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VwGH vom 27.03.2008, 2006/13/0109

VwGH vom 27.03.2008, 2006/13/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde 1. des K sen. und 2. des K jun., beide in S, beide vertreten durch Dr. Otto Schubert und Mag. Holger Hensel, Rechtsanwälte in 1071 Wien, Lerchenfelderstraße 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0826-W/06, betreffend Umsatzsteuer 1993 bis 1998 und Einkommensteuer 1993 und 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind die eingeantworteten Erben nach der am verstorbenen AK, die bis zu ihrem Ableben ein Gasthaus betrieb, wobei sie den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelte.

AK war Kunde der X-AG, einer Brauerei (im Folgenden: Brauerei), bei welcher ab im Hinblick auf den Verdacht von umfangreichen "Schwarzlieferungen" an ihre Abnehmer eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde. Anschließend wurden vom Finanzamt die dabei sichergestellten EDV-Bestände ausgewertet. Diese Auswertungen wurden als Kontrollmitteilung den für die jeweiligen Kunden der Brauerei zuständigen Finanzämtern - damit auch dem für AK zuständigen Finanzamt Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf - übermittelt.

Im Gefolge einer bei AK durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung über die Streitjahre kam der Prüfer unter Berücksichtigung der erwähnten Kontrollmitteilung zum Ergebnis, dass Bierlieferungen der Brauerei an AK für den Zeitraum 1993 bis 1998 nur zum Teil in deren Buchhaltung erfasst seien. Ihre Bücher wiesen daher materielle Mängel auf, weshalb die Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre - ausgehend von den lt. der Kontrollmitteilung sich ergebenden nicht erklärten Einkäufen - geschätzt werden müssten, was zu im Einzelnen näher dargestellten Umsatz- und Gewinnzurechnungen führe.

Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und erließ (nach Wiederaufnahme der Verfahren) für die Jahre 1993 bis 1998 entsprechende Umsatzsteuerbescheide und für die Jahre 1993 und 1994 entsprechende Einkommensteuerbescheide. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diese Bescheide erhobene Berufung als unbegründet ab. Dazu führte sie - auf das Wesentlichste zusammengefasst - aus, dass die Abgabenbehörden im Wege aufwändiger Ermittlungen ein umfassendes, bei der Brauerei etabliertes System aufgedeckt hätten, welches Gastwirten bundesweit - neben dem Bezug regulärer Warenlieferungen - auch den Bezug von so genannten Letztverbraucherlieferungen (Schwarzlieferungen) ermöglicht habe. Auch im vorliegenden Fall sei, wie in vergleichsweise dargestellten Parallelfällen, der Nachweis der eindeutigen und zweifelsfreien Zuordnung der in der Kontrollmitteilung angeführten Lieferungen an AK gegeben. Auf Grund dieser eindeutigen Zuordenbarkeit sei das Berufungsvorbringen, wonach es nicht möglich sei festzustellen, dass in der Buchhaltung nicht erfasste Lieferungen an AK erfolgt seien, nicht berechtigt. Es bestehe kein Anlass, an der Richtigkeit der von der Abgabenbehörde erhobenen Abläufe (die schon im Prüfbericht umfassend dargestellt worden waren) zu zweifeln, zumal das Funktionieren des flächendeckend zum Einsatz gekommenen Belieferungssystems eine klar vorgegebene Ablauforganisation erfordert habe. Die grundsätzliche Richtigkeit der dargestellten Verfahrensabläufe als auch der festgestellten Daten werde zudem durch die Ergebnisse zahlreicher, seither bei einer Vielzahl von Gastwirten durchgeführten Betriebsprüfungen untermauert. Im Übrigen sei noch festzuhalten, dass seitens AK im Streitzeitraum die Entnahmen weit übersteigende Einlagen getätigt worden seien. Dies sei - ohne Berücksichtigung der Feststellungen der Betriebsprüfung - und unter Bedachtnahme darauf, dass AK nur im Rahmen des Gasthauses tätig gewesen sei und sonst keine anderen Einkünfte bezogen habe "ein Geschehnisablauf, dem ein geringer Grad an Wahrscheinlichkeit beizumessen ist".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat - wenngleich nicht vorrangig - auch ins Treffen geführt, dass AK, obwohl sie über ihren Gasthausbetrieb hinaus keine Einkünfte bezogen habe, lt. den vorgelegten Buchhaltungsunterlagen die Entnahmen weit übersteigende Einlagen geleistet habe. In der Beschwerde wird dieser Umstand nicht bestritten und es wird auch nichts unternommen, hiefür eine Erklärung zu bieten. Angesichts dessen besteht aber jedenfalls von daher begründeter Anlass, die sachliche Richtigkeit des Rechenwerks der AK in Zweifel zu ziehen, weshalb einerseits die Vermutung des § 163 BAO nicht mehr zum Tragen kommen kann und andererseits im Sinn der letztlich der Sache nach getroffenen behördlichen Feststellungen der Schluss nahe liegt, es müssten über die für den Gastwirtschaftsbetrieb erklärten Umsätze hinaus weitere Umsätze stattgefunden haben. Die Vorgänge bei der Brauerei, der Bierlieferantin der AK, - dass es bei dieser zu systematischen "Graulieferungen" an Gastwirte gekommen ist, wird nicht bestritten (vgl. dazu im Übrigen etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2001/15/0144, vom , 2001/14/0174, vom , 2005/15/0001, und vom , 2003/14/0084) - geben eine "plausible Grundlage" für derartige "Schwarzumsätze" ab, weshalb den Finanzbehörden im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie zwischen den "Graulieferungen" der Brauerei einerseits und AK andererseits eine Verbindung hergestellt haben. Anders als die Beschwerde meint, bedurfte es keines unmittelbaren Nachweises derartiger "Graulieferungen", weil auch der Indizienbeweis Vollbeweis ist, indem er, aufbauend auf erwiesenen Hilfstatsachen, mit Hilfe von Erfahrungssätzen und logischen Operationen den Schluss auf die beweisbedürftige rechtserhebliche Haupttatsache ermöglicht (vgl. dazu das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0174).

Ist nach dem Gesagten nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde von "Graulieferungen" durch die Brauerei an AK ausgegangen ist, so kann es aber auch nicht für rechtswidrig erkannt werden, wenn sie bei Ermittlung des Umfangs auf das Datenmaterial der Brauerei und auf die daraus gewonnene Kontrollmitteilung zurückgriff und auf dieser Basis zu einem den wahren Verhältnissen möglichst entsprechenden Ergebnis zu gelangen versuchte. Dass die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass die durch den Rückgriff auf das Datenmaterial erzielten numerischen Ergebnisse letztlich zu einer betragsmäßigen Bezifferung zusätzlicher Umsätze und Gewinne (und nicht bloß zu einer näherungsweisen Schätzung) führten, diesen Vorgang als "eigenes Zurechnungsverfahren" verstanden hat, ist für die Gesetzmäßigkeit des Schätzungsaktes ohne Belang. Die Rüge der Beschwerdeführer, es habe sich nicht um ein "Zurechnungsverfahren" gehandelt und die belangte Behörde habe jedenfalls nicht begründet, warum sie vom Vorliegen eines solchen Verfahrens ausgegangen sei, geht daher ins Leere. Entscheidend ist, ob sich im Einzelnen Bedenken gegen die aus dem Datenmaterial und der Kontrollmitteilung gezogenen, von der belangten Behörde übernommenen Schlüsse der Betriebsprüfung ergeben. Solche Bedenken zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie führt nur ins Treffen, dass ausgehend von den Berechnungen der Finanzbehörden etwa 30 % des erzielten Bierumsatzes auf "Graulieferungen" beruhten, was - wäre dies richtig - im Zeitraum nach der gegenständlichen Betriebsprüfung (ab 2000) konsequenterweise auch zu einer Erhöhung der versteuerten Umsätze um etwa 30 % hätte führen müssen. Aus den Steuererklärungen der den Gastwirtschaftsbetrieb der AK weiter führenden Beschwerdeführer ergebe sich jedoch eine relativ konstante Umsatzentwicklung, weshalb nicht von derartigen "Graulieferungen" und entsprechenden Schwarzumsätzen sowie einer Verkürzung der Umsatz- und Einkommensteuer hätte ausgegangen werden dürfen. Dabei wird indes übersehen, dass der "Bierumsatz" der AK stets nur einen Teil des Gesamtumsatzes des Gastgewerbebetriebes ausgemacht hat, weshalb eine 30 %-ige Erhöhung des "Bierumsatzes" insgesamt nur mit einem Bruchteil jenes Prozentsatzes Niederschlag finden konnte. Dieses Argument der Beschwerdeführer erweist sich damit als nicht stichhältig. Da sie wie erwähnt sonst nichts aufzeigen, was die konkrete Berechnung in Frage stellen könnte, war die Beschwerde daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am