VwGH vom 29.04.2019, Ra 2019/17/0040

VwGH vom 29.04.2019, Ra 2019/17/0040

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der S GmbH in G, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , LVwG-440- 18/2018-R17, betreffend Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom wurde die Schließung eines näher genannten Geschäftslokals in Feldkirch gemäß § 56 Abs. 1 und 3 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

2 Der dagegen von der revisionswerbenden Partei erhobenen Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge gegeben und der Betriebsschließungsbescheid bestätigt, weil dem Einwand, im Zeitpunkt der Betriebsschließung habe ein Untermietverhältnis zwischen der Revisionswerberin und der P Kft. bestanden, nicht gefolgt wurde.

3 Das LVwG traf folgende Feststellungen: Eigentümerin des Geschäftslokales sei die H GmbH; zwischen ihr und der revisionswerbenden Partei sei am ein Mietvertrag mit Mietdauer vom bis abgeschlossen worden. Am sei es in dem Lokal zu einer Kontrolle nach dem GSpG gekommen, bei der es zu einer Beschlagnahme von vier Glücksspielgeräten gekommen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei das Lokal untervermietet gewesen; am habe die revisionswerbende Partei der Behörde mitgeteilt, dass das Lokal zurückgestellt worden sei. Mit Schreiben vom sei die revisionswerbende Partei aufgefordert worden bekannt zu geben, ob die Betriebsstätte derzeit untervermietet werde und gegebenenfalls den Untermieter namhaft zu machen. Weiters sei die revisionswerbende Partei in diesem Schreiben aufgefordert worden, in dem Lokal keine verbotenen Glücksspiele zu veranstalten oder durchzuführen, andernfalls eine gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes in Betracht gezogen werde. Eine Mitteilung über ein Untermietverhältnis sei nicht erfolgt. Seit sei die revisionswerbende Partei Betreiberin und Verfügungsberechtigte über das Lokal. Mit Schreiben vom sei die revisionswerbende Partei erneut aufgefordert worden, in ihrem Betrieb keine verbotenen Glücksspiele durchzuführen; die Betriebsschließung sei erneut angedroht worden. Am habe eine Kontrolle nach dem GSpG in dem Lokal stattgefunden.

In der Folge traf das LVwG weitere Feststellungen zu den Räumlichkeiten des Lokals, dem genauen Zutritt sowie den anwesenden Personen, den vorgefundenen Geräten, den darauf möglichen Spielen sowie zur Beurteilung der von der revisionswerbenden Partei behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG.

4 Weiters erläuterte das LVwG seine Beweiswürdigung zu allen Feststellungen näher. Zur Feststellung, dass die revisionswerbende Partei das Lokal betreibe, führte das LVwG aus, die Untervermietung des Lokals sei erstmals im Zuge der Kontrolle am behauptet worden. Die revisionswerbende Partei sei bereits im März 2018 zweimal aufgefordert worden, einen allfälligen Untermieter bekannt zu geben. Im Zuge des Beweisverfahrens sei die revisionswerbende Partei aufgefordert worden, das Mietanbot sowie die geleisteten Mietzahlungen im Original vorzulegen. Ebenso sei sie aufgefordert worden, jene Person der revisionswerbenden Partei (inklusive zustellfähiger Adresse) namhaft zu machen, die das Mietanbot unterfertigt habe und jene Person der P Kft. (inklusive zustellfähiger Adresse), die dieses Angebot entgegengenommen habe. Die revisionswerbende Partei habe weder Unterlagen vorgelegt noch diese Personen namhaft gemacht, obwohl dies leicht möglich gewesen sei. Die Behauptung des Untermietverhältnisses werde aus näheren Gründen als Schutzbehauptung gewertet. Das LVwG habe Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Unterlagen; diese zielten allein darauf ab, die Betriebsschließung abzuwenden. Es habe sich kein Anhaltspunkt ergeben, dass tatsächlich ein Mietverhältnis zu Stande gekommen sei; allenfalls sei es zum Schein geschlossen worden, um es der belangten Behörde zu verunmöglichen, den Betrieb zu schließen. Es hätten sich auch im gesamten Ermittlungsverfahren keine Anhaltspunkte ergeben, dass die P Kft. Betreiberin des Lokales sei; dazu hätte sie gemäß § 37 FBG eine Zweigniederlassung in Österreich im Firmenbuch eintragen müssen. Die im Lokal angetroffene Angestellte sei nicht bei der P Kft. beschäftigt gewesen. In seinen rechtlichen Erwägungen begründete das LVwG näher, warum der Betrieb zu schließen gewesen sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit dem Antrag dieses aufzuheben und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das LVwG habe von Amts wegen zu prüfen, ob ein sich am Verfahren beteiligendes Rechtssubjekt auf Basis entsprechenden Sachvorbringens Parteistellung genieße (). Von dieser Rechtsprechung sei das LVwG abgewichen, da es der revisionswerbenden Partei den Beweis auferlegt habe, darzulegen, dass sie nicht Partei des Betriebsschließungsverfahrens sei. Hätte das LVwG die vorgelegten Beweise von Amts wegen geprüft, wäre es aufgrund des vorgelegten Mietanbotes, des Umstandes, dass sich die P Kft. bereits im Rahmen der behördlichen Kontrolle als Verfügungsberechtigte des Lokales tituliert habe, aufgrund des Nachweises, dass das Mietanbot durch die Zahlung der ersten Miete angenommen worden sei und aufgrund der Bestätigung des Geschäftsführers der revisionswerbenden Partei, wonach das Mietverhältnis zustande gekommen sei, zu der rechtlichen Beurteilung gekommen, dass die P Kft. die Inhaberin des geschlossenen Betriebes sei und den Betriebsschließungsbescheid

aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof habe nämlich bereits ausgesprochen, dass jede Anordnung iSd § 56a GSpG an den Inhaber des zu schließenden Betriebes zu richten sei; eine Umdeutung des ausdrücklich genannten Bescheidadressaten sei nicht zulässig. Weiters sei das LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Zustandekommen von Verträgen abgewichen; diese könnten auch konkludent abgeschlossen werden (; , 2008/03/0097). Da die erste Miete bezahlt worden sei, sei ein Vertrag zustande gekommen, weshalb die P Kft. als Lokalinhaberin zu beurteilen sei. In der Entscheidung vom , 91/14/0147, habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass auch ein Scheingeschäft für sein Zustandekommen Konsens hinsichtlich der Verdeckung und des verdeckten Rechtsgeschäftes voraussetze. Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten sei nur anzunehmen, wenn die rechtliche Gestaltung ungewöhnlich und unangemessen sei, also nicht sinnvoll, wenn man den "abgabensparenden Effekt" wegdenke. Das LVwG habe nicht festgestellt, dass hinsichtlich der revisionswerbenden Partei sowie der P Kft. Konsens hinsichtlich eines bloß zum Schein abgeschlossenen Mietverhältnisses bestehe sowie, dass der Abschluss ungewöhnlich oder unangemessen gewesen sei, weshalb das LVwG zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Rechtsgeschäft bloß zum Schein abgeschlossen worden sei. Der Betriebsschließungsbescheid sei daher der P Kft. zuzustellen gewesen. Weiters weiche das LVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beweiswürdigung ab. Aufgrund der vorgelegten Beweise wäre die P Kft. als Untermieterin und Lokalinhaberin zu beurteilen gewesen, weshalb die Beweiswürdigung grob fehlerhaft erfolgt sei.

9 Mit diesem Vorbringen wirft die revisionswerbende Partei keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auf:

10 Im Vordergrund steht fallbezogen die Frage, wer als Lokalinhaberin des geschlossenen Betriebes qualifiziert werden kann. Das LVwG hat dazu eine mündliche Verhandlung durchgeführt und sich mit allen von den Parteien des Verfahrens vorgelegten Unterlagen sowie den getätigten Aussagen in seiner Beweiswürdigung umfassend auseinandergesetzt.

11 Wie die revisionswerbende Partei zutreffend ausführt, ist es im amtswegigen Verwaltungsverfahren nicht Sache einer Partei, die Voraussetzungen ihrer Parteistellung unter Beweis zu stellen, sondern ist der Behörde die Obliegenheit auferlegt, von Amts wegen in die Prüfung der Frage einzutreten, ob ein sich am Verfahren beteiligendes Rechtssubjekt auf Basis entsprechenden Sachvorbringens Parteistellung genießt oder nicht (vgl. z.B. , mwN). Dasselbe gilt für das Verwaltungsgericht (). 12 Das LVwG ist jedoch im vorliegenden Fall nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen, hat es sich doch gerade nicht mit einem bloßen Hinweis begnügt, dass ein Nachweis nicht vorgelegt worden sei, sondern ein umfassendes Ermittlungsverfahren inklusive einer mündlichen Verhandlung durchgeführt, eine diesbezügliche Feststellung getroffen und seine dazu gehörende Beweiswürdigung - wie vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom gefordert - näher begründet. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich vor dem Hintergrund dieses konkreten Verfahrens daher nicht.

13 Ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung des Abschlusses von Verträgen ist ebenfalls nicht ersichtlich: Ob in einem bestimmten Verfahren ein Vertrag geschlossen worden ist oder nicht, stellt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO (der als Vorbild für das Revisionsmodell in der Verwaltungsgerichtsbarkeit diente; vgl. dazu ) im Regelfall keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. z.B. u.a.). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vermag die revisionswerbende Partei diesbezüglich nicht darzulegen.

14 Auch besteht kein Widerspruch der angefochtenen Entscheidung zum Erkenntnis vom , 91/14/0147, da sich dort Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Missbrauchsregelungen des § 22 Abs. 1 und 2 BAO idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 62/2018 sowie der Beurteilung eines Scheingeschäftes gemäß § 23 Abs. 1 BAO gestellt haben, die hier mangels Anwendbarkeit der BAO nicht einschlägig sind. 15 Bei der Frage schließlich, wer aufgrund welcher Beweisergebnisse im konkreten Fall als Lokalinhaberin zu beurteilen war, handelt es sich um eine Frage der Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa ). Dass dies vorliegend der Fall wäre, vermochte die revisionswerbende Partei nicht aufzuzeigen und ist für den Verwaltungsgerichtshof auf dem Boden der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen auch nicht ersichtlich. 16 Somit werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

17 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019170040.L00

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.