VwGH vom 25.02.2009, 2006/13/0090

VwGH vom 25.02.2009, 2006/13/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Pelant und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Burggasse 20, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, vom , Zl. FSRV/0066-W/05, betreffend Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Schuldspruch betreffend Verkürzung von Kapitalertragsteuer 1997 (Punkt 2.) und in seinem Strafausspruch sowie im Kostenpunkt wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen Umfang der Anfechtung (versuchte Verkürzung von Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 1997; Punkt 1. des Schuldspruches) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug für schuldig erkannt, er habe als tatsächlicher Machthaber der T. AG vorsätzlich

"1) durch Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen 1995 bis 1997, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht zu bewirken versucht, dass Umsatzsteuer 1995 in Höhe von S 31.182,00 (EUR 2.266,08), 1996 in Höhe von S 83.000,00 (EUR 6,031,84) und 1997 in Höhe von S 70.000,00 (EUR 5.087,09) verkürzt werde; sowie weiters

2) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 96 EStG entsprechenden Kapitalertragsteueranmeldungen, somit unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Kapitalertragsteuer 1997 in Höhe von S 40.000,00 (EUR 2.906,91) durch Nichtentrichtung bis zum gesetzlichen Fälligkeitstag bewirkt."

Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Finanzvergehen zu 1) der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG in Verbindung mit § 13 FinStrG und zu 2) der vollendeten Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. b FinStrG begangen, weswegen gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG unter Anwendung des § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG über ihn eine Geldstrafe in Höhe von EUR 4.800,00 und gemäß § 20 FinStrG eine für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Tagen verhängt werde.

Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a) FinStrG wurden die Kosten des Finanzstrafverfahrens mit EUR 363,00 bestimmt.

Hinsichtlich noch in erster Instanz erfolgter weiterer Schuldsprüche (u.a. wegen Verkürzung von Kapitalertragsteuer in den Jahren 1995 und 1996) wurde das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Finanzstrafverfahren eingestellt.

Über die gegen den verurteilenden Teil dieses Bescheides erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

Dem Schuldspruch betreffend (versuchte) Verkürzung von Umsatzsteuer hält der Beschwerdeführer - sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch unter jenem einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - nur entgegen, dass die belangte Behörde die Frage der Machthaberstellung des Beschwerdeführers überhaupt nicht "bzw." völlig unzureichend erörtert habe; sie habe keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich die Geschäfte der T. AG geführt habe.

Richtig ist, dass die belangte Behörde - abgesehen von der Wiedergabe von darauf Bezug nehmenden Passagen aus der Begründung des Straferkenntnisses des Spruchsenates - hinsichtlich der Machthaberschaft des Beschwerdeführers für die T. AG nur ausführte, dass diese Machthaberschaft unstrittig gegeben sei. Vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis durfte sich die belangte Behörde indes mit dieser Feststellung begnügen. In der erwähnten Berufung heißt es nämlich:

"Wie sich aus den ... Akten ergibt, hat Herr

(Beschwerdeführer) bei sämtlichen Handlungen seinem Steuerberater

... vertraut. Dieser hat Herrn (Beschwerdeführer) zwar auf seine

abgabenrechtlichen Pflichten hingewiesen, jedoch niemals auch nur angedeutet, dass sich zusätzlich auch allfällige strafrechtliche Konsequenzen aus seinem Verhalten ergeben könnten.

...

Mit diesen Ausführungen kommt die Behörde ihrer Verpflichtung nicht nach Herrn (Beschwerdeführer) ein etwaiges vorsätzliches Verhalten nachzuweisen. ...

Wie bereits oben erwähnt und auch in den Protokollen im Strafakt ersichtlich ist, hielt Herr (Beschwerdeführer) aber die Erfüllung eines finanzstrafrechtlichen Deliktes keineswegs ernstlich für möglich, da ihm nicht einmal bewusst war, dass sein Verhalten irgendwelche finanzstrafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Die anscheinend von der erstinstanzlichen Behörde vertretene Ansicht, dass aufgrund seiner Tätigkeit als 'Machthaber' auch potentielles Wissen genüge, ihm daher die konkreten Umstände bewusst hätten sein müssen, ist nach hM für das Vorliegen einer Vorsatztat nicht ausreichend."

Zur Strafbemessung wird weiter ausgeführt:

"Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Tatangemessenheit der Herrn (Beschwerdeführer) auferlegten Strafe auch dahingehend zu beurteilen ist, dass der mit der gegenständlichen Abgabenverkürzung lukrierte Zinsgewinn bzw der sonstige von Herrn (Beschwerdeführer) durch die Tat erlangte vermögensrechtliche Vorteil in keinem Zusammenhang mit der Geldstrafe steht."

In Verbindung mit dem im erstinstanzlichen Straferkenntnis des Spruchsenates erhobenen - und dort näher ausgeführten - Vorwurf, der Beschwerdeführer habe als Machthaber der T. AG Abgaben verkürzt, bestand demnach in der Tat keine Notwendigkeit, weitere Feststellungen zum Tatsachenkomplex "Machthaberschaft" zu treffen, zumal der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde - anders als die Beschwerde meint - keinen Zweifel daran erkennen ließ, im fraglichen Zeitraum die Geschäfte der T. AG tatsächlich geführt zu haben. Wenn er auf Vorhalt, "dass weder Umsatzsteuervoranmeldung noch Umsatzsteuervorauszahlungen noch Steuererklärungen noch Bilanzen im Prüfungszeitraum abgegeben wurden" angab, dass "dies" durch seine Gattin in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater - der den Beschwerdeführer im Übrigen als seine "Kontaktperson" bezeichnete -

gemacht worden sei, dass er sich sicher sei, dass der Steuerberater alles ordnungsgemäß und gewissenhaft erledigt habe und dass es auch kaum etwas zum Erklären gegeben habe, da es keine Umsätze gegeben hätte, so brachte der Beschwerdeführer allenfalls zum Ausdruck, sich um die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der T. AG nicht gekümmert zu haben, was ihn freilich nicht von einem Schuldvorwurf entbinden kann (vgl. dazu sowie allgemein zur finanzstrafrechtlichen Verantwortung eines "de-facto" Geschäftsführers das hg. Erkenntnis vom , 2004/13/0101).

Was den Schuldspruch betreffend Verkürzung von Kapitalertragsteuer für das Jahr 1997 anlangt, so rügt der Beschwerdeführer allerdings mit Recht, dass die belangte Behörde nicht ausreichend begründete, weshalb ein Betrag von ATS 160.000,--

als angeblicher Betriebsgewinn der T. AG (und damit als Bemessungsgrundlage für die Kapitalertragsteuer) herangezogen worden ist. Die belangte Behörde beschränkte sich in diesem Zusammenhang auf die Aussage, auf Grund des "dargestellten Sachverhaltes" könne nach Senatsmeinung "auch die Feststellung unter Textziffer 33 des zugrunde liegenden Betriebsprüfungsberichtes dahingehend, dass der aus der Schätzung der Entgelte für das Jahr 1997 resultierende und im Wege des inneren Betriebsvergleiches nach Erfahrungswerten der Vorjahre ermittelte Rohgewinn von S 160.000,00 verdeckt an den (Beschwerdeführer) ausgeschüttet wurde und er die daraus resultierende 25 %ige Kapitalertragsteuer in Höhe von S 40.000,00 weder gemeldet noch abgeführt hat", bedenkenlos der Bestrafung zugrunde gelegt werden.

Der Beschwerdeführer hat den Vorwurf einer Verkürzung von Kapitalertragsteuer allgemein - und damit auch für das Jahr 1997 - stets bestritten. Jedenfalls von daher hätte die belangte Behörde - unbeschadet der grundsätzlichen Zulässigkeit der Heranziehung von Ergebnissen einer Schätzung für die Sachverhaltsfeststellung im Finanzstrafverfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/16/0060) - näher darlegen müssen, wie sie zu dem geschätzten Rohgewinn gelangte und es nicht mit dem Verweis auf den Betriebsprüfungsbericht und einen dort angestellten, im bekämpften Bescheid aber nicht näher erläuterten "inneren Betriebsvergleich" bewenden lassen dürfen. Das gilt umso mehr, als etwa bezüglich der noch in erster Instanz vorgeworfenen Verkürzung von Körperschaft- und Kapitalertragsteuer für das Jahr 1996 mit Einstellung vorgegangen wurde, sodass nicht ohne weiteres zu sehen ist, inwieweit sich aus dem besagten "inneren Betriebsvergleich" für das Jahr 1997 ein in der Folge an den Beschwerdeführer ausgeschütteter Rohgewinn in Höhe von ATS 160.000,-- ableiten lassen soll.

Nach dem Gesagten ist der bekämpfte Bescheid hinsichtlich seines Schuldspruches bezüglich Verkürzung von Kapitalertragsteuer 1997 und damit auch in seinem Ausspruch über die Strafe und den Kostenpunkt mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, wobei zur Strafbemessung der Vollständigkeit halber noch anzumerken ist, dass die belangte Behörde auch den gemäß § 23 Abs. 2 FinStrG anzuwendenden Milderungsgrund des § 34 Abs. 2 StGB (unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer) zu berücksichtigen gehabt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 99/16/0137).

Im übrigen Umfang der Anfechtung war die Beschwerde, die insoweit keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen vermochte, demgegenüber gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am