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VwGH vom 20.12.2006, 2006/13/0139

VwGH vom 20.12.2006, 2006/13/0139

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde des A in E, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0962-W/04, betreffend Entlassung aus der Gesamtschuld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom , 2002/13/0151, Slg. N.F. Nr. 7.771/F, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde desselben Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als unbegründet abgewiesen, mit dem der Beschwerdeführer als Mitglied des Vorstandes einer Winzergenossenschaft nach § 9 Abs. 1 BAO zur Haftung für uneinbringlich gewordene Abgabenschuldigkeiten der Winzergenossenschaft herangezogen worden war.

Der vorliegenden Beschwerde kann im Zusammenhang mit der ihr angeschlossenen Ablichtung des hier angefochtenen Bescheides entnommen werden, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid ein auf § 237 Abs. 1 BAO gestützter Antrag des Beschwerdeführers auf Entlassung aus der Gesamtschuld im Instanzenzug mit der Begründung abgewiesen wurde, das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen des in der betroffenen Hinsicht behauptungspflichtigen Beschwerdeführers habe weder eine persönliche noch eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben plausibel gemacht. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Vorliegen einer sachlichen Unbilligkeit der Einhebung entspreche seinem Vorbringen im Haftungsverfahren und könne angesichts des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/13/0151, eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung nicht erfolgreich darstellen, weil die Einhebung der Haftungsschuld sich im vorliegenden Fall nur als Auswirkung der generellen Norm des § 9 BAO darstelle. Der Behauptung des Beschwerdeführers über das Vorliegen persönlicher Unbilligkeit der Abgabeneinhebung sei entgegenzuhalten, dass ihm als Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ein fremdüblicher Entlohnungsanspruch zustehe, dass er Gesellschafter der Kapitalgesellschaft mit einem Anteil von 70 % am einbezahlten Stammkapital von EUR 35.000,-- sei, wobei diese Gesellschaft im Geschäftsjahr 2003 Umsatzerlöse von rund EUR 95.000,-- und im Geschäftsjahr 2004 Umsatzerlöse von rund EUR 89.000,-- mit entsprechenden Bilanzgewinnen erzielt und in ihrem Betriebsvermögen neben Anteilen an Investmentfonds in Höhe von EUR 615.000,-- auch ein Guthaben bei einem Kreditinstitut in Höhe von über EUR 41.000,-- habe und sich auch auf dem Abgabenkonto dieser Kapitalgesellschaft ein Guthaben in Höhe von rund EUR 9.500,-- befinde. Auf die schon im bekämpften Bescheid des Finanzamtes angeführten Liegenschaften sei noch zusätzlich zu verweisen. Bestehende Verfügungsbeschränkungen in Form von Belastungs- und Veräußerungsverboten seien als zeitlich beschränkt anzusehen; darüber hinaus sei der Beschwerdeführer auch noch als Eigentümer einer Wiener Eigentumswohnung im Grundbuch eingetragen. Seinen Gesamtschuldenstand in Höhe von rund EUR 409.000,-- habe der Beschwerdeführer in der mündlichen Berufungsverhandlung betragsmäßig bestätigt, sodass zudem davon ausgegangen werden müsse, dass die Entlassung aus der in Rede stehenden Gesamtschuld von EUR 36.993,19 nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte. Es müsste damit selbst im Falle der Bejahung einer Unbilligkeit der Abgabeneinhebung die sodann zu treffende Ermessensentscheidung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Entlassung aus der Gesamtschuld nach § 237 BAO mit der Begründung als verletzt ansieht, dass trotz entsprechender Hinweise durch ihn bei anderen Vorstandsmitgliedern der Winzergenossenschaft keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden seien, was eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Ungleichbehandlung und damit eine sachliche Unbilligkeit der Abgabeneinhebung bei ihm herstelle, während die persönliche Unbilligkeit darin liege, dass "durch die mögliche Verwertung von Vermögensgegenständen" die Existenzgrundlage des Beschwerdeführers gefährdet wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 237 Abs. 1 BAO kann auf Antrag eines Gesamtschuldners dieser aus der Gesamtschuld ganz oder zum Teil entlassen werden, wenn die Einhebung der Abgabenschuld bei diesem nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Voraussetzungen für die Entlassung eines einzelnen Gesamtschuldners aus dem Gesamtschuldverhältnis sind grundsätzlich die gleichen wie die für die Nachsicht, nämlich die Unbilligkeit der Einziehung der Abgabe, für welche ein Gesamtschuldner einzustehen hat. Während für die Nachsicht (§ 236 BAO) das Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen bei allen Mitschuldnern gefordert wird, genügt es für eine Maßnahme nach § 237 BAO, wenn die Billigkeitsgründe lediglich in der Person des antragstellenden Gesamtschuldners gelegen sind (siehe die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0284, und vom , 99/15/0023).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt Unbilligkeit der Einhebung im Allgemeinen voraus, dass die Einhebung in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu jenen Nachteilen stünde, die sich aus der Einziehung für den Steuerpflichtigen oder für den Steuergegenstand ergeben. Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein. Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtswerbers gefährdete. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht (aus persönlichen Gründen) nicht unbedingt der Existenzgefährdung oder besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme. Eine sachliche Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt. Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und - verglichen mit ähnlichen Fällen - zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen. Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. für viele hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2005/13/0176, mit weiterem Nachweis).

Vor diesem Hintergrund zeigt der Beschwerdeführer mit seinem -

jede argumentative Auseinandersetzung mit der Begründung des angefochtenen Bescheides vermeidenden - Beschwerdevorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Selbst wenn es zuträfe, dass von mehreren Vorstandsmitgliedern der Genossenschaft nur der Beschwerdeführer zur Haftung herangezogen worden sein sollte, würde dieser Umstand die Auswirkungen der Rechtsfolge des § 9 Abs. 1 BAO für den Beschwerdeführer noch zu keiner "sachlichen Unbilligkeit" der Abgabeneinhebung machen können. Der Begründung des angefochtenen Bescheides für das Fehlen persönlicher Unbilligkeit tritt der Beschwerdeführer allein mit der Floskel entgegen, "durch die mögliche Verwertung von Vermögensgegenständen" wäre seine "Existenzgrundlage gefährdet". Indem der Beschwerdeführer die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Bescheides zum Fehlen persönlicher Unbilligkeit nicht angreift, kann seiner Behauptung des Vorliegens persönlicher Unbilligkeit der Beschwerde zu keinem Erfolg verhelfen, weil der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde auf der Basis der von ihr getroffenen Sachverhaltsfeststellungen auch hiezu kein Fehler anhaftet.

Der Vollständigkeit halber ist zu ergänzen, dass auch der Beurteilung der belangten Behörde beizupflichten ist, dass selbst im Falle einer Bejahung einer Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben die zu treffende Ermessensentscheidung aus jenen Erwägungen nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte ausfallen können, die in der im hg. Erkenntnis vom , 2005/13/0176, zitierten Vorjudikatur dargelegt worden sind.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte wegen Vorliegens beider Tatbestände des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG in einem nach dieser Gesetzesstelle gebildeten Senat beschlossen werden. Der Erlassung des mangels Erfüllung des in § 24 Abs. 2 VwGG statuierten Erfordernisses sonst erforderlichen Mängelbehebungsauftrages nach § 34 Abs. 2 VwGG bedurfte es bei diesem Ergebnis nicht mehr.

Wien, am