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VwGH vom 30.04.2014, 2013/11/0220

VwGH vom 30.04.2014, 2013/11/0220

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der c GmbH in W, vertreten durch Mag. Florian Kreiner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 13, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , GZ: 41.550/30- 9/13, betreffend Vorschreibung der Ausgleichstaxe für das Jahr 2011 (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom wurde der beschwerdeführenden Partei nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) die Entrichtung einer Ausgleichstaxe für das Kalenderjahr 2011 in der Höhe von EUR 2.844,-- vorgeschrieben.

Begründend führte die Bundesberufungskommission zunächst aus, in der Berufung sei im Wesentlichen eingewendet worden, die Erstbehörde wäre fälschlich davon ausgegangen, dass für die Dienstnehmereigenschaft einerseits die Höhe des Entgelts nicht wesentlich sei und andererseits eine persönliche Abhängigkeit und daher Dienstnehmereigenschaft nicht ausgeschlossen sei, wenn durch eine Beschäftigung ein geringer Teil der einer Person zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch genommen werde. Richtigerweise wäre auf die im Rahmen der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse vertragsmäßig zu verrichtende Arbeitszeit abzustellen und wäre, wenn ein konkreter Arbeitsplatz durch zwei teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter besetzt werde, der Arbeitsplatz auch nur einfach heranzuziehen und nicht doppelt. Ein Abstellen auf die Kopfanzahl widerspräche daher dem Diskriminierungsverbot.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz läge nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei insofern vor, als für gleiche Arbeitsleistung nicht gleiche Berechnungsgrundsätze gelten würden und nur eine Vollzeitbeschäftigung die vom Gesetz geforderte wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit schaffen könnte. Bei Teilzeitkräften wäre keine Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. a BEinstG gegeben. Der beschwerdeführenden Partei wäre es auf Grund ihres Betätigungsfeldes gar nicht möglich, einen Stand von vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern dauerhaft zu führen.

Dem entgegnete die Bundesberufungskommission nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften, die beschwerdeführende Partei bestreite nicht, Dienstnehmer in dem im erstbehördlichen Bescheid zu entnehmenden Ausmaß beschäftigt zu haben. Das BEinstG nehme keine Unterscheidung zwischen Dienstnehmern, die eine Normalarbeitszeit aufwiesen und solchen, die teilzeitbeschäftigt seien, vor. Die Dienstnehmereigenschaft sei ganz allgemein nicht vom Ausmaß der zeitlichen Beschäftigung oder der Höhe des erzielten Entgelts abhängig, woraus sich ergebe, dass Teilzeitbeschäftigte ebenfalls Dienstnehmer im Sinne des BEinstG seien.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien für die Berechnung der Ausgleichtaxe sowohl geringfügige Beschäftigungen als auch Teilzeitbeschäftigungen heranzuziehen. Zudem würden die gesetzlichen Regelungen betreffend die Beschäftigungspflicht und die Pflicht zur Entrichtung allfälliger Ausgleichtaxen für sämtliche Dienstgeber im Bundesgebiet gelten, unabhängig davon, in welcher Rechtsform und zu welchem Zweck der Dienstgeber seine Tätigkeit entfalte. Auch nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes sei für die Pflicht zur Leistung der Ausgleichstaxe ohne Bedeutung, aus welchen Gründen die Beschäftigungspflicht nicht oder nicht ausreichend erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 744/2013-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die beschwerdeführende Partei hat die Beschwerde ergänzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1.1. Im Beschwerdefall wurde eine Ausgleichstaxe nach dem BEinstG für das Kalenderjahr 2011 vorgeschrieben, sodass die für diesen Zeitraum geltende Rechtslage des BEinstG maßgebend ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/11/0109).

1.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsvorschriften des BEinstG lauten (auszugsweise):

"Artikel II

Beschäftigungspflicht

§ 1. (1) Alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer (§ 4 Abs. 1) beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten (§ 2) einzustellen. ...

...

Begünstigte Behinderte

§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. ...

...

Berechnung der Pflichtzahl

§ 4. (1) Dienstnehmer im Sinne der Berechnung der Pflichtzahl sind:

a) Personen, die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werden (ausgenommen Lehrlinge);

...

(2) Für die Feststellung der Gesamtzahl der Dienstnehmer (Abs. 1), von der die Pflichtzahl zu berechnen ist (§ 1), sind alle Dienstnehmer, die ein Dienstgeber im Bundesgebiet beschäftigt, zusammenzufassen.

(3) Für die Berechnung der Pflichtzahl sind von der gemäß Abs. 2 festgestellten Gesamtzahl der Dienstnehmer die beschäftigten begünstigten Behinderten (§ 2) und Inhaber von Amtsbescheinigungen oder Opferausweisen (§ 5 Abs. 3) nicht einzurechnen.

Erfüllung der Beschäftigungspflicht

§ 5. (1) Auf die Pflichtzahl sind die beschäftigten und nach § 7 entlohnten begünstigten Behinderten, begünstigte Personen nach § 2 Abs. 3 und Dienstgeber anzurechnen, bei denen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 zutreffen.

...

Ausgleichstaxe

§ 9. (1) Vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ist die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr mittels Bescheides vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt ist.

(2) Die Ausgleichstaxe beträgt für jede einzelne Person, die zu beschäftigen wäre, ab monatlich 226 Euro. Abweichend davon beträgt die Ausgleichstaxe für Dienstgeber, die 100 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen, für jede Person, die zu beschäftigen wäre, ab monatlich 316 Euro und für Dienstgeber, die 400 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen, für jede Person, die zu beschäftigen wäre, ab monatlich 336 Euro. ...

...

Inkrafttreten

§ 25. ...

...

(15) § 2 Abs. 1 bis 3, ..., § 9 Abs. 2, ... in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, treten mit in Kraft."

1.3. Da die vorliegende Beschwerde mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof bereits anhängig war, sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG darauf die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass die beschwerdeführende Partei im Kalenderjahr 2011 keinen begünstigten Behinderten eingestellt hat und nicht bestreitet Dienstnehmer in dem im Bescheid der Erstbehörde festgestellten Ausmaß beschäftigt zu haben. Sie wendet sich erkennbar gegen die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides.

2.2.1. Die beschwerdeführende Partei bringt zunächst vor, wenn ein konkreter Arbeitsplatz durch zwei teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter besetzt werde, sei der für die Integration von begünstigten Behinderten zur Verfügung stehende Arbeitsplatz bei der Berechnung der Pflichtzahl nur einfach und nicht doppelt heranzuziehen. Es wäre bei richtiger rechtlicher Beurteilung auf die einzelnen Arbeitsverhältnisse und die im Rahmen der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse vertragsmäßig zu verrichtende Arbeitszeit abzustellen und nicht auf die Anzahl (Kopfanzahl) der beschäftigten Dienstnehmer.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, nehmen die Bestimmungen des BEinstG keine Unterscheidung zwischen Dienstnehmern, die in Vollzeitbeschäftigung stehen und jenen die teilzeitbeschäftigt sind, vor, da die Dienstnehmereigenschaft nicht allgemein vom Ausmaß der zeitlichen Beschäftigung oder der Höhe des erzielen Entgelts abhängig ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen vom , Zl. 97/08/0123, und vom , Zl. 2010/11/0109, auf deren Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zur im Wesentlichen gleichlautenden Rechtslage des BEinstG in der damals geltenden Fassung ausgeführt, dass teilzeitbeschäftigte Dienstnehmer nicht nur bei der Berechnung der Pflichtzahl einzubeziehen sind (und damit ebenso wie vollzeitbeschäftigte Dienstnehmer die Pflichtzahl erhöhen), sondern dass Teilzeitbeschäftigte, wenn es sich um begünstigte Behinderte handelt, auch auf die Erfüllung der Beschäftigungspflicht anzurechnen sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat es bereits in den zitierten Erkenntnissen als sachgerecht bezeichnet, wenn die Berechnung der Pflichtzahl und damit in weiterer Folge auch die Berechnung der Ausgleichstaxe nach der Anzahl der Dienstnehmer und nicht nach dem jeweiligen Ausmaß des Dienstverhältnisses oder der zu verrichtenden Arbeitszeit erfolgt und sohin auch Teilzeitbeschäftigte in die Berechnung der Pflichtzahl einzurechnen sind (vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/11/0234).

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die teilzeitbeschäftigten Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei für die Berechnung der Pflichtzahl herangezogen hat.

2.2.2. Die beschwerdeführende Partei hebt weiters hervor, dass sie Personal für "Events" oder "Promotions" zur Verfügung stelle und aufgrund ihres Betätigungsfeldes von der ständig ändernden Auftragslage abhängig sei, die es nicht erlaube, eine fixe Anzahl vollzeitbeschäftigter Mitarbeit anzustellen. Werde bei der Berechnung der Ausgleichstaxe auf die Kopfzahl abgestellt, so stelle dies eine Diskriminierung gegenüber jenen Unternehmen dar, die aufgrund ihres beruflichen Tätigkeitsfeldes keine hohe Zahl an Teilzeitbeschäftigten aufnehmen.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Aus welchen Gründen es zur Nichterfüllung der Beschäftigungspflicht gekommen ist, ist nach dem BEinstG für die Pflicht zur Leistung der Ausgleichstaxe ohne Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/11/0109 mwN). Gegen eine solche Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 9705/1983 und VfSlg 11034/1986).

Dieses Ergebnis hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zuletzt auch mit der Funktion der Ausgleichstaxe (vgl. nochmals die Erkenntnisse vom , Zl. 97/08/0123 und vom , Zl. 2010/11/0109) begründet, die den Entfall jener Nachteile (die andere Dienstgeber durch eine Beschäftigung von Behinderten auf sich nehmen) abgelten soll, welche nicht so sehr von der wöchentlichen Beschäftigungsdauer eines Behinderten abhängen, sondern von der Beschäftigung an sich, wie z. B. häufigere krankheitsbedingte Abwesenheiten eines Behinderten (oder die in § 6 statuierte besondere Rücksichtnahme auf den Gesundheitszustand des Behinderten, vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0051).

Die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Diskriminierung von Unternehmen, die überwiegend teilzeitbeschäftigte Dienstnehmer anstellen, ist im Übrigen nicht erkennbar, da die Einbeziehung teilzeitbeschäftigter Dienstnehmer bei der Berechnung der Pflichtzahl durch die Möglichkeit ausgeglichen wird, auch teilzeitbeschäftigte begünstigte Behinderte auf die Erfüllung der Beschäftigungspflicht anzurechnen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/11/0234).

2.3. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am