VwGH vom 22.06.2011, 2011/04/0116

VwGH vom 22.06.2011, 2011/04/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des Landes Tirol, vertreten durch MMag. Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilferstraße 1b/17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs- 2010/K4/2864-22, betreffend Feststellung und teilweise Vertragsaufhebung nach dem Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2006 (mitbeteiligte Partei: X GmbH in Y; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:

Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: Auftraggeber) hat mit der W. GmbH (in der Folge: Zuschlagsempfängerin) am einen Werkvertrag betreffend den "Betrieb der landeseigenen Umkehrosmoseanlage zur Sickerwasserreinigung auf der Deponie R." für den Leistungszeitraum bis abgeschlossen. Als Werklohn wurden netto EUR 97.325,-- vereinbart, zuzüglich eines Honorars für die Beschaffung von Ersatzteilen oder Verschleißteilen in Höhe von 8,5 % der Rechnungssumme.

Mit Schriftsatz vom hat die mitbeteiligte Partei bei der belangten Behörde die Feststellung begehrt, dass die Vergabe der Dienstleistung Sickerwasserreinigung und Betrieb der Umkehrosmoseanlage der gegenständlichen Deponie ohne vorherige Durchführung eines Vergabeverfahrens gemäß den Bestimmungen des BVergG 2006 rechtswidrig gewesen sei. In der Begründung dieses Antrages wurde ausgeführt, die mitbeteiligte Partei sei im Zeitraum 1993 bis sowohl mit der Reinigung der Sickerwässer als auch mit der (im Anschluss daran vorzunehmenden) Entsorgung des Sickerwasserkonzentrates der gegenständlichen Deponie betraut gewesen. Für den Zeitraum ab seien zwar die fachgerechte Entnahme, der Abtransport und die Entsorgung des Sickerwasserkonzentrates, das nach der Reinigung der Sickerwässer anfalle, ausgeschrieben worden. Hingegen sei die Reinigung der Sickerwässer durch Betrieb der Umkehrosmoseanlage nicht ausgeschrieben worden. Erst anlässlich der Übergabe der Anlage am habe die mitbeteiligte Partei von der Vergabe der Dienstleistung Reinigung der Sickerwässer mittels Betriebes der Umkehrosmoseanlage erfahren.

Mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom stellte die belangte Behörde fest, dass die Vergabe der Dienstleistung "Sickerwasserreinigung und Betrieb der Umkehrosmoseanlage in der Deponie R in W" an die Zuschlagsempfängerin ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig gewesen sei. Gleichzeitig hob die belangte Behörde den genannten Werkvertrag zwischen dem Auftraggeber und der Zuschlagsempfängerin so weit auf, als Teilleistungen noch ausständig seien. Weiters wurde der Auftraggeber zum Ersatz der von der mitbeteiligten Partei für den Feststellungsantrag entrichteten Abgaben verpflichtet (als Rechtsgrundlage wird lediglich § 67a AVG angeführt).

Als entscheidungsrelevanten Sachverhalt stellte die belangte Behörde fest, in der Vergangenheit habe die mitbeteiligte Partei sowohl die Reinigung der Sickerwässer als auch deren Entnahme und Entsorgung durchgeführt. Nachdem der Auftraggeber die genannten Dienstleistungen ausgeschrieben habe und diese Ausschreibungen von der belangten Behörde für nichtig erklärt worden seien, habe der Auftraggeber in einer weiteren Ausschreibung nur mehr die Entnahme und die Entsorgung des Sickerwasserkonzentrates, aber nicht mehr den gesamten Betrieb der Deponie (gemeint: Reinigung der Sickerwässer) ausgeschrieben. Der Dienstleistungsauftrag zur Entnahme und Entsorgung des Sickerwasserkonzentrates sei mit Zuschlagsentscheidung vom an ein Drittunternehmen vergeben worden, ein diesbezügliches Vergabenachprüfungsverfahren sei erfolglos geblieben (eine diesbezügliche Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. 2010/04/0145, abgelehnt).

Was hingegen die verfahrensgegenständliche Reinigung der Deponiesickerwässer mittels Betriebs der Umkehrosmoseanlage betreffe, so habe der Auftraggeber dafür ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit drei Bietern durchgeführt, wobei er, was die Zulässigkeit dieses Verfahrens betrifft, einen geschätzten Auftragswert von weniger als EUR 100.000,-- zu Grunde gelegt habe.

Damit sei der Auftraggeber jedoch - so der Kern der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde - nicht vom "Gesamtauftragswert" ausgegangen, der laut Schätzung des Auftraggebers bei EUR 1,2 Mio liege und bei dessen Zugrundelegung das gegenständliche Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung unzulässig sei.

Gemäß der Schwellenwertverordnung 2009, BGBl. II Nr. 125/2009 idgF (in Verbindung mit § 38 Abs. 2 Z. 2 BVergG 2006), sei nämlich ein Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung nur bis zu einem geschätzten Auftragswert von EUR 100.000,-- zulässig. Gemäß § 13 Abs. 1 BVergG 2006 sei bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes der geschätzte Gesamtwert aller zum Vorhaben gehörigen Leistungen einschließlich aller Optionen und etwaiger Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Beschwerdefall seien daher für die Berechnung des geschätzten Auftragswertes die gesamten Kosten des Betriebes der "gegenständlichen Anlage als Ganzes" heranzuziehen und nicht bloß der Auftragswert für die Reinigung der Sickerwässer. Seitens des Auftraggebers seien in einem Aktenvermerk vom die Kosten für den gesamten Betrieb der Anlage mit EUR 1,2 Mio geschätzt und wie folgt aufgeschlüsselt worden:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"Kosten
- Jährlicher Sickerwasseranfall (geschätzt):
24.000m3
- Jährlicher Konzentratanfall (geschätzt):
8.500m3
935.000,--
- Jährlicher Stromverbrauch SIW ARA:
680.000kWh
75.000--
- Jährlicher Säureverbrauch SIW ARA:
140 t H2SO4
40.000,--
- Jährlicher Laugenverbrauch SIW ARA:
1 t NaOH
inkludiert
- Jährlicher Chemikalienverbrauch sonstig:
Reinigungsmittel
inkludiert
- Jährlicher Personaleinsatz Fremdfirma:
1000 h/a
70.000,--
- Jährlicher Personaleinsatz Projektsteuerung:
200 h/a
20.000,--
- Diverse Umbaumaßnahmen, Kleinmaterial:
geschätzt
20.000,--
- Unvorhergesehenes:
geschätzt
40.000,--
Kostensumme rd.
1,200.000,--/a"

Da es sich gegenständlich um ein einheitliches Vergabevorhaben handle, seien die einzelnen Positionen der dargestellten Schätzung zusammenzuzählen, was zur Beurteilung führe, dass der genannte Wert von EUR 100.000,-- für die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung überschritten werde. Gemäß § 13 Abs. 4 BVergG 2006 sei es nicht zulässig, ohne sachliche Rechtfertigung das Vergabeverfahren aufzuteilen, um die Anwendung der Bestimmungen des BVergG 2006 zu umgehen bzw. in den Genuss von Sonderverfahren mit vereinfachten Regeln zu kommen.

Aber selbst wenn man nicht vom Gesamtauftragswert, sondern bloß vom geschätzten Auftragswert der Reinigung der Sickerwässer der Deponie mittels Umkehrosmoseanlage ausginge, läge eine Überschreitung des für die Zulässigkeit des Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung maßgebenden Auftragswertes von EUR 100.000,-- vor. So ergebe sich schon aus dem Werkvertrag ein Nettoauftragsvolumen von EUR 97.325,--. Zu diesem Betrag sei, wie das Beweisverfahren ergeben habe, nicht nur das vereinbarte Honorar (so genannte "Gemeinkosten") für die Beschaffung von Ersatzteilen oder Verschleißteilen hinzuzurechnen, sondern auch der mit EUR 20.000,-- geschätzte Betrag für diverse Umbaumaßnahmen und der mit EUR 40.000,-- geschätzte Betrag für "Unvorhergesehenes".

Zusammengefasst ergebe sich damit jedenfalls die Unzulässigkeit der Wahl des gegenständlichen Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung.

Was den zweiten Spruchteil betreffend die Aufhebung des abgeschlossenen Werkvertrages hinsichtlich noch ausständiger Teilleistungen betrifft, verwies die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich auf § 17 Abs. 4 Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2006 (TVergNG 2006). Nach dieser Bestimmung habe der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern nicht § 17 Abs. 5 TVergNG 2006 zur Anwendung gelange, im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z. 3 bis 5 leg. cit. auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben werde, als Teilleistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertminderung rückstellbar seien. Im gegenständlichen Fall habe die Zuschlagsempfängerin ihre im Werkvertrag vereinbarte Tätigkeit auf der gegenständlichen Deponie bereits aufgenommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die hier maßgebenden Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. II Nr. 73/2010, lauten:

"Schwellenwerte

§ 12. (1) Verfahren von Auftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Oberschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer

1. bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen, die von

in Anhang V genannten Auftraggebern vergeben werden, mindestens 125 000 EUR beträgt; bei Lieferaufträgen, die im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport vergeben werden, gilt dies nur für Aufträge betreffend Waren, die in Anhang VI genannt sind;

2. bei allen übrigen Liefer- und

Dienstleistungsaufträgen mindestens 193 000 EUR beträgt;

...

(3) Verfahren von Auftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Unterschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert ohne Umsatzsteuer die in Abs. 1 genannten Beträge nicht erreicht. ...

Allgemeine Bestimmungen betreffend die Berechnung des geschätzten Auftragswertes

§ 13. (1) Grundlage für die Berechnung des geschätzten Auftragswertes eines öffentlichen Auftrages ist der Gesamtwert ohne Umsatzsteuer, der vom Auftraggeber voraussichtlich zu zahlen ist. Bei dieser Berechnung ist der geschätzte Gesamtwert aller der zum Vorhaben gehörigen Leistungen einschließlich aller Optionen und etwaiger Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen.

(2) Sieht der Auftraggeber Prämien oder Zahlungen an Bewerber oder Bieter vor, so hat er diese bei der Berechnung des geschätzten Auftragswertes zu berücksichtigen.

(3) Der geschätzte Auftragswert der auszuschreibenden Leistung ohne Umsatzsteuer ist vom Auftraggeber vor der Durchführung des Vergabeverfahrens sachkundig zu ermitteln. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung ist der Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens durch den Auftraggeber. Bei Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ist dies der Zeitpunkt der Absendung der Bekanntmachung gemäß § 46, bei Vergabeverfahren ohne vorherige Bekanntmachung die erste nach außen in Erscheinung tretende Festlegung.

(4) Die Wahl der angewandten Berechnungsmethode darf nicht den Zweck verfolgen, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen.

...

Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei

Dienstleistungsaufträgen

§ 16. ...

...

(2) Bei Dienstleistungsaufträgen, für die kein Gesamtpreis angegeben wird, ist als geschätzter Auftragswert anzusetzen:

1. bei befristeten Aufträgen mit einer Laufzeit von

höchstens 48 Monaten der geschätzte Gesamtwert für die Laufzeit

des Vertrages;

2. bei unbefristeten Aufträgen oder Aufträgen mit

einer Laufzeit von mehr als 48 Monaten das 48fache des zu leistenden Monatsentgeltes.

...

(4) Besteht eine Dienstleistung aus der Erbringung gleichartiger Leistungen in mehreren Losen, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, so ist als geschätzter Auftragswert der geschätzte Gesamtwert aller dieser Lose anzusetzen.

...

Wahl des Verhandlungsverfahrens bei Dienstleistungsaufträgen

§ 30. ...

(2) Dienstleistungsaufträge können im Verhandlungsverfahren

ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn

1. im Rahmen eines durchgeführten offenen oder nicht

offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung kein oder kein im

Sinne dieses Bundesgesetzes geeignetes Angebot abgegeben oder kein

Teilnahmeantrag gestellt worden ist, die ursprünglichen

Bedingungen für den Dienstleistungsauftrag nicht grundlegend

geändert werden und der Kommission ein Bericht vorgelegt wird,

wenn sie dies wünscht, oder

2. der Dienstleistungsauftrag aus technischen oder

künstlerischen Gründen oder auf Grund des Schutzes von

Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Unternehmer

ausgeführt werden kann, oder

3. dringliche, zwingende Gründe, die nicht dem

Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sind, im Zusammenhang

mit Ereignissen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es

nicht zulassen, die im offenen Verfahren, im nicht offenen

Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung oder in einem gemäß Abs. 1

durchzuführenden Verhandlungsverfahren vorgeschriebenen Fristen

einzuhalten, oder

4. zusätzliche Dienstleistungen, die weder in dem der

Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im ursprünglichen

Dienstleistungsauftrag vorgesehen sind, die aber wegen eines

unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung des darin

beschriebenen Dienstleistungsauftrages erforderlich sind, sofern

der Auftrag an den Unternehmer vergeben wird, der den ersten

Auftrag ausführt, der Gesamtwert der zusätzlichen Dienstleistungen

50 vH des Wertes des ursprünglichen Dienstleistungsauftrages nicht

überschreitet, und entweder

a) eine Trennung dieser zusätzlichen Dienstleistungen

vom ursprünglichen Dienstleistungsauftrag in technischer oder

wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den

Auftraggeber möglich ist, oder

b) eine Trennung vom ursprünglichen

Dienstleistungsauftrag zwar möglich wäre, die zusätzlichen

Dienstleistungen aber für dessen Vollendung unbedingt erforderlich

sind, oder

5. neue Dienstleistungen in der Wiederholung

gleichartiger Dienstleistungen bestehen, und

a) der Auftrag von demselben Auftraggeber an den

Auftragnehmer, der bereits den ursprünglichen Auftrag erhalten

hat, vergeben wird,

b) der ursprüngliche Auftrag im offenen oder nicht

offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben wurde,

c) die Dienstleistungen einem Grundentwurf entsprechen

und dieser Entwurf Gegenstand des ursprünglichen Auftrages war,

d) die Möglichkeit der Anwendung eines derartigen

Verhandlungsverfahrens bereits in der ersten Ausschreibung

vorgesehen war,

e) die Vergabe binnen drei Jahren nach Abschluss des

ursprünglichen Vertrages erfolgt und

f) der für die Fortsetzung der Dienstleistungen in

Aussicht genommene Gesamtauftragswert bei der Berechnung des

geschätzten Auftragswertes zugrunde gelegt wurde, oder

6. im Anschluss an einen Wettbewerb der Auftrag gemäß

den einschlägigen Bestimmungen an den Gewinner oder an einen der Gewinner des Wettbewerbes vergeben werden muss. Im letzteren Fall müssen alle Gewinner des Wettbewerbes zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden.

...

Zusätzliche Möglichkeiten der Wahl des Verhandlungsverfahrens

§ 38. ...

(2) Im Unterschwellenbereich können Aufträge auch im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn

...

2. bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen, der

geschätzte Auftragswert 100 000 Euro nicht erreicht, oder

..."

Die maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Vergabenachprüfungsgesetzes 2006, LGBl. Nr. 70/2006 in der Fassung LGBl. Nr. 17/2010, lauten:

"§ 3

Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates

(1) Der unabhängige Verwaltungssenat ist auf Antrag zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (3. Abschnitt), zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen (4. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (5. Abschnitt) nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Abschnitte zuständig.

...

(3) Nach der Erteilung des Zuschlages ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig:

...

3. zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren in

rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde,

...

6. in einem Verfahren nach den Z. 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages,

...

§ 17

Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung

und Verhängung von Sanktionen

(1) Der Unabhängige Verwaltungssenat hat eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z. 1 und 5 und Abs. 4 Z. 1 und 3 nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.

(2) Soweit in diesem Absatz und in den Abs. 4 und 5 nichts anderes bestimmt ist, hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z. 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages nach Abs. 4 oder Abs. 5 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe des Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrecht zu erhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigkeit in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.

(3) Soweit in den Abs. 4 bis 6 nichts anderes bestimmt ist, hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Unterschwellenbereich den Vertrag in folgenden Fällen für absolut nichtig zu erklären, wenn die festgestellte Vorgangsweise des Auftraggebers aufgrund der Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, der hierzu erlassenen Verordnungen oder des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts offenkundig unzulässig war:

1. im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z. 3, wenn der Zuschlag direkt an einen Unternehmer erteilt wurde, ohne dass andere Unternehmer an diesem Verfahren beteiligt waren, und

2. jedenfalls im Anschluss an eine Feststellung nach

§ 3 Abs. 3 Z. 4 oder 5.

(4) Kann die Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern nicht Abs. 5 anzuwenden ist, im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z. 3 bis 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur so weit aufgehoben wird, als Teilleistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.

(5) Der Unabhängige Verwaltungssenat kann im Anschluss an eine Feststellung nach § 3 Abs. 3 Z. 3 bis 5 aussprechen, dass der Vertrag mit dem Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung oder einem späteren Zeitpunkt aufgehoben wird, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat dafür das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung bestimmter vertraglicher Rechte und Pflichten, das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung des Vertrages sowie allenfalls betroffene öffentliche Interessen gegeneinander abzuwägen.

(6) Der Unabhängige Verwaltungssenat hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages nach Abs. 3 oder einer Aufhebung des Vertrages nach Abs. 4 oder Abs. 5 im Unterschwellenbereich abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und das Interesse des Auftraggebers an der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses das Interesse des Antragstellers an dessen Beendigung auch unter Berücksichtigung der jeweils betroffenen öffentlichen Interessen überwiegt.

(7) Wenn der Unabhängige Verwaltungssenat von der Nichtigerklärung des Vertrages nach Abs. 2 erster Satz oder nach Abs. 3 abgesehen hat, dann ist eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen, die wirksam, angemessen und abschreckend sein muss. Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt 20 v. H. der Auftragssumme. Geldbußen fließen dem ERP-Fonds zu.

(8) Der Unabhängige Verwaltungssenat hat bei der Verhängung der Geldbuße die Schwere des Verstoßes, die Vorgangsweise des Auftraggebers sowie sinngemäß die Erschwerungs- und Milderungsgründe nach § 5 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG), BGBl. I Nr. 151/2005, heranzuziehen und zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß der Vertrag aufrecht erhalten wird."

1. Zur Feststellung gemäß § 3 Abs. 3 Z. 3 TVergNG 2006:

Die belangte Behörde stützt den feststellenden Abspruch des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen auf die Ansicht, im vorliegenden Fall sei von einem einheitlichen Vergabevorhaben auszugehen, das nicht nur die Reinigung der Deponiesickerwässer, sondern auch deren Entnahme, Abtransport und Entsorgung betreffe. Daher sei insgesamt von einem geschätzten Auftragswert von EUR 1,2 Mio auszugehen, sodass die Grenze für die Zulässigkeit des hier vom Auftraggeber gewählten Verhandlungsverfahrens ohne Bekanntmachung überschritten sei.

Der Auftraggeber bestätigt in seiner Beschwerde, dass er zuerst nach Durchführung eines EU-weiten Vergabeverfahrens die Dienstleistung der Entsorgung des Sickerwasserkonzentrats mit einem geschätzten Auftragswert von EUR 935.000,-- vergeben habe. Hingegen sei bezüglich der Reinigung der Deponiesickerwässer mittels Umkehrosmoseanlage zunächst geplant gewesen, dass diese vom Auftraggeber bis selbst durchgeführt werde. In einer Grundsatzentscheidung habe das Land Tirol jedoch dann beschlossen, auch diese Dienstleistung (befristet bis zum ) durch eine Fremdfirma ausführen zu lassen, weshalb das gegenständliche Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung durchgeführt worden sei. Für die Zeit ab dem sei bereits ein weiteres Vergabeverfahren ausgeschrieben, ab diesem Zeitpunkt solle die "Gesamtverantwortung für die Sickerwasserbehandlung auf einen Unternehmer" übergehen.

Was nun die festgestellte Rechtswidrigkeit der Vergabe der Dienstleistung Reinigung der Sickerwässer ohne Bekanntmachung betrifft, vertritt der Auftraggeber in seiner Beschwerde die Auffassung, die belangte Behörde habe zu Unrecht die geschätzten Auftragswerte der einzelnen Dienstleistungen zusammengerechnet. Zusammenzurechnen seien nach Ansicht des Beschwerdeführers gemäß § 16 Abs. 4 BVergG 2006 nur "gleichartige Leistungen". Der Betrieb der Umkehrosmoseanlage zur Reinigung der Deponiesickerwässer und die Entsorgung des dabei anfallenden Sickerwasserkonzentrats seien aber nicht gleichartige Leistungen, sodass deren Auftragswerte nicht zusammenzurechnen seien. Abgesehen davon gelte nach Auffassung des Beschwerdeführers das Gebot, alle Aufträge für ein "Vorhaben" zusammenzurechnen, für Bauaufträge und nicht für Dienstleistungsaufträge.

Dem letztgenannten Beschwerdevorbringen ist zunächst § 13 Abs. 1 zweiter Satz BVergG 2006 entgegenzuhalten, wonach bei der Berechnung des geschätzten Auftragswerts der geschätzte Gesamtwert "aller der zum Vorhaben gehörigen Leistungen" zu berücksichtigen ist. Wie der Wortlaut dieser Bestimmung und vor allem deren Überschrift zeigen, bezieht sich diese Anordnung nicht bloß auf Bauaufträge. Diese Bestimmung wird durch § 13 Abs. 4 BVergG 2006 insoweit ergänzt, als dort angeordnet wird, dass die angewandte Berechnungsmethode nicht den Zweck verfolgen dürfe, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 2007/04/0188, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts im Zusammenhang mit einem Dienstleistungsauftrag ausgesprochen, dass unter einem einheitlichen Vergabevorhaben unstrittig alle Dienstleistungen des gleichen Fachgebietes, die in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, zu verstehen sind. Die Aufteilung eines Vergabevorhabens bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung, die nach einem strengen Maßstab zu prüfen sei. Fallbezogen hat der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis Dienstleistungen eines Architekten (konkret sowohl die Erstellung von Vorentwurf, Entwurf, Einreichung, Ausführungsplanung als auch die technische Oberleitung) als einheitliches Vergabevorhaben beurteilt, sodass diese Leistungen bei der Berechnung des Auftragswertes zusammenzurechnen seien.

Diese Überlegungen sind (ungeachtet der Änderung des § 13 Abs. 4 BVergG 2006 durch die Novelle BGBl. I Nr. 86/2007; vgl. im Übrigen § 22 Abs. 3 leg. cit.) auch auf den vorliegenden Beschwerdefall, in dem es um die Reinigung, Entnahme, den Abtransport und die Entsorgung von Deponiesickerwässern geht, übertragbar. Ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffen diese Dienstleistungen das gleiche Fachgebiet, nämlich die ordnungsgemäße Beseitigung anfallender Deponiesickerwässer, und stehen gegenständlich sowohl in einem sachlichen Zusammenhang (die Dienstleistungen bilden eine zusammenhängende Abfolge) als auch in einem örtlichen Zusammenhang (sie betreffen allesamt die Deponie R in W). Die ordnungsgemäße Beseitigung der anfallenden Deponiesickerwässer bildet gleichzeitig den gemeinsamen Zweck dieser Dienstleistungen, sodass diese nach dem Gesagten ein Vorhaben im Sinne des § 13 Abs. 1 BVergG 2006 (bzw. ein Beschaffungsvorhaben iSd Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG) bilden (vgl. zur Bedachtnahme auf den gemeinsamen Zweck von Dienstleistungen, wenngleich im Zusammenhang mit der Beurteilung von prioritären und nicht prioritären Dienstleistungen, auch das , Felix Swoboda GmbH, Rn. 60). Bestätigt wird dieses Ergebnis durch den Umstand, dass die gegenständlichen Dienstleistungen aufgrund einer einheitlichen Planung erbracht werden (vgl. zu diesem Wesensmerkmal des Vorhabensbegriffes auch § 23 Abs. 2 Bundeshaushaltsgesetz, auf den die Gesetzesmaterialien zu § 22 BVergG 2006 verweisen). Im vorliegenden Fall wurden die in Rede stehenden Dienstleistungen nämlich nicht nur Jahre lang von einem Unternehmer erbracht, sondern es besteht nach den Beschwerdeausführungen des Aufraggebers auch die Absicht, nach einer Phase der Betrauung verschiedener Unternehmen die Dienstleistungen ab wieder in die "Gesamtverantwortung" eines Unternehmers zu übertragen.

Zusammengefasst ist daher davon auszugehen, dass im vorliegenden Beschwerdefall die Reinigung und Entnahme, der Abtransport und die Entsorgung der Deponiesickerwässer unter mehreren möglichen Gesichtspunkten (gleiches Fachgebiet, sachlicher und örtlicher Zusammenhang, gemeinsamer Zweck und gemeinsame Planung) als ein Vorhaben im Sinne des § 13 Abs. 1 BVergG 2006 anzusehen sind, sodass der geschätzte Gesamtwert dieser Dienstleistungen für die Beurteilung der Zulässigkeit des gewählten Vergabeverfahrens ausschlaggebend ist.

Es ist der belangten Behörde daher nicht entgegenzutreten, wenn sie in Anwendung des § 13 Abs. 1 BVergG 2006 zum Ergebnis gelangte, dass die geschätzten Auftragswerte der genannten Dienstleistungen (Reinigung, Entnahme, Abtransport und Entsorgung der Sickerwässer) zusammenzurechnen seien, was gegenständlich (wie im Übrigen auch die Beschwerde bestätigt) zu einem geschätzten Gesamtwert von EUR 1,2 Mio führt.

Beim genannten Gesamtwert von EUR 1,2 Mio fällt die gegenständliche Vergabe gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 BVergG 2006 (die Z. 1 ist hier im Hinblick auf den Auftraggeber nicht einschlägig) jedenfalls in den Oberschwellenbereich. Soweit die Beschwerde meint, es hätte ihr zur Frage, ob die Aufträge als solche im Oberschwellenbereich anzusehen seien, das Parteiengehör eingeräumt werden müssen, so ist ihr zu entgegnen, dass es sich bei dieser Beurteilung um eine Rechtsfrage handelt, zu der das Parteiengehör nicht eingeräumt werden muss (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum AVG, unter Rz 26 zu § 45 AVG referierte Judikatur).

Da Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 BVergG 2006 vergeben werden dürfen (demgegenüber regelt § 38 Abs. 2 BVergG 2006 die Zulässigkeit im Unterschwellenbereich), die Beschwerde aber nicht vorbringt, dass eine der dort genannten Voraussetzungen erfüllt wäre, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde die Vergabe des gegenständlichen Dienstleistungsauftrages im Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung als rechtswidrig festgestellt hat.

2. Zur teilweisen Aufhebung des Werkvertrages:

Die behandelte Feststellung der Rechtswidrigkeit des durchgeführten Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung stellt eine Entscheidung der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 3 Z. 3 TVergNG 2006 dar. Die Beschwerde bestreitet, dass diese Feststellung die belangte Behörde berechtigte, den genannten Werkvertrag hinsichtlich der noch ausständigen Teilleistungen aufzuheben, und wendet ein, die mitbeteiligte Partei habe in ihrem Antrag zwar die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vergabe ohne Bekanntmachung beantragt, nicht jedoch die Aufhebung des Werkvertrages.

§ 17 TVergNG 2006 regelt (in weiten Teilen inhaltsgleich mit § 334 BVergG 2006) in den Abs. 2 und 3 jene Fälle, in denen die Vergabekontrollbehörde im Anschluss an die Feststellung einer Rechtswidrigkeit die absolute Nichtigerklärung des Vertrages (nach den Erläuternden Bemerkungen zum LGBl. Tirol Nr. 17/2010 mit Wirkung ex tunc) auszusprechen hat und sieht gemäß § 17 Abs. 4 leg. cit. bei Verträgen, deren Leistung oder Leistungsteil nicht oder nicht mehr oder nur wertvermindert zurückgestellt werden kann, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 3 Abs. 3 Z. 3 bis 5 TVergNG 2006 die (bloße) Aufhebung des Vertrages (mit Wirkung ex nunc) vor.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass Leistungen aus dem gegenständlichen Werkvertrag betreffend die Reinigung der Sickerwässer bereits erbracht worden seien (dies wird vom Auftraggeber in der Beschwerde nicht bestritten). Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides wird die Aufhebung des Werkvertrages, soweit Teilleistungen noch ausständig sind, auf § 17 Abs. 4 TVergNG 2006 gestützt. Da diese Bestimmung, wie den Erläuternden Bemerkungen zu entnehmen ist, auch für den (gegenständlich vorliegenden) Fall einer Vergabe im Oberschwellenbereich gilt, und hier nach dem Gesagten unstrittig ist, dass ein bereits erbrachter Leistungsteil (Reinigung von Sickerwässern seit Oktober 2010) nicht mehr rückgestellt werden kann, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde den Vertrag gemäß § 17 Abs. 4 TVergNG 2006 aufgehoben hat, soweit Teilleistungen noch ausständig sind.

Anders als der Auftraggeber in seiner Beschwerde meint, bedarf bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen des § 17 TVergNG weder die Nichtigerklärung des Vertrages noch dessen Aufhebung eines diesbezüglichen Antrages im verfahrenseinleitenden Feststellungsantrag, ist doch ein solcher Antrag weder in § 17 TVergNG 2006 noch in Art. 2d der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG als Voraussetzung für die genannte Entscheidung normiert.

Schließlich wendet der Auftraggeber in seiner Beschwerde ein, die belangte Behörde hätte ihm Gelegenheit geben müssen, einen Antrag auf Absehen von der Nichtigerklärung bzw. Aufhebung des Vertrages im Sinne des § 17 Abs. 2, 4 und 5 TVergNG 2006 zu stellen.

Richtig ist, dass der unabhängige Verwaltungssenat nach den zuletzt genannten Bestimmungen von der Nichtigerklärung bzw. Aufhebung des Vertrages unter näher genannten Voraussetzungen abzusehen hat, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat. Das Gesetz enthält jedoch keine Regelung, dass die Vergabekontrollbehörde in einem anhängigen Feststellungsverfahren dem Auftraggeber explizit die Möglichkeit einräumen müsse, einen Antrag auf Absehen von der Nichtigerklärung bzw. der Vertragsaufhebung zu stellen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/04/0161, wonach die Vergabekontrollbehörde mangels gesetzlicher Anordnung auch nicht bis zu einem Antrag nach § 175 Abs. 1 BVergG 2002 zuwarten musste oder Gelegenheit zu einem solchen Antrag einräumen musste). Im vorliegenden Fall, in dem der beschwerdeführende Auftraggeber im Feststellungsverfahren durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertreten war, kann dies auch nicht aus § 13a AVG abgeleitet werden.

Vielmehr führen die Erläuternden Bemerkungen zum Tiroler LGBl. Nr. 17/2010 in Bezug auf § 17 TVergNG 2006 aus, dass es Konstellationen geben könne, in denen auch ein Auftraggeber eher die Nichtigerklärung des Vertrages ex tunc in Kauf nehmen wird als die Verhängung von Sanktionen (die gemäß § 17 Abs. 7 TVergNG 2006 im Falle des Absehens von der Nichtigerklärung zu verhängen sind). Die Antragsbedürftigkeit solle vermeiden, dass der unabhängige Verwaltungssenat die Voraussetzungen für das Absehen von der Nichtigerklärung auch dann prüfen müsse, wenn dies nicht begehrt werde. Nach den Erläuterungen "obliegt somit dem Auftraggeber dafür zu sorgen", dass Interessen an der Aufrechterhaltung des Vertrages in die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates einfließen können.

Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erweist, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am