zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 28.09.2011, 2006/13/0089

VwGH vom 28.09.2011, 2006/13/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der A GmbH in W, vertreten durch Dr. Johannes Jarolim, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/2402-W/02, betreffend Körperschaftsteuer 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH war 1997 eine hundertprozentige Tochter einer Aktiengesellschaft und unstrittig deren Organgesellschaft. Im Dezember 1998 brachte die Aktiengesellschaft ihre Beteiligung an der Beschwerdeführerin als Sacheinlage in die B-GmbH ein, die ebenfalls eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Aktiengesellschaft und seit Jahren unstrittig deren Organgesellschaft war. Zugleich wurde zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer bisherigen Schwestergesellschaft ein Ergebnisabführungsvertrag abgeschlossen. Strittig ist - unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Beteiligung - die Auswirkung dieses Vorgangs auf die Körperschaftsteuer 1998.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Jahr 1998 der Beschwerdeführerin vor, wogegen die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf ihre Stellung als Organgesellschaft Berufung erhob.

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, im Dezember 1998 sei eine mehrstöckige Organschaft geschaffen worden, in der die bisherigen Gesellschaften des Organkreises, wenn auch in anderer Form, organschaftlich verbunden seien. Im Falle einer mehrstöckigen Organschaft lägen aber so viele Organschaften vor, als Unterordnungsverhältnisse bestünden und Ergebnisabführungsverträge abgeschlossen worden seien. Die Beschwerdeführerin berufe sich auf das Organschaftsverhältnis zu ihrer früheren Schwestergesellschaft, die aber nicht, wie vom Gesetz gefordert, schon seit Beginn des Wirtschaftsjahres (im vorliegenden Fall: Kalenderjahres) unmittelbare Eigentümerin der Anteile der Beschwerdeführerin gewesen sei. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Gesellschaften hätten den Organkreis der Aktiengesellschaft nie verlassen, sei entgegenzuhalten, dass auch innerhalb desselben Organkreises die einzelnen Organschaftsverhältnisse den gesetzlich normierten Voraussetzungen entsprechen müssten. Da das in § 9 Abs. 2 KStG 1988 für die körperschaftsteuerrechtliche Anerkennung normierte Erfordernis des Bestehens der finanziellen Unterordnung der Organgesellschaft unter den Organträger "im Hinblick auf die reale Situation der Bw. als Organgesellschaft und der B-GmbH als Organträger ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres 1998 der Bw. nicht erfüllt" sei, habe das Finanzamt "die Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses im Jahr 1998" zu Recht versagt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem unter Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom , B 780/05-3, antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene und von Anfang an auch für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgeführte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie Austausch weiterer Schriftsätze der Beteiligten erwogen hat:

Gemäß § 9 Abs. 2 und 3 KStG 1988 in der hier noch anzuwendenden Letztfassung vor der Einführung der Gruppenbesteuerung (Stammfassung; die Änderung durch BGBl. Nr. 818/1993 betraf nur den ersten Absatz der Bestimmung) mussten Organgesellschaften dem Organträger nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch derart untergeordnet sein, dass sie keinen eigenen Willen hatten (§ 9 Abs. 2 erster Satz KStG 1988). Dabei mussten die Anteile der Organgesellschaft, die die erforderliche finanzielle Eingliederung bewirkten, "unmittelbar im Eigentum des Organträgers stehen" (§ 9 Abs. 2 zweiter Satz KStG 1988). Die "Merkmale der Unterordnung" mussten "ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft gegeben sein" (§ 9 Abs. 2 dritter Satz KStG 1988). "Organgesellschaften" konnten "Organträger sein" (§ 9 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988).

Strittig ist das Zusammenwirken dieser Vorschriften. Die belangte Behörde vertritt - wie dem Beschwerdevorbringen nach auch das Finanzamt - nicht die Ansicht, der steuerlich ermittelte Gewinn der Beschwerdeführerin könne auch 1999 nicht der Aktiengesellschaft als "Organträger" zuzurechnen sein, weil die finanzielle Eingliederung mangels "unmittelbaren" Eigentums nicht gegeben sei. Mit der zuletzt zitierten Gesetzesstelle, wonach Organgesellschaften Organträger sein konnten, wäre dies auch nicht vereinbar, denn diese Gesetzesstelle brachte im Sinne der von der belangten Behörde erwähnten "mehrstöckigen Organschaft" zum Ausdruck, dass die Zurechnung in einem solchen Fall an die Organträgerin der zugleich als Organträgerin fungierenden Organgesellschaft zu erfolgen habe. Die ausdrückliche Zulassung von Organgesellschaften als Organträger kam damit im Ergebnis, wie die Beschwerde richtig aufzeigt, einer Einschränkung des in der ersten der oben zitierten Gesetzesstellen normierten Erfordernisses "unmittelbaren" Eigentums gleich, denn die maßgebliche Rechtsfolge - Zurechnung von Gewinn und Verlust - trat letztlich bei einer Gesellschaft ein, die dieses Erfordernis nicht erfüllte.

Die für die Organschaft erforderliche "Unterordnung" der Organgesellschaft unter den Organträger musste nach § 9 Abs. 2 erster Satz KStG 1988 "derart" sein, dass die Organgesellschaft "keinen eigenen Willen" hatte. Als Organträger konnte eine solche Organgesellschaft daher nur bei Einbeziehung ihres eigenen, für sie den Willen bildenden Organträgers in die Beurteilung in Betracht kommen.

Bei dieser Sachlage ist aber nicht nachvollziehbar, weshalb die "Merkmale der Unterordnung", die mangels eigenen Willens der zugleich als Organträger fungierenden Organgesellschaft auch in der "mehrstöckigen Organschaft" nur eine solche unter den Willen des an der Spitze stehenden Organträgers sein konnte, im vorliegenden Fall nicht ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres 1998 gegeben gewesen sein sollen. Die belangte Behörde hat dieses Erfordernis, das sie der Beschwerdeführerin entgegenhielt, einer aus dem Zusammenhang der "mehrstöckigen Organschaft" herausgelösten, isoliert auf die ehemalige Schwestergesellschaft der Beschwerdeführerin bezogenen Prüfung unterzogen, was dem Umstand, dass diese Gesellschaft keinen Willen hatte, dem sich die Beschwerdeführerin unterordnen konnte, nicht Rechnung trug.

Damit hat die belangte Behörde aber die Bedeutung des § 9 Abs. 3 zweiter Satz KStG 1988 für die Prüfung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 erster und dritter Satz leg. cit. verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am