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VwGH vom 21.04.2020, Ra 2019/17/0071

VwGH vom 21.04.2020, Ra 2019/17/0071

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-S-1945/001-2018, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: G s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 11), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird im bekämpften Umfang (sohin in seinem Spruchpunkt 2.) aufgehoben, und zwar, soweit es „über die verfügte Beschlagnahme“ abspricht, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, im Übrigen aber wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Begründung

1Mit Bescheid vom ordnete die Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya gegenüber der mitbeteiligten Partei gemäß § 54 Glücksspielgesetz (GSpG) die Einziehung von zwei näher bezeichneten, anlässlich einer glücksspielrechtlichen Kontrolle am in einem näher genannten Lokal in W vorgefundenen Glücksspielgeräten an.

2Die mitbeteiligte Partei erhob gegen diesen Einziehungsbescheid Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: LVwG).

3Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG die Beschwerde der mitbeteiligten Partei nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Eingriffsgegenstandes „FA Gerätenummer 01“ als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.); hinsichtlich des Eingriffsgegenstandes „FA Gerätenummer 02“ gab es der Beschwerde dahingehend Folge, dass es den angefochtenen Bescheid „sowie die verfügte Beschlagnahme“ in diesem Punkt aufhob (Spruchpunkt 2.). Gleichzeitig sprach das LVwG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).

4Begründend stellte das LVwG hierzu fest, das Gerät FA Nr. 01 sei bei der Kontrolle am betriebsbereit und funktionstauglich gewesen und es hätten darauf Testspiele („Reels of Ra“) durchgeführt werden können; auf den Walzenlauf habe kein Einfluss genommen werden können. Hinsichtlich des Gerätes FA Nr. 02 stellte das LVwG fest, dieses sei bei der Kontrolle „nicht in Betrieb - weil ausgeschaltet“ gewesen. Eine Inbetriebnahme sei nicht möglich gewesen, sondern es sei auf dem Bildschirm „net error“ erschienen. Der diesbezügliche Beschlagnahmebescheid der Amtsrevisionswerberin vom sei infolge Abweisung der dagegen gerichteten Beschwerde durch das LVwG mit Erkenntnis vom in Rechtskraft erwachsen. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das LVwG für das vorliegende Verfahren weiters aus, die beiden verfahrensgegenständlichen Geräte seien augenscheinlich baugleich gewesen. Eine konkrete Spielbeschreibung des Gerätes FA Nr. 02 habe mangels Bespielung des Gerätes nicht erfolgen können, weshalb „auch trotz vorangegangener Bestätigung der erfolgten Beschlagnahme durch das Landesverwaltungsgericht nunmehr im Einziehungsverfahren mangels Bespielbarkeit bzw. Tatbestandserweislichkeit bezüglich Gerät FA Nr. 2 spruchgemäß mit Stattgebung der Beschwerde in diesem Bescheidpunkt vorzugehen“ gewesen sei.

5Die vorliegende (außerordentliche) Amtsrevision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht richtet sich ausschließlich gegen Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses. Die mitbeteiligte Partei erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6Die Amtsrevision erweist sich im Hinblick auf ihr Zulässigkeitsvorbringen zur Frage der Rechtsfolgen einer (vorsätzlichen) Beseitigung der Betriebsbereitschaft von Geräten im Zuge einer glücksspielrechtlichen Kontrolle und der daraus folgenden Unmöglichkeit einer Probebespielung als zulässig. Sie ist auch begründet.

7§ 54 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 70/2013, lautet (auszugsweise):

„§ 54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

[...]“

8Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, hängt die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 GSpG von der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG ab; das Verwaltungsgericht trifft daher im Einziehungsverfahren nach dem GSpG die Verpflichtung, nach Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens nähere Feststellungen zum Vorliegen der Verwirklichung des objektiven Tatbildes zu treffen (vgl. ; , Ra 2018/17/0157, jeweils mwN). Ebenso wie - mit anderem rechtlichem Blickwinkel - im Beschlagnahmeverfahren nach dem GSpG können hierzu auch im Einziehungsverfahren Dokumentationen von Probespielen, aber auch - insbesondere wenn solche fehlen - Zeugenaussagen oder andere Beweismittel, die sich auch allenfalls bereits aus dem behördlichen Verwaltungsakt ergeben können, herangezogen werden (vgl. zur Beschlagnahme nach § 53 GSpG ; , Ra 2019/17/0081, mwN).

9Der Umstand allein, dass die Bespielung eines Apparates und damit die Durchführung von Probespielen zum Zeitpunkt der glücksspielrechtlichen Kontrolle nicht (mehr) möglich war, führt für sich genommen auch im Einziehungsverfahren noch nicht dazu, dass schon deshalb angenommen werden könnte, die Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG und somit eines Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes mit Glücksspielgeräten sei entkräftet (vgl. abermals ; , Ra 2019/17/0081).

10Im Revisionsfall hat das LVwG keine weiteren Beweise zur Beurteilung der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG hinsichtlich des Gerätes FA Nr. 02 erhoben, sondern aus der bloßen Unmöglichkeit der Betriebsbereitschaft dieses Gerätes bei der glücksspielrechtlichen Kontrolle und der damit im Zusammenhang stehenden Unmöglichkeit der Durchführung von Probespielen zu diesem Zeitpunkt darauf geschlossen, dass die Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG im Sinne der oben genannten Rechtsprechung nicht vorliege und die Einziehung bereits aus diesem Grund aufzuheben sei.

11Da es das LVwG aufgrund seiner diesbezüglich offenkundig zugrunde gelegten unrichtigen Rechtsansicht betreffend die in Rede stehende Einziehung unterlassen hat, entsprechende weitere Beweiserhebungen zur Beurteilung der Verwirklichung eines objektiven Tatbildes nach § 52 Abs. 1 GSpG hinsichtlich der Glücksspielgeräteeigenschaft des Gerätes FA Nr. 02 zu tätigen und entsprechende Feststellungen zu treffen, liegt insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vor.

12Soweit mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses darüber hinaus über „die verfügte Beschlagnahme“ entschieden wurde, ist festzuhalten, dass die Beschlagnahme des Gerätes FA Nr. 02 nicht Gegenstand des gegenständlich vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides war, sondern über die Beschlagnahme betreffend das genannte Gerät - wie das LVwG im angefochtenen Erkenntnis im Übrigen selbst ausführt - bereits mit Erkenntnis des LVwG vom rechtskräftig entschieden wurde. Diesbezüglich nahm das LVwG daher eine Kompetenz in Anspruch, die ihm gegenständlich nicht zukam, sodass es das angefochtene Erkenntnis in dieser Hinsicht mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl. z.B. ) belastete.

13Das angefochtene Erkenntnis war daher im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 und Z 2 VwGG aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170071.L00

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Fundstelle(n):
MAAAE-83944