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VwGH vom 17.10.2013, 2013/11/0188

VwGH vom 17.10.2013, 2013/11/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des L in B, vertreten durch Dr. Keyvan Rastegar, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börsegasse 11/52-54, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/43/4868/2013-5, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , mit dem über ihn vier Geldstrafen in Höhe von jeweils EUR 4.000,-- wegen Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes verhängt worden waren, als verspätet zurück.

In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, das genannte Straferkenntnis sei dem Beschwerdeführer am durch Hinterlegung zugestellt worden. Dazu verwies sie auf den "Zustellnachweis RSb", dem zufolge das Straferkenntnis nach einem erfolglosen Zustellversuch am hinterlegt "und ab demselben Tag zur Abholung bereitgehalten" worden sei.

Zum Vorhalt der Verspätung der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, er sei am nicht in Wien gewesen und habe das Poststück frühestens am nächsten Tag, nämlich am , entgegen nehmen können. Aufgrund dieses Vorbringens sei, so die belangte Behörde, weder von einer Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers noch von seiner mangelnden Kenntnis vom Zustellvorgang iSd § 17 Abs. 3 ZustG auszugehen.

Da die Berufungsfrist somit am begonnen und am geendet habe, sei die erst am eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde unter Verzicht auf eine Gegenschrift die Akten vorgelegt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, die Zustellung durch Hinterlegung sei erst am erfolgt, weil er erst an diesem Tag das bei der Post hinterlegte Straferkenntnis habe entgegen nehmen können. Dazu verweist er auf die Verständigung über die Hinterlegung iSd § 17 Abs. 2 ZustG, die er bei der Abholung des hinterlegten Dokumentes bei der Post habe abgeben müssen. Der Beschwerdeführervertreter habe jedoch "anlässlich des angefochtenen Bescheides umfassende Recherchen angestellt", wobei es ihm gelungen sei, die bei der Post archivierte Verständigung über die Hinterlegung ausheben lassen. In dieser (in Kopie mit der Beschwerde vorgelegten) Verständigung über die Hinterlegung vom habe das Zustellorgan vermerkt, dass die Abholung "ab dem nächsten Werktag", somit ab dem , möglich sei. Daher gelte das Straferkenntnis erst am als zugestellt im Sinne des § 17 Abs. 3 ZustG, der davon abweichende Hinweis auf dem Rückschein sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ohne Belang (Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0016). Ausgehend vom Zustelldatum sei die am zur Post gegebene Berufung rechtzeitig.

§ 17 ZustG, BGBl. Nr. 200/1982 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus- , Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

…"

Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, mit welchem Tag das bei der Post am hinterlegte Straferkenntnis als zugestellt gilt. Gemäß § 17 Abs. 3 erster und zweiter Satz ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt.

Im angefochtenen Bescheid geht die belangte Behörde - gestützt auf den Vermerk des Zustellorganes am Rückschein (Zustellnachweis iSd § 22 Abs. 1 ZustG) - davon aus, dass das hinterlegte Straferkenntnis noch am zur Abholung bereitgehalten wurde.

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe das Straferkenntnis erst am abholen können und verweist dazu in der Beschwerde auf den entsprechenden Vermerk des Zustellorganes auf der an der Abgabestelle zurückgelassenen Verständigung iSd § 17 Abs. 2 ZustG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0016, zu einem vergleichbaren Sachverhalt (unterschiedliche Angaben über das Datum der erstmaligen Bereithaltung zur Abholung einerseits im Rückschein und andererseits in der Verständigung von der Hinterlegung) und zur im Wesentlichen identen Rechtslage wie folgt ausgeführt:

"Nach ständiger Rechtsprechung ist der vom Zusteller erstellte Zustellnachweis (Rückschein) eine öffentliche Urkunde, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist; doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptungen auch entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzubieten, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (vgl. Walter/Thienel aaO, E 2f. zu § 22 ZustG; zuletzt hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/03/0156).

Wenn, wie oben ausgeführt, der Zusteller den Beginn der Abholfrist auf der Verständigung über die Hinterlegung angegeben hat, dann ist für den Beginn der Abholfrist allein diese Festlegung maßgeblich, weil mit dem Rückschein bloß der Beweis darüber erbracht wird, dass die Zustellung dem Gesetz entsprach. Die abweichende Angabe des Beginns der Abholfrist auf dem Rückschein ist ohne Belang, weil der Beginn der Abholfrist nicht auf dem Rückschein festgesetzt wird."

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die belangte Behörde aufgrund des Zustellnachweises (Rückschein) entsprechend dem dort angebrachten Vermerk des Zustellorganes den als Tag der erstmaligen Bereithaltung des hinterlegten Straferkenntnisses zur Abholung annehmen durfte, so lange der Beschwerdeführer dazu keine gegenteiligen Beweise anbot.

Aktenkundig ist, dass (im Unterschied zu jenem dem zitierten Erkenntnis Zl. 2005/05/0016 zugrunde liegenden Fall) die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Verspätung seiner Berufung mit Schreiben vom vorgehalten hat. In diesem Schreiben wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das hinterlegte Straferkenntnis "laut Zustellnachweis RSb … ab dem zur Abholung bereitgehalten" worden sei und dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, u.a. dazu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Damit hat die belangte Behörde auch die in der Beschwerde erwähnte Manuduktionspflicht erfüllt (vgl. zum Umfang der Manuduktionspflicht etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 6 zu § 13a AVG referierte Judikatur).

In seiner Stellungnahme an die belangte Behörde vom hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, dass sich aus der an der Abgabestelle zurückgelassenen Verständigung über die Hinterlegung ein anderer Tag als der als Tag der erstmaligen Bereithaltung des hinterlegten Straferkenntnisses zur Abholung ergeben habe. Dieses Vorbringen erfolgt vielmehr erstmals in der Beschwerde und kann daher zufolge des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 VwGG) nicht berücksichtigt werden.

Daher kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie den als Tag der Zustellung des Straferkenntnisses an den Beschwerdeführer und folglich die am nachweislich (aktenkundiger Postaufgabestempel) zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers als verspätet angesehen hat.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am