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VwGH vom 14.10.2008, 2008/22/0055

VwGH vom 14.10.2008, 2008/22/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der MS in W, geboren am , vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 304.182/10-III/4/05, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde einen Antrag der Beschwerdeführerin, einer bosnischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das Verfahren über den am (noch während der Geltung des am außer Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 - FrG) von der Beschwerdeführerin eingebrachten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung sei gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Auf Grund dessen sei ihr Antrag als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten. Die Beschwerdeführerin, die zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z 1 FrG" mit Gültigkeit vom bis verfügt habe, sei im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufhältig gewesen. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten. Die Beschwerdeführerin erfülle keine für die Inlandsantragstellung "genannten Voraussetzungen". Da kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben sei, sei die Inlandsantragstellung auch nicht von Amts wegen zugelassen worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde macht (u.a.) geltend, die Beschwerdeführerin habe keinen Erstantrag, sondern einen Verlängerungsantrag gestellt. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

§ 2 Abs. 1 Z 11 bis Z 13 und § 24 NAG (samt Überschrift) lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

....

11. Verlängerungsantrag: der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24);

12. Zweckänderungsantrag: der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit anderem Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26);

13. Erstantrag: der Antrag, der nicht Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag (Z 11 und 12) ist;

....

Verlängerungsverfahren

§ 24. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels (Verlängerungsanträge) sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen; § 23 gilt. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Fremden auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

(3) Fremden, die sich nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres befristeten Aufenthaltstitels weiter im Bundesgebiet aufhalten, ist auf Antrag, soweit die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, ein Aufenthaltstitel mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu erteilen. Ihnen darf - außer im Fall eines Verzichts gemäß § 14 Abs. 3 - wegen eines Sachverhaltes, der keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot zulässt, ein weiterer Aufenthaltstitel für den gleichen Aufenthaltszweck nicht versagt werden. Ist eine Aufenthaltsbeendigung unzulässig, hat die Behörde den Aufenthaltstitel zu erteilen.

(4) Mit einem Verlängerungsantrag (Abs. 1) kann die Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder die Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden, wenn der beantragte andere Aufenthaltstitel nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Anschluss an den bisherigen Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Sind die Voraussetzungen für den anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, so ist darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen. Der bisherige Aufenthaltstitel ist mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen."

Im gegenständlichen Fall ging die belangte Behörde davon aus, es handle sich beim von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag um einen - nach § 21 Abs. 1 NAG im Ausland zu stellenden - Erstantrag.

Ein solcher würde gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 NAG aber nur dann vorliegen, wenn der Antrag nicht als Verlängerungs- oder Zweckänderungsantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 oder Z 12 NAG zu beurteilen wäre.

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid zufolge verfügte die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Antragstellung über eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z 1 FrG", sohin über einen Aufenthaltstitel nach § 7 Abs. 1 FrG. Eine solche Aufenthaltserlaubnis wäre - würde ihr zeitlicher Geltungsbereich auch

Zeiten nach dem Inkrafttreten des NAG () erfassen - gemäß

§ 81 Abs. 2 NAG iVm § 11 Abs. 1 Tabelle B Z 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) als Aufenthaltstitel (nämlich "Aufenthaltsbewilligung - Schüler" bzw. "Aufenthaltsbewilligung - Student") im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 5 NAG anzusehen. Der Umstand, dass eine solche Aufenthaltserlaubnis bereits vor Inkrafttreten des NAG abgelaufen ist, vermag aber nun mit Blick auf § 81 Abs. 1 NAG, wonach Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen, die bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes () anhängig sind, nach dessen Bestimmungen zu Ende zu führen sind, deren Eigenschaft als Aufenthaltstitel, der grundsätzlich einer Verlängerung zugänglich ist, nicht zu beseitigen. § 81 Abs. 1 NAG gilt nämlich für am bereits anhängige Verfahren unabhängig davon, ob es sich um ein Erstantrags- oder Verlängerungsverfahren handelt. Ob das betreffende Verfahren aber ab In-Kraft-Treten des NAG nun als Erstantrags- oder Verlängerungsverfahren (weiter) zu führen ist, richtet sich gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen des NAG.

Der hier gegenständliche Antrag wurde von der belangten Behörde als Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gewertet. In der Beschwerde wird die Beurteilung der belangten Behörde zum künftig beabsichtigten Aufenthaltszweck nicht weiter releviert. Der Verwaltungsgerichtshof hegt diesbezüglich auch keine Bedenken, zumal in der Beschwerde eingeräumt wird, dass die Studienabsichten der Beschwerdeführerin zwar ernst gemeint gewesen seien, jedoch wegen erheblicher Sprachschwierigkeiten scheitern "mussten".

Nach dem Vorgesagten liegt aber - unter Bedachtnahme auf den bisherigen Aufenthaltstitel der Beschwerdeführerin - ein Antrag auf Erteilung eines anderen als des bisher innegehabten Aufenthaltstitels und somit ein Verlängerungsantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 11 NAG vor. Dies wiederum schließt aus, diesen Antrag als Erstantrag nach § 2 Abs. 1 Z 13 NAG zu werten, zumal auch ein Fall des § 24 Abs. 2 zweiter Satz NAG hier nicht gegeben ist.

Der von der Beschwerdeführerin vor Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Aufenthaltserlaubnis eingebrachte Verlängerungsantrag durfte gemäß § 24 Abs. 1 erster Satz NAG im Inland gestellt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/18/0354). Der belangten Behörde war es dementsprechend verwehrt, den gegenständlichen Antrag wegen Inlandsantragstellung abzuweisen. Vielmehr wäre das in § 24 NAG vorgesehene Verlängerungsverfahren, das auch dann zur Anwendung kommt, wenn im Zuge eines Verlängerungsantrages die Änderung des Aufenthaltszweckes oder des Aufenthaltstitels beabsichtigt ist (vgl. § 24 Abs. 4 NAG), durchzuführen gewesen.

Da die belangte Behörde hingegen in Verkennung der Rechtslage von einem § 21 Abs. 1 NAG unterliegendem Erstantrag ausging, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im begehrten Ausmaß - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am