersversorgung ab zuerkannt.
Feststellungen, welche die Beurteilung, bei der Berufsunfähigkeit der Beschwerdeführerin handle es sich nur um eine vorübergehende, tragen könnten, finden sich im angefochtenen Bescheid nicht: In ihm wird die Beschwerdeführerin zwar als "seit erwerbsunfähig im Sinne des GSVG" beschrieben. Die darauf folgende Wendung, es lasse sich "aus den vorliegenden Unterlagen nicht schließen", "ob eine dauernde Berufsunfähigkeit vorliegt", ist einerseits nicht schlüssig begründet, und geht andererseits insofern am maßgebenden Thema vorbei, als vor dem Hintergrund des § 100 Abs. 2 ÄrzteG 1998 zu beurteilen gewesen wäre, ob eine Behebung der Berufsunfähigkeit in absehbarer Zeit zu erwarten ist.
Von der notwendigen Konkretisierung war die belangte Behörde auch nicht etwa deshalb entbunden, weil die Beschwerdeführerin mit (also vor Erlassung des angefochtenen Bescheides) dass 60. Lebensjahr vollendet hatte. Dafür, ob bei Eintritt des Ereignisfalls der dauernden Berufsunfähigkeit Invaliditätsversorgung zu gewähren ist, kommt es nämlich auf den "Eintritt des Ereignisfalles" und nicht auf den Entscheidungszeitpunkt der Behörde an (vgl. das zitierte Erkenntnis Zl. 2011/11/0225).
Beiden Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides fehlt daher eine nachvollziehbare Begründung, weil die belangte Behörde - offenbar in Verkennung der Rechtslage - die notwendigen Feststellungen unterlassen hat.
4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der Durchführung der seitens der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-83975