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VwGH vom 23.09.2014, 2013/11/0256

VwGH vom 23.09.2014, 2013/11/0256

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des L W in G, vertreten durch Eisenberger Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. 41.550/837- 9/13, betreffend Entschädigung nach dem Verbrechensopfergesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

Mit im Instanzenzug angefochtenem Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf Pauschalentschädigung für Schmerzengeld, psychotherapeutische Krankenbehandlung sowie in Form des Ersatzes von Verdienstentgang nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) abgewiesen.

Begründend führte die Bundesberufungskommission nach Wiedergabe der Berufung zusammengefasst aus, im Abschlussbericht der Polizeiinspektion A vom werde - auszugsweise - Folgendes ausgeführt (anonymisiert):


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"-
Darstellung der Tat:
Ein unbekannter Täter steht im Verdacht am , um 21:30 Uhr, Graz 03, L(...)-gasse 27, den Tatbestand der schweren Körperverletzung gesetzt zu haben, indem er vermutlich mit Absicht einen Knallkörper (vermutlich ein sogenannter 'Kanonenschlag' oder ein 'Böller') in Richtung des Opfers (Beschwerdeführers) geworfen hat. Durch die Explosion des Knallkörpers hinter dem Kopf des Opfers, ist (der Beschwerdeführer) auf der Straße zusammengebrochen, kurzfristig nicht ansprechbar gewesen und trat in der Folge eine länger anhaltende Gesundheitsbeeinträchtigung (Gehörschädigung, etc., siehe beiliegendes Attest) ein. (Der Beschwerdeführer) war von bis einschließlich in der Privatklinik der K(...) in stationärer Behandlung. Zur Zeit (letzter Kontakt war der ) ist er immer noch im Krankenstand, wobei der behandelnde Arzt angab, dass dieser Zustand bis zu sechs Monaten anhalten kann. Vermutlich wurde der Knallkörper von einem Balkon der Häuser L(...)-gasse 32-34 geworfen. Da das Opfer 19m von der Nordwestecke des Hauses L(...)- gasse 34 entfernt stand (bzw. 10m vom gegenüberliegenden Haus L(...)-gasse 27 entfernt), ist anzunehmen, dass der unbekannte Täter gezielt in seine Richtung geworfen hat.
-
Beweismittel:
Angaben des (Zeugen P)
Die Anzeigeerstattung des (Beschwerdeführers) am , um ca. 19:00 Uhr, in der ho. Dienststelle.
(Der Beschwerdeführer) gab sinngemäß Folgendes an: Ich wurde von einem Freund (Zeuge P) am , um ca. 21:30 Uhr, mit seinem Pkw nach Hause gebracht. Wir sind durch die W(...)-gasse) nach rechts in die L(...)-gasse gefahren und er blieb gegenüber dem Haus L(...)-gasse 27, am linken Fahrbahnrand, stehen. Er verabschiedete sich von mir und ich stieg aus. Als ich mich vom Fahrzeug abwandte, um auf die gegenüberliegende Straßenseite zu gehen (in Richtung Haus L(...)-gasse 25 - 27), gab es hinter mir einen fürchterlichen Knall. Was dann passierte, kann ich nur durch
die Erzählung meines Freundes wiedergeben. Ich fiel rücklings in
Richtung des Autos meines Freundes und in der Folge zu Boden. Dort blieb ich ohnmächtig liegen. Mein Freund ist sofort aus dem Fahrzeug gestiegen und mir zu Hilfe geeilt. Nachdem ich wieder ansprechbar war, und ich mich wieder aufsetzen konnte, führte er mich mit seinem Pkw sofort ins UKH-Graz. Nach der dort durchgeführten Erstuntersuchung (HWS­ und Schädelröntgen, etc.) wurde ich an einen Hals-, Nasen- Ohrenarzt verwiesen. Dieser stellte einen Tinnitus beidseitig fest. Auch ist mein Hörvermögen stark (über 50 Prozent) vermindert. Alles Weitere ist aus dem Attest heraus zu lesen. Zu der Explosion hinter meinem Kopf kann ich angeben, dass es sich um einen größeren Knallkörper gehandelt haben muss, da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie ein 'deutscher Kracher' explodiert. Auch glaube ich, dass der Knallkörper von einem Balkon der Häuser L(…)-gasse 32-34 geworfen wurde, da ich selbst in Richtung der Häuser L(...)-gasse 25-27 blickte. Wäre ein Knallkörper von den beiden letztgenannten Häusern geworfen worden, hätte ich wahrscheinlich die 'Leuchtspur' und das Zischen des Feuerwerkkörpers wahrnehmen können. Bemerken möchte ich in diesem Zusammenhang, dass seit dem Jahreswechsel in unserer Gegend immer wieder des Nächtens Knallkörper geworfen werden. Mir ist jedoch nicht bekannt, in welchen Häusern diese unbekannten Werfer zu Hause sind.
Bei der Besichtigung des Tatortes konnte vom Bearbeiter Folgendes festgestellt werden.
Der Abstellplatz des Fahrzeuges (des Zeugen P) ist ziemlich genau in Höhe der Nordwestecke des Hauses L(...)-gasse 34, jedoch 19m von dieser Ecke entfernt, gewesen. Das Haus selbst besitzt 14 Stockwerke. Auch wenn man aus dem letzten Stock einen Knallkörper hinunterfallen lässt, kann dieser nicht von selbst (wahrscheinlich nicht einmal bei starkem Wind) bis zur Fahrbahn fallen. Dies ist nur mit einem gezielten Wurf möglich. Spuren bzw. Überreste dieses Knallkörpers wurden vom Bearbeiter am , ca. 23:00 Uhr, keine mehr vorgefunden.
In der Folge wurden vom Bearbeiter Befragungen in den beiden Häusern L(...)-gasse 32 und 34) durchgeführt. Einigen Bewohnern ist zwar aufgefallen, dass in der Nacht gelegentlich ein Knallkörper irgendwo auf der Straße detonierte, aber es konnte niemand einen konkreten Hinweis über den Vorfall in der Nacht vom 11.01. auf den geben. Auch wusste niemand, ob es im Haus Personen gibt, die Knallkörper vom Balkon werfen.
Der (Zeuge P) wurde telefonisch zu diesem Vorfall befragt. (Der Zeuge P) gab sinngemäß Nachstehendes an: 'Ich habe meinen Bekannten (den Beschwerdeführer) mit dem Auto nach Hause gebracht. Ich hielt mein Fahrzeug gegenüber dem Haus L(...)-gasse 27 am linken Fahrbahnrand an. Wir verabschiedeten uns und er stieg aus dem Fahrzeug aus. Nachdem er die Türe geschlossen hatte, wandte er sich in Richtung des Hauses L(...)-gasse 25. Plötzlich gab es einen fürchterlichen Knall außerhalb des Fahrzeuges. Ich sah wie (der Beschwerdeführer) rücklings (in Richtung meines Autos) umfiel. Ich stieg sofort aus und eilte ihm zu Hilfe. Er lag auf der Fahrbahn und war kurzzeitig nicht ansprechbar. Ich konnte keine äußerliche Verletzung sehen. Als er wieder zu sich kam, musste ich ihn überreden, ihn ins UKH zu bringen. Er war so benommen und konnte vorerst keine Angaben über den erlebten Vorfall machen. Auch ich kann nur angeben, dass ich lediglich den Knall wahrgenommen habe. Woher der Knallkörper gekommen ist, bzw. wer ihn geworfen hat, kann ich nicht angeben. Auch habe ich niemanden auf der Straße, bzw. auf einem Balkon gesehen.'
Am wurde von (dem Beschwerdeführer) das Attest über seinen Gesundheitszustand via E-Mail nachgereicht. Es wurde dem Akt beigefügt.
-Sonstige Verfügungen:
Die zum vorliegenden Abschlussbericht durchgeführten Nachforschungen und Erhebungen verliefen aufgrund fehlender Anhaltspunkte und sachdienlicher Hinweise bis jetzt ohne Erfolg. Der gegenständliche Sachverhalt wird ha. in Evidenz gehalten und im Falle der Täterausforschung wird nachträglich berichtet."
Nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die Bundesberufungskommission aus, den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und des Zeugen P. nach könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in der Nacht des von seinem Freund mit dessen Wagen nach Hause gebracht worden sei. Nachdem er aus dem Wagen gestiegen sei und sich umgedreht habe, sei in seiner unmittelbaren Nähe ein lauter Knall zu hören gewesen.
Wodurch dieser Knall verursacht worden sei, stehe nicht fest, weil von den ermittelnden Beamten keine Spuren bzw. Überreste eines Knallkörpers gefunden worden seien. Weder der Beschwerdeführer oder der Zeuge P. noch sonstige Zeugen hätten den Flug eines Geschoßes oder eine Person, welche einen Gegenstand werfe, wahrgenommen.
Die Angaben im Berufungsvorbringen, dass die Verabschiedung des Beschwerdeführers von seinem Freund längere Zeit in Anspruch genommen habe, indem er durch das geöffnete Fenster mit diesem gesprochen habe, widersprächen seiner eigenen Schilderung und auch der Darstellung der Abläufe durch den Zeugen P, welche im Zuge der polizeilichen Ermittlungen getätigt worden seien. Es werde der Anschein erweckt, dass die Beschreibung der Argumentation im erstinstanzlichen Bescheid angepasst worden sei.
Es werde daher von der als authentischer erachteten, ursprünglichen Version ausgegangen, nämlich, dass sich der Zeuge P. vom Beschwerdeführer verabschiedet habe, dieser ausgestiegen sei und sich vom Fahrzeug abgewandt habe, um auf die gegenüberliegende Straßenseite zu gehen (in Richtung eines näher genannten Hauses), im Zuge dessen hinter ihm ein sehr lauter Knall zu hören gewesen sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit sei gegeben, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 VOG spreche.
Diesen Grad der geforderten Wahrscheinlichkeit hätten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht begründen können. Die Wahrscheinlichkeit gelte für Tatbestandsmäßigkeit (Voraussetzung der tatbildmäßigen Handlung) und für die Kausalität (ursächlicher Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit dieser Handlung). Das VOG knüpfe den Anspruch des Geschädigten an das Vorliegen einer vorsätzlichen Handlung. Fahrlässigkeitsdelikte begründeten demnach keinen Anspruch auf Hilfeleistung.
Die von § 83 Abs. 2 StGB verlangte Misshandlung müsse mit Vorsatz erfolgen, wobei dolus eventualis genüge. Es reiche aus, dass der Täter es ernstlich für möglich halte und sich damit abfinde, dem Betroffenen ein nicht ganz unerhebliches körperliches Übel zuzufügen. Dass er mit einem derartigen Erfolg bloß rechnen müsse, reiche als Begründung für dolus eventualis nicht aus. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung gehe davon aus, dass es für die Annahme des bedingten Vorsatzes nicht ausreiche, wenn man bloß feststellen könne, dass der Täter um die Tatbestandsverwirklichung hätte wissen müssen oder können oder mit ihr hätte rechnen können. Ebenso wenig genüge es, dass sich der Täter irgendwelche Gedanken hätte machen müssen oder können. Wenn der Täter das Risiko der Tatbestandsverwirklichung so hoch eingeschätzt habe, dass ein maßgerechter (d.h. gesetzestreuer) Bürger in dieser Situation die Tathandlung unterlassen hätte, weil ihm das Risiko zu groß erschiene, dann sei davon auszugehen, dass auch der Täter die Tatbestandsverwirklichung ernstlich für möglich gehalten habe.
Nach der allgemeinen Lebenserfahrung würden Knallkörper geworfen, um Lärm zu erzeugen, wobei wohl damit gerechnet werden müsse, jemanden dadurch zu erschrecken. Allerdings indiziere nicht einmal die Absicht, einen anderen - etwa durch Drohen mit einem Messer oder durch Abgabe eines Schreckschusses - einzuschüchtern, einen Misshandlungsvorsatz. Das in der Berufung zitierte Judikat (zitiert wird das ) habe das Schleudern eines Sessels gegen den Rücken des Opfers zum Gegenstand, sei sohin mit dem Wurf eines Knallkörpers nicht vergleichbar. Das Schleudern eines Sessels gegen den Rücken einer Person sei jedenfalls sehr geeignet, zumindest eine Misshandlung herbeizuführen.
Rache als Motiv, jemanden zu misshandeln bzw. am Körper zu verletzen, sei angesichts des Vorbringens, dass sich der Berufungswerber vor dem Vorfall über Böllerwürfe in der Nachbarschaft beschwert und die Einstellung der Böllerwürfe gefordert habe, nicht plausibel. Es werde nicht vorgebracht, dass Anzeige erstattet worden sei und Personen behördlich verwarnt oder verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert worden wären. Bloße Unmutsäußerungen und die Aufforderung, eine Handlung zu unterlassen, seien nicht schwerwiegend genug, um eine Racheaktion, mit dem Ziel zu misshandeln bzw. zu verletzen nach sich zu ziehen. Wesentlich wahrscheinlicher wäre daher die Reaktion, ärgern oder erschrecken zu wollen.
Es sei auch nicht wahrscheinlich, dass der mit einem fremden Wagen vorfahrende Beschwerdeführer, nachts, in kurzer Zeit, erkannt, als Wurfziel ausgemacht, anvisiert und erreicht worden sei.
Sollte die Berufsunfähigkeit des Beschwerdeführer durch den Knall in der Nacht vom verursacht worden sein, handle es sich um eine inadäquate Folge dieses Ereignisses, eine derart schwerwiegende Dauerfolge stelle einen untypischen Verlauf dar.
Dass das Vorliegen einer Handlung gem. § 1 Abs. 1 Z 1 VOG nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne, also grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, reiche für die Anerkennung nicht.
Entgegen dem Berufungsvorbringen komme der Beurteilung der Polizeibeamten, welche die Erhebungen durchgeführt haben, keine Präjudizwirkung zu. Deren Wahrnehmungen seien der Beurteilung des Sachverhaltes zugrunde gelegt worden. Deren Beurteilung der subjektiven Tatseite komme jedoch lediglich die Qualität einer Meinungsäußerung zu. Keinesfalls obliege es den ermittelnden Polizeibeamten als Hilfsorgan der Staatsanwaltschaft, eine verbindliche strafrechtliche Bewertung, im Sinne der Beantwortung einer Vorfrage (Entscheidung über eine präjudizielle Rechtsfrage) vorzunehmen.
Da die vom Berufungswerber angegebenen Gesundheitsschädigungen nicht mit Wahrscheinlichkeit durch eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und ihm gegenüber vorsätzliche Handlung verursacht worden seien, sei spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde.
Das Bundesverwaltungsgericht legte die Akten des Verfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des VOG lauten (auszugsweise):

"Kreis der Anspruchsberechtigten

§ 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

...

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre

Erwerbsfähigkeit gemindert ist. ...

(2) Hilfe ist auch dann zu leisten, wenn

...

3. der Täter nicht bekannt ist oder wegen seiner Abwesenheit nicht verfolgt werden kann.

..."

1.2. Da die vorliegende Beschwerde mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof bereits anhängig war, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG darauf die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1. Die Beschwerde rügt zusammengefasst, die belangte Behörde hätte sich über die Beweisanträge des Beschwerdeführers in unzulässiger Weise hinweggesetzt. Der Umstand, dass am Tatort keine Spuren eines Böllers gefunden worden seien, spreche nicht gegen die Darstellung des Beschwerdeführers. Der Ortsaugenschein sei erst 24 Stunden nach dem Vorfall durchgeführt worden; dass zu diesem Zeitpunkt eine aus Papier und Karton bestehende Ummantelung des Böllers nicht mehr habe gefunden werden können, sei wohl kaum ein Indiz dafür, dass der Knall nicht durch einen solchen verursacht worden sei. Die belangte Behörde irre, wenn sie im gegenständlichen Fall lediglich eine Einschüchterung ohne zumindest bedingten Vorsatz auf die Zufügung eines körperlichen Übels annehme. Ein bedingter Misshandlungsvorsatz sei auch dann schon gegeben, wenn sich der Täter keine klare Vorstellung von dem mache, was er wirklich herbeiführen wolle, entscheidend sei allein der planverwirklichende Handlungswille sowie das Ernstnehmen der Gefahr, beides sei hier zweifelsfrei verwirklicht. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass man bei der Verwendung von Feuerwerkskörpern lediglich damit rechnen müsse, jemanden (offenbar mit einem gezielten Wurf) zu erschrecken oder zu ärgern, werde der Missbrauch von Feuerwerkskörpern in unvertretbarer Weise verharmlost, es handele sich um einen idealtypischen Fall einer Misshandlung iSd. § 83 Abs. 2 StGB. In dem Abschlussbericht der Polizeiinspektion A vom werde ausdrücklich festgehalten, dass ein Knallkörper vom letzten Stock des Hauses Lgasse 34 nur mit einem gezielten Wurf bis zur Fahrbahn fallen könne. Nach "ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung" gelte das Vorliegen einer Tatsache bereits dann als erwiesen, wenn sich auf Grund von Erfahrungssätzen die zu beweisende Tatsache aus anderen, unstrittigen Tatsachen ergebe; der Anscheinsbeweis beruhe auf dem Umstand, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch seien. Es sei willkürlich, die Grenze für die Wahrscheinlichkeit der subjektiven Tatseite des unbekannten Täters genau zwischen "Erschrecken" und "Misshandeln" zu ziehen, da wenn jemand einen Böller auf einen Menschen werfe, er wohl eher eine Misshandlung als nur einen Schreck in Kauf nehme.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

2.2.1. Das VOG knüpft den Anspruch des Geschädigten an das Vorliegen einer zumindest bedingten vorsätzlichen Handlung iSd.

§ 1 Abs. 1 VOG. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine ausreichende Wahrscheinlichkeit iSd. § 1 Abs. 1 VOG 1972 erst gegeben, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/11/0219, mwN).

2.2.2. Die Beschwerde übersieht, dass die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid nur die Sachverhaltsannahme zugrunde gelegt hat, dass der Beschwerdeführer beim in Rede stehenden Vorfall einen lauten Knall in seiner unmittelbaren Nähe gehört habe, aber nicht feststehe, wodurch dieser verursacht worden sei. Der Meinung des Beschwerdeführers, dass es sich um die Detonation eines Knallkörpers gehandelt hätte, der in seine Richtung geworfen worden wäre, hat sich die belangte Behörde nicht angeschlossen.

Die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde, die sich im Wesentlichen darauf gestützt hat, dass weder der Beschwerdeführer noch der Zeuge P. den Flug eines Geschoßes oder eine Person, die einen Gegenstand in die Richtung des Beschwerdeführers geworfen hätte oder sich an ihn herangeschlichen hätte, wahrgenommen hätten, dass weiters von den ermittelnden Beamten (am nächsten Tag) keine Spuren bzw. Reste eines Knallkörpers gefunden worden wären und der Beschwerdeführer nur mutmaße, dass auf ihn ein Knallkörper geworfen worden wäre, ist vor dem Hintergrund der Aktenlage nicht als unschlüssig zu erkennen.

Dass die Polizeibeamten die Angaben des Beschwerdeführers für glaubwürdig gehalten und aufgrund der Ermittlungen gewisse - aber lediglich "vermutliche" - Schlüsse hinsichtlich der subjektiven Tatseite gezogen haben, steht der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht entgegen. Es besteht keine Bindungswirkung zwischen den Ermittlungsergebnissen der Polizei und der Beurteilung der belangten Behörde.

2.2.3. Da nach - nicht zu beanstandender - Auffassung der belangten Behörde nicht einmal anzunehmen ist, dass der vom Beschwerdeführer und dem Zeugen P. gehörte Knall auf einen Knallkörper zurückzuführen war, der in Richtung des Beschwerdeführers geworfen wurde, gab es von vornherein keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer zumindest mit bedingtem Vorsatz begangenen strafbaren Handlung iSd. § 1 Abs. 1 Z. 1 VOG.

Daran ändert es nichts, dass sich die belangte Behörde veranlasst sah, in ihrer Bescheidbegründung - erkennbar als Zusatzargument - darauf hinzuweisen, das Werfen eines Knallkörpers stelle üblicherweise keine Handlung dar, die mit bedingtem Misshandlungsvorsatz erfolge. Anders als es die Beschwerde vermeint ist nämlich keineswegs immer dann, wenn ein Knallkörper geworfen wird, also ohne Beurteilung der Handlung im Einzelfall, davon auszugehen, dass ein bedingter Misshandlungsvorsatz iSd.

§ 83 Abs. 2 StGB vorliegt.

Da im Beschwerdefall aber wie dargelegt nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die vom Beschwerdeführer vermutete Handlung, nämlich das Werfen eines Knallkörpers in seine Richtung, überhaupt stattgefunden hat, ist die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, es spräche nicht erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat iSd.

§ 1 Abs. 1 Z. 1 VOG, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

2.2.3. In der Unterlassung der Einvernahme des Zeugen P. durch die belangte Behörde ist kein relevanter Verfahrensmangel zu erblicken, weil aus dessen Angaben, die die belangte Behörde wiedergegeben hat, keine andere Bewertung des in Rede stehenden Vorfalles hervorgeht (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/11/0001).

2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
JAAAE-83971