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VwGH 22.11.2011, 2011/04/0143

VwGH 22.11.2011, 2011/04/0143

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BVergG 2006 §331 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs2;
VwRallg;
RS 1
§ 33 Abs. 2 Slbg LVergKG 2007 normiert unmissverständlich, dass der Feststellungsantrag binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt zu stellen ist, in dem der Antragsteller vom Zuschlag Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können. In diese Frist des § 33 Abs. 2 ist die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 32 Abs. 4 Slbg LVergKG 2007 nicht einzurechnen. Die Frist für einen Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 Slbg LVergKG 2007 beginnt somit ab Kenntnis der Zuschlagserteilung oder des Widerrufes zu laufen. Für den Fall, dass während der Frist ein höchstgerichtliches Verfahren anhängig gemacht wird, wird diese um die Dauer des höchstgerichtlichen Verfahrens verlängert. Insofern wird die Frist nicht - wie von der Beschwerde behauptet - verkürzt, sondern verlängert, da das höchstgerichtliche Verfahren den Fristenlauf hemmt (arg.: "nicht einzurechnen"; vgl. zur gleichlautenden Regelung des § 331 Abs. 4 BVergG 2006 Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar (2009), Rz. 35 zu § 331). Es besteht auch während der gesamten Dauer eines Verfahrens vor dem Verwaltungs- oder vor dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit, einen Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 Slbg LVergKG 2007 zu stellen.
Normen
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs2;
VwGG §26 Abs1;
RS 2
Während die Fristen zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof (im vorliegenden Zusammenhang) die Anfechtung eines noch vor Zuschlagserteilung ergangenen Bescheides der Nachprüfungsbehörde betreffen, betrifft die Frist zur Stellung eines Feststellungsantrages nach § 32 Abs. 4 Slbg LVergKG 2007 die Weiterführung des durchgeführten Nachprüfungsverfahrens als Feststellungsverfahren (Hinweis auf das hg. E vom , Zl. 2009/04/0302, das auf das Weiterbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses verweist). Daher ist kein Grund zu sehen, warum die Beschwerdeführerin durch die vorliegende Fristregelung des § 32 Abs. 4 iVm § 33 Abs. 2 Slbg LVergKG 2007 an der Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. Verwaltungsgerichtshof unsachlich gehindert wäre.
Normen
31989L0665 Rechtsmittel-RL;
62008CJ0406 Uniplex VORAB;
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs1 Z6;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs1 Z7;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs2;
VwRallg;
RS 3
Der EuGH hat im Urteil "Uniplex" festgehalten, dass die Frist für die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung eines Verstoßes nach der Richtlinie 89/665 auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der Antragsteller von dem Verstoß Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl. Randnummer 35). Die Information, dass seine Bewerbung oder sein Angebot zurückgewiesen worden ist, genügt dafür alleine nicht (Randnummer 30). Vielmehr müssen dem Bieter die Gründe für die entsprechende Auftraggeberentscheidung mitgeteilt werden (Randnummern 33 und 34). Nach dieser Rechtsprechung kommt es auf die Kenntnis der Begründung der Auftraggeberentscheidung und nicht auf die Kenntnis allfälliger Entscheidungen der Höchstgerichte an. Es ist nämlich nicht maßgeblich, dass der Antragsteller im Feststellungsverfahren gleichsam ein aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder Verwaltungsgerichtshofes als "Beleg" für die Darlegung des verletzten Rechtes (§ 33 Abs. 1 Z. 6 Slbg LVergKG 2007) und der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 33 Abs. 1 Z. 7 Slbg LVergKG 2007), vorweisen kann und damit abwarten muss, sondern alleine darauf, ob er Kenntnis von dem von ihm behaupteten Verstoß im Vergabeverfahren hat.
Normen
BVergG 2006 §332 impl;
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs1 Z6;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs1 Z7;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs2;
RS 4
Für den Übergang in das Feststellungsverfahren nach § 32 Slbg LVergKG 2007 ist nicht die Kenntnis des Vergabeverstoßes (der ja bereits im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wurde), sondern alleine die Kenntnis des Umstandes erforderlich, ob zwischenzeitlich trotz dieses behaupteten Verstoßes der Zuschlag erteilt worden ist. Genau auf diesen Umstand stellt § 33 Abs. 2 Slbg VergKG 2007 ab. Dem Antragsteller ist es auch nicht verwehrt, im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes nachträglich allfällige Argumente vorzubringen, die sich aus einer höchstgerichtlichen Entscheidung ergäben, da die Begründung eines Feststellungsantrages nicht bindend ist und daher auch später vorgebrachte Gründe des Antragstellers zu beachten sind (vgl. zur Rechtslage nach dem Wr LVergRG 2003 das E vom , 2006/04/0200, und zur gleichartigen Rechtslage nach dem BVergG 2006 Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar (2009), Rz. 53 zu § 332).
Normen
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs2;
VwRallg;
RS 5
§ 32 Abs. 4 zweiter Satz Slbg LVergKG 2007 regelt, dass ein Verfahren durch die belangte Behörde dann als Feststellungsverfahren weiterzuführen ist, wenn die dort geregelten Voraussetzungen (unter anderem ein den Bescheid der Vergabekontrollbehörde aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes) vorliegen. Jedoch ist auch § 33 Abs. 2 Slbg LVergKG 2007 zu berücksichtigen: Dieser stellt seinem klaren Wortlaut nach auch bei Anträgen nach § 32 Abs. 4 leg. cit. auf den Zeitpunkt der (möglichen) Kenntnis vom Zuschlag ab. Daraus kann nur geschlossen werden, dass Anträge nach § 32 Abs. 4 leg. cit. zulässigerweise innerhalb dieser Frist und damit auch vor Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes gestellt werden können. Ein Abwarten des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes durch den Antragsteller ist daher aus diesem Grund nicht geboten.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Salzburg vom , Zl. 20001-SVKS/67/76-2011, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: 1. E GmbH in F, und 2. C AG in D; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Aus der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung ergibt sich Folgendes:

1. Vorgeschichte:

Der Beschwerdefall betrifft das Vergabeverfahren "Erneuerung der Parkraumbewirtschaftungsanlage in den Altstadtgaragen A und B inklusive Verkehrsdatenerfassung, Kennzeichenerkennungssystem und Parkleitsystem" der erstmitbeteiligten Partei als Auftraggeberin (im Folgenden: Auftraggeberin).

In diesem Verfahren wurde von der Auftraggeberin zunächst eine Zuschlagsentscheidung zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin (diese Gesellschaft wurde nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin als übernehmende Gesellschaft verschmolzen) getroffen, welche sodann von der belangten Behörde mit Bescheid vom für nichtig erklärt wurde.

Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0240, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Noch vor diesem Erkenntnis und zwar mit Entscheidung vom schied die Auftraggeberin die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin aus dem Vergabeverfahren aus. Der gegen diese Ausscheidungsentscheidung gerichtete Nachprüfungsantrag der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom zurückgewiesen.

Mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0302, wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. In diesen verwies der Verwaltungsgerichtshof zum Einwand der Auftraggeberin, am sei im vorliegenden Vergabeverfahren bereits der Zuschlag erteilt worden, auf den Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 und das somit weiter bestehende Rechtsschutzbedürfnis der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin.

In der Folge brachte die Beschwerdeführerin (als Gesamtrechtsnachfolgerin) einen solchen Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 (unter anderem betreffend die genannte Ausscheidungsentscheidung) am bei der belangten Behörde ein.

2. Angefochtener Bescheid:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag gemäß näher bezeichneter Bestimmungen des Salzburger Vergabekontrollgesetzes 2007, LGBl. Nr. 28 in der Fassung LGBl. Nr. 24/2009 (S.VKG 2007), als verspätet zurückgewiesen.

Begründend stellte die belangte Behörde zunächst fest, das vorliegende Vergabeverfahren sei durch Zuschlagserteilung am beendet worden, weshalb das S.VKG in der oben genannten Fassung anzuwenden sei (Verweis auf § 38 Abs. 6).

Weiters stellte die belangte Behörde fest, die Beschwerdeführerin habe am Kenntnis von der Zuschlagserteilung erhalten, sodass die Frist für den Feststellungsantrag (gemäß § 33 Abs. 2 S.VKG 2007) am zu laufen begonnen habe. Diese Frist sei durch das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2009/04/0302 unterbrochen worden (Einlangen der Beschwerde am bis Zustellung des Erkenntnisses an die Beschwerdeführerin am ). Da zwischen Kenntniserlangung vom Zuschlag und Einbringung des Feststellungsantrages bei Berücksichtigung der Fristhemmung durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren ein Zeitraum von 43 Tagen liege, sei die Frist des § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 um einen Tag überschritten worden.

3. Beschwerde:

Die vorliegende Beschwerde wendet dagegen im Wesentlichen ein, die Zeit vor Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) bzw. Verwaltungsgerichtshof sei nach §§ 33 Abs. 2 iVm 32 Abs. 4 S.VKG 2007 nicht in die Berechnung der Frist einzurechnen.

Die von der belangten Behörde vertretene Auslegung führe nämlich dazu, dass die Beschwerdefrist an den Verfassungsgerichtshof bzw. Verwaltungsgerichtshof unsachlich verkürzt werde, stehe im Widerspruch zu dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und widerspreche auch dem Recht auf Unverletzbarkeit des Eigentums (Art. 1 1. ZPEMRK, Art. 5 StGG) sowie Art. 6 EMRK. Zudem widerspreche dies der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) in der Rs C-406/08, Uniplex, wonach Nachprüfungsfristen erst dann zu laufen beginnen dürften, wenn die Rechtswidrigkeit der zu bekämpfenden Feststellung beurteilt werden könne.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des S.VKG 2007 (in der Fassung LGBl. Nr. 24/2009) lauten wie folgt:

"Feststellungsverfahren

Einleitung des Verfahrens

§ 32

(4) Wird während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen, ist das Verfahren vor dem Vergabekontrollsenat auf Antrag des Unternehmers, der den Nachprüfungsantrag gestellt hat, als Feststellungsverfahren weiterzuführen. Dies gilt auch, wenn ein Bescheid des Vergabekontrollsenats über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verfassungsgerichtshof oder vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und vor der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen worden ist. Bis zur Stellung eines Antrages gemäß dem ersten Satz ruht das Verfahren; wird bis zum Ablauf der Frist nach § 33 Abs 2 kein Antrag im Sinn dieses Absatzes gestellt, ist das Verfahren formfrei einzustellen. § 33 Abs 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen ist.

Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrages

§ 33

(1) Ein Antrag gemäß § 32 Abs 1, 2 oder 4 hat jedenfalls zu enthalten:

...

6. die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem sich

der Antragsteller als verletzt erachtet,

7. die Gründe, auf die sich die Behauptung der

Rechtswidrigkeit stützt,

(2) Das Recht auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Zuschlages, des Widerrufs oder der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens erlischt, wenn der Antrag gemäß § 32 Abs 1 Z 1 bis 3 oder Abs 4 nicht binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt gestellt wird, in dem der Antragsteller vom Zuschlag, vom Widerruf bzw von der rechtswidrigen Wahl des Vergabeverfahrens Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können, längstens jedoch innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten, nachdem der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen wurde."

2. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht gegen die der Fristberechnung sachverhaltsmäßig zu Grunde liegenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Im Beschwerdefall geht es vielmehr alleine darum, ob die von der belangten Behörde zur Fristberechnung nach dem § 32 Abs. 4 iVm § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 vertretene Auffassung, wonach die Frist bereits mit dem Zeitpunkt, ab dem die Beschwerdeführerin von der Zuschlagserteilung Kenntnis erlangt hatte, begonnen hatte und durch das Verfahren zur Zl. 2009/04/0302 gehemmt wurde, rechtens war.

Diese Auffassung der belangten Behörde hat zunächst den Gesetzeswortlaut für sich: § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 normiert unmissverständlich, dass der Feststellungsantrag binnen sechs Wochen ab dem Zeitpunkt zu stellen ist, in dem der Antragsteller vom Zuschlag Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis hätte erlangen können. In diese Frist des § 33 Abs. 2 ist die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 nicht einzurechnen. Die Frist für einen Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 beginnt somit ab Kenntnis der Zuschlagserteilung oder des Widerrufes zu laufen. Für den Fall, dass während der Frist ein höchstgerichtliches Verfahren anhängig gemacht wird, wird diese um die Dauer des höchstgerichtlichen Verfahrens verlängert. Insofern wird die Frist nicht - wie von der Beschwerde behauptet - verkürzt, sondern verlängert, da das höchstgerichtliche Verfahren den Fristenlauf hemmt (arg.: "nicht einzurechnen"; vgl. zur gleichlautenden Regelung des § 331 Abs. 4 BVergG 2006 Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar (2009), Rz. 35 zu § 331). Es besteht auch während der gesamten Dauer eines Verfahrens vor dem Verwaltungs- oder vor dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit, einen Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 zu stellen.

3. Das Beschwerdevorbringen, die Beschwerdefrist werde bei einer solchen Auslegung unsachlich verkürzt, berücksichtigt nicht, dass beide Fristen unabhängig voneinander zu sehen sind. Während die Fristen zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof (im vorliegenden Zusammenhang) die Anfechtung eines noch vor Zuschlagserteilung ergangenen Bescheides der Nachprüfungsbehörde betreffen, betrifft die Frist zur Stellung eines Feststellungsantrages nach § 32 Abs. 4 S.VKG 2007 die Weiterführung des durchgeführten Nachprüfungsverfahrens als Feststellungsverfahren (vgl. hiezu bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/04/0302, das auf das Weiterbestehen des Rechtsschutzbedürfnisses verweist). Daher ist kein Grund zu sehen, warum die Beschwerdeführerin durch die vorliegende Fristregelung des § 32 Abs. 4 iVm § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 an der Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. Verwaltungsgerichtshof unsachlich gehindert wäre.

4. Auch die Berufung auf die Rechtsprechung des , Uniplex (UK) Ltd gegen NHS Business Services Authority, hilft der Beschwerde nicht zum Erfolg:

Die Beschwerdeführerin leitet aus dem Urteil ab, dass die Frist für die Einbringung eines Feststellungsantrages nach § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 erst dann zu laufen beginnen dürfe, wenn der Antragsteller die Rechtswidrigkeit der Vergabeentscheidung des Auftraggebers beurteilen könne, was aber erst mit Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bzw. Verwaltungsgerichtshofes möglich sei.

Der EuGH hat im Urteil "Uniplex" festgehalten, dass die Frist für die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung eines Verstoßes nach der Richtlinie 89/665 auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem der Antragsteller von dem Verstoß Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl. Randnummer 35). Die Information, dass seine Bewerbung oder sein Angebot zurückgewiesen worden ist, genügt dafür alleine nicht (Randnummer 30). Vielmehr müssen dem Bieter die Gründe für die entsprechende Auftraggeberentscheidung mitgeteilt werden (Randnummern 33 und 34).

Nach dieser Rechtsprechung kommt es auf die Kenntnis der Begründung der Auftraggeberentscheidung und nicht auf die Kenntnis allfälliger Entscheidungen der Höchstgerichte an. Es ist nämlich nicht maßgeblich, dass der Antragsteller im Feststellungsverfahren gleichsam ein aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder Verwaltungsgerichtshofes als "Beleg" für die Darlegung des verletzten Rechtes (§ 33 Abs. 1 Z. 6 S.VKG 2007) und der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 33 Abs. 1 Z. 7 S.VKG 2007), vorweisen kann und damit abwarten muss, sondern alleine darauf, ob er Kenntnis von dem von ihm behaupteten Verstoß im Vergabeverfahren hat. Vorliegend geht es aber nur darum, dass ein Nachprüfungsverfahren, in dem ein konkreter Verstoß bekämpft wird und in dem bereits die Gründe für die Rechtswidrigkeit der Auftraggeberentscheidung dargelegt wurden, als Feststellungsverfahren weiterzuführen ist. Für den Übergang in das Feststellungsverfahren ist daher nicht die Kenntnis des Vergabeverstoßes (der ja bereits im Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wurde), sondern alleine die Kenntnis des Umstandes erforderlich, ob zwischenzeitlich trotz dieses behaupteten Verstoßes der Zuschlag erteilt worden ist. Genau auf diesen Umstand stellt § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 ab. Dem Antragsteller ist es auch nicht verwehrt, im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes nachträglich allfällige Argumente vorzubringen, die sich aus einer höchstgerichtlichen Entscheidung ergäben, da die Begründung eines Feststellungsantrages nicht bindend ist und daher auch später vorgebrachte Gründe des Antragstellers zu beachten sind (vgl. zur Rechtslage nach dem WVRG das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0200, und zur gleichartigen Rechtslage nach dem BVergG 2006 Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar (2009), Rz. 53 zu § 332). Soweit man das Beschwerdevorbringen dahin verstünde, der Antragsteller habe die Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes abzuwarten, weil vor diesem Zeitpunkt ein Feststellungsantrag nach § 32 Abs. 4 zweiter Satz S.VKG 2007 unzulässig wäre, ist Folgendes festzuhalten: § 32 Abs. 4 zweiter Satz S.VKG 2007 regelt, dass ein Verfahren durch die belangte Behörde dann als Feststellungsverfahren weiterzuführen ist, wenn die dort geregelten Voraussetzungen (unter anderem ein den Bescheid der Vergabekontrollbehörde aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes) vorliegen. Jedoch ist auch § 33 Abs. 2 S.VKG 2007 zu berücksichtigen: Dieser stellt seinem klaren Wortlaut nach auch bei Anträgen nach § 32 Abs. 4 leg. cit. auf den Zeitpunkt der (möglichen) Kenntnis vom Zuschlag ab. Daraus kann nur geschlossen werden, dass Anträge nach § 32 Abs. 4 leg. cit. zulässigerweise innerhalb dieser Frist und damit auch vor Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes gestellt werden können. Ein Abwarten des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes durch den Antragsteller ist daher auch aus diesem Grund nicht geboten.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Normen
31989L0665 Rechtsmittel-RL;
62008CJ0406 Uniplex VORAB;
BVergG 2006 §331 Abs4;
BVergG 2006 §332 impl;
LVergKG Slbg 2007 §32 Abs4;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs1 Z6;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs1 Z7;
LVergKG Slbg 2007 §33 Abs2;
VwGG §26 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut
des Gesetzes VwRallg3/2/1
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2011040143.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
RAAAE-83951