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VwGH vom 02.02.2012, 2011/04/0146

VwGH vom 02.02.2012, 2011/04/0146

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Atzl Dillersberger Bronauer in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2011/25/1085- 3, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als der verantwortliche Direktor der X. Limited Holding zu verantworten, dass dieses Unternehmen am ausgehend von seiner Niederlassung an einer näher angeführten Anschrift in K auf seiner Homepage

I. eine dem Gegenstand des reglementierten Gewerbes "Zimmermeister" gemäß § 94 Z. 82 GewO 1994 vorbehaltene Tätigkeit (auf eine im angefochtenen Bescheid näher beschriebene Weise) an einen größeren Kreis von Personen angeboten habe, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben;

II. ein Wort/Bildlogo "Meisterbetrieb" mit dem Zusatz "Der Zimmermeister macht's dir leichter", somit im geschäftlichen Verkehr das österreichische Gütesiegel für Meisterbetriebe gemäß Gütesiegelverordnung BGBl. II Nr. 313/2009 verwendet habe, ohne dass der Inhaber oder der gewerberechtliche Geschäftsführer des Gewerbebetriebes eine entsprechende Meisterprüfung erfolgreich abgelegt habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch hinsichtlich Spruchpunkt I. gegen § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 1 Abs. 4, § 5 Abs. 1, § 94 Z. 82 und § 149 GewO 1994, hinsichtlich Spruchpunkt II. gegen § 367 Z. 2a iVm § 20 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 verstoßen; deshalb werde über ihn zu Spruchpunkt I. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen) und zu Spruchpunkt II. eine Geldstrafe in Höhe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde weiter im Wesentlichen aus, Domaininhaberin der gegenständlichen Internetseiten sei die X. Limited Holding mit Sitz in L, deren Direktor - somit die zur Vertretung nach außen berufene Person - der Beschwerdeführer sei. Die X. Limited Holding entfalte in England "keine Geschäftstätigkeit", womit es sich um ein "ruhendes Unternehmen"

handle; auf der ihr gehörenden Website www.x....... .at sei

zur Tatzeit "für Informationen" die X. Holzbau Handels KG an der angeführten Adresse in K angegeben gewesen. Nach dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers bestehe an dieser Anschrift in K die X. Holzbau Handels KG, deren Komplementär der Beschwerdeführer sei.

Auf Grund dieser Tatsachen sei "davon auszugehen, dass die Limited von K aus kaufmännisch geleitet und betrieben" werde, sodass faktisch eine Niederlassung der Limited in K bestehe.

In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde daraus, dass ein inländischer Tatort vorliege und somit die GewO 1994 anzuwenden sei und erachtete im Weiteren die Ausführungen der Erstbehörde betreffend Verschulden und Unrechtsgehalt sowie die vorgenommene Strafbemessung als zutreffend.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 2 Abs. 1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs. 2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

2. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer im Kern vorgeworfen, dieser habe es als das vertretungsbefugte Organ der X. Limited Holding nicht unterbunden, dass dieses Unternehmen entgegen Bestimmungen der GewO 1994 gewerbliche Leistungen angeboten bzw. das österreichische Gütesiegel für Meisterbetriebe verwendet hat.

Der Verwaltungsgerichshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass bei Unterlassungsdelikten, die im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgen, der Tatort im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammenfällt (vgl. etwa die Nachweise bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze II2 § 2 VStG E 7).

Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie hinsichtlich des Tatortes im gegenständlichen Fall auf die (faktische) Niederlassung der X. Limited Holding abgestellt hat.

3. Die Beschwerde bekämpft allerdings die behördlichen Feststellungen, wonach das angeführte Unternehmen von K aus kaufmännisch geleitet und betrieben werde und daher dort die faktische Niederlassung bestehe, und bringt dazu u.a. vor, zwar führe das " Companies House " in Großbritannien hinsichtlich der einzureichenden Bilanzen den Vermerk " dormant ", sodass nur eine einfache Bilanz eingereicht werden müsse. Der Status des Unternehmens - das nach wie vor mit Sitz in L bestehe - sei allerdings " Aktive ". Die belangte Behörde habe zur Geschäftstätigkeit und zum Ort der Niederlassung der X. Limited Holding keine ausreichenden Erhebungen durchgeführt und die diesbezüglichen Feststellungen nicht näher begründet.

4. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

Dem Verwaltungsakt ist im Zusammenhang mit dem wiedergegebenen Beschwerdevorbringen u.a. ein Mail des österreichischen Wirtschaftsdelegierten in L vom zu entnehmen, in dem u.a. auf den Sitz der X. Limited Holding in L und darauf, dass es sich dabei um ein ruhendes Unternehmen handle, hingewiesen wird; im Anhang zu diesem Mail finden sich Auszüge aus dem Register des "Companies House", in denen u.a. der Status des Unternehmens als " active " bezeichnet, eine Adresse des Beschwerdeführers in L genannt wird und Geschäftsfelder des Unternehmens angegeben werden.

Die belangte Behörde hat sich mit diesen Informationen weder im Ermittlungsverfahren weiter befasst noch sie in der Begründung des angefochtenen Bescheides behandelt, womit sie diesen mit Rechtswidrigkeit belastet hat.

5. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am