VwGH vom 09.09.2010, 2008/22/0113

VwGH vom 09.09.2010, 2008/22/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der Y, vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Kirchengasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 145.520/8-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer chinesischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" (§ 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG) gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde - auf das hier Wesentliche zusammengefasst - aus, die Beschwerdeführerin strebe die Familiengemeinschaft mit ihrem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehemann B an, den sie am geheiratet habe.

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 NAG dürften einem Fremden Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Bei dieser Beurteilung sei auf die in § 293 ASVG enthaltenen Richtsätze Bedacht zu nehmen.

Zwar habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, ihr Ehemann verfüge über ein monatliches Einkommen von brutto EUR 1.483,99, jedoch habe dieser mittlerweile seine "Anstellung" verloren, weil das Dienstverhältnis vom Arbeitgeber noch während des Probemonats aufgelöst worden sei. Er verfüge derzeit über keine aufrechte Beschäftigung und befinde sich im Krankenstand. Ausführungen dahingehend, ob dem Ehemann der Beschwerdeführerin infolge dessen aus sozial- oder arbeitslosenversicherungsrechtlichen Gründen ein Einkommen - und allenfalls in welcher Höhe - zur Verfügung stünde, enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Im Verfahren - so die belangte Behörde weiter - sei von der Beschwerdeführerin allerdings auch eine Bestätigung der Anwaltskanzlei B vorgelegt worden, wonach sie - für den Fall des Vorliegens der aufenthaltsrechtlichen Bewilligung - dort "als Bedienerin" über einen Arbeitsplatz verfüge. Diese in Aussicht gestellte Möglichkeit einer Beschäftigung stelle aber keine "taugliche Rechtsgrundlage" dar. Einstellungszusagen seien als Vorverträge zum Abschluss eines arbeitsrechtlichen Hauptvertrages zu beurteilen. Zur Gültigkeit des Vorvertrages im Sinn des § 936 ABGB sei erforderlich, dass dieser schon alle wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrages enthalte. Im Weiteren prüfte die belangte Behörde, ob diese Voraussetzungen vorhanden seien, was von ihr letztlich verneint wurde. Sohin - so die belangte Behörde in ihren Folgerungen - lägen auch die Voraussetzungen für eine Einstellungszusage nicht vor, weshalb "das Schreiben von Rechtsanwalt B nicht als Einstellungszusage gewertet werden" könne. Mangels ausreichender finanzieller Mittel müsse die Berufung der Beschwerdeführerin "negativ erledigt" werden.

Anschließend führte die belangte Behörde noch aus, weshalb im gegenständlichen Fall auch die nach § 11 Abs. 3 NAG gebotene Interessenabwägung nicht zur Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels führe.

Der Verwaltungsgerichtshof über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin nicht über ein ausreichendes Einkommen verfügt, um die für die Beschwerdeführerin notwendigen Unterhaltsmittel im Sinn des § 11 Abs. 5 NAG (in der Fassung des BGBl. I Nr. 157/2005) aufzubringen (vgl. zur Relevanz der in § 293 ASVG enthaltenen Richtsätze, auf die die belangte Behörde zutreffend abgestellt hat, des Näheren das hg. Erkenntnis vom , 2008/22/0711).

Die Beschwerdeführerin wendet sich aber gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung der von ihr vorgelegten Einstellungszusage. Dies führt die Beschwerde zum Erfolg.

Die belangte Behörde hat die von der Beschwerdeführerin vorgelegte schriftliche Bestätigung über eine Einstellungszusage deshalb nicht als geeigneten Nachweis angesehen, weil es sich um keinen arbeitsrechtlichen Vorvertrag handle und die Bestätigung nicht den aus § 936 ABGB hervorgehenden Voraussetzungen entspreche.

Dazu ist auszuführen, dass ein Fremder zwar nachweisen muss, dass hinreichend konkrete Aussicht besteht, er könne im Falle der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels einer näher konkretisierten Erwerbstätigkeit, überdies in erlaubter Weise, nachgehen und damit das nach § 11 Abs. 5 NAG (allenfalls auch für die Unterhaltsleistungen an Dritte) notwendige Ausmaß an Einkommen erwirtschaften. Für die von der belangten Behörde im Ergebnis vertretene Auffassung, dass ein derartiger Nachweis ausschließlich durch einen - in § 7 Abs. 1 Z 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung allerdings nur beispielsweise genannten - "arbeitsrechtlichen Vorvertrag" und nicht auch durch eine glaubwürdige und ausreichend konkretisierte Bestätigung erbracht werden könnte, gibt die belangte Behörde aber keine nachvollziehbare Begründung. Sie hätte sich somit mit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung über die Einstellungszusage inhaltlich auseinandersetzen und sie einer (Beweis )Würdigung unterziehen müssen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , 2008/21/0630, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb - ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am