VwGH 25.02.2009, 2006/13/0135
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der V KG in W, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , RV/2650-W/02, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1998 zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31. August bilanzierenden beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft (Beschwerdeführerin) waren im Streitjahr als persönlich haftende Gesellschafterin die R GmbH und als Kommanditist KR beteiligt. KR war auch Geschäftsführer der R GmbH und auch an dieser beteiligt. Die R GmbH war zu 50% an einer W GmbH beteiligt, über deren Vermögen mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom das Ausgleichsverfahren und am der Anschlusskonkurs eröffnet wurde. Am wurde der Anschlusskonkurs mangels Kostendeckung aufgehoben. Die W GmbH wurde im Firmenbuch gelöscht.
Über eine abgabenbehördliche Prüfung bei der Beschwerdeführerin hielt die Prüferin in ihrem Bericht vom fest (Tz 17), es seien "Scheckabbuchungen" vom in Höhe von 280.000 S und vom in Höhe von 420.000 S als Betriebsausgaben gebucht worden. Diese Zahlungen seien an die W GmbH ergangen, die Prüferin rechne sie jedoch der Beschwerdeführerin gewinnerhöhend hinzu, weil die Zahlungen nicht betrieblich veranlasst seien.
Zwar sei beim Scheckausgang von 280.000 S am Kontoauszug die Anmerkung "Fa. W Darlehen" handschriftlich ergänzt worden, es existiere jedoch kein Darlehensvertrag. Die Buchung der Zahlung sei zuerst "über Darlehen" erfolgt, die Forderung sei dann als Schadensfall ausgebucht worden. Zum Scheckausgang von 420.000 S sei angegeben worden, die Zahlung sei für die Gebietskrankenkassenschulden der W GmbH verwendet worden. Die Verbuchung sei im Rechnungswesen der Beschwerdeführerin am Konto "Aufwand für W GmbH" erfolgt.
Offenbar seien die Schecks bei der bezogenen Bank bar behoben und die Beträge dann in die Kassa der W GmbH eingelegt worden. KR habe angegeben, wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der W GmbH sei es zu finanziellen Unterstützungen der W GmbH durch die Beschwerdeführerin "in Form der vorher erwähnten Schecks" gekommen. Als Nachweis für diese Aussage sei ein Schreiben der Steuerberatungskanzlei der W GmbH übermittelt worden, wonach beide Zahlungen auf das Lieferantenkonto der R GmbH verbucht worden seien.
Durch die beiden Zahlungen habe die Beschwerdeführerin eine Forderung gegenüber der W GmbH von 700.000 S gehabt, welche jedoch im Insolvenzverfahren nicht angemeldet worden sei. Laut Auskunft von KR sei die Anmeldung der 700.000 S deshalb unterblieben, weil mit keiner Quote gerechnet worden sei. Andererseits seien - so heißt es im Prüferbericht weiter - Forderungen der Beschwerdeführerin an die W GmbH über offene Mieten und unbeglichene Maschinenlieferungen angemeldet worden.
Mit Bescheid vom stellte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin gemäß § 188 BAO für das Wirtschaftsjahr 1997/1998 entsprechend dem Prüferbericht fest.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass sie in ständiger Geschäftsverbindung mit der W GmbH gestanden sei und daher an deren Weiterbestand Interesse gehabt habe, dies unter anderem aufgrund der nicht unbeträchtlichen Lieferforderungen an die W GmbH. Nach der Insolvenz der W GmbH seien infolge eines Fehlers nur die offenen Lieferforderungen, nicht jedoch die Darlehensforderung angemeldet worden, weil letztere nicht auf dem Kundenforderungskonto verbucht gewesen sei. Eine Korrektur sei unterblieben, weil die Beschwerdeführerin in Kenntnis der finanziellen Situation der W GmbH mit keiner Quote habe rechnen können. Die Beschwerdeführerin beantragte, "diese Beträge als Verlust abschreiben zu können".
Auf Vorhalt der Berufung verwies die Prüferin auf Tz 17 ihres (oben erwähnten) Berichtes vom .
Die Beschwerdeführerin führte dazu in einem Schriftsatz vom aus, dass "der Sachverhalt sich nicht verändert hat". Die Beschwerdeführerin habe ein Darlehen gewährt, das infolge Insolvenz des Darlehensnehmers, eines Kunden der Beschwerdeführerin, nicht rückbezahlt worden sei. Die Beschwerdeführerin beantrage die "Anerkennung der Abschreibung obigen Darlehens".
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab, worauf die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.
In der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde am führte der Vertreter der Beschwerdeführerin aus, es habe keinen Darlehensvertrag und keine Vereinbarung gegeben. Die Hingabe der Geldbeträge in Form von Schecks sei deshalb gewählt worden, weil "der Exekutor vor der Tür gestanden sei." Die W GmbH habe Mitte der 90er Jahre eine Sportpistole entwickelt, im März 1996 sei diese Entwicklungsphase (Entwicklung eines Prototyps) abgeschlossen gewesen. Die zweite Phase der Entwicklung (Herstellung der Serienreife) sei im Mai 1997 abgeschlossen gewesen. Der Plastikanteil der Pistole habe etwa 40% betragen und sei von der Beschwerdeführerin erzeugt worden. Die Beschwerdeführerin habe sich einen entsprechenden Gewinnanteil erwartet, zumal der potentielle Käufermarkt allein in Nordamerika etwa zwei Millionen Kunden umfasst habe. Bis Mai 1997 seien die ersten Pistolen verkauft worden, die von Sachverständigen als qualitativ äußerst hochwertig bezeichnet worden seien. Allerdings habe beim Preis, zu dem die Waffe verkäuflich gewesen sei, ein Ertrag nicht erzielt werden können. Daher sei die Produktion umgestellt worden. Die Hingabe des ersten Darlehens sei in diese Umstellungsphase gefallen. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht erkennbar gewesen, dass die W GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnte. Ende des Jahres 1997 sei die Neuentwicklung der Pistole abgeschlossen gewesen und Anfang 1998 habe die Serienproduktion begonnen. Das zweite Darlehen sei zum Zeitpunkt des Beginnes der Serienproduktion gewährt worden. Zum Ausgleich und zum späteren Konkurs der W GmbH sei es gekommen, weil die Waffen bei intensiver Verwendung Bruchstellen aufgewiesen hätten, welche die Waffen unverwendbar gemacht hätten. Diese Bruchstellen seien auf die fehlerhafte Produktion einer "Fremdfirma" zurückzuführen, wobei "im Verhältnis zu dieser" Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche ausgeschlossen gewesen seien. Letztlich sei nichts anderes übrig geblieben, als die Produktion der Pistolen einzustellen.
Über die Verwendung der beiden Scheckbeträge durch die W GmbH befragt, gab der Vertreter der Beschwerdeführerin an, dass diese Beträge seines Wissens für die Bedeckung von in Exekution gezogenen Schulden verwendet worden seien, es habe sich um "das Stopfen von Löchern" gehandelt. "Man" sei damals der Ansicht gewesen, dass die W GmbH überleben werde. Die betriebliche Veranlassung der Darlehen sei einerseits in der Sicherung des Weiterbestandes der W GmbH zu sehen, andererseits habe sich die Beschwerdeführerin eine Fortsetzung der Geschäftsverbindung erhofft.
In dem vom Vertreter der Beschwerdeführerin beigebrachten Bericht des Ausgleichsverwalters vom über den Ausgleich der W GmbH schließt der Ausgleichsverwalter unter Punkt 6, es erscheine ihm nicht unrealistisch, dass das Erfordernis zur Erfüllung eines 40 %igen Ausgleichs sowie der Verfahrenskosten bis Mitte Oktober 1998 beim Ausgleichsverwalter erlegt werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie führte nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens zusammenfassend aus, dass die in Rede stehende Darlehenshingabe dem geforderten Fremdvergleich bereits deshalb nicht standhalte, weil es keineswegs einer üblichen Darlehensgewährung zwischen Fremden entspreche, keinen bestimmten oder nur annähernd bestimmbaren Rückzahlungstermin zu vereinbaren, weder die Leistung von Zinsen noch deren Fälligkeit festzulegen und keine entsprechenden Sicherheiten zu bestellen. Es habe weder diesbezügliche Vereinbarungen gegeben, noch sei ein Darlehensvertrag abgeschlossen worden. Dies sei insbesondere in Hinblick auf die schlechte wirtschaftliche Lage der W GmbH als nicht fremdüblich zu sehen. Daraus folge, dass sich hinter der behaupteten Darlehensgestaltung eine Mittelzufuhr verberge, die Eigenkapitalcharakter trage. Somit sei den aus der Nichteinbringlichkeit der beschwerdegegenständlichen Darlehen resultierenden Aufwendungen die Abziehbarkeit als Betriebsausgaben zu versagen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf Feststellung der Zahlungen als Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG und daraus resultierender richtiger Feststellungen von Einkünften gemäß § 188 BAO" verletzt.
Gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ist Gewinn der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Der Gewinn wird durch Entnahmen nicht gekürzt und durch Einlagen nicht erhöht. Entnahmen sind alle nicht betrieblich veranlassten Abgänge von Werten.
Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Selbst wenn dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu folgen wäre, dass es sich bei den in Rede stehenden Geldhingaben an die W GmbH um Darlehen gehandelt hätte, wären diese Beträge in der Vermögensübersicht als Forderung einzustellen gewesen - wie es hinsichtlich der Zahlung im November 1997 in Höhe von 280.000 S ohnehin erfolgte - und hätten damit die Höhe des Betriebsvermögens nicht vermindert. Soweit die Prüferin daher hinsichtlich der Zahlung im April 1998 in Höhe von 420.000 S den von der Beschwerdeführerin eingeräumten Fehler behob, diesen von der Beschwerdeführerin als Betriebsausgabe verbuchten Betrag als Betriebsausgaben nicht anerkannte und dem erklärten Gewinn wieder hinzurechnete, entsprach dies jedenfalls der Rechtslage.
Die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittige Frage, ob es bei der Hingabe der zwei Geldbeträge um zu Forderungen an die W GmbH führende Darlehen oder um als Entnahmen zu wertende nicht betrieblich veranlasste Zahlungen an die W GmbH handelte, wirkt sich auf die Höhe der Einkünfte der Beschwerdeführerin erst dann aus, wenn die Beschwerdeführerin eine "Abschreibung" der ihrer Ansicht nach bestehenden Forderung etwa wegen (teilweiser) Uneinbringlichkeit (Ansatz des niedrigeren Teilwertes - § 6 Z 2 lit. a EStG 1988) - wie im Fall des nach Zahlung von 280.000 S im November 1997 als Darlehen gebuchten und dann wegen Uneinbringlichkeit wieder "ausgebuchten" Betrages - geltend macht.
Indem die belangte Behörde nach Prüfung der Kriterien für Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen das Hingeben der Geldbeträge beweiswürdigend nicht als Darlehen, sondern als (nicht betrieblich veranlasste) Entnahme behandelte und somit das Entstehen einer Forderung verneinte, versagte sie deshalb auch die spätere Teilwertabschreibung. Im geltend gemachten Recht auf "Feststellung der Zahlungen als Betriebsausgaben" wurde die Beschwerdeführerin aber dadurch nicht verletzt.
Schließlich geht der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde sei ihrer Manuduktionspflicht gemäß § 113 BAO nicht nachgekommen, deshalb ins Leere, weil die Beschwerdeführerin durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten war.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2006130135.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
LAAAE-83953