VwGH vom 14.10.2008, 2008/22/0062
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des M H in W, geboren am , vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 145.728/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG abgewiesen.
Begründend stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, der Beschwerdeführer sei am mit einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" mit Gültigkeit bis in das Bundesgebiet eingereist.
Der Beschwerdeführer habe am persönlich bei der Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als "begünstigter Drittsta.-Ö., § 49 Abs. 1 FrG" gestellt, welcher mit Bescheid vom wegen unzulässiger Inlandsantragstellung (§ 14 Abs. 2 FrG) abgewiesen worden sei.
Am habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt; das Asylverfahren sei am eingestellt worden.
Am habe der Beschwerdeführer einen neuerlichen, den hier gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als "begünstigter Drittsta.-Ö., § 49 Abs. 1 FrG" eingebracht. Der Beschwerdeführer, der sich seit durchgehend im Bundesgebiet aufhalte, habe diesen Antrag im Inland eingebracht.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Berufung auf die Bestimmungen der §§ 82 Abs. 1, 81 Abs. 1, 21 Abs. 1 und Abs. 2 NAG im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer entgegen den Bestimmungen des § 21 NAG unzulässigerweise eine Inlandsantragstellung vorgenommen habe.
Die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren als Adoptionsvertrag vorgelegte Urkunde bedeute lediglich, dass ein Adoptionsvertrag "in Aussicht genommen" worden sei. Jedenfalls gelte der Beschwerdeführer im Hinblick auf sein Alter nicht als Familienangehöriger eines österreichischen Staatsbürgers und sei daher nicht gemäß § 21 Abs. 2 NAG zur Inlandsantragstellung berechtigt gewesen.
Humanitäre Gründe im Sinn des § 72 NAG, die eine Zulassung der Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG ermöglichten, lägen nicht vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (somit gemäß § 82 Abs. 1 NAG am ) anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Der am gestellte Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung war daher in dem hier entscheidungswesentlichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem NAG zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0217); dies gilt auch für das im vorliegenden Fall in Frage stehende Erfordernis nach § 21 Abs. 1 NAG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0209).
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer - der den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung am gestellt hat - bisher lediglich über eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" verfügt hat, die mit endete.
Gemäß § 24 Abs. 2 erster und zweiter Satz NAG gelten Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde. Danach gelten Anträge als Erstanträge.
In Hinblick auf diese eindeutige Gesetzesbestimmung hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag zutreffend als Erstantrag (vgl. auch § 2 Abs. 1 Z. 13 NAG) behandelt, sodass auf ihn § 21 NAG Anwendung findet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0493).
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er entgegen der Auffassung der belangten Behörde mit Adoptionsvertrag vom rechtswirksam durch den österreichischen Staatsbürger D.A. als Wahlkind angenommen worden sei; in diesem Zusammenhang rügt die Beschwerde als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde die Gültigkeit der Adoption, auf die sich der Beschwerdeführer stützt, nicht ausreichend - etwa durch Einholung eines beantragten Rechtsgutachtens - geprüft habe.
Gemäß § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG sind - abweichend von Abs. 1 - zur Antragstellung im Inland Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauerhaft wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts berechtigt.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG ist Familienangehöriger (im Sinne dieses Gesetzes), wer Ehegatte oder unverheiratetes minderjähriges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie), wobei die Ehegatten, ausgenommen Ehegatten von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben müssen.
Nach § 2 Abs. 4 Z. 1 NAG ist im Sinne dieses Bundesgesetzes die Minderjährigkeit nach den Bestimmungen des ABGB zu beurteilen. Gemäß § 21 Abs. 2 ABGB sind Minderjährige Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Da der am geborene Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr minderjährig war, ist er schon deshalb nicht als Familienangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG anzusehen, sodass der Tatbestand des § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG nicht erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0368). Die Frage, ob der Beschwerdeführer durch den österreichischen Staatsbürger D.A. rechtswirksam adoptiert wurde, kann somit dahingestellt bleiben.
Im Übrigen wird in der Beschwerde nicht behauptet, dass einer der sonstigen Fälle des § 21 Abs. 2 NAG vorliege, in denen es zulässig ist, einen Erstantrag im Inland zu stellen. Auch der Verwaltungsgerichtshof sieht in den gegebenen Konstellationen keinen diesbezüglichen Anwendungsbereich.
Die Beschwerde weist allerdings auf § 74 NAG hin, wonach bei Vorliegen humanitärer Gründe gemäß § 72 NAG die Inlandsantragstellung von Amts wegen zugelassen werden kann. Die Bestimmung des § 72 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass gegen, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/18/0501, sowie vom , Zl. 2006/18/0368, mwN).
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptet, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat Bangladesch Repressalien ausgesetzt sei, so ist dem zu entgegnen, dass damit ein ausreichendes Vorbringen im Sinn der oben wiedergegebenen Judikatur nicht erstattet wurde.
Die Abweisung des gegenständlichen Antrages vom gemäß § 21 Abs. 1 NAG erweist sich somit als unbedenklich.
Soweit die Beschwerde schließlich die Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom betreffend das Recht auf Familienzusammenführung, ABl. L 251 vom , S. 12 ff, ins Treffen führt, so geht dies schon deswegen fehl, weil sich die Richtlinie auf Drittstaatsangehörige als Zusammenführende bezieht.
Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides das 21. Lebensjahr überschritten hatte und nicht behauptet, dass ihm von seinem Adoptivvater Unterhalt gewährt wird (vgl. §§ 52 Z. 2, 54 Abs. 1 erster Satz NAG), ist der vorliegende Fall von dem hg. Vorabentscheidungsersuchen vom , Zl. EU 2007/0009 (2007/21/0271), nicht betroffen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am