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VwGH vom 09.12.2019, Ra 2019/17/0066

VwGH vom 09.12.2019, Ra 2019/17/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Tulln gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zlen. LVwG-S-560/001-2017, LVwG-S-562/001-2017, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: I T R s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid vom ordnete die Bezirkshauptmannschaft Tulln gegenüber der mitbeteiligten Partei gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 53 Abs. 3 GSpG die Beschlagnahme von fünf näher bezeichneten Geräten an.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) der dagegen erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Partei nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt, hob die verfügte Beschlagnahme auf (Spruchpunkt 1.) und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

3 Seine aufhebende Entscheidung begründete das LVwG im Ergebnis damit, dass das maßgebliche Kriterium der Zufallsabhängigkeit des Spielergebnisses aufgrund der Beseitigung der Betriebsbereitschaft bei der durchgeführten Kontrolle und daher mangels Möglichkeit der Durchführung von Probespielen durch die Kontrollorgane nicht feststellbar sei, weshalb hinsichtlich der beschlagnahmten Geräte hinreichend substantiierte Verdachtsmomente für das Vorliegen von Glücksspielen nicht vorlägen.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Amtsrevision erweist sich im Hinblick auf ihr Zulässigkeitsvorbringen zur Frage der Rechtsfolgen der (vorsätzlichen) Beseitigung der Betriebsbereitschaft von Geräten im Zuge einer glücksspielrechtlichen Kontrolle und der daraus folgenden Unmöglichkeit einer Probebespielung als zulässig. Sie ist auch begründet.

6 Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG nur dann zulässig, wenn ein ausreichend substantiierter Verdacht vorliegt, dass mit Glücksspielgeräten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt oder wiederholt gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird. Nicht erforderlich ist dabei zwar, dass die Übertretung des Gesetzes zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits erwiesen ist (z.B. , oder auch , jeweils mwN), jedoch erfordert die Überprüfung eines Beschlagnahmebescheids jedenfalls Feststellungen über die Art des Spiels, weil ansonsten eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung nicht möglich ist. Hiezu ist die ansatzweise Darstellung des Spielablaufes erforderlich (vgl. nochmals , mwN, oder auch bereits , sowie , 2008/17/0009).

7 Die konkrete Beurteilung eines ausreichend substantiierten Verdachts hängt dabei von den Umständen des Einzelfalles ab und obliegt dem Verwaltungsgericht (vgl. , oder auch , Ra 2017/17/0476, mwN) im Rahmen seiner Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitserforschung. Dabei können Dokumentationen von Probespielen, aber auch - insbesondere wenn solche fehlen - Zeugenaussagen oder andere Beweismittel, die sich auch allenfalls bereits aus dem behördlichen Verwaltungsakt ergeben können, herangezogen werden. 8 Im Revisionsfall hat das LVwG keine weiteren Beweise zur Beurteilung der Verdachtslage hinsichtlich des Vorliegens von Glücksspielgeräten erhoben, sondern aus der bloßen Beseitigung der Betriebsbereitschaft der in Rede stehenden Apparate bei der glücksspielrechtlichen Kontrolle und der damit im Zusammenhang stehenden Unmöglichkeit der Durchführung von Probespielen darauf geschlossen, dass eine Verdachtslage im Sinne der oben genannten Rechtsprechung nicht vorliege und die Beschlagnahme bereits aus diesem Grund aufzuheben sei.

9 Der Umstand jedoch allein, dass die Bespielung der Apparate und damit die Durchführung von Probespielen zum Zeitpunkt der glücksspielrechtlichen Kontrolle nicht (mehr) möglich war, führt für sich genommen noch nicht dazu, dass schon deshalb angenommen werden könnte, der Verdacht des Eingriffs in das Glücksspielmonopol des Bundes mit Glücksspielgeräten sei entkräftet.

10 Da es das LVwG aufgrund seiner diesbezüglich offenkundig zugrunde gelegten unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hat, entsprechende weitere Beweiserhebungen zur Beurteilung einer Verdachtslage hinsichtlich der Glücksspielgeräteeigenschaft der beschlagnahmten Geräte zu tätigen und entsprechende Feststellungen zu treffen, liegt insoweit ein sekundärer Verfahrensmangel vor. 11 Das angefochtene Erkenntnis war somit bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019170066.L00

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