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VwGH vom 30.04.2014, 2013/11/0232

VwGH vom 30.04.2014, 2013/11/0232

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der Ärztekammer für Wien in Wien, vertreten durch die Fiebinger Polak Leon Partner Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Getreidemarkt 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. GS4-AMB-96/003-2010, betreffend Parteistellung im Verfahren zur Erteilung von Errichtungsbewilligungen für private Krankenanstalten in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums (mitbeteiligte Partei: Erste Niederösterreichische Laborbetriebs s.r.o. in St. Pölten-Harland, vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Obere Donaustraße 4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wies die Niederösterreichische Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustellung zweier Bescheide, nämlich 1. des Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom , mit dem der Mitbeteiligten die Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums für medizinische und chemische Laboratoriumsdiagnostik, angewandte Immunologie, Humangenetik und Allergiediagnostik am Standort R erteilt wurde, und 2. des Bescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom , mit dem die Bewilligung für die Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums derselben Art am Standort M erteilt wurde, zurück. Als Rechtsgrundlage war § 5 Abs. 5 NÖ Krankenanstaltengesetz (NÖ KAG), LGBl. 9440-29, angegeben.

Begründend wurde, auf das Wesentliche zusammengefasst, ausgeführt, eine Parteistellung der Beschwerdeführerin sei zu verneinen, einerseits wegen der Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen des Nö KAG über die Bedarfsprüfung infolge Anwendungsvorranges des Unionsrechts und andererseits wegen des Fehlens einer Formalparteistellung der Beschwerdeführerin.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 565/2012-9, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, es sei - unabhängig von der Frage, ob § 5 Abs. 5 NÖ KAG auf den vorliegenden Fall anwendbar sei - aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber nur der örtlich zuständigen Ärztekammer Parteistellung zuerkenne.

Die abgetretene Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin ergänzt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand. Überdies übermittelte es dem Verwaltungsgerichtshof eine Stellungnahme der Niederösterreichischen Landesregierung.

Die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerde ist unbegründet.

1.1.1. Der angefochtene Bescheid vom enthält die Fertigungsklausel:

"NÖ Landesregierung

Im Auftrag

Mag. K

Abteilungsleiterin"

Die Beschwerde vertritt die Auffassung, damit komme zum Ausdruck, dass der angefochtene Bescheid von der Landesregierung stamme, obwohl nach der Geschäftsordnung der Niederösterreichischen Landesregierung im maßgeblichen Zeitpunkt zur selbständigen Behandlung dieser Angelegenheit des Gesundheitswesens die Landesrätin Mag. S zuständig gewesen wäre. Der angefochtene Bescheid sei demnach von einer unzuständigen Behörde erlassen worden.

1.1.2. Es trifft zu, dass nach der Geschäftsordnung der Niederösterreichischen Landesregierung im maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides Landesrätin Mag. S zur selbständigen Behandlung der in Rede stehenden Angelegenheit, einer Angelegenheit des Gesundheitswesens (vgl. Z. 5 des Aufgabenkreises der Landesrätin, LGBl. Nr. 0001/1-70), ermächtigt war, weil nach § 4 der Geschäftsordnung der Landesregierung eine kollegiale Beschlussfassung nicht vorbehalten war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 97/17/0448, Folgendes ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.192/A, folgende Rechtsansicht vertreten:

Ist aus der Einleitung eines Bescheides erkennbar, welche Behörde als Berufungsbehörde (z.B. 'der Landeshauptmann') über eine eingebrachte Berufung entschieden hat und ist diese Behörde aufgrund des zur Anwendung kommenden Gesetzes (z.B. des Kraftfahrgesetzes) auch zuständig, zu entscheiden, so ist der Bescheid als von der zuständigen Behörde erlassen anzusehen, mag auch am Schluß des Bescheides in der Fertigungsklausel eine damit nicht im Einklang stehende Bezeichnung einer anderen Behörde (z.B. 'Landesregierung') aufscheinen.

Daraus ergibt sich aber, daß der vorliegende Bescheid ungeachtet der Fertigungsklausel 'Für den Landeshauptmann' der zur Erledigung der Vorstellung berufenen Salzburger Landesregierung zuzurechnen ist, kann die erwähnte Fertigungsklausel doch nur dahin verstanden werden, der Landeshauptmann habe als das (vermeintlich) zur monokratischen Erledigung der Angelegenheit namens der Landesregierung im Sinne des Art. 36 Abs. 2 der Salzburger Landesverfassung und der Geschäftsordnung der Salzburger Landesregierung berufene Mitglied der Landesregierung in deren Namen entschieden.

Freilich war - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - gemäß § 3 Abs. 1 lit. D Z. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 7 Sbg IntBeitrG 1962 zur monokratischen Erledigung der gegenständlichen Angelegenheit namens der Landesregierung Landesrat Dr. Karl Schnell berufen, handelte es sich doch nicht im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. A Z. 5 um eine Rechtsangelegenheit der Feuerpolizei und des Feuerwehrwesens. Selbst wenn aber der als das die Angelegenheit namens der Landesregierung erledigende Regierungsmitglied bezeichnete Landeshauptmann hiezu nach der Geschäftsordnung der Salzburger Landesregierung nicht berufen gewesen sein sollte, wären die Beschwerdeführer durch den vorliegenden Bescheid nicht in subjektiven Rechten verletzt.

Gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, BGBl. Nr. 289/1925, besorgen die Abteilungen des Amtes der Landesregierung die ihnen nach der Geschäftseinteilung zukommenden Geschäfte, soweit es sich um solche des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes handelt, nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung unter der Leitung der Landesregierung oder einzelner Mitglieder derselben. Es ist daher zulässig, einzelne Mitglieder der Landesregierung mit der selbständigen Erlassung von Bescheiden zu betrauen. Diese handeln dabei im Namen der Landesregierung. Es ist auch zulässig, daß sich die zur selbständigen Erlassung von Bescheiden berufenen Mitglieder der Landesregierung vertreten lassen. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 3 leg. cit., wonach in der Geschäftsordnung des Amtes der Landesregierung insbesondere auch zu regeln ist, inwieweit der Landeshauptmann, die Landesregierung oder einzelne Mitglieder derselben unbeschadet ihrer durch die Bundesverfassung und die Landesverfassung geregelten Verantwortlichkeit sich bei den zu treffenden Entscheidungen oder Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen durch den Landesamtsdirektor, die Gruppenvorstände und Abteilungsvorstände oder ausnahmsweise auch durch einzelne den Abteilungen zugeteilte Beamte vertreten lassen können (vgl. VfSlg. 7941).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/18/0015, unter Berufung auf die Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts weiters folgendes ausgeführt:

'Die Zuweisung von Agenden an die einzelnen Mitglieder der Landesregierung stellt die Ermächtigung zur Besorgung ihrer Agenden nach dem Ministerialsystem dar (Verwaltungsgerichtshof verstärkter Senat vom , Slg. N.F. Nr. 9097/A). Die Delegation kann auch durch Verwaltungsverordnung erfolgen, es handelt sich um eine Maßnahme des inneren Dienstbetriebes (VfSlg. 7941, 10.338). Die Regelung der Approbation ist eine Angelegenheit der inneren Organisation; die Zuständigkeit und damit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird dadurch nicht berührt (VfSlg. 7941, 10.338); auch die einfachgesetzlich geregelte Zuständigkeit wird dadurch nicht berührt (Verwaltungsgerichtshof vom , Slg. N.F. Nr. 674/A, ebenso Erkenntnis vom , Zl. 2628/76, Erkenntnis vom , Zl. 1405/77). Nur die Frage, ob entweder die Landesregierung als Kollegialorgan oder eines ihrer Mitglieder monokratisch zu entscheiden hat, berührt die Frage des Rechtes auf den gesetzlichen Richter im Sinne des § 1 StGG des Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, RGBl. Nr. 87/1862, und des Art. 83 Abs. 2 B-VG (VfSlg. 5546, 7642).'

Auf Basis dieser Rechtsprechung besteht im Bereich der Zulässigkeit monokratischer Erledigungen aufgrund des BVG betreffend die Ämter der Landesregierung kein subjektives Recht auf Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit durch das nach der Geschäftsordnung der jeweiligen Landesregierung zur Erledigung der Angelegenheit berufene Regierungsmitglied. Konsequenterweise verlangt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Slg. Nr. 7941 auch nicht, daß in einem solchen Falle zum Ausdruck zu bringen ist, ein Beamter des Amtes der Landesregierung habe für ein bestimmtes Mitglied der Landesregierung gehandelt.

Da die gegenständliche Verwaltungssache nicht der Entscheidung durch die Landesregierung als Kollegialorgan vorbehalten war und daher zu Recht durch eines ihres Mitglieder monokratisch entschieden wurde (für einen Mangel der Approbationsbefugnis namens der Landesregierung durch Mag. US bestehen keine Anhaltspunkte) liegt ein Bescheid der Salzburger Landesregierung vor, durch den die Beschwerdeführer nicht in ihrem subjektiven Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung verletzt wurden."

Von dieser Auffassung, an welcher der Verwaltungsgerichtshof auch im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0268, festgehalten hat und welche sich in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes befindet (vgl. dessen Erkenntnisse VfSlg. Nr. 7642/1975, 7941/1976 und 9380/1982), abzugehen bietet auch der Beschwerdefall keinen Anlass. Durch die Fertigung des angefochtenen Bescheides für die Niederösterreichische Landesregierung wurde die Beschwerdeführerin nicht im Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung verletzt.

1.2.1. In der Sache vertritt die Beschwerde die Auffassung, ihr wäre im Verfahren zur Erteilung der der Mitbeteiligten erteilten Errichtungsbewilligungen für selbständige Ambulatorien Parteistellung zugekommen.

Diese Auffassung wird vom Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht geteilt.

1.2.2.1. Nach der unbestrittenen Feststellung des angefochtenen Bescheides war der Antrag der Mitbeteiligten auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums, welcher mit dem Bescheid der belangten Behörde vom erledigt wurde, bereits am bei der belangten Behörde eingelangt. Für die Behandlung dieses Antrags war gemäß Art. II der 28. Novelle zum NÖ KAG dieselbe noch nicht anzuwenden. Gemäß § 5 Abs. 5 NÖ KAG (dieses idF der 27. Novelle, LGBl. Nr. 9440-29) hatte bei selbständigen Ambulatorien die Ärztekammer für NÖ hinsichtlich des nach § 8 Abs. 1 lit. a leg.cit. zu prüfenden Bedarfes Parteistellung iSd. § 8 AVG und das Recht der Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG. Die Beschwerdeführerin, die Ärztekammer für Wien, ist in der genannten Bestimmung nicht erwähnt.

1.2.2.2. Zum Zeitpunkt des Einlangens des Antrags der Mitbeteiligten, der von der belangten Behörde mit dem Bescheid vom erledigt wurde, trifft der angefochtene Bescheid keine Feststellungen. Aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt ergibt sich allerdings, dass der Antrag vom bereits am bei der belangten Behörde eingelangt war. Auch für die Behandlung dieses Antrags war folglich das NÖ KAG idF. vor der 28. Novelle anzuwenden.

1.2.2.3. Parteistellung kraft Rechtsanspruchs oder rechtlichen Interesses kommt der Beschwerdeführerin in Verfahren zur Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums von vornherein nicht zu. Eine Parteistellung käme demnach nur in Betracht, wenn sie der Beschwerdeführerin durch das NÖ KAG ausdrücklich zuerkannt worden wäre. Letzteres ist aber zweifellos nicht der Fall, weil nur der Ärztekammer für NÖ eine solche Parteistellung zuerkannt wird (so im Übrigen auch nach der Fassung des NÖ KAG im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide vom und vom sowie seitdem; vgl. § 10d NÖ KAG).

Gegen dieses Ergebnis hegt der Verwaltungsgerichtshof ebensowenig verfassungsrechtliche Bedenken wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungs- und Abtretungsbeschluss. Er sieht sich daher auch nicht zur Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG veranlasst.

1.2.2.4. Kam der Beschwerdeführerin aber schon nach der Vorschrift des NÖ KAG keinesfalls Parteistellung in den beiden in Rede stehenden Bewilligungsverfahren zu, so erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Bestimmungen über die Bedarfsprüfung in diesen beiden Bewilligungsverfahren überhaupt zur Anwendung zu gelangen hatten.

1.2.2.5. Die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Zustellung der in den beiden Bewilligungsverfahren ergangenen Bescheide vom und vom kann aus diesen Erwägungen nicht als rechtswidrig erkannt werden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

2. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am